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- Deutsche Kolonialgeschichte – Die Kolonialfrage bei Bismarck und die Genozid-Debatte heute: Eine interdisziplinäre Studie anhand der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwest (heutiges Namibia)
Geschichte
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2020
AuflagenNr.: 1
Seiten: 124
Abb.: 13
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Seit über 100 Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler mit der Frage, warum Bismarck 1884 nach über einem Jahrzehnt strikter Ablehnung einer aktiven deutschen Beteiligung am europäischen Kolonialismus letztlich doch in die aktive deutsche Kolonialpolitik einstieg. Im Jahr 2016 erkannte die Bundesregierung die Niederschlagung des Herero-Aufstandes im Jahr 1904 in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika als Völkermord in einem 'nicht rechtlichen Sinn' an. Nicht nur in den ehemaligen Kolonien, sondern auch bei uns ist die koloniale Vergangenheit allgegenwärtig. Sie ist vielfach auch Gegenstand politischer Konflikte. Die Schadensersatzklage der Herero gegen die Bundesrepublik Deutschland löste eine öffentliche Debatte aus. Der ehemalige deutsche Bundesentwicklungsminister Carl-Dieter Spranger fragte in einem FAZ-Beitrag, ob es jetzt zur Umschreibung der deutschen Kolonialgeschichte komme. Vor diesem Hintergrund leistet die vorliegende Studie mit ihrem interdisziplinären Ansatz einen wertvollen Beitrag sowohl zur historischen Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte als auch zur gesellschaftlichen und politischen Bewältigung ihrer Folgen heutzutage und in Zukunft.
Textprobe: Kapitel 2 Einführung in die Thematik: Einführend in die Thematik der Studie werden zunächst ihre Ziele, Methoden und ihre Struktur sowie die Motivation zur Erstellung dieser Studie vorgestellt. 2.1 Ziele, Methoden und Struktur der Studie: Die Frage, warum Bismarck den entscheidenden Startschuss für die staatliche Übersee-Expansion Deutschlands gab, ist Gegenstand einer noch nicht beendeten Forschungskontroverse und beschäftigt Historiker nunmehr seit über 100 Jahren. Vor dem Hintergrund des bis heute erreichten - sehr ausdifferenzierten - Forschungsstandes in den unterschiedlichen Fachdisziplinen, kommt es nun darauf an, die unterschiedlichen Fachperspektiven stärker zusammenzuführen. Forschungsarbeiten sind vor allem dann innovativ, wenn sie neue theoretische Argumente, neue Daten, neue Methoden oder eine Kombination der drei Elemente aufweisen. Um dies zu leisten, werden in dieser Studie Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft, der Politikwissenschaft, der Rechtswissenschaft – unter Berücksichtigung von Einsichten aus der Ökonomie – zu erhellender Erkenntnis verknüpft. Diese Studie soll also eine interdisziplinäre, generalistische Abhandlung sein. Das ist Fluch und Segen zugleich: Der Fluch liegt in der Gefahr, den methodischen Unterschieden unterschiedlicher Wissenschaften bei der Annäherung an dasselbe Thema nicht gerecht zu werden sowie in der Gefahr immerwährender Oberflächlichkeit, der Segen liegt in der wechselseitigen Nutzbarkeit der anderen Disziplin, die Multiperspektivität ermöglicht und dem Umstand gerecht wird, dass komplexe Vorgänge regelmäßig nicht alleine aus einer Blickrichtung erklärbar und Fachwissenschaftler allzu oft nicht in der Lage oder nicht willens sind, sich von ihrer Fachperspektive auf ein Thema zu befreien. Das Zusammenspiel von verfassungsrechtlichen Institutionen mit den soziokulturellen Grundlagen des politischen Prozesses ist komplizierter als einfache Kausalitätsmodelle es nahelegen. Und auch richtige, im Einzelnen zutreffende Analysen können falsch informieren, wenn sie andere Ursachen mit ihren ebenfalls triftigen Erklärungen allzu sehr ausblenden. Diese Folgen der Interdisziplinarität wirken sich auf die Zielsetzung der Studie aus. Ziel der Studie ist einerseits die Beantwortung der Frage nach Bismarcks Beweggründen zum Einleiten deutscher Kolonialpolitik im Jahre 1884. Die starke Konzentration auf die Person Otto von Bismarcks beziehungsweise auf die gouvernementale und weniger auf die zivilgesellschaftliche Ebene ist dem Umstand geschuldet, dass der Reichskanzler während seiner Amtszeit mit Abstand der wichtigste politische Impulsgeber, gleichsam Motor des politischen Lebens im Reich gewesen war. Andererseits gehört zur Zielsetzung auch die Betrachtung der Folgen dieser Entscheidung unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkungen auf die heutige Politik. Denn die deutsche Kolonialgeschichte wirkt sich auf einer nicht zu unterschätzenden Anzahl von Politikfeldern noch heute aus, insbesondere auf die Außenpolitik, die Entwicklungspolitik, die Flüchtlingspolitik und auch auf die Geschichtspolitik. Dabei geht es nicht um eine tiefgreifende thematische Erforschung, sondern um die Erklärung eines historischen Sachverhalts aus den Erkenntnissen der bisherigen Erforschung dieses Sachverhalts durch unterschiedliche Fachwissenschaften und um das Aufzeigen von Zusammenhängen, Wechselwirkungen und gegenwärtigen Folgen. Um die Gefahr der Oberflächlichkeit zu verringern folgt im Weiteren