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Gesellschaft / Kultur
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disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2018
AuflagenNr.: 1
Seiten: 400
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Durch den technischen Fortschritt bedingt, versprach das 19. Jahrhundert durchgreifende Rationalität der Lebens- und Gemeinschaftsformen und endlich Abschied von allen mystifizierenden und irrationalen Hysterien, die das Leben unter dem Primat schicksalhafter Gewalten stellten. Dennoch war das 19. Jahrhundert durchzogen von scheinbar unvereinbaren Widersprüchlichkeiten. Nietzsche bezeichnete diese Epoche als die Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen . Dennoch feierten im 19. Jahrhundert und in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts von jeglicher Humanität entleerte Phantasmagorien literarische Triumphe. Ernst Jüngers In Stahlgewittern verherrlichende Kriegsprosa befeuerte ganze Generationen junger Männer, die im steten Kampf um Leben und Tod den Sinn ihres Daseins fanden. Richard Wagners kühne Musik bezeichnete der Wiener Musikkritiker Hanslick 1860 nach der Premiere der Meistersinger als eine Art Krankheit, eine Musik, welche die Realität aufzulösen vermöchte und einen narkotischen Zustand der Suggestibilität herbeiführe. Dieses Buch ist ein Streifzug durch die deutsche Kulturgeschichte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts mit all ihren Widersprüchlichkeiten, Hoffnungen, Enttäuschungen und Irrwegen. Anhand verschiedener kultureller, musikalischer und literarischer Werke sowie politischen Strömungen sollen nicht nur deren Vielfalt, sondern ebenso auch die Irrwege, wahnhaften Prospekte und irrationalen Ideenwelten dargestellt werden, die den Weg in die Katastrophen des 20. Jahrhunderts vorgezeichnet haben, wenngleich die Absichten oftmals gänzlich anderer Natur waren.
Textprobe: Kapitel Zwischenbetrachtung: Völkischer Nationalismus und beginnende Götterdämmerung: Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er angehört, stolz zu sein […].Übrigens überwiegt die Individualität bei weitem die Nationalität, und in einem gegebenen Menschen verdient jene tausendmal mehr Berücksichtigung als diese. Dem Nationalcharakter wird, da er von der Menge redet, nie viel Gutes ehrlicherweise nachzurühmen sein. Vielmehr erscheint nur die menschliche Beschränktheit und Verkehrtheit in jedem Lande in einer anderen Form und diese nennt man den Nationalcharakter. (Arthur Schopenhauer: Parerga und Paralipomena, 1851) Über die Deutschen schrieb Goethe einmal, daß es ihr Charakter sei, der sie über alles schwer werden ließe, und daß alles über sie schwer werde . Die Angst vor der Bürde der Zukunft, die Leere der Gegenwart und die Schwere des Lebens überhaupt, verhinderte stets bei den Deutschen die Leichtigkeit des Seins. Immerzu mußte alles grundsätzlich und das Kollektiv betreffend existentiell durchdrungen werden, um jenes trügerische Selbstbewußtsein zu erreichen, welches das Leben als Deutscher erst lebenswert macht. Immer geht es um Alles oder Nichts und die Deutschen haben erst sehr spät gelernt, im politischen Alltag Kompromisse zu schließen. Ohne dieses Grundsätzliche ist alles nach welscher Art flach, zersetzend und des Nachdenkens nicht wert, wie es bei Hans Sachs in den ‚Meistersingern‘ anklingt. Dem deutschen Geist geziemt es nicht, leicht und unbeschwert über die Dinge des Lebens hinwegzuschreiten, wie dies den romanischen Menschen eigentümlich ist. Über die deutsche Politik, die Ausdruck dieser kollektiven Unruhe und Schwermütigkeit war, schrieb im Jahre 1860 die Londoner ‚Times‘: Die Launen der deutschen Politik sind solcher Art, daß wie ihnen nicht mehr zu folgen vermögen. Es ist