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Geschichte

Michael Kopfmann

Die schmalspurige Eisenbahnverbindung der Steinbrüche von Malsburg - Marzell

ISBN: 978-3-95850-507-0

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 148
Abb.: 63
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Als ich die Kandertalbahn erforschte, stieß ich auf Unterlagen über diese lang vergessene kleine 90 cm breiten Schmalspurbahn. Sie war in mehrerer Hinsicht ein Kuriosum. Zum einen, weil sie die Spurbreite von 90 cm besaß, was in Baden nirgends woanders zu finden war oder ist, zum anderen weil sie nur von 1907 bis 1919 existierte. Am Kanderner Bahnhof beginnt die Bahn mit einem eigenen Gleisfeld und führte, obwohl sie offiziell keine Personen beförderte, mitten durch die Stadt Kandern hindurch, bis sie zu den Steinbrüchen bei Malsburg - Marzell gelangte. Sie war eine kleine private kommerzielle Eisenbahn, die aber für das Güteraufkommen der Kandertalbahn sehr wichtig war. Im Text wird die Geschichte und der Betrieb sehr informativ beschrieben.

Leseprobe

Textprobe: Der Bau der Bahn und die nächsten Schwierigkeiten: Die Genehmigung war nach langem Kampf erhalten und die Betriebsvorschriften mit den Behörden ausgehandelt, der Bau der Bahn aber lag noch immer in weiter Ferne. Durch die Ablehnung einer größeren Beteiligung am Unterhalt durch den Kreis und die schwermütigen Verhandlungen mit den Betreibern der Kandertalbahn (die DEBG), zwecks der benötigten Erweiterung des Geländes am Bahnhof Kandern, hing das Projekt des genervten Unternehmers nach nun sechs Jahren immer noch in der Schwebe. Gerade die Geländeerweiterung am Bahnhof Kandern machte noch einige Probleme. Hier ging es im besonderem um die Preise für den zu erwerbenden Quadratmeter. Auf eine Anfrage vom Ministerium des Innern in Karlsruhe, wie den nun eigentlich die Sache mit der Bahn stehe, rappelte sich der Besitzer der Granitwerke wieder auf und verkündete erneut seine Entschlossenheit, die Schmalspurbahn zu finanzieren und zu bauen. Am Donnerstag dem 5. Juli 1906 lud man um 15 Uhr nachmittags im Rathaus zu Kandern die betreffenden Grundbesitzer von Kandern ein, um mit ihnen über das noch benötigte Gelände zum Bau der Bahn zu verhandeln. Nach der Einigung über den Quadratmeterpreis verliefen die Verhandlungen ohne größere Schwierigkeiten. Am 11. Juli 1906 meldeten die Granitwerke den Bezirksamt in Lörrach: ‘dass der Bau der oben genannte Steintransportbahn nunmehr beschlossene Sache ist und dass mit den Vorarbeiten, wie Absteckung & Expropriation des nötigen Terrains bereits begonnen worden ist.’ Die Granitwerke mussten am 2. August 1906 aber noch eine kleine Änderung der Pläne vornehmen und holten dafür die Genehmigung bei den zuständigen Behörden ein. Es handelte sich dabei um die Ausmündung der Bahn, die nicht wie vorgesehen in Malsburg bei Kilometer 5,8, sondern circa 300 Meter weiter enden sollte. Die Steinbrüche wurden zwecks steigender Produktion laufend erweitert, was zur Folge hatte, dass eine Verlängerung der Gleisanlagen nötig wurde! Die Genehmigung wurde ohne weiteres mit einer Genehmigungsurkunde des Großherzoglichen Ministeriums des Innern am 8. Oktober 1906 erteilt. Am 19. Oktober 1906 begann der Bau der Steintransportbahn von Kandern nach Marzell. Der erste Spatenstich wurde auf dem Bahnhofsgelände in Kandern getan. Von dort aus schob sich der Bautrupp kontinuierlich durch die