eine Fokussierung auf die Kolonie Deutsch-Südwest. Alles wird anhand dieses Beispiels dargestellt und erläutert. Andere Kolonien werden lediglich zu Vergleichs- und Abgrenzungszwecken Erwähnung finden. Methodisch unterscheidet sich diese Studie von anderen historischen Studien insbesondere darin, dass schwerpunktmäßig Sekundärquellen und die bestehende Fachliteratur untersucht wird. Bei der Dokumenten- und Inhaltsanalyse werden schriftlich vorliegende Dokumente [...] analysiert. Es wird also nicht darum gehen, eine neue Primärquelle zu finden und diese auszuwerten und zu deuten oder eine neue Deutung einer bekannten Primärquelle vorzulegen, sondern die bestehenden Quellenauswertungen und fachwissenschaftlichen Deutungen im Zusammenhang und vergleichend zu betrachten und aus ihnen Schlüsse zu ziehen. Die Verwendung von Sekundärdaten erfolgt in der Politikwissenschaft häufig. Gewinnbringend ist häufig bereits die Überprüfung eines existierenden theoretischen Arguments oder der Resultate anderer Wissenschaftler mit Sekundärdaten. Zum Erreichen der heutzutage in der Geschichtswissenschaft geforderten Multiperspektivität, also der Verhinderung einer allzu sehr aus der Perspektive der Kolonisierenden erzählten, einseitigen Darstellung der Geschehnisse, wird im Rahmen der Erstellung dieser Studie eine Namibia-Reise durchgeführt, die es ermöglichen soll, den Umgang mit der Kolonialvergangenheit auch in der ehemaligen Kolonie selbst zu beleuchten. Der Aufbau der Studie im Weiteren gliedert sich folgendermaßen: zunächst werden weitere Grundkenntnisse über das Thema sowie die definitorischen und begriffstheoretischen Grundlagen dieser Studie vermittelt. Anschließend geht es um die Kolonialdebatte im Deutschen Kaiserreich seit 1870, die Darstellung der Argumente der Kolonialbefürworter und der Gegenargumente Bismarcks. Es folgt die Ergründung des Wandels in der politischen Beurteilung der Kolonialfrage durch Bismarck im Jahr 1884 und somit die Erreichung des ersten Teilziels dieser Studie. Weitergehend wird anhand der Kolonie Deutsch-Südwest der Prozess der Kolonialisierung, die Kolonialzeit, das Kolonialrecht und der Vorgang der Dekolonisation in Grundzügen dargestellt, weil dies von Bedeutung für das Verständnis der sich anschließenden Ausführungen über die juristische, historische und politische Beurteilung des Bismarck’schen Vorgehens 1884 ist. Abschließend wird im Fazit herausgestellt, welche Erkenntnisse in dieser Studie erlangt worden sind und welche Rückschlüsse daraus für zukünftige Forschung und Politik zu ziehen sind. 2.2 Motivation zur Studie: Die nahe Regensburg als «Pantheon der Deutschen» (Ludwig I.) errichtete Ruhmeshalle Walhalla, das Hermanns-Denkmal bei Detmold im Teutoburger Wald, ebenso die zahlreichen Bismarck-Denkmäler und auch der Kölner Dom, der im 19. Jahrhundert nach Jahrhunderten des Baustopps fertiggestellt wurde, weitergehend die zu Ehren der Einigungskriege gegen Dänemark, Österreich und Frankreich (1864, 1866 und 1870/71) in Berlin errichtete Siegessäule sowie das 1913 in Leipzig eingeweihte Völkerschlachtdenkmal sind allesamt Denkmäler, denen die Kraft zum Nationaldenkmal zugesprochen wurde. Sie sind Spiegelbilder des Stolzes der deutschen Nation. Die Kolonisationsprojekte unterlagen einer zunehmenden nationalistischen Aufladung. Dies wird anhand einer semantischen Verschiebung deutlich, die sich auf Mobilitätsprozesse bezieht. Bei solchen Prozessen war zwischen Mobilität und Kolonisation oft keine klare Grenze erkennbar. Als die massenhafte Auswanderung aus Deutschland nach Übersee begann und die Auswanderung bis Mitte des 19. Jahrhunderts auf jährlich 250.000 Ausreisende anwuchs, bezeichnete man die Emigranten noch als Auswanderer . Seit Mitte des 19. Jahrhunderts veränderte man jedoch diesen Begriff und sagte zu ihnen fortan Auslandsdeutsche . Dieser Begriff stand im Kontext der publizistischen und politischen Auseinandersetzung über eine großdeutsche oder kleindeutsche Antwort auf die deutsche Frage. Das Auslandsdeutschentum sollte als eine nationale Ersatzgemeinschaft dienen, die nicht an die territorialen Grenzen - wie auch immer diese letztlich gestaltet werden mögen - gebunden ist. Darin kam die Sehnsucht der Deutschen nach einem Nationalgefühl deutlich zum Ausdruck. Es gab also den Versuch, eines Volkes, das sich über gemeinsame Geschichte, Sprache und Kultur verbunden fühlte, eine Nation zu erfinden, für die es territorial noch nicht den Nationalstaat gab.
Julian Alexander Terrero Gelhaus, geb. 1997, schloss sein Studium an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl im Jahre 2019 erfolgreich mit dem akademischen Grad Diplom-Verwaltungswirt (FH) ab. Schon immer historisch-politisch interessiert, begann der Autor sich während seines Studiums zunehmend der deutschen Kolonialgeschichte zu widmen. Dabei spezialisierte er sich auf die Geschichte der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwest (heutiges Namibia) im Besonderen und unternahm eine erste Reise dorthin. In diesem Zusammenhang entschloss sich der Autor die nun vorliegende interdisziplinäre Studie zu erarbeiten.
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