nutzlos, nach Profundität Ausschau zu halten, wo aller Wahrscheinlichkeit nach nur Pedanterie herrscht, oder nach einer greifbaren Absicht, wo vielleicht nur der Wunsch besteht, irgendeine traumhafte historische Idee zu verwirklichen. Wäre die Art der Deutschen wie unserer Art – würden sie von praktisch denkenden Staatsmännern regiert anstatt von Zuchtmeistern und Sophisten – könnten wir uns vorstellen, sie hätten irgendein ferneres Ziel in Sicht. Aber da wir wissen, was sie sind, sehen wir in ihrem Verhalten nur ein weiteres Beispiel jener Schwäche und Perversität, die ihnen so viele Mißgeschicke gebracht hat . Es war jedoch nicht nur der Umstand, daß die Deutschen von Zuchtmeistern regiert wurden und sie damit nie zu politischer Mündigkeit finden konnten, sondern ihr vergebliches Bemühen eine Nation zu sein, und die Konzentration darauf, nationale Identität zu erlangen um jeden Preis, verhinderte über lange Zeiten an den Errungenschaften von Aufklärung und Liberalität teilzuhaben. Denn für nationales Selbstwertgefühl gilt ironischerweise das gleiche wie für erhabenen Stil und ästhetisches Empfinden, wer sich darum bemüht, hat sie erst gar nicht. Schiller und Goethe, die ein geringes Vertrauen in die politischen Fähigkeiten ihrer Landsleute hatten, verfaßten in ihren Xenien aus dem Winter 1795/96 die eindringliche Warnung an das deutsche Volk, angesichts des durch die Französische Revolution ausgelösten Nationalismus: Zur Nation euch zu bilden, ihr hoffet es, / Deutsche, vergebens / Bildet, ihr könnt es, dafür freier zu Menschen euch aus Schiller als Historiker des dreißigjährigen Krieges war sich mit Goethe bewußt, daß die Deutschen einen heillosen, sich selber vergewaltigenden Respekt vor jeder Obrigkeit besaßen und insofern sich schwer taten, ein gelassenes, politisches Selbstbewußtsein zu entwickeln. Mit ihrer Mahnung wollten sie zum Ausdruck bringen, daß ihre Landsleute erst dann nach nationaler Macht streben sollten, wenn sie die erforderliche bürgerliche und moralische Freiheit errungen hätten, um diese Macht unter Kontrolle zu halten. Eine der verheerenden Ideenformationen des 19. Jahrhunderts, die aus diesen kollektiven Unzulänglichkeiten indirekt hervorgingen waren die des Nationalismus in der Auffassung eine ausgewählte Nation sein, verbunden mit rassisch völkischen Elementen. Hierbei wirkte sich deren Verankerungen in romantischen Denkweisen und Geisteshaltungen besonders fatal auf die weitere Entwicklung bürgerlichen Kulturverständnisses aus. Nicht nur die politischen und militärischen Komplexe waren hiervon infiziert, sondern der Nationalismus bemächtigte sich auch weite Teile des Besitz- und Bildungsbürgertums. In dieser sozialen Schicht fand er seine kongeniale Heimat. Der Nationalismus in Deutschland bereitete somit mehr als andere politische und geistige Strömungen im 19. Jahrhundert die humane Verrohung des Bürgertums vor. Und dies stand in Einklang mit der offiziellen Politik. Die von Thomas Mann in seinem Roman Doktor Faustus in Szene gesetzte Analogie des deutschen Schicksals mit dem Größenwahn Adrian Leverkühns, konnte nur vor dem Hintergrund dieser nationalen Wahnhaftigkeit glaubhaft dargestellt werden, was bei kritischen Zeitgenossen auch den Erfolg dieses Romans begründete. Ideologisch betrachtet setzt der Roman am Endpunkt dieser nationalistischen Wahnbewegungen an, gewissermaßen dort, wo sich die verhängnisvollen Früchte dieser historischen Fehlentwicklungen in ihrer ganzen zerstörerischen Dimension zeigten. Dieser nationalistische Irrsinn war die Antwort auf die Angst vor der Revolution, die seit der Französischen Revolution das gesamte 19. Jahrhundert hindurch weite Teile des Adels und des Großbürgertums erfaßte. Der Eindruck, daß Revolutionen wie Naturgewalten über die