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- Contact Improvisation im Spannungsfeld zwischen Tanzkunst und Alltagsbewegung. Körperdialoge zur Entwicklung individueller Körperintelligenz
Gesellschaft / Kultur
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Contact Improvisation CI wird als Tanzform heute in den unterschiedlichsten Zusammenhängen gelehrt und praktiziert. Mit der wachsenden Zahl an interessierten Menschen und deren Bewegungshintergründen wächst auch die Bandbreite ihrer Forschungsbereiche. Die Offenheit der Tanzform ermöglicht es Menschen mit den Elementen der CI auf verschiedenste Weisen zu arbeiten, sie ihren Interessen nach zu nutzen und sie weiterzuentwickeln. Im Zentrum dieses Buches steht die Erforschung der CI hinsichtlich der Förderung der individuellen Körperintelligenz. Dabei beschränken sich die Merkmalskriterien des Begriffes Körperintelligenz auf die objektive Wirklichkeit der physikalischen Welt des Tänzers. So werden Bereiche wie beispielsweise die Psychologie nur soweit in die Ausarbeitung miteinbezogen, wie sie die elementaren Prinzipien unterstreicht oder erklärt.
Textprobe: Kapitel 3. Die Contact Improvisation: Die Contact Improvisation (CI) ist eine in ihrer Gesamtheit schwer zu fassende Tanzform, die den analytischen Geist vor die Frage ihrer Einrahmung und Strukturierung stellt. Je nachdem in welchem Bereich von Kunst, Pädagogik und Therapie die CI zu finden ist, zeigen sich unterschiedliche thematische und methodische Ausprägungen, und häufig findet eine Überlappungen der Elemente statt, die, wie die CI in der Praxis selbst, fließend ineinander übergehen. Das folgende Kapitel versucht Aspekte und Grundelemente der CI, mit denen auf physiologischer Seite gearbeitet wird, aufzuschlüsseln. 3.1 Die Körperintelligenz in der Contact Improvisation: Der Mensch besitzt eine körperliche Form der Intelligenz, die mit der bewussten und der reflexiven Handlungsfähigkeit des Körpers zwei Aspekte beinhaltet, in denen der Körper als eine sinnhaft handelnde Einheit erfahrbar wird. Beide Aspekte finden sich in der CI wieder. Sowohl der Stellenwert der Bewusstheit bzw. des Bewusstseins, als auch das Wissen um den reagierenden Körper (responsive body), bilden den Hintergrund für die Elemente der CI und das Verständnis dafür, auf welchen Ebenen die Tanzform fördernd greift. 3.1.1 Begriffliche Unterscheidung von Bewusstsein und Bewusstheit: Das Bewusstsein (body awareness) beschreibt ganz allgemein den Zustand des bewussten Erlebens, der dem des unbewussten Erleben entgegensteht. Alle körperbezogenen Empfindungswahrnehmungen, Emotionen und Vorstellungen, über die der Mensch etwas aussagen kann, werden bewusst erlebt und als das Bewusstsein des Menschen bezeichnet. Körperbewusstheit (body conciousness) ist eine Fähigkeit des Menschen die inneren Vorgänge und Empfindungen während der Ausführung einer innerlichen oder äußerlichen Bewegung wahrzunehmen. Der Mensch spürt, auf welche Weise eine Bewegung nach innen und außen wirkt, wie sie die Gefühle und Gedanken beeinflusst und in welcher Beziehung sie mit der eigenen Person steht. Moshé Feldenkrais beschreibt den Unterschied: Ich gebrauche das Wort Bewusstheit für bewusstes Wissen, Erkennen, Gewahrwerden oder Innesein, und solche Bewusstheit sollte nicht mit einfachem Bewusstsein verwechselt werden. Ich gebrauche Bewusstheit , um Bewusstsein- von plus Erkennen oder Wissen zu bezeichnen. 3.1.2 Der Forschungsansatz von Steve Paxton: Mit den ersten Versuchen, aus denen die CI 1972 hervorging, war Steve Paxton auf der Suche nach einer Möglichkeit, die Funktionsweisen der Bewusstheit auf körperlicher Ebene näher zu erforschen. Um seinen Studenten die Verbindung zwischen Bewusstheit und Körper deutlich zu machen, benutzte er anfangs einfache Grundübungen. In der Übung the stand standen die Studenten mit geschlossenen Augen im Raum verteilt und beobachteten ihre inneren Bewegungen. Paxton nutzte die Kraft der Vorstellung, wie imaginär einen Schritt aus dem Körper zu treten, um sie spüren zu lassen, welch klare Verbindung es zwischen dem Körper und der Bewusstheit gab. Durch die Vorstellungsübung bewegten sich die Studenten innerlich an einen Ort, der von außen nicht sichtbar, aber trotzdem Wirklichkeit war. What gets exercised in there inside the standing body, is the habit of observation a noticeable movement of consciousness through