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- Eisenhüttenstadt – die erste sozialistische Planstadt der DDR: Eine Analyse zur Umsetzung der 16 Grundsätze des sozialistischen Städtebaus
Geschichte
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 152
Abb.: 62
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Im August 1950 entstand an der Oder nahe der Kleinstadt Fürstenberg die erste Planstadt der Deutschen Demokratischen Republik unter sozialistischen Vorzeichen: Die Eisenhüttenstadt. Mit der Vision dieser neuen Stadt setzte man zugleich ein politisches Zeichen im zerstörten Nachkriegsdeutschland. Dieses Buch untersucht, inwieweit sich die Vision des Neubeginns in Eisenhüttenstadt verwirklicht hat. Ziel der Analyse ist die Beantwortung der Frage, was bei der Planung und dem Aufbau von Eisenhüttenstadt gemäß der 16 Grundsätze des Städtebaus berücksichtigt und umgesetzt wurde und welche Grundsätze vernachlässigt wurden und inwieweit letztlich Anspruch und Wirklichkeit dieser Vision übereinstimmen. Die Forschung liefert bisher keine ganzheitliche Betrachtung der 16 Grundsätze anhand von Eisenhüttenstadt, sondern setzt sich lediglich mit Teilaspekten auseinander. Die vorliegende Untersuchung soll diese Lücke schließen. Dabei stützt sie sich auf ein Interview mit der Architektin und Stadtplanerin Gabriele Haubold sowie grundlegende Forschungsarbeiten.
Textprobe: Kapitel 4, Präambel und 1. Grundsatz: ‘Die Stadtplanung und die architektonische Gestaltung unserer Städte müssen der gesellschaftlichen Ordnung der Deutschen Demokratischen Republik, den fortschrittlichen Traditionen unseres deutschen Volkes sowie den großen Zielen, die dem Aufbau ganz Deutschlands gestellt sind, Ausdruck verleihen. Dem dienen die folgenden Grundsätze: 1. Die Stadt als Siedlungsform ist nicht zufällig entstanden. Die Stadt ist die wirtschaftlichste und kulturreichste Siedlungsform für das Gemeinschaftsleben der Menschen, was durch die Erfahrung von Jahrhunderten bewiesen ist. Die Stadt ist in Struktur und architektonischer Gestaltung Ausdruck des politischen Lebens und des nationalen Bewußtseins des Volkes.’ Als Ausgangspunkt aller folgenden enthält der 1. Grundsatz entscheidende Thesen, die aber auch als Forderungen an eine Stadt verstanden werden müssen. Die Feststellung, dass ‘die Stadt als Siedlungsform nicht zufällig entstanden ist’, enthält die Forderung, sie als etwas historisch Gewordenes zu begreifen. Eisenhüttenstadt entstand nicht etwa zufällig, sondern aus der Notwendigkeit im Staatsgebiet der DDR eine unabhängige Metallurgie zu schaffen. Die wirtschaftliche Autarkie war essenziell für den Aufbau einer neuen (sozialistischen) Gesellschaftsordnung in der jungen DDR. Der erste Fünfjahrplan forderte für den anzulegenden Industrieschwerpunkt ‘Eisenhüttenkombinat’ auch den Bau einer neuen Stadt. Die Gründung und Planung der Stadt erfolgte nicht ‘im Stile der herkömmlichen Industrieansiedlungen mit ein- und zweigeschossiger Wohnbebauung’, sondern bewusst als ‘wirtschaftlichste und kulturreichste Siedlungsform für das Gemeinschaftsleben der Menschen’ mit allen Einrichtungen der materiellen, sozialen und kulturellen Versorgung. Die gesellschaftliche Aufgabe allseitiger Befriedigung wirtschaftlicher und kultureller Bedürfnisse der Bewohner war entscheidend für ihre Entstehung der Stadt, sie wurde ‘von der Industrie für die Industrie gebaut’. Die Betonung der Bedeutung, die das politische Leben und das ‘nationale Bewusstsein des Volkes’ für die Struktur und architektonische Gestaltung der Stadt haben, ist ein zentrales Moment im sozialistischen Städtebau und suggeriert die Vorrangstellung der Politik. Das Hauptaugenmerk liegt demnach auf der politischen Dimension, zumal der Stadtplanung die Aufgabe übertragen wird, dem neuen politischen Leben und den neuen Machtverhältnissen Ausdruck zu verleihen. Für Eisenhüttenstadt selbst ist diese Aussage sehr zutreffend. Als ‘erste sozialistische Stadt’ der DDR war sie politisch symbolträchtig und eng verknüpft mit Sozialismusidealen wie keine andere Stadt. Diese politische Symbolik äußert sich besonders an der Namensgebung der Stadt - ‘Stalinstadt’ -, des Werkes - ‘Eisenhüttenkombinat J. W. Stalin’ - und der Straßen. Die Straßen wurden 1954 auf Beschluss der Stadtverordneten ihrer stadträumlichen Bedeutung entsprechend z. B. nach Lenin, Thälmann, Marx, Engels, Liebknecht und Luxemburg - also den Gründervätern und ‘Helden’ der kommunistischen Bewegung - benannt. Aber auch ‘von der politischen Klasse der Sowjetunion geschätzte Wissenschaftler wie Iwan Pawlow und ‘linke’ Dichter wie Bertolt Brecht und Heinrich Heine, den man als Kritiker eines politisch konservativen Deutschland für den Sozialismus vereinnahmte’, wurden zu Namensgebern von Straßen in Eisenhüttenstadt. Für alle Bewohner der Stadt zugängige Gebäude (öffentliche Gebäude) wurden durch ihre exponierte Stellung, ihre Gestaltung und/oder Monumentalität zu Propagandaobjekten der neuen Gesellschaftsordnung. Im deutschen Klassizismus des 18. und 19. Jahrhundert sah die politische Führung die positiven nationalen Bautraditionen, die auch dem Arbeiter oder Bauer etwas bedeuteten. Schon mit dem ‘Agitationslokal der Nationalen Front’, dem ersten explizit politischen Bau Eisenhüttenstadts, wurde die politische Dimension der Stadt manifestiert. Insgesamt betrachtet, gehörte ‘der Aufbau des EKO und der dazugehörigen Wohnstadt zum zentralen Teil der heroischen Propagandakultur der DDR’.
Marco Schmidt wurde 1986 in Eisenhüttenstadt geboren und studierte Deutsch und Geschichte auf Lehramt. Sein Studium an der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald schloss der Autor 2012 mit dem akademischen Grad des 1. Staatsexamens sehr gut ab. Bereits während des Studiums stand die DDR-Geschichte im Fokus seiner Forschung. Der Bezug zu seiner Heimatstadt sowie die Arbeit im Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR und ein halbes Jahr intensivste Forschung veranlassten ihn dazu, sich der Thematik zu widmen und somit eine Forschungslücke zu schließen.
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