Menschen komme, in deren Folge zwangsläufig Schreckensherrschaft, Zerstörung und Chaos entstehen, hat generationenlang, namentlich in Deutschland den freiheitlichen Gedanken korrumpiert und jenen Fanatismus der Ruhe 3 bewirkt, der bis 1918 jeden Umsturzversuch und jede revolutionäre Veränderung mit dem Ruf nach Ordnung und Sicherheit unterdrückte. Theodor Fontane, der den Niedergang des Adels und den Aufstieg des Bürgertums im 19. Jahrhundert mit Skepsis beobachtet hat, stellte die Freiheitsresistenz des bürgerlichen Bewußtseins in folgendem Gedicht fest: Freiheitlich freilich. Aber zum Schlimmsten/ Führt der Masse sich selbst Bestimmen/ Und das Klügste, das Beste, Bequemste/ Das auch freien Seelen weitaus genehmste/ Heißt doch schließlich, Ich hab`s nicht Hehl/ Festes Gesetz und fester Befehl . Die Maxime einer undemokratischen und antiliberalen Staatsauffassung lautete von je her, daß Sicherheit und Ordnung vor jeder Freiheit stehe. Wenn schon Freiheit ermöglicht wird, dann nur unter den Regeln einer strengen Ordnung, die Sicherheit verheißt und kein Risiko zuläßt. Und gelegentlich tauchen solche Formulierungen, ohne daß sich ihre Vertreter dessen bewußt sind, in den Wahlparolen einschlägiger rechtskonservativer Parteien auf. Das Bürgertum schwankte ständig zwischen dem Wunsch nach Freiheit und politischer Anerkennung und der Tendenz, ihr kulturelles Eigenleben, weit ab von den alltäglichen Belastungen führen zu können. Da letztlich das politische Mitspracherecht versagt blieb, sah es seine vornehmliche politische Aufgabe darin, sich über einen unkritischen und schließlich destruktiven Nationalismus als Staatsbürger zu definieren. In den Ideenformationen eines völkischen Nationalismus sahen sich alle, ohne Ansehen und Standesunterschiede als Träger einer heiligen nationalen Aufgabe. Der Abstieg des Bildungsbürgertums aus idealistisch-romantisierenden Höhenlandschaften über muffig-spießbürgerlichen Provinzialismus bis hin in die düstere Verbrechenswelt des Dritten Reiches wurde begleitet von den Wegweisern Nation, Nationalismus und Rassismus und enthielt viele Verzweigungen und Kehren, die letztlich nicht nur in den ideologischen sondern auch in den politischen Abgrund geführt haben. An seinen Wegrändern entstanden ideelle Formationen, die auf das Schlimmste hindeuteten, was sich in der deutschen Geschichte jemals ereignen würde. Anfangs stand die konservative Demokratiekritik dem ursprünglich demokratisch akzentuierten Nationalismus mißtrauisch gegenüber. Erst die Verbindung mit der Machtstaatsidee des Deutschen Kaiserreiches in der verspäteten Nation 4 hat den Aufstieg eines plebejischen Konservatismus , d.h. eines Konservatismus, der sich auch in den untersten sozialen Schichten einer großen Zustimmung erfreute, begünstigt. In dessen Kielwasser konnte sich ein deutsch-völkischer und antisemitischer Pangermanismus entwickeln.5 Freilich war das ein verschlungener Weg, dessen gedankliche Ausprägungen sich zwischen traditionalistischen und nationalliberal – modernistischen Varianten bewegten. Der ältere Nationalgedanke bei Herder (1744-1814) rühmte noch die Vielfalt der Völker und ihre unterschiedlichen Kulturen, seine Idee einer weltgeschichtlichen Sendung der Völker und Nationen stand noch ganz im Zeichen eines verbindenden Universalismus im Dienste des Fortschritts zur allgemeinen Humanität 6 Doch bei Friedrich Wilhelm Jahn (1778-1852), dem deutschen Turnvater, wird er schon zugespitzt und in völkisch-nationalistische Dimensionen umgeformt. Im Verlaufe des 19. Jahrhunderts entfernte sich der Nationalgedanke immer mehr von seinen demokratischen und altliberalen Vorstellungen und wurde vom inneren Antrieb einer Verfassungsbewegung zum Motor eines modernen Machtstaatsgedankens mit weitreichenden