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Geschichte
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Abb.: 21
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Einer der zweifelsohne interessantesten Aspekte des Fußballs stellt die nicht immer sofort aufkeimende Frage nach seinem Ursprung und seinem historischen Verlauf dar. Wer denkt schon bei Bundesliga und Champions League sogleich an mittelalterliche Fruchtbarkeitsspiele oder bei Weltmeisterschaften an strohgefüllte Lederbälle? Allgemein bekannt ist wohl nur, dass das moderne Fußballspiel ‘irgendwann’ in England angefangen hat und dass es dann von dort aus in der ganzen Welt verbreitet wurde und auch ‘irgendwie’ nach Deutschland kam. Nur sporadisch wird die Frage nach dem ‘davor’ laut, noch seltener wird sich nach dem wie und warum erkundigt. Bei genauerer Betrachtung drängen sich folgende Fragen auf: Ist das Fußballspiel nun eine neuzeitliche, englische Erfindung oder beginnt der geschichtliche Feldzug schon viel früher? Welche historischen Ballspielkulturen hatten wieviel Einfluss auf den modernen mitteleuropäischen Fußball? Im Kern geht es um das Anliegen eines zu eruierenden roten Fadens der Fußballhistorie. Das vorliegende Buch widmet sich der Historie der wichtigsten vergangenen Ballspielkulturen und - so vorhanden - deren technische und soziokulturelle Entwicklung bis hin zu einem Fußballspiel aufzeigen einer Verbreitung ebendessen wird nachgegangen, mögliche Einflüsse auf andere Kulturen dargestellt. So werden China, Ägypten, Mesoamerika, Griechenland, Rom, Japan, Frankreich und Florenz unter die Lupe genommen bis der rote Faden schließlich über England in Deutschland endet. Im Anschluss werden alle Kandidaten auf deren Berechtigung zur Einflussnahme geprüft. Eine Chronik der wichtigsten Ereignisse rund um den modernen Fußball stellt den Abschluss dieses Buches dar.
Textprobe: Kapitel 2.1.1, Die Anfänge in der chinesischen Kultur: Wer tatsächlich als erster auf die Idee kam (zum Zeitvertreib, zur Zerstreuung oder auch zur Körperertüchtigung ( mit Füßen gegen einen Ball oder einen ballähnlichen Gegenstand zu treten), kann heute niemand mehr mit hinreichender Genauigkeit sagen. Jedoch gilt China unter vielen Sporthistorikern als das Mutterland des vorchristlichen Fußballs zumindest kommen die ältesten bisher gefundenen Überlieferungen von dort: Vor 5000 Jahren ( vielleicht auch noch Früher), als in Mitteleuropa das Spätneolithikum langsam in das Endneolithikum übergeht und es gerade 2000 Jahre her ist, da England, bedingt durch den rapiden Anstieg des Meeresspiegels, sich vom Festland trennt, beginnen chinesische Soldaten damit, einen Ball mit dem Fuß zu spielen. Den Ball am Fuß: Erste Hinweise für diese Tätigkeit finden sich für das alte China im Grab eines noch unbekannten Mannes, welcher im Jahr 168 v. Chr. in der heutigen Provinz Hunan verstarb. Der Markgraf und die Markgräfin von Dai (heute als Sensationsfund bekannt, da kaum verwest) wurden ein paar Jahre später ganz in der Nähe beigesetzt, sodass man davon ausgehen kann, dass es sich um einen nahen Verwandten dieser beiden hochgestellten Persönlichkeiten handeln musste. Unter vielen kostbaren und qualitativ hochwertigen Grabbeigaben, wie Armstützen, Spielbrettern, aufwendig dekorierten Gefäßen und Geräten, fand man im Frühjahr 1974 mannigfaltige Texte ( Manuskripte, Aufsätze, Kommentare) zu Klassikern der chinesischen Philosophie, Geschichte und Literatur, ferner Landkarten und Pläne. Mit dabei die verloren geglaubten ‘Vier Klassiker des Gelben Kaisers’, welche aus dem Jahr 330 v. Chr. stammen und vermutlich Laozi, bzw. Lao-Tse, verfasst hat, so er denn je gelebt hat. Der zweite Teil daraus, der ‘Zehn-Großen-Klassiker’, beinhaltet Gespräche des ‘Gelben Kaisers’, Huangdi sijin, mit seinen Ministern über militärisch-strategische Themen. Huangdi wird zu der Gruppe der fünf Kaiser gezählt, welche das Land im Zeitraum zwischen den Urkaisern (Tianhuang, Dihuang, Taihuang) und den Dynastien regiert haben sollen. Im fünften Kapitel des ‘Zehn-Großen-Klassiker’ wird die ‘Unterdrückung der Rebellion’, zhengluan, thematisiert, bei welcher der aufständische Chiyou, der ‘Rote Lord’, und