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- Der Konflikt zwischen China und Vietnam im Südchinesischen Meer: Politische, wirtschaftliche und geostrategische Entwicklungen seit den 1980er Jahren
Geschichte
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Zwischen der Volksrepublik China und der Sozialistischen Republik Vietnam besteht eine lange Tradition territorialer Auseinandersetzungen. Seit mehr als drei Jahrzehnten schwelt im Südchinesischen Meer zwischen den beiden sozialistischen Ländern ein Territorialkonflikt, der mit wechselnder Intensität ins internationale Blickfeld gerät. Streitpunkt sind die beiden Inselgruppen der Spratlys und Paracels - Ansammlungen von Sandbänken, Korallenriffen und Gesteinsformationen im Südchinesischen Meer. Neben der VR China und der SR Vietnam erheben noch Malaysia, die Philippinen, das Sultanat Brunei und Taiwan Ansprüche auf die Gebiete im Südchinesischen Meer. Doch die Souveränitätsansprüche Chinas und Vietnams stellen in diesem Konflikt eine Besonderheit dar: Peking und Hanoi beanspruchen das gesamte Gebiet der Spratlys und Paracels – im Unterschied zu den anderen Anrainerstaaten, die nur Teile der Spratlys beanspruchen. China und Vietnam waren in der Vergangenheit am ehesten bereit, dieses Anliegen mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Der andauernde Konflikt belastet sowohl die bilateralen Beziehungen Vietnams und Chinas als auch die Stabilität der Region Südostasien.
Textprobe: Kapitel 4, Chinas und Vietnams Ansprüche: Rechtfertigung und rechtlicher Rahmen: Nach der geographischen und historischen Annäherung an das Thema, werden nun die auf historischer sowie geologischer Basis beruhenden Argumentationswege der umfangreichen Besitzansprüche Chinas und Vietnams analysiert. Die von Hanoi und Peking vorgebrachten vermeintlichen Fakten und Argumente werden hierbei vorgestellt. Ein Exkurs über die internationale Seerechtskonvention bietet dann einen Einblick in die möglichen Folgen der Ansprüche beider Länder für den Schiffs- und Luftverkehr in den umstrittenen Gebieten. 4.1, Chinesische Ansprüche und deren Rechtfertigung: Für die chinesische Führung gibt es keinen Zweifel, dass die Spratlys und Paracels zum Reich der Mitte gehören und die Spratlys der südlichste Punkt ihres Territoriums darstellt, der somit fast an die Küste der Philippinen reicht. Die Volksrepublik China erhebt auf das gesamte Südchinesische Meer und deren Inselgruppen inklusive sämtliche Riffe, Sandbänke und heranwachsende Inseln Besitzansprüche mit verweist auf die Seerechtskonvention der United Nations (UN). China hat seine Ansprüche im Gesetz über Territorialgewässer und deren angrenzenden Gebiete von 1991 in seiner Verfassung verankert. Administrativ ist das Gebiet der Spratlys und Paracels der 1988 neugegründeten Provinz Hainan unterstellt. China gründet seine Ansprüche auf das Prinzip der Erstentdeckung und versucht dieses auf historischem Wege zu belegen. Es gibt nach der Ansicht Pekings Belege durch Urkunden und archäologische Funde, die Chinas zivilisatorische sowie kulturelle Souveränität über die Spratlys und Paracels beweisen. Peking behauptet, dass die Spratlys und Paracels in der Zeit der Han-Dynastie (206 v. Chr. – 220 n. Chr.) von chinesischen Seefahrern entdeckt wurden und seit diesem Zeitpunkt zum chinesischen Territorium gehören. Vor allem während der Tang-Dynastie (618–907) und der Song-Dynastie (960-1279) seien die beiden