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- Der Nordirlandkonflikt: Ursachenanalyse der Auseinandersetzung in den Jahren 1968-1972
Geschichte
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 80
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das vorliegende Buch informiert über Hintergründe, Verlauf und Folgen eines seit Jahrhunderten schwelenden Konfliktes zwischen Katholiken und Protestanten im Norden Irlands. Es sieht sich als ein Versuch die Ursachen und Gründe zu beschreiben, die zu den sogenannten Troubles in den Jahren 1968-1972 geführt haben. Dazu gibt der Autor einen kurzen historischen Überblick über die Troubles, in dem die Aktivitäten von Seiten der Politiker ebenso dargestellt werden, wie die beider Bevölkerungsteile. Danach erfolgt ein historischer Rückblick, durch den die Wurzeln des Konfliktgeschehens verdeutlicht werden sollen. Dabei wird nicht nur der Blick auf die Anfänge der Auseinandersetzung im späten 12. Jahrhundert geworfen, sondern auch auf ethnische und politische Beweggründe des 20. Jahrhunderts sowie auf die Haltung der Bevölkerung. Im Anschluss analysiert der Autor umfassend die Ursachen der Eskalation von 1968 bis 1972. Dabei sollen in erster Linie die Hauptfaktoren benannt und beleuchtet werden, die zu dieser gewalttätigen Auseinandersetzung geführt haben.
Textprobe: Kapitel 2.1, Der Beginn der Eskalation: Ein auslösendes Moment der Eskalation war die Hausbesetzung durch den nationalistischen Parlamentsabgeordneten Austin Currie, der so auf die Diskriminierung der katholischen Minderheit aufmerksam machen wollte. Dieser Aktion war die Zuweisung eines Hauses an die Sekretärin eines unionistischen Politikers vorausgegangen, obwohl Currie die zuständige Behörde darüber informiert hatte, dass eine katholische Familie umgehend eine Wohnung bräuchte. Im Anschluss an Curries Protestakt begann die NICRA durch friedliche Protestmärsche, wie den von Coalisland nach Dungannon öffentlich auf die Lage der Katholiken in Nordirland aufmerksam zu machen. An diesem Demonstrationszug nahmen nicht nur nordirische Nationalisten teil, sondern auch einige Labour-Abgeordnete aus England. Dennoch konnte nicht verhindert werden, dass es an diesem 5. Oktober 1968 zu einem schweren Zusammenstoß zwischen den Demonstranten und der Polizei kam, bei der die 'Royal Ulster Constabulary' (RUC) mit äußerster Brutalität vorging. Dieser gewaltsame Zusammenstoß wird daher gemeinhin als das Schlüsseldatum des Konfliktes von 1968 bezeichnet. Im Unterschied zu den vorausgegangenen Auseinandersetzungen waren bei diesem Marsch jedoch Fernsehkameras anwesend, die den brutalen Einsatz der nordirischen Polizei festhielten und die Bilder um die Welt schickten. Trotz des bereits ersichtlichen Gewaltpotentials der britischen Regierung, ausgeführt von der RUC, folgten weitere Protestmärsche, die nicht nur auf Seiten der nordirischen Polizei, sondern auch bei der protestantischen Bevölkerung in massiver Gewaltanwendung gipfelten. Nach dieser ersten Phase der Eskalation sah sich auch die nordirische Regierung unter Premierminister Terence O’Neill (1914-1990) gezwungen, die Spannungen zwischen den entlang der Konfessionsgrenzen entzweiten Bevölkerungsgruppen zu entschärfen. Daher veröffentlichte er am 22. November 1968 ein 'Fünf-Punkte-Programm' in dem gesellschaftliche Reformen, wie die Zuweisung von Wohnraum oder die Ernennung eines Ombudsmann zur Entspannung der Lage beitragen sollten. Doch diese Bemühungen kamen zu spät, denn als die linksorientierte studentische Bürgerrechtsorganisation 'People’s Democracy' (PD) unter Führung von Bernadette Devlin in einem Protestmarsch am 1. Januar 1969 von Belfast nach Derry zog, eskalierte die Situation. Der eigentlich als friedlicher Protest geplante Zug wurde massiv durch die Attacken protestantischer Extremisten gestört. Die nordirische Polizei erfüllte dabei nicht ihre Schutzfunktion, sondern bekundete stattdessen offen ihre Sympathie mit den Loyalisten, die diesen Marsch als Angriff auf 'ihr Territorium und die Verfassung Nordirlands' ansahen. Diese feindlichen Attacken erreichten am 4. Januar 1969, ihren vorläufigen Höhepunkt mit dem Überfall an der Brücke von Burntollet, auf der Hauptstraße von Claudy nach Derry. Auf die friedlichen Protestler, die in der Zwischenzeit durch Sympathisanten auf mehrere hundert Personen angewachsen waren, warteten in der Nähe der Brücke knapp 200 mit Steinen, Nagelstöcken und Eisenstangen bewaffnete Loyalisten sowie B-Specials. Die Studenten und ihre Anhänger wurden, so Danny Morrison, Abgeordneter der Sinn Féin von 1982 bis 