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- Zurück aus Afrika: Briefe und Tagebücher 1938-1948
Geschichte
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 160
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die von der Autorin hinterlassenen Tagebuchaufzeichnungen, ergänzt durch Briefe aus jener Zeit, liefern ein authentisches Bild des Alltags der Kriegs- und Nachkriegsjahre. Durch gesundheitliche Gründe zur Rückkehr nach Deutschland gezwungen, reisten die Autorin und ihr Mann gegen Ende des Jahres 1938 aus Ostafrika ab. Dort wurden sie vom annahenden Weltkrieg überrascht. Diese Dokumente schildern mit besonderer Eindringlichkeit die entbehrungs- und schreckensreichen Kriegsjahre im von alliierten Bombern heimgesuchten Berlin. Den Zusammenbruch erlebten die Autorin und ihr Kind bei Verwandten in einer westfälischen Kleinstadt, die ersten Nachkriegsjahre auf benachbarten Dörfern. Wie Millionen Andere mussten sie wieder bei null anfangen. Die ganzen Jahre begleitete sie und ihr Mann, der Ende 1945 aus Gefangenschaft frei kam, der Wunsch, nach Afrika zurückzukehren. Die Zeit in Afrika verklärte sich in der Erinnerung immer mehr zu einer Vision von Glück und Frieden, bis diese dann 1952 mit einer großen persönlichen Enttäuschung endete.
Textprobe: Kapitel Licht am Ende des Tunnels: Karl hatte sehr gute Freunde aus seinen Hamburger Jahren, ehe er 1925 wieder nach Ostafrika ging, Otto und Änne Neuerburg, die jetzt in Kiel lebten. Wo Neuerburg Direktor an der großen Werft Deutsche Werke” war. Sie hatten uns schon seit Wochen dringend eingeladen, sie in Kiel zu besuchen. Wir hatten es immer wieder aufgeschoben, wegen Karls Verhandlungen mit dem Auswärtigen Amt. Und auch, weil ich mich zeitweise nicht recht wohl fühlte. Endlich, im März, reisten Karl und ich nach Kiel. Neuerburgs waren sehr liebe Menschen und nahmen uns ganz reizend auf. Karl hoffte im Stillen, daß Neuerburg, der mitten im Wirtschaftsleben stand, und sehr viele Beziehungen zu Industriekreisen hatte, Rat für unsere Sorgen wüßte, oder uns auch nur einen Hinweis geben könnte. Denn Karl, nach 15 Jahren Afrika, war ja völlig fremd im heutigen Deutschland Aber selbst Otto Neuerburg sah unsere Lage mehr als schwarz, und wußte keinen Ausweg. Wir ließen uns die schöne Wiedersehnsfreude dadurch aber nicht verderben, und Änne tat sehr geheimnisvoll, morgen hätte sie eine ganz große Überraschung für Karl. Wir erwarteten sehr neugierig den Nachmittag. Als die Tür aufging, erhob sich ein wahres Freudengeschrei. Karl und Hans Beusse, alte Kriegskameraden aus Ostafrika, fielen sich beinah um den Hals! Sie hatten nicht nur den ganzen Krieg miteinander fast bis zum Ende, verlebt, sondern auch noch die Jahre im Kriegsgefangenenlager in Ägypten zusammen verbracht. Karl, der in den letzten Kriegswochen mit schwerer Malaria im Lazarett lag, fiel, als die deutsche Truppe abrücken mußte, mit dem ganzen Lazarett in englische Hände. So kam er nach Ägypten ins Gefangenenlager, wo er Hans Beusse wiedertraf. Beusse berichtete von der Wehrmacht, die Hitler unter Hochdruck immer weiter aufbaute und ausbaute, und wie sehr es noch immer an tüchtigen alten und erfahrenen Offizieren fehlte. Die Luftwaffe vor allem hätte großen Mangel an führenden Kräften und stellte erprobte Offiziere bis zum Alter von 50 Jahren noch ständig neu ein. Beusse war seit eineinhalb Jahren dabei und gerade Major geworden. Karl war sehr beeindruckt. Beusse riet Karl, sich sofort zu melden und keine Zeit zu verlieren. So kam es, daß wir am nächsten Nachmittag schon, früher als geplant, nach Potsdam zurück reisten. Am kommenden Morgen fuhr Karl nach Berlin, meldete sich, wurde überall herzlich empfangen und kam mit einem Berg von Fragebögen zurück, die er schleunigst ausfüllen, und einreichen sollte. Die halbe Nacht ging damit hin. Wie gut, daß Karl sich schon in den letzten Wochen Ahnenpapiere beschafft hatte, also den Arier Nachweis erbringen konnte, was damals die Grundlage für jegliche Anstellung war. So ging alles sehr