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Geschichte
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 138
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Im vorliegenden Buch wird ein besonderes Augenmerk auf die Spanglish-Varietäten der mexikanischen und puertoricanischen Einwanderer und deren Nachkommen in den USA gelegt. Die mexikanischstämmigen Latinos stellen die größte Gruppe der Spanischsprecher in den USA dar, gefolgt von den puertoricanischen. Beide Gemeinschaften weisen grundlegende historische, kulturelle und sprachliche Unterschiede auf. So wurde die mexikanische Kultur bedeutend von indigenen Elementen beeinflusst, wohingegen die puertoricanische entscheidende Elemente aus den afrikanischen Kulturen übernommen hat. Seit der Besiedlung durch spanische Siedler im 16. Jahrhundert steht Mexiko durch die gemeinsame Grenze in engem Kontakt mit den heutigen USA, auf kultureller, wirtschaftlicher und auf sprachlicher Ebene. Auch die heutigen US-Bundesstaaten Arizona, Kalifornien, New Mexico, Texas und Teile Colorados gehörten zeitweise zu Mexiko. Das koloniale Verhältnis Puerto Ricos zu den USA unterscheidet dessen Geschichte grundlegend von der Mexikos. Puerto Rico ist seit dem Vertrag von Paris 1898 zwischen den USA und Spanien ein Teil der USA. Die Puerto Ricaner haben zudem seit 1917 auch automatisch die US-Staatsbürgerschaft. Beide Gemeinschaften haben aber auch Gemeinsamkeiten. Die spanische Sprache verbindet sie, auch wenn in beiden Ländern unterschiedliche Varietäten gesprochen werden. Zudem bestehen sowohl die mexikanischen als auch die puertoricanischen Gemeinschaften in den USA aus gerade eingewanderten und langfristig sesshaften Immigranten und deren Nachkommen, die mit der amerikanischen Mehrheitskultur aufwachsen und damit konfrontiert werden. Im Buch erfolgt zunächst eine Betrachtung der allgemeinen Aspekte des Bilingualismus und des Sprachkontakts, wobei auch auf die ethnische Identität, den Bikulturalismus sowie die sprachlichen Strategien bilingualer Sprecher und auf die Ergebnisse des Sprachkontakts eingegangen wird. Weiterhin werden der kontaktbedingte Sprachwandel und dessen Merkmale erläutert. Danach wird auf die Sprachgeschichte und sprachliche Besonderheiten des amerikanischen Spanisch eingegangen, wobei dem mexikanischen und puertoricanischen Spanisch besondere Beachtung geschenkt wird. Hinzu kommt ein kurzer Abriss der Geschichte des Spanischen und der Latino-Immigranten sowie der bilingualen Erziehung in den USA. Zudem werden die Varietäten des Spanglish und die Identitäten der Latinos in den USA näher betrachtet. Abschließend erfolgen eine Analyse ausgewählter sprachlicher Phänomene der mexikanisch- und puertoricanischstämmigen Spanglishsprecher in den USA sowie eine Erläuterung der Diskussion zum Status des Spanglish.
Textprobe: Kapitel 5.5, Bilinguale Erziehung in den USA: In der Zeit nach der Unabhängigkeit der USA und vor dem Zweiten Weltkrieg waren es zum größten Teil private Schulen, die die Minderheitensprachen der zahlreichen Einwanderer unterstützten. Nach der Depression in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts und dem Zweiten Weltkrieg wurde es aber zunehmend schwieriger den Unterricht in Minderheitensprachen abzuhalten. Die meisten Schulen gingen dazu über, Englisch als Unterrichtssprache zu verwenden, sodass die Sprachen der Immigranten in den Hintergrund traten. Viele US-Bundesstaaten erließen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert Gesetze, die den Gebrauch von Englisch als Unterrichtssprache sogar obligatorisch machten, sowohl in privaten als auch in öffentlichen Schulen. Heute wird der Bilingualismus in Europa positiv bewertet, wohingegen in den USA oftmals noch immer negative Meinungen darüber vorherrschen, ‘da Bilingualismus nach Ansicht vieler Amerikaner ein Hindernis für eine rasche Assimilation an die amerikanische Mehrheitskultur darstellt […].’ Das Ideal des melting-pot und mangelndes Verständnis von Sprache als Identitätsbasis eines Individuums hat in den USA Forderungen nach Monolingualismus bewahrt. Von Individuen oder ethnischen Gruppen einer Minderheitensprache wird erwartet, dass sie ihre Herkunftssprache schnellstmöglich aufgeben und sich an die angloamerikanische monolinguale Mehrheit anpassen. Zudem herrschte bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts unter Wissenschaftlern die Meinung vor, dass Bilingualismus negativen Einfluss auf die sprachlichen Fähigkeiten von Kindern hat. Diese Meinung wird fälschlicherweise weiter dahingehend von der US-amerikanischen Gesellschaft vertreten, dass Bilingualismus oftmals für den Misserfolg von Kindern einer Minderheit in der Schule verantwortlich gemacht wird. Die Diskriminierung sprachlicher Minoritäten ist immer noch ein großes Problem in den USA. Sie wird neben dem meist schlechten sozioökonomischen Status auch durch den starken Akzent der Sprecher im Englischen und die andere Hautfarbe der Minderheiten bedingt. Die Latinos wurden bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts wegen ihrer Sprache und ethnischen Herkunft besonders stark diskriminiert. Mit dem Beginn des Black Civil Rights Movement kam es jedoch nach und nach zu Veränderungen. Die Afro-Amerikaner und andere Minoritäten verlangten Respekt für ihre Kultur und Sprache und danach, ihre ethnische Identität frei ausdrücken zu dürfen. Dadurch erwachte auch das ethnische Bewusstsein der Latinos. Mit der Chicanismo-Bewegung seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts forderten besonders die mexikanischstämmigen Latinos ihr Recht auf kulturelle und sprachliche Identität innerhalb der USA ein. Schließlich kamen auch Bildungsinstitutionen zu der Erkenntnis, dass die angloamerikanischen Schulen nicht auf die Bedürfnisse der Immigrantenkinder eingingen, sodass diese meist von Anfang an benachteiligt waren. 1971 beendeten beispielsweise 40% der mexikanischstämmigen Einwandererkinder, die in die erste Klasse kamen, nie die High School. Zudem wurden Kinder mexikanischstämmiger Immigranten oft in Klassen für zurückgebliebene Kinder geschickt. 1963 wurde dann in Florida das erste bilinguale Schulprogramm für Kinder von Exilkubanern ins Leben gerufen. Mit dem Bilingual Education Act im Jahre 1968 kam es erstmals zu einer direkten Förderung bilingualer Erziehung. Diese bestand aber vorerst aus der finanziellen Förderung von Modellprogrammen zur Entwicklung von Curricula und der Ausbildung von Lehrern, um die Bundesstaaten zur Nachahmung zu inspirieren. 1971 war Massachusetts mit dem Transitional Bilingual Education Act der erste Bundesstaat, der die bilinguale Erziehung forcierte. Dieses Gesetz besagte klar, dass der Bilingualismus nur vorübergehend sein und nach drei Jahren zur vollen Kompetenz im Englischen führen sollte. Mit den Gesetzesänderungen 1974 und 1978 zum Bilingual Education Act erweiterten die USA die Förderung bilingualer Erziehung. Spanisch war dabei mit 80% der Programme die am meisten geförderte Minderheitensprache. Es existieren zwar in den USA bestimmte bilinguale Schulprogramme, diese sind aber meist nur dazu gedacht, dass die Immigranten schneller das Englische erlernen und sich an die Mehrheitskultur anpassen. So entsteht ein vorübergehender Bilingualismus (engl. transitional bilingualism). Bei Programmen des transitional bzw. assimilationist model wird die L1 vor allem in den ersten Schuljahren verwendet, um die Kluft zwischen Heim- und Schulsprache zu überbrücken. Dabei wird die Minderheitensprache nur benutzt, um die Kinder an die Anforderungen der Schule zu gewöhnen. Die bilingualen Schulprogramme unterstreichen damit den starken Druck der Mehrheitskultur. In submersion-Programmen werden die Kinder der Minderheit komplett in der Mehrheitssprache unterrichtet, ohne dass ihnen bilinguale Lehrer oder andere Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Diese Programme führen meist zu großen Sprach- und Identitätsproblemen bei den Betroffenen, da die Minderheitensprache komplett unterdrückt wird und nicht auf die Bedürfnisse der Kinder eingegangen wird. Das pluralistic bzw. maintenance model hingegen zielt darauf ab, während der gesamten Schulzeit die Minderheitensprache und Englisch nebeneinander als Unterrichtsmedien zu verwenden. Diese Programme bilden immer noch die Ausnahme. Inzwischen findet jedoch ein Umdenken statt, da viele Minoritäten danach verlangen, dass die Programme pluralistischer werden und den Kindern mehr über ihre Kultur und Herkunftssprache vermitteln sollen. Die English Plus-Bewegung unterstützt diese Programme und die Entwicklung der sprachlichen Vielfalt in den USA, da sie der Meinung ist, dass diese Vielfalt eine wichtige Bereicherung für die USA darstellt. Gegen die sprachlichen Pluralismusbewegungen hat sich jedoch in den achtziger und neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts die English Only-Bewegung in den USA herausgebildet. Diese schaffte es, Englisch in mehr als 20 US-Bundesstaaten als offizielle Sprache zu etablieren, obwohl es auf nationaler Ebene keine offizielle Sprache