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Geschichte


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 172
Abb.: 13
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Es bedurfte eines glücklichen Zufalls, des Freedom of Information Act und eines günstigen Zeitfensters, die es dem Autor gestatteten, vormals unbekannte Quellen sichten, Nachlässe untersuchen und Zeitzeugen befragen zu können, um ein Gesamtbild von dem zu zeichnen, was exemplarisch für einen der größten, organisierten Technologietransfers im Schatten der Operation Paperclip stehen kann. Das vorliegende Buch untersucht die Geschichte der Peenemünder Windkanäle von ihrer Entstehung im Rahmen des Aerodynamischen Instituts der Heeresversuchsanstalt Peenemünde (HVA) und ihrem Umzug in die Kocheler Alpen bis hin zu ihrer Entdeckung durch alliierte Streitkräfte und dem darauf folgenden Transferprozess in die Forschungszentren der USA. Das hierfür verwendete Material entstammt zum allergrößten Teil originärer Recherche und Quellenarbeit. Die Windkanäle als Gegenstand der Untersuchung wurden hierbei zu jeder Zeit in den Kontext des beteiligten wissenschaftlichen Personals, der getätigten Forschungsaufgaben und der militärischen Organisation eingebettet.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Die Vorbereitungen der USA auf die Technischen Missionen: Die USA waren in den Zeiten des Friedens weniger an einer technologischen Aufklärung interessiert gewesen, als man meinen möchte. Die Entsendung von Militärattachés an die amerikanischen Botschaften in europäischen Ländern schien ein adäquates Mittel zur Informationsbeschaffung zu sein. Dort konnten sie ‘sich aus Publikationen, durch Besuche in Rüstungsunternehmen, durch Gespräche mit Militärs oder Beobachtung von Manövern und Paraden informieren’. In Fragen der Aerodynamik herrschte ein freier Transfer von technischem Wissen. Es versteht sich von selbst, dass mit dem 30. Januar 1933 und der Übernahme durch die Nationalsozialisten eine Einschränkung dieser Möglichkeiten im Deutschen Reich vonstattenging. Das böse Erwachen durch die Blitzkriege gegen Polen und Frankreich in den Jahren 1939 und 1940 bescherte zunächst den Briten eine Situation, in der sie auf ein waffentechnisch fortgeschrittenes Deutschland reagieren mussten. Die Einrichtung einer Special Section for Technical Intelligence durch das britische War Office im Jahre 1940 ist ein Indikator für das Heraufziehen größerer Veränderungen in der technischen Aufklärung der Alliierten. Ihr folgte auf amerikanischer Seite im September des gleichen Jahres ‘innerhalb des Army Ordnance Department eine Ordnance Military Intelligence Section […]. Dies war eine Einheit, um die Berichte des militärischen Nachrichtendienstes G-2 der US-Army auszuwerten, der für die Nachrichtenbeschaffung auf allen militärisch relevanten Gebieten zuständig war’. Die Bezeichnung G 2 bezieht sich auf die Gliederung der Dienststellen der US-Army: G-1 US Army staff Position mit Zuständigkeit für Personal. G-2 US-Army staff Position zuständig für Geheimdienst und Zensur. G-3 US-Army staff Position beauftragt mit Training und Operationen. G-4 US-Army staff Position für Logistik. G-5 US-Army staff Position beschäftigt mit zivilen Angelegenheiten. G-6 US-Army staff Position für Psychologische Kriegsführung und Öffentlichkeitsarbeit. Das Bindeglied zwischen den Geheimdienststellen der Streitkräfte und den kämpfenden Truppen waren sogenannte Enemy Equipment Intelligence Units. Die erste Einheit unter diesem Namen wurde im Dezember 1942 vom US Army Ordnance Department eingesetzt ‘nachdem sich die amerikanischen Streitkräfte in Marokko und Algerien festgesetzt hatten’. Nach erfolgreichen Kampfhandlungen wurden die Überreste feindlichen Gerätes untersucht, gegebenenfalls Fotos und Berichte angefertigt. Die erbeuteten Waffen waren nicht nur Gegenstand eigener Untersuchungen, sondern wurden teilweise auch aktiv im Feld gegen den Feind erneut eingesetzt. Dies führte zu einigen unangenehmen Überraschungen auf der deutschen Seite, die sich plötzlich mit den Auswirkungen ihrer eigenen Waffen im Kampf konfrontiert sah. Um einer Wiederholung dieser Art der Übernahme des eigenen Gerätes durch den Feind vorzubeugen, setzten einige Einheiten dann ‘absichtlich’ auf dem Feld hinterlassene Geräte ein, die durch teilweise Demontage in ihrer