Inselgruppen dann von Chinesen wirtschaftlich erschlossen worden. Die VR China untermauert ihre Behauptung mit Funden archäologischer Ausgrabungen. Auf den Paracel-Inseln seien nach Auffassung Pekings ehemalige Siedlungen mit Brunnen, Tempel, Gräber, Ton- und Porzellanwaren, Eisenwaren und andere Gegenstände ausgegraben woren, die sich zurück bis in die Tang-, Song-, Yuan, Ming- und Qing-Dynastie datieren ließen. In den Augen der chinesischen Seite beweist dies, dass vor annähernd 1500 Jahren Chinesen auf den Paracels und Spratlys lebten und der Fischerei sowie anderen produktiven Tätigkeiten nachgingen. Neben der wirtschaftlichen Erschließung der beiden Inselgruppen hätten die chinesischen Regierungen der vergangenen Epochen stets administrativ Gewalt über die Inseln ausgeübt. Eine solche Jurisdiktion lasse sich nach Ansicht der Pekinger Führung bereits zur Zeit der Song-Dynastie (960-1279) nachweisen. Damals hätten Patrouillenboote der kaiserlichen Marine die Paracel-Inseln erreicht und dort eine Kaserne erbaut. In der Yuan-Dynastie (1271-1368) sei auf Anordnung des Herrschers Kublai Khan ein Observatorium auf einer Paracel-Insel errichtet worden. In der Ming-Dynastie (1368-1644) soll Chinas großer Seefahrer, Zheng He, die Spratlys und Paracels bei seinen großen Expeditionen nochmals unter chinesische Herrschaft gestellt haben. Anfang des 18. Jahrhunderts seien in den Urkunden und Mappen der Präfektur Qiongzhou (heute Provinz Guangdong) die Paracel- und Spratly-Inseln aufgeführt worden. Sie wurden in offiziellen Lokalchroniken immer wieder genannt. Auf Veranlassung der damaligen Präfektur wurden 1710 und 1712 Patrouillenfahrten in den Gebieten durchgeführt, was wieder als Beweis für die lokale Eingliederung der Inseln ins Reich der Mitte gilt. Die chinesische Seite geht davon aus, dass ihre Souveränitätsrechte während der halbkolonialen Zeit nie außer Kraft gesetzt wurden. Als Beispiele werden die Proteste von Seiten der chinesischen Regierungen 1883 gegen eine Vermessung der Spratlys und Paracels durch eine deutsche Expeditionsgruppe und 1931 gegen die Besetzung der beiden Archipele durch die französische Kolonialverwaltung genannt. Der französische Akt sei nach Chinas Auffassung eine rechtswidrige Okkupation chinesischen Territoriums gewesen. Außerdem unternahm der chinesische Admiral der Provinzflotte Guangdongs Li Zhun 1909 eine Inspektionsreise zu den Paracel-Inseln und ließ Steintafeln aufstellen sowie die chinesische Flaggen hissen. Die Argumentationskette Chinas verliert sich in den Wirren des 2. Weltkrieges und dem chinesischen Bürgerkrieg zwischen den Nationalisten und den Kommunisten. Sie knüpft erst in den 50er Jahren wieder an die Periode davor an. Nach der Auffassung Chinas habe es immer wieder auf seine Souveränitätsansprüche im Südchinesischen Meer hingewiesen wie zum Beispiel am Rande der Friedenskonferenz von San Francisco im August 1951 durch den damaligen Außenminister Zhou Enlai. 