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Geschichte


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 72
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Dieses Buch behandelt die besondere Rolle Großbritanniens während der Neuordnung Europas nach dem Sieg über Napoleon. Hervorgehoben wird vor allem die Ausgleichspolitik Großbritanniens auf dem Wiener Kongress und in den anschließenden Jahren auf dem Europäischen Konzert. Eine besonders herausragende Stellung in dieser Analyse nimmt der Politiker Castlereagh ein, der diese Politik maßgeblich prägte, zu den wichtigsten Persönlichkeiten seiner Zeit gehörte und außerdem die Weichen für die englische Außenpolitik im 19. Jahrhundert stellte. Einem einführenden Überblick über die politische Theorie und die Geschichte der Gleichgewichtspolitik folgt die eingehende Analyse der Rolle Großbritanniens auf dem Wiener Kongress. Besonders wichtige verhandelte Fragen werden hier hervorgehoben. Friedensschlüsse, Allianzen und Kongresse werden nachfolgend eingehend analysiert, um schließlich zusammenfassend die Rolle Großbritanniens für das Europäische Gleichgewicht darstellen zu können.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 5.2.1, Die wichtigsten Akteure: Die wichtigsten Staaten, vor allem die Sieger- und Großmächte, wurden von mehrköpfigen Delegationen vertreten, von denen hier aber nur die Delegationsleiter Erwähnung erfahren sollen. Die wichtigste Person des Kongresses war dessen Präsident, Fürst Metternich, seinerzeit auch Kutscher Europas genannt. Er war Außenminister Österreichs und repräsentierte sein Land auf dem Kongress. Sein zeitlich günstiger Seitenwechsel von Napoléon zu den Alliierten hatte den Erfolg Österreichs in den Befreiungskriegen maßgeblich gesichert und es so zur diplomatischen Vormacht der Allianz aufsteigen lassen. Großbritannien wurde, wie schon erwähnt, vom britischen Außenminister Castlereagh vertreten. Der protokollarisch ranghöchste Gast des Kongresses war der russische Zar Alexander I. (1777-1825). Er, als maßgeblicher Befreier Europas vom napoleonischen Joch, nahm militärisch eine herausragende Stellung ein. Mit Preußens König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) war ein weiteres gekröntes Haupt in Wien vertreten, der Chefdiplomat aber war der Staatskanzler und Außenminister Fürst Hardenberg (1750-1822). Besonders die beiden Monarchen behinderten ihre Chefdiplomaten und Außenminister mit ihrer Anwesenheit und der aktiven Teilnahme an den Verhandlungen. Warum das so war, wird noch im Folgenden zu klären sein. Eine besonders Rolle an den Verhandlungen (besonders innerhalb der Gruppe der Großmächte) nahm Frankreich ein: Der Krieg der Verbündeten hatte im Grunde Napoléon gegolten, und nicht Frankreich, mit dem ja bereits in Paris Frieden geschlossen worden war. Deshalb war der Chef der französischen Delegation, Charles-Maurice de Talleyrand- Périgord (1754-1838), bestrebt, Frankreich als gleichberechtigte Großmacht beim Kongress vertreten zu können. Somit stand Frankreich als besiegte Großmacht, jedoch ohne territoriale Ambitionen gewissermaßen in der Peripherie, bereit, in das Geschehen einzugreifen ohne dabei Ansprüche geltend zu machen, während Großbritannien und Österreich den Status quo vertraten und Preußen und Russland auf Erwerbungen aus waren. Russlands Ansprüche auf Polen und die Ansprüche Preußens auf Sachsen bedrohten das Gleichgewicht, obgleich sie dasselbe nur in Verbindung mit der Erfüllung ihrer Ansprüche gewährleistet sahen. Auch für Metternich war das Gleichgewicht gleichbedeutend mit der historischen Vormachtstellung Österreichs in Deutschland und Mitteleuropa und dem Zurückdrängen Preußens aus Deutschland. 5.2.2, Castlereagh auf dem Kongress – Die Verhandlungen: Castlereagh traf am 13. September 1814 in Wien ein. Das Vereinigte Königreich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits wichtige koloniale und maritime Themen, also auch die eigene Seeherrschaft, zu seinen Gunsten klären und international absichern können. Nun ging es vor allem darum, eine gleichgewichtsorientierte Friedensordnung für Europa zu schaffen. Der von Gottesdiensten, Siegesfeiern und Bällen geprägte ( tanzende ) Kongress wurde schließlich am 1. November eröffnet. Das Hauptgewicht fiel auf die vier Siegermächte, die sich für die Gestaltung der künftigen Beziehungen in einer Geheimklausel des Pariser Friedens der Zustimmung Frankreichs für die Gestaltung Europas versichert hatten. Dieselben Mächte beschlossen Mitte September, dass nur ihre Richtlinien verbindlich sein würden und bekräftigten damit die Geheimklausel aus dem Friedensvertrag von Paris, obwohl der preußische Delegierte noch gar nicht anwesend und die Abstimmung so nicht vollständig war. Doch für das Gleichgewicht und die Eindämmung, das wussten Metternich und Castlereagh, war die Unterstützung Frankreichs notwendig. Deshalb wurden ein geschäftsführender Sechserausschuss mit den Siegermächten und Frankreich sowie Spanien und ein Achterausschuss mit denselben Mächten sowie Portugal und Schweden einberufen. Diese letzteren brauchte man für die Ratifikation der Beschlüsse und zur Bearbeitung kleinerer Themen. Insgesamt gab es zehn Ausschüsse, in