Handhabung für den Schießenden lebensgefährlich geworden waren. Natürlich blieben Aufklärungstruppen dieser Art nicht der Army vorbehalten. In kürzester Zeit entstanden ähnliche Enemy Equipment Intelligence Units auch bei der US Army Air Force (USAAF) unter dem Namen Air Technical Intelligence Units und bei dem für Kommunikations- und Aufklärungsmittel zuständigen US Army Signal Corps. Die Streitkräfte der Amerikaner und Briten fuhren in ihren Bemühungen fort, ihre Aufklärungseinheiten in technischen Fragen zu koordinieren. Es sollte aber während des Vormarschs im Westen Europas immer schwieriger werden, diese Missionen voneinander zu trennen und ein einheitliches Vorgehen auf diesem Gebiet zu erreichen. Ein Grund dafür war das Bekanntwerden der wichtigsten deutschen Industrie- und Forschungszentren durch die Geheimdiensttätigkeiten der Alliierten und der Wunsch der involvierten Aufklärungseinheiten, als erste dort einzutreffen und die gegebenenfalls große technologische Beute für sich zu sichern. Die kämpfenden Verbände sahen sich in ihrem Vormarsch immer mehr durch mitreisende und teilweise vorauseilende Aufklärungseinheiten behindert, die nicht zu ihrem Stab gehörten und daher sich und das Unternehmen aktiv gefährdeten. Mit der Invasion in der Normandie war auch gleichzeitig der Startschuss für einen Wettlauf der besonderen Art gefallen. ‘Mit dem Vordringen der alliierten Truppen in Westeuropa [sollten] dabei sehr viele Ziele nahezu gleichzeitig in den Zugriffsbereich der alliierten Ermittler kommen. In dieser Situation begannen verschiedenste Stellen Vorbereitungen für die technologische Aufklärung unter Kampfbedingungen und unter großem Zeitdruck zu treffen.’ Das Supreme Headquarter Expeditionary Forces (SHAEF) sah sich mit einer Situation konfrontiert, in der ein zentrales Organ geschaffen werden musste, um ein Ausufern der sich teilweise überschneidenden technischen Missionen zu Lasten der kämpfenden Einheiten zu vermeiden. Im Juni 1944 wurde kurz vor dem Beginn der Invasion der Versuch unternommen, durch Gründung des Combined Intelligence Priority Committee CIPC eine zentrale Anlaufstelle für Gesuche nach technologischen Aufklärungsmissionen zu schaffen. Der tatsächliche Aufwand einer derartigen Institution und erst recht das Interesse auf Seiten der alliierten Rüstungsindustrie am Besuch relevanter Einrichtungen wurden dabei kolossal unterschätzt. Das CIPC wurde angeführt durch den amerikanischen General J.T. Betts, einen Angehörigen des SHAEF, und einen britischen Chemieprofessor, R.P. Lindstead, seinerseits Mitglied des britischen Ministry of Supply. Sie koordinierten die eintreffenden Anfragen mit einer ‘Handvoll Sekretärinnen’. Dies hatte den Unmut der übrigen interessierten militärischen und zivilen Stellen zur Folge, da sie sich in ihrem Engagement beträchtlich behindert sahen. Der stärkste Gegner aber war das Combined Intelligence Committee CIC, welches auf Regierungsebene die gesamte nachrichtendienstliche Tätigkeit mit dem Britischen Königreich koordinierte. Das CIC selbst unterstand den Combined Chiefs of Staff und bildete damit die höchste Ebene geheimdienstlich bilateraler Zusammenarbeit mit dem Königreich. Das CIC war selbst mit der Planung einer Institution beschäftigt, die einem geordneten Vorstoß folgen und für die Regierung relevantes Material auswerten sollte. Bis zum 6. Juni 1944 war das Komitee jedoch zu keinem für Eisenhower zufriedenstellenden Ergebnis gekommen. Dass das von ihm ins Leben gerufene CIPC nicht in der Lage war, der Situation gerecht zu werden, sollte für die amerikanische Aufklärung wichtige Folgen haben.

Über den Autor

Sebastian Klapdor wurde 1977 in Duisburg geboren. Sein Studium der Geschichte und Dokumentationstechnologie schloss er im Jahre 2004 mit dem akademischen Grad des Magister Artium erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen im Bereich computergestützter Archive. Die Möglichkeit, geschichtliches Interesse mit internationalen Projekten zu verbinden, ermöglichte ihm einen mehr als einjährigen Aufenthalt in den Vereinigten Staaten, bei dem er den maßgeblichen Teil der Nachforschungen zu diesem Buch anstellen konnte. Das Thema Technologietransfer und die Ergebnisse der dort getätigten Recherchen motivierten ihn zur Veröffentlichung dieser Untersuchung.

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