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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 136
Abb.: 106
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Christoph Duckart schildert den Bezug des Landschaftsbilds zum Betrachter, sowohl zum Individuum als auch zum Kollektiv, am Beispiel der militärischen Landschaft in der Schweiz. Der Gegensatz zwischen Idylle und militärischer Aufrüstung steht im Kontrast zueinander und eine klare Abgrenzung ist nur selten möglich. Diese Koexistenz zweier stark gegensätzlicher Landschaftsbilder wird zum Thema gemacht und auf Auswirkungen auf den Betrachter und seinem Bild der Landschaft hin untersucht. Dieses Bild ist immer klar subjektiv zu beurteilen und es wird Bezug auf die beeinflussenden Faktoren individueller Wahrnehmung genommen. Ziel des Autors ist dabei nicht die umfassende Analyse der Entstehung eines individuellen Landschaftsbilds, sondern das stark gegensätzliche Bild im Bezug auf die zeitliche Zuordnung und dem des vom Betrachter mitgebrachten Vorwissens zu eben diesem Landschaftsbild. Die Entmilitarisierung eines großen Teils des schweizerischen Rüstungsbestands im Jahr 1995 durch die Armeereform 95 ermöglicht diese Betrachtung der unsichtbaren Verteidigung in den Alpen. Was Künstler bereits objektbezogen hinterfragt haben wird nun in ein großes Ganzes gestellt und aus einem neuen Blickwinkel gesehen. Duckart schlägt dabei die Brücke zur Wahrnehmungstheorie und den Erinnerungswissenschaften, die den Facettenreichtum der Landschaftswahrnehmung erweitert, ohne sich auf rein ästhetische Werte zu konzentrieren. Die besondere Ausprägung des Reduit Schweiz , der Alpenfestung, ermöglicht eine landschaftlich-kulturelle Auseinandersetzung mit dem individuellen und dem kollektiven Gedächtnis einer vergangenen Epoche Europas. Ein Buch für alle, die ihren Blickwinkel zur Landschaftswahrnehmung erweitern möchten, ohne sich auf festgelegte Subkategorien festlegen zu wollen.
Textprobe: Kapitel 5.3, Semantik der Kriegslandschaft: Der Ausdruck von Landschaft beruht auf der Aussage von gesellschaftlicher Symbolik, Zeichen und Kodes. In vorherigen Kapiteln wurde behauptet, dass die Unterscheidung zwischen dem Wissenden [dem Soldat] und dem Unwissenden [dem Zivilist] liegt. Nun muss diese sehr strenge Unterscheidung noch weiter differenziert werden. Der Soldat sieht diese Kodes nicht immer auf gleiche Weise, in militärischer Landschaft ist diese Symbolik zeitlich eng begrenzt. Mit Sicherheit ist eine zeitliche Begrenzung in jedem Landschaftstyp vorhanden, nur die Geschwindigkeit dieses Wechsels ist in militärischer Sichtweise stark erhöht und kann unter Umständen auch rückläufig wechseln. Die zwei Landschaftstypen Friedens- und Kriegslandschaft liegen hier sehr eng aneinander. Eine Konzeption dieser Unterteilung findet man in den Schriften Kurt Lewins KAPITEL DER PHÄNOMENOLOGIE DER LANDSCHAFT. Erlebte Landschaft ändert sich demnach jeweils mit den Bedingungen, die sich im ständigen Wechsel befinden. Seine Erfahrung beruht auf seinen Erlebnissen im Ersten Weltkrieg, an dem er als Frontsoldat teilgenommen hat. Sein ästhetischer Blick auf die Landschaft konnte auf Dauer nicht der Kriegslandschaft gerecht werden, im Gegensatz konnte man sie auch nicht als weniger real als die Friedenslandschaft bezeichnen. Dieser Gegensatz zwischen Kriegs- und Friedenslandschaft steht, als zwei Landschaftsmöglichkeiten, in ein und demselben Gebiet nebeneinander. Die Vorstellung, dass sich Friedenslandschaft ‘nach allen Seiten hin ins unendliche’ erstreckt und ‘rund, ohne vorne und hinten’ ist, steht die Kriegslandschaft mit ihren Grenzen gegenüber. Kriegslandschaft stellt sich demnach als eine Gegend mit ‘vorne und hinten, das nicht auf den Marschierenden bezogen ist, sondern der Gegend fest zukommt’ dar. Es handelt sich auch nicht ‘um das Bewusstsein der nach vorn wachsenden Gefährdung und der schliesslichen Unzugänglichkeit, sondern um eine Veränderung der Landschaft selbst’. Die Landschaftsbeschreibung im Krieg verliert typische Bezeichnungen und Vorstellungen wie sie in Friedenszeiten herrschen. Kurt Lewin beschreibt Kriegslandschaft als