außenpolitischen und imperialen Absichten. Einer der bedeutendsten Wegbereiter zu dieser Entwicklung war der ursprünglich liberale Historiker Heinrich von Treitschke (1834-1896). An ihm läßt sich die schroffe Abkehr von demokratischem Denken zu einer potentiell antidemokratischen Richtung besonders deutlich nachvollziehen. Und zwar nach innen in der Rechtfertigung elitärer statt parlamentarischer Herrschaft, nach außen in der Betonung der Verschiedenartigkeit der Völker und Rassen sowie der besonderen nationalen Sendung, deren sich die Deutschen bewußt werden müßten .7 Im Unterschied zu den Nationalismen anderer europäischer Staaten, mit Ausnahme Italiens, unterschied sich die deutsche Variante des Nationalismus im 19. und frühen 20. Jahrhundert dadurch, daß es ein organisierter Nationalismus war, der weite Teile des gesellschaftlichen und privaten Lebens überformte. Gelegentlich nahm er Ausmaße einer Staatsreligion an, die nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche durchdrang und viele Menschen in seinen Bann zog. In seiner Radikalität war er in ideologischer Hinsicht, seinen Gruppenbildungen, seinen politischen Strategien und Agitationen und insbesondere in der Verwendung völkischer Metaphern und Symbolen systematisch organisiert. Weit weniger bezog er sich auf eine geistige und kulturelle Vergangenheit, welche trotz ihrer regionalen Verschiedenheiten dennoch einen gemeinsamen, kollektiven Hintergrund vorweisen konnte und das Selbstverständnis des Bürgertums in den deutschen Kleinstaaten prägten. Vielmehr leitete der Nationalismus seine ideologische Begründung aus der mythischen Vorstellung einer germanischen Kontinuität ab, die als spezifisch kulturelles und soziales Erbe aufgrund der Zugehörigkeit zu einer überlegenen Rasse behauptet wurde, und welches lediglich fremden Einflüssen zufolge in zeitweiliger Vergessenheit geriet oder durch christlich-jüdische Einflüsse überdeckt wurde. Hierbei übersah das im Nationalismus befangene Denken die Verschiedenheiten der regionalen Kulturen und Traditionen, wie sie aus der Geschichte der deutschen Kleinstaaten und Königreiche über die Jahrhunderte entwickelt wurden. Ebenso leugnete der völkische Nationalismus Einflüsse anderer Kulturen und ignorierte beharrlich nationenübergreifende Ideen, wie die Aufklärung und die Errungenschaften der französischen Revolution. Insofern war dem deutschen Nationalismus von vorneherein eine mythische Überwölbung seiner politischen und biologistischen Begründungen anzumerken, die im Fortgang der geschichtlichen Ereignisse im späten 19. Jahrhundert und darüber hinaus ihm seine besondere Dauerhaftigkeit sicherten. Im Zuge imperialistischer und machtpolitischer Strömungen gelang es, getragen durch die Staatsideologie des preußischen Wilhelminismus, solche absurden Konstruktionen zu identitätssichernden Symbolen für die Menschen zu verankern. Seine politisch pragmatische Durchschlagskraft behielt er bis in nahezu alle Schichten der Gesellschaft im Deutschen Kaiserreich und in gewissen Kreisen während der Weimarer Republik aufrecht, und vor allem im Dritten Reich , wo die Ideologie der arischen Rassenzugehörigkeit zu einem besonderen Merkmal nationalsozialistischer Innen- und Außenpolitik wurde. Indem er die menschenrechtlichen Grundprinzipien programmatisch aufkündigte, stand er jedoch im Gegensatz zu dieser, und über allen sonstigen Ideologien und konkurrierenden Weltanschauungen war er ausschließlich volksdeutsch geprägt. Seine staatsbürgerliche Grundauffassung bezog er aus dem Begriff des sogenannten Volkstums, mit der Behauptung über besondere rassische und ethnische Merkmale zu verfügen und denen ein elitärer Charakter über andere Nationen zugesprochen wurde. Für das Erstarken rassischer Ideale war vor allem das