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- Herrschaftssymbole und Fahnen im hoch- und spätmittelalterlichen Imperium: Die Herausbildung unserer heutigen Staatssymbolik im Mittelalter
Geschichte
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Abb.: 8
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Fahnen und Abzeichen sind in unserer heutigen Welt überall vertreten, ganz gleich, ob es sich um die Deutschlandfahnen bei der Fußball-Weltmeisterschaft handelt oder ob es um die Abzeichen und Fahnen von Vereinen, Verbindungen oder Staaten geht. Auch in der offiziellen Symbolik der Bundesrepublik Deutschland spielen Farben und Symbole eine wichtige Rolle. Man denke z.B. an den Reichsadler, der über den Köpfen der Parlamentarier im Bundestag thront. Wenig bekannt ist aber, dass sich nicht nur unsere heutige europäische Staatenwelt, sondern – damit verbunden – auch die immer noch gültige Staats- und Herrschaftssymbolik vor allem im Hoch- und Spätmittelalter herausgebildet hat. Das vorliegende Buch möchte hier Abhilfe schaffen und diese Entwicklung nachzeichnen. Dabei soll vor allem auf die Fahnen und Wappen des römisch-deutschen Reiches sowie auf das von dessen Kaisern und Königen übernommene uralte Herrschaftssymbol, den Adler, eingegangen werden.
Textprobe: Kapitel 4, Die Staufer – Die Adler und Fahnen des ‘genus aquilae’: 4.1, Die Entwicklung bis Friedrich I.: In der Regierungszeit Konrads III. spielt der Adler nur eine untergeordnete Rolle. Auf den meisten Siegeln und Münzen erscheint der Herrscher mit Lilienzepter und Reichsapfel. Lediglich auf einer Münze, welche Konrad der Stadt Genua im Jahr 1138 neu verleiht, ist ein fliegender Adler zu sehen. Das Symbol scheint also nicht ganz außer Gebrauch gewesen sein. Ein Zeugnis für das Aussehen der königlichen Fahne der Zeit könnte ein Kölner Emaillebild bieten, welches um die Mitte des 12. Jahrhunderts entstanden ist. Allerdings ist auch eine Datierung in die Zeit Friedrich Barbarossas möglich. Zwar fand die Erhebung der Gebeine Heriberts schon 1147 statt, in den für sie gefertigten Schrein wurden sie aber erst 1160 oder 1170 übertragen. Zwischen diesen beiden Daten wird wohl das Bild entstanden sein. Darauf sehen wir den Herrscher, der an Erzbischof Heribert von Köln eine Lehnsfahne übergibt. Er gebraucht dazu neben dem Zepter auch eine Fahnenlanze, deren Fahnentuch hauptsächlich blau ist, aber in drei goldenen Zungen ausläuft. Abgesehen davon, dass wir hier zum ersten Mal einen Beleg über die Belehnung eines geistlichen Fürsten mittels einer Fahnenlanze haben, wird durch dieses vereinzelte Beispiel leider nicht deutlich, ob die königliche Fahne zur Zeit Konrads III. eine bestimmte Farbe gehabt haben muss. Allerdings werden wir sehen, dass zur Zeit Barbarossas eine ähnliche Fahne im deutschen Rolandslied erwähnt wird. Obwohl die Züge ins Heilige Land die Zeit sehr prägten, hatte der erste Kreuzzug so gut wie keinen Einfluss auf die in dieser Arbeit untersuchten Herrschaftszeichen im Reich. Auch der zweite spielte kaum eine Rolle. In den Wibaldi epistolae heißt es lediglich, dass sich Konrad III. ‘sub vexillo sanctae crucis’ auf den Weg ins Heilige Land gemacht habe. Allerdings kann man hieraus nicht erkennen, dass damit wirklich eine Fahne gemeint sein muss. Schon seit den christlichen Texten der Spätantike ist oft von einem vexillum crucis die Rede. Es bedeutet aber lediglich ein wie auch immer geartetes Kreuzzeichen, entweder ein Kreuz auf Kleidungsstücken, ein Vortragekreuz oder manchmal auch nur die Bekreuzigung selbst. So wird es auch wohl zur Zeit des ersten staufischen Herrschers sein, denn in dieser Zeit ist nirgends von einer Kreuzfahne die Rede, nicht einmal im Zusammenhang mit den Kreuzzügen selbst, wo man sich lediglich ein Kreuz an die Kleidung heftete. In der Regierungszeit