1956, 1958 und 1959 wurden diese Ansprüche abermals betont. Auf einer internationalen Konferenz für Zivilluftfahrt 1955 wurden die taiwanesischen Behörden gebeten, die Wetterbeobachtungen auf der Spratly-Insel Itu Aba zu verbessern. Dies ist nach Ansicht der chinesischen Seite wieder ein Hinweis, dass die Spratlys international als chinesisches Territorium anerkannt wurden. Was die Ansprüche Vietnams anbetrifft, seien in den 50er und 60er Jahren zwischen der Volksrepublik China und der damaligen nordvietnamesischen Regierung alles geklärt worden. Im Juni 1956 habe die chinesische Botschaft in Hanoi bei einem Gespräch mit dem vietnamesischen Vize- Außenminister Ung Van Khiem, die Bestätigung erhalten, dass die Spratly- und Paracel-Inseln nach vietnamesischen Unterlagen historisch zu China gehören. Der wichtigste Beleg für Hanois Anerkennung der chinesischen Ansprüche sei am 14. September 1958 vom damaligen Ministerpräsidenten Vietnams, Pham Van Dong, in einer Note gegeben worden, worin die Regierung Nordvietnams der VR China die Festlegung ihrer Hoheitsgewässer anerkennt und unterstützt hatten. Außerdem sind in den folgenden Jahren in offiziellen vietnamesischen Schulbüchern und Landkarten die Spratlys und Paracels zum chinesischen Territorium gehörend gekennzeichnet worden. Als die Marine der VR China 1974 die Truppen der südvietnamesischen Regierung von den Paracels vertrieb, sei von Seiten der kommunistischen Regierung in Hanoi kein Protest gekommen. Aus chinesischer Sicht war die Besetzung der Paracel-Inseln von 1974 nur ein Akt der Verjagung südvietnamesischer Eindringlinge aus dem chinesischen Territorium. Für China sei es jeher schon klar gewesen, dass die beiden Inselgruppen zum Reich der Mitte gehören. Aus den genannten Gründen geht nach chinesischer Auffassung hervor, dass die vietnamesische Regierung bis Mitte der 1970er Jahre die umstrittenen Archipele als chinesisches Territorium anerkannt habe. Erst später nach dem Sieg Hanois über Saigon und dem Zerwürfnis mit China Ende der 1970er Jahre sei Vietnam von seiner ursprünglichen Position abgegangen. 4.2, Vietnamesische Ansprüche und deren Rechtfertigung: Die Sozialistische Republik Vietnam beansprucht die Spratly- und Paracel-Archipele und sämtliche Riffe, Sandbänke und heranwachsende Inseln. Des Weiteren macht Vietnam Ansprüche geltend, die sich aus der UN ergeben. Die Ansprüche auf die Spratlys und Paracels leitet es aus dem kolonialen Erbe Frankreichs ab. Über das koloniale Erbe hinaus behauptet Vietnam noch, dass die beiden Inselgruppen sich auf dem vietnamesischen Festlandssockel befänden und nach der Seerechtskonvention der Vereinten Nationen vietnamesische Territorien seien. Das Land am Mekong hält in diesem Konflikt von allen Beteiligten Staaten am meisten Gebiete in den Spratlys besetzt. Vietnam zweifelt nicht an der chinesischen Erstentdeckung der umstrittenen Inselgruppen. Was die Regierung in Hanoi anzweifelt, ist die administrative Eingliederung der beiden Archipele im Sinne des modernen Völkerrechts. Mag sein, so die Regierung in Hanoi, dass chinesische Fischer die Inseln zuerst entdeckten, aber sie seien nicht offiziell ins chinesische Staatsgebiet eingegliedert worden. Neben Chinesen haben auch Araber, Perser, Inder, Portugiesen, Holländer, Franzosen, Briten und nicht zuletzt Vietnamesen dieses Seegebiet befahren. Es habe natürlich auch vietnamesische Aufzeichnungen gegeben, die aber im Zuge einer chinesischen Invasion durch Ming-Truppen allesamt verbrannt wurden. Bis zum 15. Jahrhundert seien deshalb keine geographischen oder historischen Niederschriften mehr verfügbar. Ab dem 15. Jahrhundert steht aber eine Reihe von Aufzeichnungen zur Verfügung – allen voran ein Atlas, der das gesamte Territorium Vietnams einschließlich der Paracel-Inseln umfasst. Spätestens zu Beginn des 17. Jahrhundert begannen die Herrscher der Le-Dynastie (1427-1771) mit einer wirtschaftlichen und administrativen