Wiedererwachen eines nationalen historischen Bewußtseins von grundlegender Bedeutung. Dieses Bewußtsein bezog sich auf einen kulturhistorischen Kanon des Volkstums im Sinne einer zwar unhistorischen aber umso hartnäckiger behaupteten Kontinuität rassischer Dispositionen, welche die Grundlage der Nation bilden sollten. Damit wurde Geschichte und Werdegang eines Volkes, bzw. des jeweiligen Volkstums zum falschen Mythos, der heutzutage in den ethnischen Konflikten im früheren Jugoslawien wiederum virulent geworden ist, und über den Adorno gesagt hat, daß der zweite Mythos stets unwahrer erscheint, als der ursprüngliche und deshalb der Manipulation der Massen dient. Das Nationale verstand sich als eine umfassende politische Begriffsbestimmung, welche sich in ihren innen- und außenpolitischen Tendenzen auf projizierte Feindbilder fixierte. Wenngleich diese Tendenzen auch nicht immer zum Gegenstand offizieller Tagespolitik erhoben wurden, so waren dennoch deren mentale und ethische Implikationen durch generationenlange Erziehung und Sozialisation im kollektiven Bewußtsein verankert. Dessen kulturhistorische Wurzeln lagen in einem germanisch-völkischen Verständnis zu Anfang des 19.Jahrhunderts, welches bereits auch Fichte in seinen Reden an die Nation vertrat und sodann unter dem Einfluß sozialdarwinistischer Lehren, eine zusätzliche rassespezifische Bedeutung erhielt. Tatsächlich finden sich in den Schriften der völkischen Kritiker Fichtes Grundgedanken seiner ‚Reden an die deutsche Nation‘ wieder. Fichtes Ausspruch: Charakter haben und deutsch sein ist ohne Zweifel gleichbedeutend , wurde zu einem der Kernsätze des späteren Nationalismus. Die ausgesprochen chauvinistische Ausrichtung des Nationalismus in den folgenden Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts bezog er aus dem antimodernen, antidemokratischen und antiliberalen Ideengut weiter Teile der bürgerlichen Intelligenz. Hierbei fand der nationale Wahn zunehmend Unterstützung in konservativen Besitz- und Herrschaftsschichten, die hierin die Möglichkeit erblickten, ihren Besitz und Einfluß in der Gesellschaft auszuweiten. Darüber hinaus fand er auch Anklang, zumindest zeitweise, in den vom Modernisierungsprozeß benachteiligten und durch Wirtschaftskrisen verunsicherten Bevölkerungsteilen, vorzugsweise im Heer der unteren Angestellten und Arbeiter. Außenpolitisch wurde die nationale Hybris von einem imperialistischen Denken und einer erstaunlichen Selbstherrlichkeit über die eingebildete Größe des Deutschseins geprägt, was letztlich neben anderen Faktoren, über den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 gegen den Erbfeind , schließlich zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges geführt hat.
Dr. phil. Manfred J. Foerster studierte Soziologie, Psychologie, Philosophie und Erziehungswissenschaften in Aachen und an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz und promovierte bei Micha Brumlik in Heidelberg über die Analytische Psychologie und Archetypenlehre C.G. Jungs. Außerdem machte er eine Gesangsausbildung als Operntenor in Aachen, Wiesbaden und Mainz. Er leitete über 20 Jahre die Beratungs- und Fortbildungsstelle für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter/innen des Hessischen Strafvollzuges und war als Lehrbeauftragter an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz im Fachbereich Erziehungswissenschaft, an der Hessischen Justizvollzugsakademie Wiesbaden sowie an der Thüringischen Justizvollzugsschule Suhl-Goldlauter tätig, mit den Schwerpunkten: Frühkindliche Bindungserfahrungen und Sozialisation, Ursachen und Auswirkungen von Persönlichkeitsstörungen sowie Persönlichkeitsprofile serieller Sexual- und Gewaltdelikter.
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