Friedrichs I. tritt der Adler nun viel häufiger auf als je zuvor, und zwar in allen Bereichen: In der Architektur, als Lehnsfahne und als Feldzeichen. So erscheint der Adler auf einem Pfeilerrelief im Züricher Münster, auf dem ein König mit einem Zepter auf Felix und Regula, die Patrone des Großmünsters, zureitet. Hinter dem Herrscher sitzt ein Adler, der zum König schaut, auf einem Ast. Die Darstellung erinnert an die Funktion des Adlers im Albani-Psalter. Er ist Symbol der königlichen Würde und Gerechtigkeit. Auch auf einem Kapitell der staufischen Gelnhausener Kaiserpfalz sehen wir einen Adler in zentraler Position, nämlich in der Mitte der Eingangshalle. Die dortige Positionierung deutet darauf hin, dass dieser Adler mehr als nur Schmuck sein kann, sondern auch als Zeichen herrschaftlicher Macht dient. Die Form des Raubvogels weist auf byzantinische Vorbilder hin, gibt aber auch schon einige islamische Einflüsse zu erkennen. Diese Gestalt des Adlers scheint auch sonst im Reich gebräuchlich gewesen zu sein. Beispielweise zeigt ein Fürspan, der ebenfalls aus dem 12. Jahrhundert stammt, eine sehr ähnliche Gestaltungsweise. Interessant ist, dass die Kreuzzüge und die dadurch entstandenen islamisch-orientalischen Einflüsse gerade im staufischen Adler zu finden sind. Auch sehen wir, dass zur Regierungszeit Friedrichs I. der Adler allmählich zum allgemeinen Erkennungszeichen des Königs und Kaisers, also heraldisch wird. Dies erkennt man beispielsweise daran, dass im Laufe der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts immer mehr Reichsfürsten auf ihren Reitersiegeln den Adler im Schild führen. Nur drei Fürsten führen keinen Adler. Aus den letzten Regierungsjahren Friedrichs erfahren wir, dass er auch selbst den Adler im Schild getragen hat. Es gibt eine Münze des Herrscher, in Maastricht geschlagen, welche einen Adlerschild zeigt mit der Umschrift scutum imperatoris. Bis spätestens zum Tode des Kaisers ist der Adler also endgültig zum unverwechselbaren herrschaftlichen Zeichen avanciert. Damit hatte die Heraldik auch das römische Reich erreicht. Auch schon für die Zeit der Schlacht von Legnano im Jahre 1176 gibt es Hinweise, die sowohl etwas über die Wichtigkeit der Träger von kaiserlichen Insignien während des Kampfes aussagen als auch schon ein kaiserliches Schild nennen. So schreibt Radulfus de Diceto, dass die Mailänder nach besagter Schlacht in ihrem Siegesbericht an Bologna ein scutum imperatoris erwähnen, welches sie erbeutet hätten. Die Annales Pegaviensis sprechen allerdings nur von einem signum imperatoris. Letztgenannte Quelle weist auch darauf hin, wie wichtig die Position des kaiserlichen signifer war. Sobald dieser und mit ihm die Zeichen des Kaisers verschwunden war, konnte die Schlacht nicht mehr gewonnen werden. Allerdings ist es seltsam, dass der signifer laut Radulfus das Schild des Kaisers trug und nicht der Kaiser selbst. Das Wort scutum könnte also auch im übertragenen Sinne verwendet worden sein. Auch der Doppeladler taucht Ende der Regierungszeit Friedrichs auf, allerdings nur einmalig, nämlich auf dem sogenannten ‘Kremser Pfennig’ von 1189, der oft als Kreuzzugsmünze Barbarossas eingestuft wird. Allerdings kann man in diesem Doppeladler nicht das eigentliche kaiserliche Symbol sehen, da vorher und auch später noch lange der einköpfige Adler als Herrschaftszeichen zu sehen ist. Ludwig von Saarwerden führte 1180 ebenfalls einen Doppeladler in seinem Siegel. Hier ist aber der Fall gegeben, dass zwar einerseits der Adler als Zeichen der vom Kaiser verliehenen Würde übernommen wird, andererseits zum Zwecke der Differenzierung vom eigentlich kaiserlichen einfachen Adler der Doppeladler benutzt wird. Über die Feldzeichen Friedrichs I. erfahren wir, dass diese auch Adler gewesen sein müssen. So werden sie in kaiserlichen Erlassen