schnell. Nach kaum 14 Tagen wurde Karl bereits zur ersten, acht Wochen dauernden, Übung einberufen, und zwar ins Reichsluftfahrt-Ministerium in Berlin, kurz RLM genannt, in die Personal-Abteilung. So brauchten wir uns nicht einmal zu trennen. Kar1 wohnte weiter in Potsdam und fuhr tagsüber nach Berlin zum Dienst. Karl hatte große Freude an seiner neuen Arbeit, der Chef und die Kameraden waren alle in seinem Alter, und alle waren sehr nett zu ihm. Karl arbeitete sich schnell ein. Als Karl, sozusagen an der Quelle sitzend, sah, wie gut die Aussichten standen, sowohl für ihn selbst, wie für die Mehrzahl derer, die sich jetzt immer noch neu meldeten, schrieb er einen Luftpostbrief an seinen Bruder Hans nach Daressalam, Hans solle mit seiner Frau, Gisela, und dem Kind schnellstens das nächste Schiff nehmen, und nach Berlin kommen und sich zur Luftwaffe melden. Hans hatte auch schon den Ersten Weltkrieg mitgemacht, war ein sehr tüchtiger Offizier gewesen, er hatte also die gleichen günstigen Voraussetzungen, wie Karl und dieselben Aussichten. Hans wollte sofort kommen, aber Gisela war darüber verzweifelt, sie wollte in Afrika bleiben. Hans setzte sich aber durch, und im Mai traf er mit Gisela und der entzückenden kleinen Kristin in Berlin ein, Hans froh, Gisela deprimiert. Schon wenige Tage später wurde Hans in ein Berliner Flack-Regiment einberufen. Mittlerweile sah es politisch zunehmend bedrohlicher aus. Ein baldiger Krieg schien sich vorzubereiten. Karls Mutter und seine Schwester Else waren noch in Afrika! Karl schrieb seiner Mutter, daß er die Absicht hätte, seine Pflanzung gegen Streichung der gesamten Schuldenlast, dem Auswärtigen Amt zurück zu geben. Beide möchten schleunigst nach Deutschland kommen, und das Nötigste mitnehmen. Für Mutter würden wir ein schönes Altersheim in unser Nähe suchen, Else würde leicht eine Bürostellung finden, wie früher schon. Denn Else war in Stenographie und Schreibmaschine geübt, und solche weiblichen Hilfskräfte waren auch heute gesucht. Meine Eltern wollten uns helfen, das Altersheim für Karls Mutter so lange zu finanzieren, bis Karl selbst genug Gehalt bekäme, um allein für alles zu sorgen. Die Antwort, die wir aus Afrika bekamen, war niederschmetternd. Mutter und Else schrieben empört, ob wir verrückt geworden wären! Jetzt alles aufgeben, wo die Farm in vollem Ertrag stünde! Sie seien gerade dabei, eine große Ernte einzubringen. Bisher hatten sie uns stets geschrieben, die Farm brächte nichts. Daß sie letztes Jahr schon eine mittelmäßige Ernte hatten, hatten sie uns bisher verschwiegen. Nun eine Vollernte von unseren 65.000 Kaffeebäumen? Wenn es wahr wäre, das wäre ja über alle unsere Erwartungen! Dann wäre wirklich kein Grund, die Farm aufzugeben. (Wie sich später herausstellte, war dieser Bericht wahr, und entsprach den Tatsachen). Karls Mutter und Else schrieben weiter, sie dächten auch gar nicht daran, nach Deutschland zurück zu gehen, in die Enge und das ganze unfreie Leben wo sie hier in Afrika auf eigenem Besitz wie Könige lebten! Nein, nein und nochmals nein! Sie würden lieber sterben, als von dort fortgehen. Und solange sie dort im Hause lebten, dürfte kein Fremder die Farm betreten. Wenn Mutters Angaben stimmten, daß die Farm jetzt in vollem Ertrag sei, so würden wir sie natürlich nicht aufgeben und wir brauchten auch keine Sorgen haben, daß Mutter und Else genug zum Leben hätten. Aber, wenn es nun Krieg gäbe, dann wären die beiden Frauen bestimmt sicherer in Deutschland. Karl schrieb darum nochmals an seine Mutter und Schwester, es sähe unruhig aus, ein baldiger Krieg, sei nicht ausgeschlossen, dann wären sie dort abgeschnitten und kämen womöglich in englische Gefangenschaft. Sie möchten doch baldigst nach Deutschland kommen! Wir behielten also die Farm, baten aber einen sehr netten Nachbarn in Mufindi, Herrn von Oeynhausen, Mutter und Else zu besuchen, ihnen gut zuzureden und bei der Gelegenheit die Sache mit der guten Ernte anzusehen. Er schrieb uns dann bald, die Frauen ließen sich nicht bewegen, nach