the body. [...] It clearly seems to be one sub-system, consciousness, examining others. Inspiriert von den Bewegungserfahrungen, die Paxton in seinem Aikido Studium gewonnen hatte, wollte er vor allem die Bewusstheit während körperlicher Reflexreaktionen näher untersuchen, da diese in Gefahrensituationen normalerweise außerhalb der Bewusstheit und unterhalb des Bewusstseins, als blinder Fleck, in der Erinnerung blieben. Er vermutete, dass Bewusstheit und Bewusstsein verschwinden würden, wenn eine Reaktion erforderlich war, die sehr schnell sein musste. Dann würde der Körper die schützenden Reflexe einsetzen, die sonst im Unterbewusstsein mitarbeiteten. An diesem Punkt setzten seine Forschungsfragen an: Could the consciousness learn to see these gaps of awareness? Or, if not, could it at least learn to observe reflexive action calmly during the highly adrenalized moments? Paxton sah an dieser Grenze, im Falle einer Bewusstwerdung der körperlichen Vorgänge, eine Möglichkeit seine Bewegungserfahrung zu erweitern. Die Forschung widmete sich nun dieser zwei Bereiche der körperlichen Handlung, der bewussten und der reflexiven Kontrolle des Körpers. When we linger in the borderland on purpose, we become our own experiment. We are subjecting the reflexes to stimuli so our consciousness can watch them jump. [...]It was an idea which took two people to have. 3.1.3 Körperlich-geistige Befindlichkeitsebenen: Die Sinne liefern die Informationen für die Wahrnehmung des Körpers. Sie füttern das Bewusstsein und die Bewusstheit, indem die körperlichen Informationen erkannt werden. Der Informationsfluss zwischen der Bewegungswahrnehmung und ihrer bewussten Aufnahme beschreibt einen inneren Dialog, der in der CI als eine zu erlernende Fertigkeit geschult wird. The consciousness can travel inside the body. It is analogous to focusing the eyes in the external world. There is also an analogue for peripheral vision, which is the awareness of the whole body with senses open. Aufmerksamkeit und Wachheit (altertness/attention) bringen die Konzentration (focus) an die Orte der internen oder externen Wahrnehmung. Je nachdem wie und wohin die Konzentration gelenkt wird, hat diese Einfluss auf die Bewegungsausführung und umgekehrt. Neben der Aufmerksamkeit ist eine geistige Gelassenheit und Entspannung in der CI notwendig. Gelassenheit entsteht durch das Sein in der Gegenwart, in dem der Tänzer sich, im gegenwärtigen Handeln wahrnehmend, geistig entspannt. Unter der Entspannung wird im Tanzen ein Zustand der entspannten Spannung oder gespannten Entspannung des Körpers angestrebt, d. h. dass die muskulären Entspannungszustände fein abgestimmt sind. Durch ein völliges Loslassen verliert der Körper an Wachheit, Aufmerksamkeit und an Körpertonus, er wird träge und schwer. Verspannungen wiederum verdecken die Körperwahrnehmung, wie Nancy Stark Smith erläutert: Tension masks sensation. The tension in the body masks the sensation of gravity, for example. You can't feel gravity, but you can feel the tension. So you relax the tension, you can feel the gravity. In der Auseinandersetzung mit den körperlich-geistigen Zusammenhängen erwuchs ein breites und komplexes Wissen über die Zusammenhänge des Körpers mit den inneren Befindlichkeitsebenen (state) oder Geisteszuständen. Die states ermöglichen bestimmte Wahrnehmungsqualitäten und Erfahrungszustände von sich und der umgebenden Welt. Es gibt kein einheitliches System für die Definition oder Abgrenzung der states voneinander. Je nachdem in welcher Befindlichkeitsebene sich der Tanzende befindet, ist auch seine Aufmerksamkeit (alertness/attention) auf bestimmte Bereiche mehr oder weniger gerichtet. Ein erfahrener CI Tänzer kann sich selbst, oder als anleitender Tänzer die Mittänzer, zu bestimmten Erfahrungsbereichen führen.
Marion Glöggler arbeitet als freischaffende Choreographin, Performerin und als Kultur & Medienpädagogin. Sie absolvierte ihr Studium zur Dipl. Kultur & Medienpädagogin im Schwerpunkt Tanz 2009 an der FH Merseburg. Marion Glöggler ist Mitbegründerin der Vertical Dance Compagnie Horizon www.compagnie-horizon.com. Von 2011-2013 arbeitete sie als freischaffende Projektmanagerin u.a. für die Tanzfabrik Berlin. Studium an der FU Berlin Tanzwissenschaft (2013-2014). Marion Glöggler ist außerdem Zertifizierte Vinyasa Flow Yogalehrerin.
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