als ‘aquilae victrices’, als siegreiche Adler, bezeichnet. Diese Bezeichnung sahen wir schon bei Heinrich V. Dass sie aber nun häufiger auftritt, weist auf ein gewachsenes Selbstbewusstsein des Herrschers hin. Die Feldzeichen, die hier wohl auch deutlich auf die antik römischen Legionsadler hinweisen, werden vor allem nach den ersten Erfolgen der Italienzüge Barbarossas durch das Attribut victrix als dauerhaft siegreich dargestellt. Auf die Ähnlichkeit mit römischen Heeresadlern weist auch schon Gritzner hin und bietet einige Hinweise auf den Gebrauch von Adlern. So schreibt Gunther in seinem Ligurinus von dem strahlenden Vogel der kaiserlichen Kohorten. Zwar liegt auch hier ein etwas antikisierender Sprachgebrauch vor, es gibt aber noch andere Zeugnisse, die auf den Gebrauch von Adlern hinweisen. Gottfried von Viterbo erwähnt in seinen Gesta Frederici die regales aquile oder schreibt den regia signa das Prädikat volant zu. Vergleicht man damit die Darstellung des Saxo Grammaticus, so ist wohl davon auszugehen, dass die herrschaftlichen Feldzeichen so ausgesehen haben, dass an einer Lanze ein Fahnentuch befestigt war, auf der ein Adler angebracht war. Es ist daher anzunehmen, dass die Lehnsfahnen und die Feldzeichen Friedrichs gleich ausgesehen haben, zumal ja auch mit dem Lehen die Verpflichtung zur Heeresfolge gegeben war. Nun gibt es noch zwei Belege, welche Aufschluss über die Farbgebung des Fahnentuches geben könnten. Da ist zum einen die Angabe aus dem Rolandslied des Pfaffen Konrad, welches Karl dem Großen eine Fahne mit dem Bilde Christi und dem des Petrus zuschreibt, welche in goldenen Zungen ausläuft. Eine ähnliche Fahne erschien schon, wie wir weiter oben gesehen haben, auf einem Kölner Emaillebild aus dem 12. Jahrhundert. Dennoch scheint diese Gestaltung der Fahne wohl eher der Fantasie des Autors zu entspringen, der zudem wohl noch von dem Aussehen der orie flambe aus dem französischen Rolandslied inspiriert wurde. Aufschlussreicher ist die Notiz des Vincenz von Prag, welcher 1159 die vexilla imperialia mit dem Attribut rosea versieht. Somit scheint das Fahnentuch unter dem Adler eine hellrote Farbe gehabt zu haben. Ebenfalls bei Vincenz erfahren wir, dass gleich dem König bzw. Kaiser auch die Herzöge von Böhmen und Konrad, der Pfalzgraf bei Rhein und Bruder Friedrichs, rote Fahnentücher an den Lanzen trugen. Vielleicht kann man dies auch auf andere Reichsfürsten ausdehnen, da sie alle ihr Lehen und somit die Heeresgewalt vom Herrscher übertragen bekommen hatten. Gritzner gibt noch einige Stellen an, die deutlichen machen sollen, dass es für den Kaiser selbst ein eigenes vexillum gegeben habe, welches in Schlachten bestimmten Fürsten anvertraut worden sei. Allerdings spricht nichts dagegen, dass auch hier die mit einem Fahnentuch kombinierten Adlerfeldzeichen gemeint waren, welche auch von den Herzögen geführt wurden. Auf den Siegeln des Herrschers finden wir überhaupt keinen Adler, was etwas seltsam anmutet, da er sonst in der frühen Stauferzeit stärker als zuvor hervortritt. Nur auf einigen Brakteaten, welche von den kaiserlichen Vögten Albrecht von Brandenburg und Walther in Goslar ausgegeben wurden, ist er zu sehen. Sicher ist der Adler auch hier schon das unverwechselbare Zeichen des Kaisers, wie es auch in den Reichsfürstensiegeln auftritt. Auch eine doppelseitige Münze gibt es, die den Herrscher mit einem Adler zeigt, der auf dessen linker Hand sitzt. Interessant ist, dass auf einigen markgräflichen Münzen eine Fahne zu sehen ist. Diese Fahne stellt vermutlich die königliche Lehnsfahne dar, welche dem Markgrafen verliehen worden ist. Wenn auch auf diesen Münzen kein Adler auf der Lanze - was wohl aufgrund der noch nicht ausgereiften Darstellungskunst und der Kleinheit der Münzen nicht möglich war - oder auch sonst zu sehen ist, so