Zusammensetzung von Zonen. Die ganze Zone setzt sich zusammen aus guten oder schlechten, ausgebauten oder natürlichen Artillerie- und Infanteriestellungen [.] aus guten oder schlechten Anmarschwegen [.] Auch die relativ großen, nicht durch Gräben zerstückelten Flächen, die man an und für sich sehr wohl als Feld oder Wald bezeichnen könnte, sind nicht Felder oder Wälder im Sinne der gewöhnlichen Friedenslandschaft ebenso wenig behalten die Dörfer den ihnen sonst zukommenden Charakter. Sondern alle diese Dinge sind reine Gefechtsdinge geworden’, Lewin, K. Nicht Geologie, Flora oder Fauna bestimmen die Eigenart von Gegenden, sondern die Qualität der Deckung, die Einsichtigkeit für den Feind, die Nähe zum ersten Graben, etc. Wo in Friedenszeiten ein Stück Wald in seiner Ausdehnung die Gestalt bestimmend war, so betrachtet man in Kriegszeiten dieses Stück Wald mehr nach seiner Dichte und nach seiner Schutzmöglichkeit. Lewin definiert diese Landschaft als Grenzlandschaft, ortsunabhängig und dynamisch, an fixen Orten definiert er diese Grenzlandschaft als Gefahrenzone. Sie nehmen mit abnehmender Distanz zum Zentrum hin an Intensität zu. Diese Zentren bilden sich erst beim Beziehen neuer Stellungen und ‘erreichen selten die gleiche Festigkeit wie im Stellungskriege’. Wenn sich im Anschluss die Front aber wieder verlagert hat, dann tritt an die Stelle der zerstörten Gefechtsgebilde wieder die Friedenslandschaft zurück. Die aus diesem Fortschreiten resultierende Anonymität hat weitere Folgen für das Verständnis des Krieges gebracht. Dazu wird Bezug auf Virilio genommen, der über die zunehmende Geschwindigkeit des Krieges und der Gesellschaft schreibt. Er behauptet, dass durch den zunehmenden Verlust der regionalen Identität und auch der Begriff des Nachbarn neu definiert werden muss. Diese Unkenntnis über den Feind eröffnet das Feld für propagandistische Mittel, den Feind weiter zu verfremden. Die zunehmende Distanz zum Fremden, obwohl oftmals europäischer Nachbar, fördert die Pauschalisierung des Fremden als Feind. Die Kraft, im Fremden Unterschiede zu erkennen, geht verloren. Es reduziert sich auf ‘eine Welt von Feinden’. Dieser Effekt wird durch die vorhin angesprochene Unsichtbarkeit des Feindes im Graben-, Partisanen- und eben Bunkerkrieg verstärkt. In dieser Ausführung wird deutlich, dass aus dem Krieg ein Kampf gegen einen unsichtbaren Feind geworden ist. Die Landschaft wird zum Feind. Der in früheren Kriegen noch deutlich erkennbare Feind wird zur unsichtbaren Front. An der Ostfront hingegen wurde, aufgrund von kulturellem Mangel, aus dem Land der Feinde regelrecht ‘Feindesland’. Das Land selbst wurde als feindlich charakterisiert. Weiterhin wird Landschaft zunehmend militärtaktisch funktionalisiert. Es gleicht sich durch aktive Umgestaltung und Eingriffe immer mehr einer einheitlichen Kriegslandschaft, wie der des einheitlichen Feindbildes, an. Die Differenzierung einzelner Landschaften in ihrer Individualität geht verloren und macht einer einheitlichen Klassifizierung Platz. Landschaften werden durch diese Symbolisierung auf einen Archetyp Landschaft reduziert. Die Charakterbildung einer Landschaft entsteht aus den verschiedenen Konstellationen symbolischer Landschaftstypen. Sie reduziert sich auf einen streng kontrollierbaren und einstudierbaren Ablauf für verschiedene Gefechtssituationen. Am Beispiel des Landschaftsgenerators sieht man die Reduktion sehr deutlich, es reduziert sich auf strategische Elemente wie Wasser, Topographie und Bäume.
Der 1984 geborene Autor hat, durch sein Studium der Landschaftsarchitektur, den für ihn wichtigen Bezug zur Landschaft und der Bedeutung für den Menschen als seine weiter zu vertiefende Qualifikation gewählt. Für ihn hat Natur und Landschaft eine entscheidende Bedeutung zur Eigenwahrnehmung und zur Fremdwahrnehmung des Individuums und deren Auswirkungen auf das Umfeld und der wahrgenommenen Landschaft. Die differenzierten Perspektiven betrachtet er am Bild der Schweiz zwischen Idylle und militärischer Rüstung, wo er von 2009 bis 2010 gelebt hat und dem Thema in vielfacher Form begegnet ist.
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