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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 168
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Frage, ab wann der Genuss von Alkohol zu einer behandlungsbedürftigen Krankheit wird, stellt sich nicht nur dem einen oder anderen Konsumenten, sondern auch vielen Fachleuten. Die Einstellung in der Bevölkerung zum Thema Alkohol ist ambivalent und viele Menschen wissen wenig über das Phänomen der Alkoholabhängigkeit. Das Thema wird unter den Konsumenten nicht ernst genug genommen, wodurch bis zu einer effektiven Behandlung oft viele Jahre vergehen. In der Fachwelt wird die Thematik der Alkoholabhängigkeit seit einigen Jahrzehnten umfassend untersucht und ausführlich dokumentiert. Das vorliegende Buch fügt hier einen neuen und aktuellen Baustein ein: Das aus den USA stammende therapeutische Konzept des Community Reinforcement Approach zur Behandlung alkoholabhängiger Menschen wird als Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit im deutschen Suchthilfesystem beleuchtet.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.3.2, Die psychologischen Erklärungsmodelle: Bezugspunkt der psychologischen Theorie der Abhängigkeitsentwicklung ist der Alkohol­rausch, verstanden als psychische Zustandsänderung, die auf die Einwirkung des Alkohols folgt. Verhaltens­relevant ist dabei die Positivierung des Erlebens, egal ob es sich um einen besonders angenehmen Zustand oder nur um eine Minderung eines negativen Zustands handelt. Diese Zustandsänderung wird durch die Alkoholzufuhr immer wieder angestrebt. (Vgl. Tretter 2000, S. 15) Im Folgenden werden vier unterschiedliche psychologische Erklärungsmodelle vorgestellt: das lerntheoretische, das kognitive, das psychoanalytische und das persönlichkeitstheoretische Erklärungsmodell der Alkoholabhängigkeit. 2.3.2.1 Das lerntheoretische Erklärungsmodell: Die Lerntheorie (vgl. Kap. 2.5.4.1) erklärt die Abhängigkeitsentwicklung mit einem ,selbstverstärkenden Bedingungsgefüge der Trinkeffekte’ (Tretter 2000, S. 16) und spricht diesbezüglich von einer sich steigernden ,Automatik der Abhängigkeitsentwicklung’ (ebd.). Es wird davon ausgegangen, dass sich psychische Störungen ebenso wie sonstige Verhaltens­weisen aus allgemeingültigen Prinzipien der Verhaltenssteuerung und Verhaltensänderung ableiten lassen und dass somit das Erleben und Verhalten von Personen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhersagbar ist (vgl. Jungnitsch 2009, S. 38f.). Aus lerntheoretischer Sicht folgt das Verhalten des exzessiven Alkoholkonsums den sogenannten Lerngesetzen (vgl. Schmidt und Schmidt 2003c, S. 32). Eines der Gesetze der Lerntheorie beinhaltet das Lernen am Erfolg. Die Rede ist hier von dem Prinzip des operanten Konditionierens. Aufbauend auf den Arbeiten zum Gesetz der Wirkung von Edward Thorndike (1874-1949), wurde die operante Konditionierung mit ihrem Prinzip der positiven und negativen Verstärkung durch den amerikanischen Psychologen Burrhus Frederic Skinner (1904-1990) begründet. Skinner richtete seinen Blick auf die Beziehung zwischen Reaktionen und ihren Konsequenzen. (Vgl. Davison, Neale und Hautzinger 2007, S. 42ff.) Demnach wird ein durch Reize aus der Umwelt verursachtes Verhalten mit positiven Folgen wiederholt und mit negativen Folgen vermieden. Vor allem die Entwicklung des geselligen Gewohnheitstrinkens kann durch dieses Prinzip erklärt werden, denn der Konsument wird durch das regelmäßige Trinken im Freundeskreis konditioniert. Er erfährt durch die angenehme soziale Erfahrung eine positive Verstärkung, die ihn zum erneuten Alkoholkonsum einlädt. (Vgl. Zimbardo und Gerrig 2003, S. 208 und vgl. Tretter 2000, S. 15f.) Davon zu unterscheiden ist ein weiteres Gesetz des Lernens: das klassische Konditionieren, welches auch Signallernen genannt wird. Diese Lehre der bedingten Reflexe stammt von dem russischen Physiologen Iwan Petrowitsch Pawlow (1849-1936). Er untersuchte unkonditionierte und konditionierte Reiz-Reaktionen bei Hunden. Ursprünglich neutrale Reize lösen nach Konditionierung eine Reaktion, d. h. ein bestimmtes Verhalten, aus. Auf die Ätiologie der Alkoholabhängigkeit bezogen entsteht beispielsweise die Gewohnheit1, dass der Beginn des Feierabends oder das Fernsehen mit dem Trinken von Alkohol zusammen­gehören. (Vgl. Soyka und Küfner 2008, S. 361, vgl. Davison, Neale und Hautzinger 2007, S. 41f. und vgl. Tretter 2000, S. 15f.) Werden diese Gewohnheiten unkontrolliert über eine längere Zeit ausgeübt, kann eine Alkoholabhängigkeit entstehen. Laut Grüsser, Wölfling und Ziegler wird die Bedeutung von Lernmechanismen bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von süchtigem Verhalten und Verlangen in den letzten Jahren wieder verstärkt diskutiert (vgl. 2002, S.117). Weiterhin gehört zur Lerntheorie das Lernen am Modell, welches auch Beobachtungslernen, sozial-kognitives Lernen, Nachahmungslernen oder Imitationslernen genannt wird. Diese Lerntheorie ist eng an den kanadischen Psychologen Albert Bandura geknüpft. (Vgl. Jungnitsch 2009, S. 46 und vgl. Bandura 1979, S. 31) Im Sinne dieses Modelllernens erfolgen die ersten Alkoholerfahrungen häufig, wenn Kinder oder Heranwachsende den Alkohol­konsum der Eltern oder des Umfeldes, besonders das der Gleichaltrigen, beobachten und nachahmen. Auch ohne Verstärkerprozesse kann dadurch ggf. abhängiges Verhalten angebahnt werden. (Vgl. Soyka und Küfner 2008, S. 121, vgl. Davison, Neale und Hautzinger 2007, S. 45 und vgl. Tretter 2000, S. 16) Auch verbale oder schriftliche Aussagen und ebenso Graphiken oder Filme zum Thema Alkohol können als Modell zum Lernen und Imitieren dienen (vgl. Perrez und Zbinden 1996 zit. n. vgl. Jungnitsch 2009, S. 46).d

Über den Autor

Dörthe Badenschier wurde 1977 in der Hansestadt Lübeck geboren. Ihr Studium der Sozialen Arbeit an der Fachhochschule Kiel schloss sie im Jahre 2011 mit dem akademischen Grad der Diplom-Sozialpädagogin (FH) erfolgreich ab. Bereits während ihrer Ausbildung und beruflichen Tätigkeit als Erzieherin war sie mit der Begleitung psychisch kranker Menschen befasst. Im Rahmen ihres Studiums kam sie in der Klinik für Abhängigkeitserkrankungen in Schwerin mit dem Community Reinforcement Approach (CRA) in Berührung. In der Folge beschäftigte sie sich intensiv mit der bis dahin noch nicht beschriebenen Rolle der Sozialen Arbeit in diesem jungen Therapieverfahren.

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ISBN: 978-3-95935-596-4
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