soll wohl dennoch durch die Abbildung dieser Fahne die Nähe zum König und dessen herrschaftliche Gewalt, die durch die Belehnung auch auf den Markgrafen übergegangen ist, zum Ausdruck gebracht werden. Zur Zeit Friedrichs I. wurde auch die Sitte wieder aufgenommen, gewaltsame Inbesitznahme von Städten und Gebäuden durch das Aufpflanzen einer Fahne bzw. eines Feldzeichens anzuzeigen. So geschah es im Falle des eroberten Mailands im Jahre 1158. Dort wurde auf dem höchsten Kirchturm der Stadt das kaiserliche Zeichen aufgestellt. Da die Quellen einmal vom signum aquile und ein anderes Mal vom signum imperialis vexilli sprechen, ist anzunehmen, dass es sich auch hier wieder um das Feldzeichen des Herrschers handeln muss: Eine Lanze mit Fahnentuch und einem aufgesetzten plastischen Adler. Im Falle Mailands wird besonders gut das Selbstverständnis deutlich, welches durch diese Handlung zum Ausdruck kommt: Das Adlerzeichen verkörpert die Macht des Kaisers, das Anbringen auf dem höchsten Kirchturm ist ein Zeichen des Triumphes, der Allgewalt des Herrschers und eine Warnung für künftige Feinde. Das Kreuz gewinnt unter Friedrich Barbarossa vor allem durch den dritten Kreuzzug an Bedeutung, nachdem ja, wie wir festgestellt haben, die beiden vorangegangenen Kreuzzüge kaum Einfluss auf die kaiserlichen Herrschaftszeichen hatten, abgesehen von der islamischen Prägung einiger Adlerfiguren. Auch bis zum Aufbruch des Kaisers ins Heilige Land spielt das Kreuz kaum eine Rolle. Es erscheint viel mehr auf der Seite der Gegner. Erst in den Anonymi Gesta di Frederico in Italia sieht man auf einer Miniatur den Kaiser als Kreuzfahrer mit einem goldenen Kreuz auf Brust, Schild und Reichsapfel. Das Kreuz war von Anfang an das allgemeine Zeichen der Kreuzfahrer gewesen. Es wurde an der Kleidung befestigt. Im dritten Kreuzzug schließlich setzte jeder teilnehmende Herrscher auf der Zusammenkunft von Gisors im Jahre 1188 die Farbe des Kreuzes fest, unter der sein Heer am Kreuzzug teilnahm: Der französische König wählte die rote Farbe, der englische die weiße und die Flamen trugen ein grünes Kreuz. Allerdings ist unklar, ob man sich daran hielt. Da Friedrich I. die Leitung des deutschen Kreuzzuges selbst übernahm, stand er wohl außerhalb dieser Vereinbarungen. Ob wir von der oben genannten Miniatur auf ein goldenes Kreuz als Symbol für das deutsche Heer schließen können, wird wohl unsicher bleiben, da diese Darstellung die einzige ist. Möglich wäre es allerdings, da Gold wohl am besten geeignet war als Farbe des ranghöchsten europäischen Herrschers zu fungieren. Eventuell war damit auch ein Anspruch auf die Herrschaft über Jerusalem verbunden, da auch das Kreuz des gleichnamigen Königreiches golden war. Allerdings ist es wohl wenig wahrscheinlich, dass man vom späten Auftauchen des Kreuzes bei Friedrich Barbarossa auf eine allgemeine besondere Stellung desselben in den kaiserlichen Herrschaftszeichen schließen darf. Der Kaiser trägt lediglich als Kreuzfahrer das Kreuz. Es kann nicht schon auf das Vorhandensein einer Kreuzfahne geschlossen werden. Diese taucht in der Tat erst bei Heinrich VI. auf. Für die Kreuzfahrer der anderen Länder gab es ebenfalls noch kein bestimmtes Aussehen der Fahne. Zu verschieden sind die vorkommenden Fahnentücher gestaltet. Abschließend sei noch etwas über den kaiserlichen signifer gesagt. Friedrich I. ernannte Otto von Wittelsbach 1155 zum Fahnenträger. Die Fahne des schwäbischen Heeresaufgebots trug ein gewisser Bertold von Nimburg. Mit der Zeit setzte sich die Sitte durch, dass die Schwaben die Fahne trugen und in der Schlacht den Vortritt hatten, das sogenannte Vorkampfrecht. Dies ist umso wichtiger, als später auch eine bestimmte Sturmfahne, die uns bald noch begegnen wird, in der Hand der Schwaben war.
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