gibt. Die Vertreter der Bewegung haben sich zum Ziel gesetzt, die amerikanische Identität zu retten und Englisch zur offiziellen Sprache der USA zu machen. Sie wenden sich in diesem Zuge auch gegen bilingualen Schulunterricht. Die Befürworter von English Only sind der Meinung, dass sich Kinder von Minderheiten nur durch komplette schulische Erziehung in Englisch wirklich in die US-amerikanische Mehrheitskultur eingliedern können. Außerdem befürchten sie, dass sowohl die englische Sprache in ihrer Vormachtstellung in den USA wie auch die nationale Einheit durch die Herkunftssprachen der Einwanderer gefährdet sind. Weiterhin glauben sie, dass ‘English has been the language used by most Americans but that today’s immigrants ‘refuse to learn English.’ Dies ist ein Trugschluss, der durch den permanenten Zustrom spanischsprachiger Immigranten entsteht. Die Latino-Gemeinschaften erwecken dadurch nach außen hin den Eindruck, dass ihre Mitglieder nicht Englisch lernen. Auf individueller Ebene tun sie das aber. Englisch ist somit keinesfalls in seiner Stellung als dominante und de facto Nationalsprache der USA gefährdet. Vor allem die verstärkte Immigration aus spanischsprachigen Ländern in den letzten Jahrzehnten führt aber zu einem Gefühl der Bedrohung bei der angloamerikanischen Mehrheit. Viele Mitglieder der Mehrheitskultur haben Angst davor, dass sich die sozialen Machtverhältnisse durch bilinguale Erziehung verschieben könnten, denn richtige bilinguale Erziehung bzw. gute Bildung allgemein führt meist zu einem wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg der Minderheiten. Meinungsumfragen zeigen, dass der Vorschlag, Englisch als offizielle Sprache der USA zu etablieren, immer mehr Unterstützung durch die US-amerikanischen Bevölkerung erfährt. Die English Only-Diskussion veranschaulicht auch den immer stärker ausgeprägten Nationalismus der US-Amerikaner, d.h. das ‘desire to promote the strength and ambitions of that nation of which one is a member […]’ und das Verlangen, Unterschiede zu anderen Nationen und Volksgruppen zu konstruieren und übermäßig zu betonen. Da Sprache und Nationalismus eng miteinander verbunden sind, kommt der Nationalismus in den USA durch die Sprachenfrage zum Vorschein und zeigt die sozialen Unterschiede auf, die zwischen US-Amerikanern und Immigranten bestehen: For many Americans, there is a conviction that national identity and speaking accentless English are inseparable. Lacking a unified culture, many Americans believe that English is one of the few values that holds Americans together. Der Druck, sich an die angloamerikanische Mehrheitskultur zu assimilieren führt zu einem paradoxen Phänomen: [M]ost Americans, many of whose families are originally of a foreign language background, prove to be extremely incompetent in learning and speaking foreign languages. Zudem wird hinsichtlich des Bilingualismus in den USA mit zweierlei Maß gemessen, denn die bilinguale Kompetenz eines Sprechers wird als Zeichen von Intelligenz und Fleiß angesehen, solange die Muttersprache des Sprechers Englisch ist. Nach Grosjean könnten sich die USA einen Teil der hohen finanziellen Aufwendungen für Fremdsprachenerziehung sparen, wenn sie besser auf die sprachlichen Fahigkeiten der Minderheiten eingehen würden. Die Krise der USA in der Fremdsprachenfrage ist nicht zu übersehen und trotzdem werden weiterhin Minderheitensprachen unterdrückt: The logic here is that we first ensure that schools eradicate students’ native ‘foreign’ language skills and then spend significant amounts of money trying to teach these same ‘foreign’ language skills using traditional non-bilingual methods that have been demonstrated to be ineffective except for a small elite of students. Die staatlichen Institutionen sorgen dafür, dass vorwiegend bilinguale Programme gefördert werden, die keine Gefahr für die soziale Machtverteilung darstellen. Die Frage der Identität der Immigranten wird dabei kaum einbezogen. Das Thema der vielfältigen Identitäten der Latinos in den USA soll im nächsten Kapitel näher betrachtet werden.
Kathleen Fritzsche schloss ihr Studium der Vergleichenden Sprachwissenschaft und Französisch 2009 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit dem akademischen Grad der Magistra Artium erfolgreich ab. Fasziniert von dem Zusammenspiel zwischen Latino- und US-amerikanischer Kultur in den USA und dem daraus resultierenden Sprachwandel widmete sich die Autorin der Thematik des vorliegenden Buches.
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