Straßen von Kandern und ging der Kreisstraße folgend bis zu den beiden Steinbrüchen nach Malsburg zum Ziel. Aber schon während des Baues der Bahn gab es in Kandern die nächsten Schwierigkeiten. Ein Hausbesitzer, der Tierarzt Jäger aus Kandern, beschwerte sich am 28. November 1906 beim Bezirksamt in Lörrach. Er war der Meinung, dass die Verlegung der Gleise direkt vor seinem Haus eine Wertminderung seines Eigentums von 1.000 Mark mit sich brächte. Diesen Schaden sollten die Granitwerke ausgleichen. Des Weiteren stellte er gleich noch fest, dass die bereits schon verlegten Gleise viel zu dicht und im Straßenniveau zu hoch an seinem Haus vorbei führten. Die Lokomotive hätte nur noch einen ‘Fingerbreit’ von 5 Zentimeter bis zur Berührung mit seinem Hausdach. Die Behörde verfolgte diese Beschwerde. Sie machte sich gleich vor Ort ein Bild und kam zu dem Entschluss, dass die Gleise tatsächlich um 10 cm zu hoch gelegt wurden. Bei deren Berichtigung der Höhe der Bahn sollten, nach Auffassung des Herrn Jäger, die Gleise noch mindestens 50 cm weiter in die Mitte der Straße verlegt werden. Die Tieferlegung der Gleise wurde noch eingesehen, aber die Entschädigung und die Verlegung des Bahnstranges mehr in die Mitte der Straße, lehnte der Betreiber am 20. Dezember 1906 ab. Mit der Tieferlegung des Gleises waren schon genug Kosten entstanden, von der verlorenen Zeit ganz zu schweigen. Herr Jäger war mit dieser Lösung aber nicht zufrieden. Er bemängelte wieder am 22. Februar 1907, dass der Abstand der Schienen zu seinem Haus immer noch nicht ausreichend wäre. ‘Wenn ein Zug bei ihm vorbeifahre, könne er nicht einmal die Haustüre öffnen ohne Gefahr zu laufen, die Türe durch den herannahenden Zug zu verlieren’. Parallel gab es eine zweite Beschwerde am 1. Dezember 1906 durch die Firmenbesitzer Gebrüder Kramer aus Kandern. Die Ein- und Ausfahrt zu ihrem gepflasterten Hof war wegen der höheren Lage der Gleise direkt vor ihrem Tor erheblich beeinträchtigt. Sie verlangten, dass gleich ihr ganzer Hof auf Kosten der Granitwerke dem höheren Gleisniveau angepasst werden sollte. Am 14. Dezember 1906 wurde diese Beschwerde von den Behörden in Lörrach abgelehnt. Als Kompromiss und Zeichen des guten Willens, werde nur die ‘Hofeinfahrt’ auf Kosten der Granitwerke dem Gleisniveau angepasst, um somit wieder eine ungestörte Zufahrt in den Hof zu gewährleisten. Auch die Unternehmer, die Gebrüder Kramer, gaben sich nicht mit dem Kompromiss zufrieden und hielten dies am 19. Februar 1907 erneut schriftlich fest. Kramer und Jäger verlangten eine neue Besichtigung vor Ort von der zuständigen Bezirksbehörde in Lörrach. Nach einer erneuten Begutachtung vom 2. März 1907 kamen die Beamten zum endgültigen Entscheid. Für die Angelegenheit mit dem Tierarzt meinten sie, die Bahngleise müssten nun doch 50 cm weiter in die Mitte verlegt werden, da sonst tatsächlich der Eingang zum Haus des Tierarztes immer wieder einer Gefährdung durch den vorbeifahrenden Zug ausgesetzt wäre. Eine Entschädigung für die Wertminderung des Hauses käme weiterhin nicht in Frage. Für das Anliegen der zweiten Beschwerde der Gebrüder Kramer müsse die Gesellschaft den ganzen Hof auf das Gleisniveau anpassen. Damit konnten die beiden Beschwerdeführer befriedigt werden und gaben sich mit diesem Schiedsspruch zufrieden. Die Arbeiten zur Gleisverlegung in der Stadt Kandern waren am 5. Januar 1907 aber schon soweit fortgeschritten, dass