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Geschichte


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 148
Abb.: 24
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Weimarer Republik trat als erste deutsche Demokratie an, die alten Stände und Klasse abzuschaffen und die politische Freiheit und Gleichheit aller Bürger zu gewährleisten. Standesvorrechte wurden abgeschafft, alle Deutschen unabhängig von den Ständen und Klassen des Kaiserreiches stimmten in freier und gleicher Wahl über die Zusammensetzung des Parlamentes ab. Während rechte und linke Parteien sich mehr oder weniger mit der Demokratie arrangierten oder ihren Aufbau mitgestalteten, blühte nicht nur in rechten intellektuellen Kreisen eine Fülle verschiedener Konzepte auf, die sich mit der Errichtung ständestaatlicher Strukturen auf deutschen Boden beschäftigten: Der Staat ist kein Vertrag zwischen Einzelindividuen, Ausdruck einer Aristokratie oder Resultat des Willens eines Königs, sondern eine Summe von Gliedern, evtl. selbst nur ein staatstragender Teil des Gesellschaftsganzen. Der Einzelne ist kein Teil des Staates, sondern Teil eines Standes. Diese Stände sind Glieder des Staates und haben mehr oder weniger an der staatlichen Hoheit teil. Viele dieser Ideen brachen mit allen Idealen der modernen Demokratie: Georg Weipperts Prinzip der Hierarchie oder Othmar Spanns wahrer Staat sind hierarchische Ständestaaten ungleicher Menschen. Bei anderen Konzepten hingegen (zum Beispiel der so genannte Werksgemeinschaftsgedanke oder bei den berufsständischen Gesetzgebungsausschüssen von Heinrich Herrfahrdt) trägt die ständische Selbstverwaltung fast schon wieder moderne, auf Partizipation orientierte Züge. Es existiert ein breites Spektrum weiterer Ständestaatskonzepte, die in der Forschung weitestgehend vernachlässigt wurden. Diese Studie soll eine möglichst vollständige Darstellung aller Konzepte bieten und die Frage stellen, was wirklich neu an diesen Ideen ist und wo simple ideengeschichtliche Rückgriffe neu verpackt wurden. Es ist ebenso Anspruch dieser Studie, eine umfassende Literaturliste zum Forschungsthema vorzustellen. Dabei sollen nicht nur die im Sinne der Forschungsfrage untersuchten Werke aufgeführt werden, sondern auch all jene Werke, die nur Teile einer neuen ständestaatlichen Ordnung behandeln oder ein unvollständiges Ständestaatskonzept formulieren.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.1.1, Der Universalismus (1921): Der Universalismus, aufbauend auf dem Werk Othmar Spanns, ist die wohl bekannteste und umfangreichste Ständestaatskonzeption aus dem untersuchten Zeitraum. Die von Spann begründete Schule umfasst ein umfangreiches Bild verschiedener Autoren, die jedoch alle auf seinen Gedankengängen aufbauen. Er entwickelte nicht nur ein umfangreiches und in sich geschlossenes Ständestaatskonzept, sondern auch ein Gesellschafts- und Weltbild. Obwohl Österreicher, hatte Spann auch in Deutschland einen enormen Einfluss. Zunächst zur Genealogie. Othmar Spann bekennt sich zur romantischen Geisteshaltung und bezieht mittelalterlich-universalistische Ideen mit ein. Von der Scholastik übernimmt er den Satz ‘Das Ganze ist vor dem Teil’ sowie das Bild von einer Gesellschaft als göttliche Schöpfungsordnung. Vom deutschen Idealismus übernimmt er die These ‘Gesellschaft ist Geist’ und das Bild vom Staat als Ganzheit, von der Romantik übernimmt er unter anderem die Kritik an der Aufklärung, Rationalismus und Individualismus. Der Universalismus selbst ist in Methodik und Inhalt deutlich vom mittelalterlich-kirchlichen Weltbild geprägt. So ist die Nähe zu Thomas von Aquin und seiner metaphysischen hierarchischen Weltordnung deutlich. Mehrfach erwähnte er den Aufbau der katholischen Kirche als ideales Vorbild der Gesellschaft. Seine Philosophie basiert auf der Ganzheitslehre. Demnach definiert er das Ganze nach vier Lehrsätzen : ‘Das Ganze als solches hat kein Dasein (1) es wird in den Gliedern geboren (2) darum ist es vor den Gliedern (3) es geht in den Gliedern nicht unter (4).’ Diese Lehrsätze werden nun auf Staat und Gesellschaft übertragen. Der Staat als solcher, als Organismus, ist nicht zu finden. Der Organismus ist nur in seinen Gliedern erkennbar. Die Glieder wiederum bestehen nur als Ganzes. Sie können nur sein als Darstellungen der ihnen übergeordneten Ganzheit. Durch die Geburt des Ganzen aus den Gliedern folgt logisch die Gliederung des Staates und der Gesellschaft. Alles Erkennbare in Staat und Gesellschaft, auch der Bürger an sich, sei nur Ausgegliedertes, das dem Ganzen als Glied angehöre. Diese bei Spann noch umfangreichere ‘Ganzheitslehre’ ist die Grundlage seiner Ständestaatskonzeption und Vorlage des Universalismus. Ein Stand ist nach Spann ein Glied der geistigen Gemeinschaft, der Ganzheit: ‘Die Stände sind die Sendlinge und Schößlinge einer Stammeinheit, die sich in vereinzelt-selbstständige Organe spaltet und scheidet (differenziert). Sie sind Bestandsformen eines Urstandes, des geistigen Lebens, sie sind das Mannigfaltige in der Einheit.’ Walter Heinrich formuliert Stände als ‘organisierte Lebenskreise mit ihren arteigenen Verrichtungen für das Ganze.’ Sie sind ‘Leistungsgemeinschaften auf Grund von Lebensgemeinschaften.’ Diese Lebenskreise bestehen in jeder Gesellschaft, unabhängig davon, ob sie einen ständischen Status besitzen. Und gerade diese Lebenskreise sind es, die erst die Vielfalt der Gesellschaft ausmachen. Der Einzelne ist nicht autark, sondern ist Teil einer Einheit. Die Gestalt der Stände ist bestimmt durch die Ausgliederungsordnung. Das Ganze stellt sich in verschiedenen Teilinhalten und Teilganzen dar. Teilganze der Gesellschaft sind z.B. Religion, Wissenschaft, Kunst, Sinnlichkeit Sittlichkeit, Sprache oder Recht. Diese Ausgliederung findet aber ausschließlich in einer Stufenordnung (Hierarchie) statt und nicht in einem Nebeneinander: ‘Die Glieder der Ganzheit haben nicht alle den gleichen Ganzheitsgehalt, somit nicht alle die gleiche Ganzheitsnähe – also verschiedenen Rang.’ Die Folgerung für die Gesellschaft: Organische Ungleichheit statt atomistischer Gleichheit der Teile. Das gesamte Gesellschaftsbild Othmar Spanns kennt nur Rangordnungen. Das Ganze der Gesellschaft gliedert sich in 'Gezweiungen' und Gemeinschaften, Stand bedeutet für ihn zuerst die Eigenschaft als Glied des Ganzen. Durch verschiedene widersprüchliche Folgerungen dieser Ausgliederung definiert Spann die Stände später nur noch nach ihren Verrichtungserfordernissen: Artgleiche Verrichtungen werden in einem Stand zusammengefasst. Die Stände sind zunächst geistige Stände, nicht reale Stände, die nur geistigen Inhalt haben. Er unterteilt auch noch den ‘Vollstand’, zu dem ein geistiger Stand wird, wenn er anfängt zu handeln (‘handelnder Stand’). Der geistige Stand bleibt ‘VorStand’. Spann unterscheidet die Stände nach dem Grad ihrer Geistigkeit. Dabei kennt er drei Stufen geistiger Gemeinschaften: Jene mit vitalem Inhalt, höhere geistige aber reproduzierende und die geistig schöpferischen Gemeinschaften. Er unterteilt den Stand der niederen Handarbeiter, den Stand der höheren Arbeiter und den schöpferischen Stand. Jeder Stand und zusätzliche ‘besondere Stände’ werden ebenfalls vielfach unterteilt. Diese äußerst vielfältige Unterteilung gibt er in späteren Werken auf. So fasst er die niederen Handarbeiter, den Stand der höheren Arbeiter und den Stand der Wirtschaftsführer in einen rein wirtschaftlichen ‘Nährstand’ zusammen. Zu diesem kommen ein allgemeiner politischer Stand (Staat) mit dem Wehrstand und Priesterstand (Kirche) sowie der schöpferische Lehrstand hinzu. All diese Unterteilungen