Integration des vietnamesischen Ostmeers (Südchinesisches Meer) in ihr Territorium. Dem Schiffsverkehr entlang der südvietnamesischen Küste wurde Zollkontrollen unterworfen. Staatlich organisierte Arbeitsgruppen wurden regelmäßig auf die Archipele und auf die Inseln im Südchinesischen Meer und in den Golf von Siam entsandt. In diesem Zusammenhang wurden jährlich eine Einheit von 18 Schiffen auf die Paracels und Spratlys geschickt, um dort jeweils für sechs Monate dem Fischfang nachzugehen – ohne dass irgendein anderes Land protestiert hatte. Diese Politik wurde auch von der Nguyen-Dynastie (1802-1945) beibehalten, nachdem sie über ganz Vietnam ihre Herrschaft ausgeweitet hatte. Nach Auffassung Hanois wurden weiterhin Arbeitsgruppen ausgeschickt, um die Archipele wirtschaftlich zu erfassen. Durch den Bau von Tempelanlagen, das Errichten von kaiserlichen Stelen zur Kennzeichnung von territorialer Besitznahme durch die vietnamesische Flotte und die Erhebung von Zöllen, sei die vietnamesische Souveränität über das Gebiet erhoben worden. Im Unterschied zu China wurde dies von höchster Ebene durchgeführt und dokumentiert worden. 1816 soll sogar der vietnamesische Kaiser Gia Long höchstpersönlich auf einem Paracel-Eiland die vietnamesischen Hoheitszeichen gesetzt haben. Die vom vietnamesischen Kaiser autorisierten Patrouillenfahrten zu den Inseln wurden in den folgenden Jahren 1833, 1835 und 1836 nochmals unternommen. Die vietnamesische Regierung folgert daraus, dass die vietnamesischen Herrscher über 300 Jahre lang ununterbrochen beide Archipele wirtschaftlich genutzt hatten, ohne dass andere Staaten irgendwelche Ansprüche stellten.
M. Tuan Nguyen wurde 1975 in Vietnam geboren, kam mit acht Jahren nach Deutschland und wuchs in Norddeutschland auf. Nach dem Abitur studierte er Sinologie, Südostasienkunde, Erziehungswissenschaften und Personalmanagement in Berlin und Shanghai. Zurzeit promoviert er berufsbegleitend im Fach Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Bildungssysteme Deutschlands, Chinas und Vietnams sowie die politischen Beziehungen dieser Länder zueinander. Beruflich bewegt der Autor sich seit mehr als 15 Jahren zwischen Südostasien, China und Deutschland. Er arbeitete u.a. für ein Tochterunternehmen der TUI AG in Vietnam, Laos, Kambodscha und China und betreute für die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Experten- und Regierungsdelegationen aus Asien. Im Anschluss an eine zweijährige Tätigkeit in einer Personalberatung in München wechselte er 2009 zu einem Bildungsunternehmen nach Hamburg und begleitet seitdem internationale Projekte im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Daneben ist er Lehrbeauftragter für interkulturelle Sensibilisierung am Asien-Afrika-Institut der Universität Hamburg. Herr Nguyen engagiert sich ehrenamtlich in der Deutsch-Vietnamesischen Gesellschaft und in der Chinesisch-Deutschen Gesellschaft. Den Konflikt zwischen China und Vietnam um die Gebiete im Südchinesischen Meer verfolgt der Autor seit mehr als einem Jahrzehnt aufmerksam. Dabei ist ihm aufgefallen, dass aufgrund politischer und wirtschaftlicher Veränderungen der Streit zwischen diesen beiden Nationen an Intensität und Brisanz zunimmt und immer stärker in den internationalen Fokus von außenpolitischen und Sicherheitsfragen gerät. Dies motivierte ihn, diesen Territorialwettstreit genauer zu analysieren.
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