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Gesellschaft / Kultur

Martin Gschwandtner

Auguste Caroline Lammer (1885-1937): Eine Frau in einer Männer-Domäne

ISBN: 978-3-95425-942-7

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Produktart: Buch
Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 156
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Tragik der ,Lammerbank‘ in Zell am See (Österreich, Bundesland Salzburg) spielte sich in der Zeit von 1920 -1937 im Umfeld eines von Krisen geschüttelten Österreich im Zusammenhang mit internationalen Wirtschaftsproblemen ab. Auguste Caroline Lammer geb. Hofbauer (1885-1937), geb. in Wien, kam aus einfachen Verhältnissen und stieg durch ihre Tüchtigkeit zu einer angesehenen Bankfrau empor. Die Bekanntschaft mit einem Schuldenmacher und Spekulanten stürzte sie in finanzielle Nöte, die zu einem Konkurs führten und sie vor Gericht brachten. Ihr Leben endete als Häftling einer Frauenstrafanstalt. Die Arbeit ist in zwei Teile gegliedert: der erste Teil schildert die Krise der österreichischen Wirtschafts-und Bankenpolitik bis zum Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 mit Exkursen zur Franc-Spekulation 1924, zum weltweit beachteten ,Wörgler Schwundgeld‘ 1932-1933 und zur Ära des ,New Deal‘ 1929-1934. Der zweite Teil widmet sich der Geschichte der Lammerbank und ihrer Gründerin.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2., Die Krise der österreichischen Wirtschafts- und Bankenpolitik: 2.1, Zur Ausgangssituation Österreichs nach dem I. Weltkrieg. 2.1.1 Der Kampf ums Überleben. Die Geschichte von Aufstieg und Fall der Lammerbank von 1920 bis 1935 bzw. bis zum Tode von Frau Auguste Lammer im Jahre 1937, fällt in einen politisch wie wirtschaftlich gleichermaßen sehr bedeutsamen, bewegten und national wie international dramatischen Zeitabschnitt. In den folgenden Ausführungen soll beispielhaft auf bedeutsame Strömungen, Ereignisse und Auswirkungen dieser Zeit eingegangen werden. Als Anfang November 1918 die kriegerischen Auseinandersetzungen eingestellt wurden, ergab sich ein düsteres Bild: Ein überforderter, geschwächter Produktionsapparat, der in Bezug auf Investitionen jahrelang vernachlässigt wurde, aufgezehrte Lager, desorganisierte Verkehrseinrichtungen, unterbrochene Auslandsbeziehungen und eine zerrüttete Währung. Die Erschöpfung setzte sich fort und mit ihr das schlimme Symptom der Geldentwertung. Doch die Inflation während des Krieges war nur ein Vorspiel zu dem Desaster, das folgte. Die wirtschaftlich härteste Folge des verlorenen Ersten Weltkrieges war für Österreich die Auflösung der Österreichisch-Ungarischen Monarchie und die damit verbundene wirtschaftliche Desintegration, die Zerreißung eines weitgehend autarken, organisch gewachsenen Wirtschaftsgebietes. Aus dem Zerfall des 52-Millionen-Reiches war ein ,Restösterreich’ mit knapp sieben Millionen Einwohnern übriggeblieben. Es wies unter den Nachfolgestaaten zwar das mit Abstand höchste Entwicklungsniveau auf und entsprach auch eher dem Typus eines Industriestaates, als das frühere Österreich-Ungarn. Sein Bruttoinlandsprodukt/Kopf im Jahre 1913 betrug immerhin 1038 Kronen, beispielsweise dagegen das des Wirtschaftsraumes der späteren Tschechoslowakei nur 668 Kronen. Allerdings war jetzt die zum Teil hochentwickelte gewerbliche Wirtschaft von ihren bisher im Inland gelegenen Rohstoffquellen und Absatzgebieten abgeschnitten. Das betraf vor allem die reichen Erdölfelder Galiziens, wie die bedeutenden Kohlevorkommen in Böhmen, Mähren und Schlesien. Die österreichischen Unternehmungen, die bisher im geschlossenen Wirtschaftsgebiet der Monarchie ihre Erzeugnisse verkaufen konnten, waren nun durch Zollschranken von den übrigen Nachfolgestaaten getrennt. Ein schwerwiegender struktureller Nachteil war, dass vor allem Wien seine zentrale Stellung einbüßte und damit auch einen Großteil der früheren beträchtlichen Einkünfte aus Dienstleistungen. Wien