sie bis außerhalb von Kandern bereits im Boden lagen. Die frisch verlegten Gleise an den beklagten Stellen mussten wieder rausgerissen und nach den neuen Anforderungen verlegt werden. Es ist nicht in Dokumenten festgehalten worden, was Herr Meyer bei dieser Entscheidung empfunden hatte und wie viel Verzögerung und Kosten auf das Unternehmen hinzukamen. Die Risiken für den Straßenverkehr eine Eisenbahnlinie mit einer belebten Straße zu kombinieren, blieben trotz aller Vorschriften nicht aus. Die Lungenheilanstalt bei Marzell ließ weiterhin ihre Kohle und Lebensmittelvorräte mit Pferdefuhrwerken auf der Kreisstraße Nr. 5 von und nach Kandern transportieren. Später wurden diese Transporte von motorgetriebenen Lkws übernommen. Mit dem bleibenden Verdacht einer ständig drohenden Unfallgefahr stellten die Verantwortlichen der Heilanstalt eine schriftliche Anfrage am 11. April 1907 an das Bezirksamt in Lörrach. Die Frage beinhaltete: ‘wer denn nun eigentlich für den Schaden aufzukommen habe, wenn ein Pferdefuhrwerk mit der Eisenbahn kollidiere oder die Pferde so erschreckt werden, dass sie ausbrechen und sogar mit Pack und Wagen in den Abgrund stürzen’. Unterstützt wurde diese Anfrage durch einen Zwischenfall, der sich mit einem Pferdefuhrwerk des Fuhrhalter Matthias Kiefer aus Malsburg zu dieser Zeit tatsächlich ereignete und schriftlich festgehalten wurde. Das Gendarmerie Korps des II Distrikt Freiburg, 7 Bezirk Lörrach, Station Kandern, hielt in einer Vernehmung unter der Aktennummer 230, am 19. Juni 1907 diesen bewegenden Vorfall genau fest. In dem erwähnten Protokoll steht: ‘Die Kleinbahn Kandern - Malsburg betr.’: ‘Bei den gemachten Erhebungen gab der 22 Jahre alte Friedrich Kiefer, Sohn des Fuhrhalters Matthias Kiefer, in Malsburg folgendes an: Am 3. Juni des Jahres, vormittags 10 Uhr, fuhr ich mit einem schwer beladenen Steinwagen, welcher mit zwei Pferden bespannt war, auf der neuen Straße von Malsburg nach Kandern. Unterwegs beobachtete ich, dass die Steinbahn von Kandern herkam. Als mein Fuhrwerk etwa 30 Meter von der Lokomotive entfernt war, scheute das Pferd auf der rechten Seite. Nachdem ich einsah, dass die beiden Pferde mit dem Wagen nach der Straßenböschung drängten, bremste ich sofort die beiden Hinterräder des Wagens. Der Maschinist und dessen Begleiter eilten mir zur Hilfe, als die Pferde bereits auf der steilen Böschung angelangt waren. Der Zugführer hätte früher halten sollen. Um die Pferde aus ihrer gefährlichen Lage befreien zu können, mussten die Stränge abgeschnitten werden. Ein besonderer Schaden ist nicht entstanden. Arthur Molinari, 25 Jahre alter Maschinist, wohnhaft in Malsburg, gab an: Ich bin geprüfter Lokomotivführer und fahre schon über 10 Jahre mit solchen Maschinen. Am 3. Juni des Jahres fuhr ich mit der Lokomotive, an welcher 3 leere Materialwagen angekoppelt waren, von Kandern nach Malsburg. Unterwegs, bei einer scharfen Kurve, erblickte ich das fragliche Fuhrwerk, welches mir entgegenkam. Ich konnte in einer Entfernung von 33 m die Lokomotive zum Stillstand bringen. Das war in dem Augenblick, als die Pferde anfingen scheu zu werden. Der Fuhrmann, welcher diesen Wagen leitete, ging, anstatt die Pferde im Zaum zu führen, hinter dem Wagen. Die Pferde flüchteten sich in die steilste Straßenböschung, wo ich mit Hilfe des Fuhrmannes die Pferde aus ihrer Lage befreite. Wenn dieser Fuhrmann auf seinem richtigen Platz vorne