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- Spanien und der Jacobuskult:Untersuchungen zur Stiftung einer kulturellen Identität über den Jakobsweg
Geschichte
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Im Zentrum dieser Studie steht die These, dass der Jakobsweg und der Kult um seinen Namensgeber für Spanien und Europa eine politische, ökonomische und traditionsstiftende Funktion besitzen. Als matamoros prägt der Hl. Jacobus entscheidend die Geschichte Spaniens. Als peregrinus hingegen soll er eine gesamteuropäische Tradition ins Gedächtnis rufen, um eine kollektive Identität in Europa zu stiften. Es wird die Frage aufgeworfen, inwieweit der Jacobuskult genutzt wurde, um eine kulturelle, nationale oder internationale Identität zu stiften. Beleuchtet werden dabei nicht nur die historischen Aspekte des Apostelkultes, sondern auch gegenwärtige Ereignisse rund um den Jakobsweg. Ferner wurde die Berichterstattung der beiden größten spanischen Tageszeitungen, El País und El Mundo, anlässlich des Xacobeos im Jahr 2010 auf ihre Darstellung des Jakobsweges hin untersucht.
Textprobe: Kapitel 4.1, Der Jakobsweg als erste Europäische Kulturstraße und UNESCO-Weltkulturerbe: Die Öffnungsbestrebungen Spaniens gegenüber dem restlichen Europa nach dem Ende der Franco-Diktatur wurden auch unter der 1978 eingeführten neuen Staatsform der parlamentarischen Demokratie fortgeführt. Bereits 1964 forderte die Arbeitsgruppe des Rates für Kulturelle Zusammenarbeit (CDCC) ‘[...] durch Schaffung von Studienreisen die Einbindung von Orten hoher kultureller Bedeutung in das Freizeitverhalten der Gesellschaft zu fördern.’ Über Jahre wurden verschiedene Wege in Europa vorgeschlagen, besichtigt und auf ihre Tauglichkeit hin überprüft. Sowohl das spanische Kultusministerium als auch der Erzbischof von Santiago de Compostela Juan F. Fresno Larraín, riefen 1982 anlässlich des Heiligen Jahres dazu auf, die Jakobswege als gemeinsamen europäischen Kulturbesitz anzuerkennen. Zwei Jahre später wurden auf der Europäischen Parlamentarischen Versammlung in Straßbourg 1984 die Wege offiziell empfohlen. Insbesondere die Kultusministerien Spaniens und Frankreichs befürworteten die kulturelle Neubelebung der Pilgerwege, aber auch kulturell und touristisch geleitete Interessengruppen standen dem Vorschlag positiv gegenüber. Als europäisches Verkehrsnetz verbanden die Wege nicht nur angrenzende Länder sondern auch das abseits gelegene Skandinavien mit Spanien. Dadurch bot sich die Möglichkeit eine gemeinsame Identifikationsbasis für das gesamte Europa zu schaffen. Schließlich wurde der Vorschlag angenommen und der Europarat erklärte den Camino de Santiago 1987 offiziell zur ersten Kulturstraße Europas. Neben dem Europarat erkannte auch die UNESCO die kulturgeschichtliche Bedeutung des Jakobsweges und ernannte ihn 1993 zum Weltkulturerbe. Die UNESCO betont ‘[...] vor allem die etwa 1800 Profan- und Sakralbauten entlang des Weges und die historische Rolle, welche der Jakobsweg hinsichtlich des kulturellen Austausches spielte.’ Bis heute ist der Jakobsweg als europäische Kulturstraße etabliert, was der fortschreitende Ausbau des Wegenetzes verdeutlicht. Um diesen überhaupt zu ermöglichen, arbeiten Jacobusgesellschaften verschiedenster europäischer Länder mit der spanischen Regierung zusammen. Der Jakobsweg als Teil der Geschichte Europas lockt heute mit seinem ausgebauten Wegenetz und den Angeboten rund um den Camino herum nicht nur zunehmend mehr Pilger und Touristen an sondern lässt damit auch ein Stück weit die europäische Vergangenheit wieder aufleben. Er vereint alle Klassen, Altersgruppen und Ethnien Europas, obwohl die individuellen Motive des Pilgerns unterschiedlicher Art sein können. Als Symbol der Vereinigung dienen die Jakobsmuschel und das Pilgeremblem. Die Begegnungen und der Austausch der Pilger untereinander auf dem Camino führen zu einem europäischen Gemeinschaftsgefühl. Zahlreiche Ereignisse zeigen, dass Spaniens Versuche einer europäischen Eingliederung Früchte tragen. So war 1992 Barcelona nicht nur Austragungsort der Olympischen Spiele sondern Madrid wurde im selben Jahr zur Europäischen Kulturhauptstadt ernannt. Im Jahr 2000 wurde dieser Titel auch Santiago de Compostela verliehen. 