seine monströsen achtzig Brüder in der ersten großen Schlacht des chinesischen Altertums in der heutigen Provinz Hebei gefangengenommen und Teile seines Körpers einer makabren Verwendung zugeführt wurde (…) Seinen Magen ließ er zu einem Ball ausstopfen und befahl seinen Leuten, damit Fußball zu spielen. Diejenigen, die am besten kickten, wurden belohnt. (…) Daraus ist zu entnehmen, und wenn dieser Legende Glauben zu schenken ist, dass es zu dieser Zeit (man schrieb das 27. Jhd. v. Chr.) schon verschieden gute Spieler unter den Soldaten gegeben haben muss das wiederum lässt auf ein wie auch immer geartetes Training der Soldaten schließen, welches wahrscheinlich entweder zur Erholung oder als Vorbereitung für den Kampf stattfand. Weitere Details lassen sich für die Zeit der Longshan-Kultur, ca. 3000 - 2000 v. Chr., und den beiden daraus folgenden Zeiträumen, Xia-Dynastie, ca. 2070 - 1600 v. Chr., Shang-Dynastie, ca. 1700 - 1100 v. Chr., leider nicht finden. Man kann aber vermuten, dass, über die Jahrhunderte hinweg, vor allem Soldaten vom Fußballspiel angetan waren, wenngleich die Betätigung in der damaligen Form wohl eher einer Rauferei um einen ballähnlichen Gegenstand geglichen haben muss Soldaten waren damals wie heute zuallererst Soldaten, und es würde doch sehr verwundern, wenn sie, angesichts ihres Berufes, zu fairen Mitteln oder gar zum berührungslosen Kräftemessen aufgerufen hätten. Eine Vorstellung davon vermitteln zeitgenössische Darstellungen. So zeigt eine im Jahr 1827 entstandene Radierung von Robert Cruikshank, 1789 - 1856 n. Chr., ein Dutzend Soldaten, die um den Ball raufen. Das Ausmaß an Chaos und Brutalität dürfte in der Longshan-Kultur des alten Chinas kaum niedriger ausgefallen sein. Der Bibliograph Liu Xiang, 77 v. Chr. - 6 n. Chr., verweist in seinen ‘Separaten Berichten’, bielu, auf kritische Kommentare, die den zeitlichen Ursprung des Fußballs wohl eher gegen Ende der Östlichen Zhou-Dynastie, in die ‘Zeit der Streitenden Reiche’, 476 - 221 v. Chr., verlegen. In einem anderen Werk, den ‘ Ränkespielen der Streitenden Reiche’, zhanguo ce, einer Sammlung historischer Episoden und fiktionalen Erzählungen über Persönlichkeiten und Ereignisse aus der Zeit zwischen dem 4. und 3. vorchristlichen Jahrhundert, 8 wird über den Minister Su Qin aus Zhao berichtet, dass er bei Staatsbesuchen des Königs Xuan von Qi um 332 v. Chr. ihn zu einem Bündnis gegen den Staat Qin zu überreden versucht. Dabei preist der Minister den fortschrittlichen Staat Qi und dessen Hauptstadt Linzi in der heutigen Provinz Shandong, mitsamt seiner vielfältigen Kultur und reichen Bevölkerung, die u. a. auch Spaß am Fußball, taju, habe. Darüber hinaus erwähnt der kritische Historiker und gelehrte Enzyklopädist Ma Duanlin, 1254 - 1325 n. Chr., in einem seiner Werke ein Lied über Fußball mit dem Titel ‘ Fußball im [alten Staat] Chu’, Chu cuju. Dort war es Brauch, jedes Jahr zur Zeit der drei großen Bankette mehrere Musikstücke aufzuführen als elftes (sicherlich ein Zufall) wurde ebendieses Lied vorgetragen. Sein Inhalt deutet darauf hin, dass Fußball im Staate Chu, 847 - 223 v. Chr., schon damals sehr populär war. Auch der Historiograph Sima Qian, 145 - 86 v. Chr., erinnert sich an das Fußballfieber in Linzi mit seinen siebzigtausend Haushalten und etwa zweihundertzehntausend wehrdienstfähigen Männern: (…) Es gibt nicht einen Einwohner, der nicht die Flöte spielte, die Zither zupfte, (…) und liubo oder Fußball spielte.(…).
Christopher Solmsdorf, Jahrgang 1973, entschied sich nach seiner Ausbildung zum Fachinformatiker zu einem Studium der Sportwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin, welches er 2010 erfolgreich abschloss. Seitdem ist er als Lehrer tätig. Schon früh entwickelte der Autor ein besonderes Interesse, wissenschaftliche Erkenntnisse sowie historische Ereignisse verständlich aufzuarbeiten, Querverbindungen zu entdecken und befriedigende Antworten zu finden, warum Geschichte sich so entwickelt hat, wie sie es tat, eben: rerum cognoscere causas. Das Thema des Buches lag für ihn nahe, ist er doch seit über 30 Jahren aktiver und leidenschaftlicher Fußballer.
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