bei den Pferden geblieben wäre, so hätten diese Vorkommisse verhütet werden können. Der 27 Jahre alte Maschinist Alois Weber in Malsburg, welcher an dem fraglichen Tage ebenfalls auf der Lokomotive beschäftigt war, bestätigte die Angaben des Molinari in allen Teilen und betont, dass Molinari, als verantwortlicher Führer der Maschine, etwa 30 m vor der Begegnung des Fuhrwerks gehalten hat und dass das so genannte Handpferd des Matthias Kiefer ein scheues Pferd ist. Friedrich Kiefer erklärte hierauf, dass sein Handpferd zuerst scheu wurde, aber infolge der Lokomotive. Um seine Pferde eher zum Stehen zu bringen habe er die Hinterräder gesperrt, die Pferde konnte er unmöglich anhalten. Der Unterzeichnete hat bei den Erhebungen festgestellt, dass das Handpferd des Kiefers leicht scheu wird. Die Straße Kandern - Malsburg, welche regen Fuhrwerksverkehr zeigt, ist nur 4 - 4,5 m breit und hat an der fraglichen Stelle eine etwa 5 - 6 m hohe, ziemlich steile Böschung, welche bei derartigen Fällen mit einer besseren, als die bestehende Schutzvorrichtung versehen sein dürfte, zumal die Steinbahn direkt neben der schmalen Straße sich befindet. Weitere Zeugen, die Sachdienliches angeben könnten, waren nicht zugegen. Matthias Kiefer in Malsburg erstattet wegen dieser Angelegenheit keine Anzeige. Aufgenommen und unterzeichnet wurde dieses Protokoll vom Gendarm:‘Hilderhof’. Das Bezirksamt in Lörrach wurde von diesem Zwischenfall mit diesem Protokoll in Kenntnis gesetzt und reagierte mit einem Brief an die Lungenheilanstalt und den beruhigenden Zeilen: ‘Erfahrungsgemäß gewöhnen sich die Tiere schnell an die neue Eisenbahn, zudem seien Ausweichstellen an den engsten Punkten für Fuhrwerke eingerichtet worden. Vor Scheuwerden der Tiere sollten die Fuhrwerksführer absteigen und die Pferde am Zügel führen’. Da es tatsächlich an einigen Stellen im Verlaufe der Strecke tiefere Abböschungen gab, erkannte man diese Gefahren und veranlasste die Stellen mit Wehrsteinen im Grundmaß von 40/50 cm und einer Höhe von 60 cm, auf 250 cm Abstand, abzusichern. Auf Grund dieser Vorkommnisse, wurde in den Betriebsbestimmungen ein wichtiger Satz am 10. Juni 1907 nachgetragen. Er betraf die Verkehrssicherheit und verlangte, dass die Lokomotive nie einen Zug oder auch nur einige Wagen vor sich her bergauf schieben dürfte. Dies wurde strengstens verboten. Bei einem Schiebebetrieb könnte der Lokomotivführer durch die engen Kurven nicht rechtzeitig ein Hindernis oder ein entgegenkommendes Pferdefuhrwerk erkennen und rechtzeitig abbremsen. Zudem bestand die Gefahr der Entgleisung durch Verhaken der Wagen mit der Lokomotive oder auch der Wagen untereinander in den engen Kurvenradien.

Über den Autor

Michael Kopfmann wurde 1963 geboren und war als Kind ein großer Eisenbahnfan. Seine Liebe fing mit der Modelleisenbahn an, aber er entdeckte seinen Forschergeist. 1985 fing er an, für sein erstes Buch über die Kandertalbahn Unterlagen zu sammeln und auszuwerten. Er fand gleich heraus, dass er genug Material zusammengetragen hatte um daraus sein erstes Buch zu machen. Ein Traum wurde verwirklicht, 1995 erschien das erste Werk von Michael Kopfmann über die Kandetalbahn. Seit dieser Zeit wurde es zu seiner Berufung auf dem Gebiet weiter zu arbeiten und es folgten zahlreiche Bücher über das Thema der Eisenbahn, wobei er sich auf Baden konzentriert hatte.

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