differenziert er in Neuauflagen seines Werkes ‘Der wahre Staat’ neu. Er führt schlussendlich auch die ‘Berufsstände’ ein, jedoch ohne den Beruf als ausschlaggebendes Kriterium zu nutzen. Die Berufsstände sind dabei, anders als bei den berufsständischen Konzepten, keine eigenständigen Stände, sondern Teilstände des Gesamtstandes der Wirtschaft. Da Sachfragen nur von den Fachleuten erledigt werden können, sollen auch nur jene die ‘Sachsouveränität’ ausüben, also die Selbstregierung innerhalb der Stände ausüben. Innerhalb der Stände definiert sich auch die Freiheit des Einzelnen. An Stelle der liberalen Freiheiten entsteht die organische Freiheit innerhalb der ständischen Bindung. An Stelle der ‘Freiheit und Gleichheit’ des Naturrechts tritt das Prinzip ‘Gleichheit unter Gleichen’ mit einer ‘verhältnismäßigen Gleichheit’. Rechte und Pflichten sind je nach Stand unterschiedlich. Der Universalismus sieht sich als Antipode zu Demokratie und Parlamentarismus . Es bedürfe einer Gegenrenaissance zum Individualismus. Damit verbunden ist die Ungleichheit der Menschen: ‘Gleichheit unter Gleichen. Unterordnung des geistig Niederen unter das geistig Höhere – Das sind die Baugesetze des wahren Staates.’ Hinzu kommt die Ablehnung des gleichen Stimmrechts: ‘Jeder Einzelne ist ein gleichwertiges Atom, Nietzsche und sein Stiefelputzer haben dieselbe Stimme, jeder wird mit gleichem Gewicht in die Waagschale geworfen und mitgewogen: die Mehrheit soll herrschen!’ und weiter: ‘Man soll die Stimmen nicht zählen, sondern wägen, nicht die Mehrheit soll herrschen, sondern das Beste.’ Die beste politische Gestaltung der Stände unterliegt der Maßgabe, dass auch die besten Herrschen. Die ideale Staatsform ist folglich jene, ‘welche die Besten zur Herrschaft bringt’ , die eine Herrschaftshierarchie der Glieder und eine weitgehende Dezentralisation vorsieht. Statt einem Volk und einer Regierung gelte der Satz ‘Viele Teilstände und Volkskreise, viele Teilregierungen und Standesgewalten.’ Dies beinhalte jedoch auch die begrenzte Selbstbestimmung, Selbstverwaltung und Selbstregierung der Stände. Der Staat selbst wird nach Spann nicht durch ein Parlament oder eine demokratisch legitimierte Regierung geführt, sondern durch einen staatstragenden, ‘politischen Stand’ . Dieser ist vergleichbar mit einem Adel. Der Staat selbst ist Höchststand und ‘Oberleiter der Stände’ : ‘Der Staat kommt von sich her er beruht weder auf einem berufsständischen Wirtschaftsparlament, noch auf einem Parlament, das ‚alles Volk’ umfasst er beruht, wie jeder Stand, auf einem eigenen Kreis von Menschen, die sich seinen arteigenen Aufgaben widmen und ihn tragen.’ Diese Staatsführung ist betont autoritär und folgt dem Führerprinzip. Lediglich die berufsständisch organisierte Wirtschaft solle von einem wirtschaftlichen Ständehaus vertreten werden, in dem jedoch nur allgemeine Angelegenheiten der Wirtschaft behandelt werden. Er formuliert dabei einen dualen, doppelständischen Aufbau: Es gibt wirtschaftliche Stände und politische Stände, die jedoch keine strukturellen Unterschiede aufweisen.

Über den Autor

Sascha Bohn wurde 1984 in der Thüringer Residenzstadt Gotha geboren. Nach seinem Abitur am Wirtschaftsgymnasium Gotha-Sundhausen studierte er ab 2004 an der Friedrich Schiller Universität Jena Politikwissenschaft, Psychologie, Öffentliches Recht sowie Philosophie und erlangte 2010 den akademischen Grad Magister artium. Seit Beginn seines Studiums lag sein politikwissenschaftlicher Schwerpunkt im Bereich antidemokratischer Ideologien der Weimarer Republik und kam über die nähere Betrachtung der Konservativen Revolution zur Thematik ständestaatlicher Konzepte. Seit 2009 arbeitet er als persönlicher Mitarbeiter für einen Abgeordneten des Thüringer Landtages.

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