1986, geschlagen und in den Fluss geworfen. Dennoch setzten sie ihren Marsch unbeirrt fort. Insgesamt wurden bei diesem Angriff 13 Personen zum Teil schwer verletzt. Auch dieses Mal verhielt sich die Polizei äußerst passiv und bot den friedlichen Protestlern keinerlei Schutz, infolgedessen kam es zu mehrtägigen Unruhen, die zusätzlich durch die Brutalität der Polizei verschärft wurden. Bereits in der darauffolgenden Nacht rächte sich die RUC für den Widerstand der 'People’s Democracy'. Mit einer beträchtlichen Anzahl von Polizisten drangen sie in das nationalistische und somit katholische Bogside-Viertel ein, stürmten Wohnhäuser und verprügelten die Bewohner. Die katholische Bevölkerung reagierte daraufhin mit der Errichtung von Barrikaden und Bürgerwehren ('Local Vigilante Comitess'), wodurch die RUC eine Woche lang von dem Viertel ferngehalten werden konnte. So wurde 'Free Derry' geschaffen. Nach diesen Vorkommnissen wurden Stimmen laut, die O’Neills Rücktritt forderten. Er wollte sich dem Willen der Bevölkerung jedoch nicht beugen und schrieb für den 24. Februar 1969 neue Wahlen aus. Während O’Neill Stimmen und Wahlkreise verlor, gewann die unionistische Partei der 'Protestant Unionists' von Ian Paisley mehr und mehr Zuspruch innerhalb der protestantischen Bevölkerungsschicht. Unvermeidbar wurde O’Neills politischer Untergang am 17. April 1969, als in den Nachwahlen in Mid-Ulster die nur 21-jährige Bernadette Devlin als Siegerin hervorging und als jüngste Frau ins britische Parlament einzog. Während die Unionisten in Devlins Sieg eine parlamentarische Schwächung sahen, feierte das national-republikanische Lager sie enthusiastisch. Begleitet von schweren Unruhen in Newry und Derry, Bombenattentaten auf Elektrizitätseinrichtungen und das Silent Valley Wasserwerk bei Belfast trat Terence O’Neill am 28. April 1969 zurück. Nicht einmal das von ihm kurz zuvor eingeführte Wahlsystem des 'one man, one vote' hatte ihn retten können. Dafür sah er aber am Ende seiner Amtszeit ein, dass er die Last der historischen Traditionen, die in den gesellschaftlichen Strukturen und in der politischen Kultur Nordirlands wurzelten, absolut unterschätzt hatte. Doch auch sein Nachfolger James Chichester-Clark konnte der weiterhin wütenden Gewalt nicht Herr werden. Zum einen war seine Stellung in der 'Ulster Unionist Party' (UUP) äußerst schwach, zum anderen blieb ihm zu wenig Zeit, um seine Reformen umzusetzen und die explosive Lage zu entschärfen, da bereits ab Juli 1969 die Krawalle und gewalttätigen Auseinandersetzung nicht mehr abrissen. Am 2./3. August erreichten sie ihren Höhepunkt in Belfast und am 12. August in Derry, in der sogenannten 'Schlacht um die Bogside'. Daraufhin sah sich die britische Regierung veranlasst, am 14. August 1969 Truppen nach Nordirland zu entsenden, die jedoch von der katholischen Bevölkerung mit Misstrauen empfangen wurden, denn für sie waren sie weder Beschützer noch Garanten des Waffenstillstands, sondern vielmehr ein Teil der Unterdrückungsmaschinerie Großbritanniens. Dennoch verlor die Polizei beinahe vollständig die Kontrolle, weshalb die britische Regierung im Jahre 1970 den Belagerungszustand für Nordirland verkündete. Im selben Jahr kam es auch zur Spaltung der IRA in die sozialistisch orientierten 'Officals', die sich auf die politische Arbeit konzentrierten und die sogenannten 'Provisionals', die militanten Nationalisten. Die Bilanz der Vorkommnisse des Juli und August 1969 lautet: 10 Tote, 1600 Verletzte und 16 vollständig niedergebrannte Fabriken. Es wurden 60 katholische Pubs angegriffen, 24 davon zerstört und 170 Wohnungen komplett niedergebrannt. Insgesamt flohen 1820 Familien, darunter 1505 katholische, aus ihren Häusern. Die 'Community Relations Commission' (CRC) erstellte eine Studie, der zufolge ungefähr 40.000 Personen in diesem Zeitraum flüchten mussten. Der materielle Schaden belief sich auf rund acht Millionen Pfund.
Raphaela Tkotzyk, M.A., ist derzeitig Promovendin der Neueren deutschen Literaturwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. Sie studierte an den Universitäten zu Köln, Bonn sowie Siegen und schloss im Jahre 2008 ihr Studium mit dem akademischen Grad der Magistra Artium sowohl in Germanistik als auch in Geschichte ab. Nach mehreren Jahren als Lehrerin für Geschichte in der gymnasialen Unter- und Oberstufe beschloss sie, einen einjährigen Lehrauftrag an der University of Virginia, USA anzunehmen. Neben der Arbeit an ihrer Dissertation setzte sie sich dort eingehend mit der europäischen Geschichte auseinander.
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