4.2, Gegenwärtige Tendenzen einer Kommerzialisierung und Säkularisierung des Jakobsweges: Erste von Spanien selbst ausgehende Tendenzen einer Säkularisierung der religiösen Bedeutung des Hl. Jacobus wurden bereits mit dem politischen Streben der Könige und der Katholischen Kirche zur Zeit der Reconquista ausgemacht. Im 15. Jahrhundert war es überregional ein Deutscher, welcher der Santiago-Wallfahrt erstmals einen weltlichen Charakter verlieh. Mit dem Augsburger Patrizier Sebastian Ilsung trat 1446 erstmals ‘[...] ein neuer Pilgertypus in Erscheinung, der neben der religiösen Fahrt auch ein kulturgeschichtliches und ethnographisches Interesse zeigt.’ In seinen Aufzeichnungen bezeichnete Ilsung seine Fahrt nach Santiago de Compostela nie als Wallfahrt sondern immer als ‘Reise’. Auch gegenwärtig lassen sich Tendenzen erkennen, welche dahingehen dem Jakobsweg neben der religiösen auch eine weltliche Bedeutung beizumessen, um ökonomische und politische Vorteile zu genießen. Wie sehr der Jakobsweg in den letzten Jahrzehnten kommerzialisiert wurde, zeigt sich nicht zuletzt an dem Online-Verkauf von Pilgerausweisen. Neben diesen bieten zahlreiche Internet-Shops aber auch die dazugehörige Pilgerausrüstung bestehend aus Pilgerstab, Sonnenhut, Trinkflasche und Mantel an. Aus der religiösen Pilgerfahrt wird ein Geschäft gemacht. 4.3, Touristische Vermaktungsstrategien des Jakobsweges am Beispiel des Xacobeo: Mit der Erklärung des Jakobsweges zum Weltkulturerbe ist sicher gestellt worden, dass der Camino eine kulturelle bzw. ideelle Bedeutung für die gesamte Menschheit besitzt. Allein auf dieser Grundlage scheint es Spanien möglich zu sein den Pilgerweg auch international zu vermarkten. ‘Um das touristische Produkt des Jakobsweges weiter voranzubringen, eröffnet sich noch ein weites Potential, das noch lange nicht ausgeschöpft ist. Wie der Heilige Jacobus bereits über 1000 Jahre lang mehr oder weniger Besucher angezogen hat, so wird seine Anziehungskraft auch den post-postmodernen Zeitgeist überleben – Global war sie auf jeden Fall schon immer’. Die Galicische Regierung bemüht sich, besonders im Heiligen Jahr die Anziehungskraft des Jakobsweges zu verstärken, indem sie die Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela mit zahlreichen Programmangeboten umrahmt und zu einem riesigen Spektakel aufzieht. Mehr als jedes andere Event in Spanien wird der Xacobeo beworben. Selbst europäische Jacobusgesellschaften, Pilgervereinigungen oder Organisationen wirken an der Durchführung des Programms mit. Bereits anlässlich des vergangenen Xacobeo im Jahr 1993 stellte B. Haab fest, dass der Jakobsweg fernab von seiner traditionellen Bedeutung zu einer touristischen Massenware aufgezogen wurde: ‘Mit Büchern, Broschüren, Maskottchen, Ausstellungen und Konzerten, die teilweise absolut nichts mit dem Weg zu tun hatten und reine Touristenattraktion waren, wurde von der Galizischen Regierung dafür geworben’. Haab stellte fest, dass in zahlreichen Prospekten, welche für den Jakobsweg warben, touristische Informationen über Gastronomie oder Sehenswürdigkeiten Galiciens in einem größeren Umfang aufzufinden waren als jene über den Pilgerweg selbst. Ein Aspekt der gezielten touristischen Vermarktung des Xacobeo und des Camino ist ferner mit dem Plan Xacobeo aus dem Jahre 1993 auszumachen.
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