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- Die Säkularisation in Bayern im Jahr 1803: Von der zeitgenössischen Wahrnehmung bis in die Gegenwart
Geschichte
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 116
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Säkularisation von 1803 war ein Prozess mit dauerhaften Folgen, die selbst über 200 Jahre später noch immer kontrovers diskutiert werden. Durch den Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803, der Ende April des Jahres durch kaiserliche Ratifikation in Kraft trat, begann die revolutionäre Umgestaltung der traditionellen, territorialen und politischen Strukturen. Die Paragraphen 35 und 36 bildeten die rechtliche Grundlage für die in Rastatt und Lunéville getroffenen Vorentscheidungen für die bis dahin größte territoriale Umwälzung in Deutschland. 112 rechtsrheinische Reichsstände, 19 Reichsbistümer, 44 Reichsabteien, 41 Reichsstädte, viele hundert landsässige Abteien, Stifte und Klöster sowie alle Reichsdörfer wurden in der Folge mediatisiert und gingen in hoheits- und eigentumsrechtlicher Hinsicht an weltliche Fürsten. Insgesamt wechselte eine Fläche von etwa 73.000 Quadratkilometern geistlichen Staatsgebiets, wovon Bayern fast 10.000 Quadratkilometer ausmachte, in die Herrschaft weltlicher Territorialstaaten. Natürlich waren von dieser Herrschaftsumschichtung, die sich bis 1806 hinzog, beachtliche Teile der Bevölkerung des Deutschen Reichs betroffen. Nach Franz Quarthal wechselten ungefähr 3,2 Millionen Menschen von den rund 21 Millionen Einwohnern des Reiches die Staatsangehörigkeit. Von der Mediatisierung war eine noch höhere Zahl betroffen.
Textprobe: Kapitel 3, Rechtswissenschaftliche Beurteilung der Säkularisation in Bayern von 1803 bis in die Gegenwart: Durch den Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 wurde der Begriff Säkularisation in die vorherrschende deutsche Gesetzessprache als juristischer Begriff aufgenommen. Wie bereits angeklungen, setzte man die Bedeutung des Wortes als allgemein bekannt voraus, weil keinerlei Definition oder Erläuterung an das Gesetz angefügt wurde. Trotzdem sorgten die Ermächtigung zur Aufhebung geistlicher Fürstentümer und die Einziehung ihrer Besitzungen aus rechtswissenschaftlicher Sicht für kontroverse Diskussionen und Auseinandersetzungen. Noch bis heute kursieren unterschiedlichste Bewertungen, was die Rechtmäßigkeit und Rechtswirksamkeit des Reichsdeputationshauptschlusses und der Säkularisation angeht, weshalb in diesem Kapitel ein genauerer Blick auf die verschiedenen Beurteilungen geworfen werden soll. Dabei erscheint es als besonders wichtig, für diesen rechtswissenschaftlichen Zugang den Verlauf der Wahrnehmungen sowie den aktuellen Forschungsstand zu skizzieren. Der Reichsdeputationshauptschluss war die förmliche Rechtsgrundlage zur Säkularisation. Trotzdem begann der bayerische Staat noch ohne reichsrechtliche Legitimation seit 1801 damit, Säkularisationsmaßnahmen faktisch in die Wege zu leiten. Nicht zuletzt dieser Umstand sorgte nach 1803 für eine heftige rechtliche Kontroverse in Publizistik und Politik. Auf der einen Seite waren die Gegner der Säkularisation. Zu ihnen kann man hauptsächlich Reichspublizisten, Juristen und natürlich Kirchenvertreter zählen. Sie argumentierten, dass die Besitzgarantien durch den Staat verletzt wurden und es sich um einen klaren Rechtsbruch handelte. Dem gegenüber standen die Befürworter aus dem Bildungsbürgertum und der Politik, welche die normative Kraft aus der Faktizität des Geschehenen ableiteten und betonten, dass die Säkularisation eine legale Revolutionierung sei. An erster Stelle aufseiten der Säkularisationskritiker ist der Regensburger Domvikar Alfons Maria Scheglmann zu nennen. Um das Jahr 1903 versuchte er vehement, die Vorurteile und Gerüchte über skandalöse Zustände in den Klöstern richtigzustellen. Für ihn war die Säkularisation von 1803 juridisch eine illegitime Anmaßung [und] politisch ein Hochverrat. Der deutsche Staatsrechtler Ernst Rudolf Huber und auch