Deutschland zukommen. Die Ernte schiene wirklich sehr groß zu werden. Sie seien am Pflücken, und was noch auf den Sträuchern säße, sähe sehr vielversprechend aus. So ließen wir also den Dingen ihren Lauf. Inzwischen ging der Monat Mai zu Ende. Karl wurde zur zweiten Probeübung einberufen, nochmals für 8 Wochen, und, o Freude, wieder an den alten Platz im Reichsluftfahrtsministerium (RLM). Sie wollten ihn augenscheinlich dort nicht missen. Nach Ablauf dieser zweiten acht Wochen sollte es sich entscheiden, ob Karl von der Wehrmacht übernommen würde oder nicht. In den ersten Junitagen zogen Karl und ich nach Berlin, in eine nette Fremdenpension, direkt neben Professor Bockelmanns Privatklinik, die er uns zur Entbindung angeraten hatte. Mama fand es viel zu früh, daß wir schon nach Berlin gingen, aber es schien uns beruhigender. Außerdem war Lili mit den drei Kindern in Potsdam, es war im Hause reichlich lebhaft und unruhig, und ich fand, das wurde für unsere Eltern auch reichlich anstrengend. Karl und ich fanden es richtiger, daß wir beide jetzt nach Berlin gingen. Im Mai und Juni hatten wir herrliche, hochsommerliche Tage. Oft trafen wir uns abends mit Hans und Gisela. Einmal machten wir gemeinsam einen wunderbaren Ausflug zu dem einzig schönen Schwielow-See, der hinter Potsdam liegt, und versuchten, Gisela zu trösten, die immer noch um Afrika weinte. Es war ja gar kein Abschied für alle Zeiten, meinten wir. Zumal Karls Mutter und Else die Farm, die jetzt Erträge brachte, besetzt hielten. Am 10. Juni war Karl abends bei Kameraden vom RLM eingeladen. Da wir beide glaubten, die Geburt des Kindes sei noch weit entfernt, hatte ich keinerlei Bedenken, an diesem Abend allein zu bleiben und rechnete auch damit, daß Karl erst gegen Morgen zurück käme. Als ich gegen Mitternacht zu Bett gehen wollte, setzten unverhofft die Wehen ein. In der Pension schlief schon alles. Was tun? Ich rief in der Klinik an, sie rieten mir, sofort zu kommen. Ich packte schnell mein Köfferchen, hinterließ Karl einen Zettel und ging hinüber in die Klinik. Wie gut, daß wir bereits nebenan wohnten! Der nächste Tag war ein Sonntag. Karl hatte dienstfrei und saß stundenlang bei mir. Ich hatte mir eine Geburt nicht so schlimm vorgestellt. Als es zu arg wurde, schickte ich ihn fort. Abends um 7 Uhr war unser Sonntagsjunge, unser Karlchen, gesund auf die Welt gekommen! Aber ich mußte eine halbe Stunde später auf den Operationstisch. Ein riesiges Myom, das in alles ringsum verwachsen war, mußte mit Kaiserschnitt herausgenommen werden. Damit war leider die Möglichkeit, noch ein Kind zu bekommen, endgültig vorbei. Als ich es später erfuhr, war ich traurig, weil Karlchen nun ohne Geschwister aufwachsen mußte. Nach einer Woche bekam das Kind einen lebensbedrohlichen Brechdurchfall und lag schon fast im Sterben, ehe die Schwestern es bemerkten. Ich bekam das Kind nur selten und kurz zu sehen, da ich kaum ansprechbar war. Karl war zu Tode erschrocken und ließ sofort den besten Kinderarzt von Berlin kommen. Der Professor nahm das Kind gleich selbst in seinem Auto mit in seine Klinik, wo er ihm erst mal eine Kochsalz-Injektion gab. Nach 3 Wochen war Karlchen gerettet und konnte aus der Klinik abgeholt werden. Ich lag nach 4 Wochen noch immer in der Klinik, fest im Bett und mit Fieber und sehr großen Schmerzen. Da daran aber nichts zu bessern war, wollte ich nach Potsdam zurück. Auf der Bahre und im Krankenauto wurde ich ins Elternhaus gebracht, wo ich nochmal 4 Wochen lag.
Karl Wulff, geb. 1939, Sohn der Autorin der Tagebücher, ist Chemiker. Nach seinem Berufsleben in Forschung und Management widmete er sich dem Studium der Sinologie. Zu seinen Hobbies zählen Wissenschafts- und Kulturgeschichte. Bisher wurden fünf seiner Bücher veröffentlicht. Monika Schotten, geb. Wulff, geb. 1970, Enkelin der Autorin der Tagebücher, studierte Physik (Dipl.) und absolvierte eine Ausbildung als Krankenschwester. In diesem Beruf ist sie nach wie vor tätig.
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