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- Der Holocaust im Comic? Art Spiegelmans „Maus“ im Geschichtsunterricht
Geschichte
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In den letzten zehn Jahren erreichte der Comic als Medium zum Einsatz im Geschichtsunterricht eine verstärkte Relevanz in der Geschichtsdidaktik. Diese Entwicklung ist vor allem der Aufwertung dieser Literaturform und dem Erscheinen unterschiedlicher geschichtsrelevanter Comics geschuldet. Der Holocaust als historisches Ereignis ist ein komplexer Themenbereich, der bis heute für Kontroversen darüber sorgt, ob und wie er dargestellt werden darf. Art Spiegelmans Comic Maus , der inzwischen zum Kanon der Holocaust-Literatur zählt, erscheint dabei geradezu paradox, da versucht wird, ein solch ernsthaftes Thema in einer Tierfabel zu erzählen. Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit der Frage, ob Art Spiegelmans Maus ein geeignetes Medium darstellt, um den Holocaust im Geschichtsunterricht zu vermitteln. Zum Begriff Holocaust Education werden neben der Rezeption, Kontroversen um Tabus der Thematik sowie empirische Befunde aus dem Geschichtsunterricht aufgezeigt. Im zweiten Schritt folgt eine Darstellung zur Geschichte, zu den Formen und dem didaktischen Einsatz von Comics. Daran anschließend wird nach einer Kurzbeschreibung von Maus , dessen Nutzbarkeit im Unterricht dargelegt.
Textprobe: Kapitel 3.3.4, 'Maus' als Stimulus für das Geschichtsbewusstsein: Durch den Einsatz von Geschichtscomics im Unterricht kann das Geschichtsbewusstsein der Schülerinnen und Schüler angeregt werden. Da diese eine Geschichte erzählen, verknüpfen sie Sachverhalte sinnvoll und sorgen so für eine Sinnbildung. Dass dies gelingt, hängt wiederum damit zusammen, dass Comics einen sehr aktiven Leseprozess voraussetzen, bei dem immer eine Verbindung von alten und neuen Kenntnissen notwendig ist. Dies findet zudem auf begrifflicher, bildlicher und symbolischer Ebene statt. Durch ihre subtile Wirkung können Comics einerseits auf kognitiv-intellektueller und andererseits auf sinnlich-emotionaler Ebene Inhalte vermitteln. Folgt man dem Modell des Geschichtsbewusstseins nach Pandel , so ist dieses in sieben Kategorien aufgeteilt, die als Kompetenzen in der Gesamtheit das Geschichtsbewusstsein manifestieren. Diese sind Temporal-, Wirklichkeits- und Wandelbewusstsein sowie die sozialen Bausteine Identitätsbewusstsein, politisches, ökonomisch und moralisches Bewusstsein. Gundermann erweitert das Modell um die Kategorie des ästhetischen Bewusstseins. Das Werk von Art Spiegelman kann im Unterricht auf die unterschiedlichen Dimensionen des Geschichtsbewusstseins wirken. Das Zeit- oder Temporalbewusstsein wird in Comics vor allem durch den Hintergrund, Gegenstände oder Verhaltensweisen angeregt. All diese Aspekte finden sich bei Spiegelmans Werk wieder. Vor allem die Gegenstände sind in diesem Fall dominant: So sind sehr oft Hakenkreuze auf Fahnen, Uniformen oder Fahrzeugen zu sehen. Zudem können hierbei auch die stereotypen Verhaltensweisen der Figuren, bspw. der Nazis als Indikator dienen. Mit dem Wirklichkeitsbewusstsein soll eine Grenze zwischen realen und fiktiven Gegenständen und Ereignissen erkannt werden. Da der Comic Maus zwar auf einer wahren Begebenheit aufbaut, aber durch Bilder, Darstellungsform und Interpretationsspielraum des Autors beim Entwerfen sehr viele fiktive Aspekte enthält, fällt eine Grenzziehung hier sehr schwer und die Förderung des Wirklichkeitsbewusstseins ist hier weniger geeignet. Das Bewusstsein für Geschichtlichkeit, auch bezeichnet als Wandel- oder Historizitätsbewusstsein, meint die Fähigkeit, Sachverhalte in ihrer Veränderlichkeit zu betrachten und zu interpretieren. Die Stimulation dessen kann durch Comics kaum erreicht werden, vielmehr können diese nur durch Verbindung von Erfahrung und Imagination eine Voraussetzung dafür schaffen. Die vier sozialen Kategorien lassen sich wie folgt bei der Verwendung von Maus im Unterricht anregen. 'Identitätsbewusstsein ist die Fähigkeit von Individuen und Kollektiven, sich im Wandel der Zeit als dauerhafte Einheit zu begreifen.' Es stellt gleichsam das Historizitätsbewusstsein in Bezug auf Individuen und Kollektive dar. Die Ich-Identität von Einzelnen oder Kollektiven soll dabei als etwas veränderliches, aber dennoch einzigartiges anerkannt werden. Die im Werk vorkommenden stereotypen Figuren eignen sich dabei hervorragend, um sich als Einzelner diesen zu nähern, sie zu begutachten und sich zugleich zu diesen in individueller Form zu positionieren. Das Politische Bewusstsein als die Erkenntnis über die Anwesenheit von Macht- und Herrschaftsstrukturen in der Gesellschaft und das ökonomisch-soziale Bewusstsein als Wissen über die soziale Untergliederung von Gesellschaft lassen sich sehr gut anhand der sozialen Unterschiede zwischen Juden und Deutschen während der Verfolgung sowie bei der Machtausübung der Nazis vermitteln. Der oben beschriebene multiperspektivische Ansatz kann hierbei sehr sinnvoll sein. Zuletzt kann auch das moralische Bewusstsein als die Fähigkeit der Beurteilung von Gegenständen nach normativen Maßstäben in der Verwendung von Maus im Geschichtsunterricht stimuliert werden. Einzelne Situationen oder Verhaltensweisen der Nazis könnten hierbei aus sachlichen und moralischen Aspekten beurteilt werden. Auch wenn eine genauere Untersuchung der ästhetischen Wirkung von Comics noch nicht differenziert stattgefunden hat, so ist doch davon auszugehen, dass diese das ästhetische Bewusstsein durch aktives Lesen stimulieren. Alleine das Urteil, darüber, ob man einen Comic als gut oder schlecht beurteilt, verweist auf ein ästhetisches Verständnis. Als Nichthistoriker entscheidet sich der Leser, wie er einen Comic beurteilt, danach, inwiefern die ästhetische Qualität und die der Erzählung im Zusammenspiel wirken. Und schon beim Kauf nimmt das Cover großen Einfluss auf die Kaufwahrscheinlichkeit.
Johannes Kolb wurde 1985 in Schlüchtern geboren. Sein Studium der Fächer Politik und Wirtschaft, Geschichte, Mathematik und der Grundwissenschaften Soziologie, Politikwissenschaften, Pädagogik und Psychologie (Gymnasiales Lehramt) an der Philipps-Universität Marburg und der Justus-Liebig-Universität Gießen schloss der Autor im Jahre 2012 mit dem Ersten Staatsexamen ab. Seit Ende 2012 arbeitet er als Studienreferendar an einem Gymnasium im Remscheid. Neben wissenschaftlichen Tätigkeiten als studentische Hilfskraft am Institut für Schulpädagogik engagierte sich der Autor bei einer politischen Partei. Aufgrund seines Hobbyinteresses an Comics und der didaktischen Nutzung dessen im Unterricht widmete er sich der Thematik des vorliegenden Buches.
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