war doch Sitz der militärischen und zivilen Zentralverwaltung, der Mittelpunkt des Handels und des Kreditwesens. Für ihre Dienste hatte es Einnahmen aus der ganzen Monarchie bezogen. Nun war die Wohlhabenheit verflogen. Ein großstädtischer Organismus war zurückgeblieben, der sich selbst nicht erhalten konnte und zu dessen Erhaltung sich die Bundesländer zu schwach fühlten. Das Wort vom ,Wasserkopf Wien’ wurde zum vielzitierten Aphorismus. Der schwere Existenzkampf der unmittelbaren Nachkriegszeit ließ die Strukturprobleme vorerst in den Hintergrund treten. Mit dem Wegfall der fruchtbaren Agrargebiete Ungarns und Mährens war die Lebensmittelversorgung zusammengebrochen. Die schon in den letzten Kriegsmonaten völlig ungenügenden Lebensmittelrationen mussten weiter vermindert werden. Der Gesundheitszustand der Kinder war besonders alarmierend: Die Zahl der an Tuberkulose Erkrankten und Verstorbenen stieg rasant an. Eine schwere Grippeepidemie, die Spanische Grippe, kostete im Herbst und Winter 1918/19 Tausende Todesopfer. Die ärztliche Versorgung war mangelhaft. Von der bäuerlichen Bevölkerung in den abgelegenen Gebirgsorten weiß man, dass oft Kräutertee mit Vogelbeer-schnaps die einzige verfügbare ,Medizin’ gegen diese schwere Krankheit war. In Wien wurde der Wienerwald fast kahlgeschlagen, um ein bisschen Wärme in die ausgekühlten Wohnungen zu bringen. Es kam immer wieder zu Hungerunruhen, Demonstrationen und Streiks. Die Kindersterblichkeit stieg drastisch an. Der Leiter der interalliierten Nahrungsmittel-Kommission, der Amerikaner Herbert Hoover sagte: ,There is food enough for Austria, you have to arrange the finance’. Doch Österreich konnte die erforderlichen ausländischen Zahlungsmittel nicht aufbringen. Erst nach mehreren Interventionen gelang es, von den USA einen Kredit in der Höhe von 48 Millionen Dollar zu bekommen, der 1919 auf 82 Millionen Dollar aufgestockt wurde. Neben der Nahrung fehlte es an Rohstoffen, der Eisenbahnverkehr musste wegen Kohlenmangel auf ein Minimum reduziert werden, in der Obersteiermark mussten fast alle Hochöfen stillgelegt werden. Die Umstellung der Rüstungsbetriebe auf die Friedensproduktion war insbesondere auch deswegen sehr schwierig, weil neben dem Fehlen der Rohstoffe auch die Arbeitsdisziplin der durch Hunger entkräfteten und durch den Umsturz aufgewühlten Arbeiterschaft stark nachgelassen hatte. Die heimgekehrten Soldaten und die bisher in den Rüstungsbetrieben beschäftigten Arbeiter konnten nicht unmittelbar weiter beschäftigt werden. Die Zahl der Arbeitslosen stieg von Monat zu Monat sie erreichte ihren vorläufigen Höhepunkt im Mai 1919. Eine Folge der territorialen Verluste war auch der Verlust der Nord-Süd-Achse, die früher u.a. Kohlevorkommen und Eisengewinnung mit dem Haupthafen Triest verband. In der ersten Zeit nach dem Krieg war in Österreich nur das einzige Bestreben vorhanden, dieses Chaos zu überleben. Der fortschreitenden Geldentwertung schenkte man zu wenig Aufmerksamkeit. Das lag auch an dem Schock, den der Zusammenbruch der Monarchie ausgelöst hatte und die politische Handlungs- Fähigkeit weitgehend lähmte. Man konnte sich nicht vorstellen, dass der neue Kleinstaat, das Ergebnis einer schmerzvollen Amputation, überhaupt existieren könne. Die ständig wiederholte These von der ,wirtschaftlichen Lebensunfähigkeit’ Österreichs prägte vor allem das Denken der politischen Eliten.¬- Während die anderen Nachfolgestaaten mit dem Elan ihrer neu gewonnenen Unabhängigkeit an die Beseitigung der Anpassungsschwierigkeiten schritten, fühlte man sich in Österreich entthront, verzweifelt und gedemütigt. Im bürgerlichen Lager und unter den Aristokraten herrschte Untergangs- stimmung, sie sprachen von einer ,verlorenen Welt’. Die Arbeiterschaft dagegen war zumindest in einer kurzfristigen Aufbruchsstimmung. Sie träumte von einem neuen Zeitalter und einem neuen Menschen. Im Anschluss an Deutschland sah man die einzige Überlebenschance. Eine satirische Zeitschrift schrieb: ,Entweder Anschluss an Deutschland, oder Kurzschluss in Österreich.’ Hatten Demonstrationen und Streiks, die Gründung von Nationalräten der einzelnen bisherigen Kronländer der Monarchie und die Aufstellung von Soldatenräten schon das letzte Kriegsjahr begleitet, so überstürzten sich nach dem Zerfall des Vielvölkerstaates die Ereignisse: Am 1. November 1918 trat die kaiserliche Regierung Lammasch zurück und Kaiser Karl verzichtete auf den Thron. Am 12. November wurde bereits die ,Republik Deutschösterreich’ ausgerufen, die zum Bestandteil der Deutschen Republik erklärt wurde. Die Inflation wurde unter dem Gesichtspunkt und der Sorge betrachtet, dass sie den währungspolitischen Anschluss erschweren könnte. Am 27. November wurde das Wahlrecht auf Frauen ausgedehnt. Am 16. Februar 1919 fanden die ersten allgemeinen, gleichen Wahlen statt. Am 17. März 1919 trat Karl Renner als Staatskanzler einer Koalition aus Christlichsozialen und Sozialdemokraten an. Am 3. April 1919 wurde das ,Anti-Habsburg-Gesetz’ erlassen, Adelstitel wurden verboten. Die Todesstrafe hatte man abgeschafft. Am 10. September 1919 kam es zur Unterzeichnung des Friedensvertrages von St. Germain zur Festlegung des Staatsnamens ,Republik Österreich’, zum Verbot des Anschlusses an Deutschland und zur Abtretung Südtirols an Italien. Infolge der erlangten Machtposition der Sozialdemokraten kamen sozialistische Zielvorstellungen ins Gespräch. Otto Bauer hatte bereits im Jänner 1919 ein umfassendes Sozialisierungsprogramm entwickelt, das eine stufenweise Überleitung der Privatwirtschaft in Gemeineigentum vorsah. Diese Bestrebungen blieben allerdings nur eine Episode, denn die verzweifelte Wirtschaftslage, der Widerstand der Bundesländer und des Auslandes, sowie die aufkeimende Renaissance des alten, liberalen Gedankengutes ließen solche Pläne bald wieder verschwinden. Nur einige ehemalige Heeresbetriebe waren in ,gemeinwirtschaftliche Anstalten’ umgewandelt worden. Die Unsicherheit über die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung führte allerdings dazu, dass viele Unternehmer sich mit den Investitionen zurückhielten und ihr Geld im Ausland anlegten. Doch die Auseinandersetzung zwischen den zwei großen Lagern, der Arbeiterschaft, vertreten durch die Sozialdemokratische Partei und dem vorwiegend bürgerlichen Lager der Christlichsozialen Partei, sollte die weitere Geschichte des deutschsprachigen Restes der Monarchie bestimmen. Als drittes politisches Lager sind noch die Großdeutschen und Deutschnationalen zu nennen. Die wachsenden Spannungen zwischen den politischen Lagern führten zur Aufstellung bewaffneter Verbände auf beiden Seiten. 1919 entstanden die Heimwehren als Gegengewicht zu der sozialdemokratisch dominierten Volkswehr, die bewaffnete Macht der Republik. Mit der Schaffung des Bundesheeres wurde der Einfluss der Sozialdemokratie zurückgedrängt. Später, 1923 wurde dann die ,Privatarmee’ der Sozialdemokraten, der so genannte ,Republikanische Schutzbund’ aufgestellt.

Über den Autor

Martin Gschwandtner, geboren in Salzburg, maturierte an einer höheren Lehranstalt für Elektrotechnik und absolvierte berufsbegleitend das Diplomstudium Wirtschaftsingenieurwesen. Die Diplomarbeit befasste sich mit Investitions-und Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Wasserkraftwerke. Er war in der Metallindustrie als Betriebsleiter für Instandhaltung, Anlagen- und Energieplanung, sowie damit verbunden als Geschäftsführer von zwei Kleinwasserkraftwerksgesellschaften tätig. Später absolvierte er das Diplomstudium der Geschichte und anschließend das Doktoratsstudium mit einer Dissertation über die Kaplanturbine. Martin Gschwandtner erhielt 12 Patente auf Diensterfindungen und die Gewerbeberechtigungen für Elektroinstallation, Zentralheizungsbau und Technisches Büro für Elektrotechnik. Er ist mehrfacher Buchautor und lebt in Hof bei Salzburg.

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