der Historiker Hans-Ulrich Wehler sahen später im Reichsdeputationshauptschluss ebenfalls eine Verletzung der institutionellen und existenziellen Garantie, wie sie allen Territorien zuerkannt wurde. Selbst in einem Bundesstaat wie dem Bismarckschen Reich war anerkannt, daß eine Existenzgarantie für die Gliedstaaten bestehe, daß das Reich also nicht berechtigt sei, und zwar auch nicht auf dem Weg der Verfassungsänderung, in den Bestand der einzelnen Gliedstaaten einzugreifen erst recht mußte das unter den alten Reichsverhältnissen gelten. Für Huber bedeutete die Aufhebung der geistlichen Fürstentümer dennoch eine politische Notwendigkeit, die sich letztendlich durchgesetzt habe, weil die geistliche Herrschaft ein Relikt einer nicht mehr zeitgemäßen Ordnung war. Auch Heinrich von Treitschke und Georg Gottfried Gervinus, die sowohl Historiker als auch Politiker in der Zeit der Säkularisation waren, besaßen eine grundsätzliche Sympathie für den Vorgang. Ersterer stellte zwar heraus, dass die Säkularisation ein ungeheurer Rechtsbruch war, aber wie später Huber betonte Treitschke die große Nothwendigkeit der Fürstenrevolution. Gervinus sprach derweil von wohlthätigen Gewaltsamkeiten, die ebenfalls auf gewisse Notwendigkeiten hindeuten. In der Allgemeinen deutschen Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände von 1824 war sogar zu lesen, dass die Säkularisation […], aus rechtlichen Gesichtspunkten betrachtet, durchaus nichts Ungerechtes [enthielt], da die geistlichen Regenten nicht durch den Willen der von ihnen regierten Völker, sondern durch bloße Anmaßung zu ihrer Herrschaft gelangt waren, mithin kein wohlerworbenes Recht (Ius quaesitum) hatten. Die Säkularisation wurde damit also teilweise als Rechtsbruch und gleichzeitig oftmals als legale Revolution aufgrund eines gewissen Erfordernisses verstanden, welches im 19. Jahrhundert in vielen staatsrechtlichen und politischen Diskussionen immer wieder als Ursache und rechtliche Legitimierung des Reichsdeputationshauptschlusses Anerkennung fand. Nach den starken Auseinandersetzungen im 19. Jahrhundert folgten Jahrzehnte einer distanzierten Zurückhaltung in beiden Lagern. Aus Sicht von Reinhart Koselleck herrschte eine weitverbreitete Einigkeit beim Eingeständnis des Rechtsbruches durch die Säkularisation. Auch der Kirchenrechtler Axel von Campenhausen sah im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 einen revolutionären Vorgang, der jedoch darüber hinaus noch immer Auswirkungen auf die Gegenwart habe. So betrachtet er den §35 des Reichsdeputationshauptschlusses als klassische Begründung der heutigen Staatsleistungen an die Kirche. Der gleichen Meinung ist Manfred Weitlauff, für den §35 noch heute enorme Bedeutung zu haben scheint, denn dieser Paragraph sei die Verpflichtung aller Staaten und Länder, die durch die Säkularisation Kirchengut an sich genommen haben […] zum Unterhalt der Bischofsstühle, der Domkapitel, der Priesterseminarien sowie der früheren Stifts- oder Klosterpfarreien. Allerdings gibt es auch in diesem Bereich noch heutzutage rechtliche Unstimmigkeiten, beispielsweise bezüglich der Baulasten für Kirchengebäude und welche Kosten dabei der Staat tragen muss. Grundsätzlich sind die Baupflichtrichtlinien stark von der Säkularisation geprägt und ebenso ist das Denkmalschutzrecht derart geregelt, dass Kosten für Denkmalpflege zur Hälfte durch staatliche Zuschüsse abgedeckt werden, doch wie Frank Wittich meint, bedürfen diese Gesetze einer Erneuerung und angemessener Lösungen, um fragliche Anspruchs- und Verpflichtungsbestimmungen eindeutig zu klären.
Alexander Eichler (M.A.) wurde 1988 in Löbau geboren. Sein Studium der Staats- und Sozialwissenschaften absolvierte er an der Universität der Bundeswehr in München. Im Jahr 2012 schloss er dieses mit dem akademischen Grad des Master of Arts erfolgreich ab. Bereits während des Studiums beschäftigte er sich vermehrt mit der Thematik des vorliegenden Buches Säkularisation in Bayern.
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