denen unter Einbeziehung von Experten zu bestimmten Themen beraten und verhandelt wurde, obgleich es nie zu einer Vollversammlung kam. 5.3, Die großen Fragen: 5.3.1, Die sächsisch-polnische Frage: Die wohl schwierigste Frage, die es zu klären gab, war die sächsisch-polnische, die aufgrund ihrer Bedeutung zuerst erwähnt werden soll. Zar Alexander war bestrebt, Polen, das zuvor verkleinert als Herzogtum Warschau vom sächsischen König regiert worden war, in Personalunion seiner Herrschaft einzuverleiben und begründete dies mit russischen Sicherheitsinteressen und seiner moralischen Pflicht. Es darf selbstredend nicht vergessen werden, dass Polen und Sachsen während der Verhandlungen auf dem Kongresses von russischen Truppen besetzt waren. In einer Reihe von Gesprächen zwischen Alexander und Castlereagh kamen diese sich in Bezug auf Polen aber nicht näher und wechselten mehrfach ihre Positionen, sodass sich Castlereagh schließlich für ein vollkommen unabhängiges Polen aussprach und argumentierte, dass ein unabhängiges Polen allgemein begrüßt werde, aber ein russisches Polen nicht nur eine Gefahr für die österreichischen und preußischen Besitzungen in Polen sei, sondern auch eine ständige Gefahr für das Gleichgewicht wäre. Castlereagh war seit Beginn der Verhandlungen bestrebt, ein europäisches Bündnis gegen die preußisch-russischen Sondierungen zu schmieden, was jedoch nur zu wechselnden und kurzfristigen Koalitionen führte. Bereits 1813 hatten sich Alexander I. und Friedrich Wilhelm III. darauf geeinigt, dass Preußen viele seiner polnischen Gebiete an Russland abtreten werde, um anschließend mit Territorien in Deutschland entschädigt zu werden. Dabei richtete der preußische König sein Auge auf Sachsen, das in Person seines Königs Friedrich Augusts I. (1750- 1827) bis zuletzt auf Napoléons Seite gestanden hatte. Gemeinsam wollten beide, Alexander und Friedrich Wilhelm, ihre Interessen durchsetzen. Castlereagh und Metternich, eine zu starke russische Machtbasis in Osteuropa befürchtend, unterbreiteten dem preußischen König schließlich das Angebot, ganz Sachsen zu annektieren, wenn er sich im Gegenzug auf ihre Seite stellen und Russland davon abbringen würde, sich Polen einzuverleiben. Aus Dankbarkeit für den russischen Einsatz in den Befreiungskriegen wurde Friedrich Wilhelm III. mehr und mehr zu einem Schatten des Zaren, den er in jedweder Forderung unterstützen wollte, selbst wenn sie illegitim gewesen wäre. Das Problem gegenüber den anderen Mächten war jedoch, dass Preußen seine Teilnahme am Krieg nicht von Bedingungen abhängig gemacht hatte und im Gegensatz zu Russland seine Wunschgebiete nicht besetzt hielt und es somit aus einer eher schwachen Position heraus die Verhandlungen führte. Nachdem Einschwören Hardenbergs auf die Linie des Zaren trat Castlereagh jedoch vollends auf die Seite Metternichs, dessen Zustimmung Preußen für eine Annexion Sachsens ebenfalls brauchte, da es sich hierbei um die Neugestaltung Deutschlands handelte, und forderte noch nachhaltiger als zuvor ein europäisches Gleichgewicht, doch Russland antwortete mit der Übergabe der Verwaltung Sachsens an Preußen und schuf damit endgültig eine neue Konstellation der Bündnispartner innerhalb der Siegermächte. Für Castlereagh und Metternich lag das Problem nicht nur beim europäischen Gleichgewicht, das es zu schützen galt, sondern auch beim sächsischen König, der ein legitimer Herrscher war und somit nach den Prinzipien des Kongresses nicht einfach seiner Herrschaft beraubt werden durfte. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Castlereagh grundsätzlich mit der Erweiterung des preußischen Territoriums einverstanden war, nur wollte er die Zugewinne Preußens auf die ehemaligen französischen Provinzen am Rhein konzentrieren, damit notfalls eine Barriere gegen französische Expansionsbestrebungen bestünde. Ein zu starkes Preußen in Deutschland konnte wiederum Österreichs Stellung bedrohen und möglicherweise auch Frankreichs Sicherheitsinteressen empfindlich treffen. Metternich seinerseits erklärte sich mit der Annexion Sachsens durch Preußen einverstanden, knüpfte dies aber an eine gemeinsame polnische Linie als Voraussetzung. Damit ging es für Metternich um ein deutsches Gleichgewicht, aber nicht um ein europäisches, was ihn, trotz der gemeinsamen Angst vor einer zu großen russischen Macht, in Widerspruch zu Castlereagh setze, der ein gesamteuropäisches Gleichgewicht forderte. Dem britischen Außenminister gelang es schließlich, Österreich und Preußen auf dieser Basis auf ein gemeinsames Vorgehen gegen Russland einzuschwören: Metternich unterbreitete dem Zaren den Vorschlag, Polen in der alten, vor den Teilungen bestehenden Ausdehnung unabhängig zu machen, ein Rumpfpolen wie 1791 zu schaffen oder Polen erneut unter den früheren Teilungsmächten aufzuteilen. Der Zar lehnte diese Linie jedoch ab, was Metternich wohl vorausgeahnt hatte. Gute Beziehungen zu Preußen wollte er nämlich nicht auf Kosten der Annexion Sachsens und schlug deshalb ein Restsachsen und eine territoriale Ausdehnung Preußens im Rheinland vor, während er in der Polenfrage eine mögliche Option für Russland offen hielt.

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