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Geschichte

Karl Wulff, jr. / Monika Schotten / Nora von Steinmeister

Briefe aus Afrika – 1932-1938: Deutsche Siedler in den ehemaligen Kolonien Deutsch-Südwestafrika und Deutsch-Ostafrika

Herausgegeben und kommentiert von Karl Wulff, jr. und Monika Schotten

ISBN: 978-3-8428-9212-5

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 260
Abb.: 22
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In hochinteressanter, oft amüsanter Weise wird in den hier veröffentlichten Briefen die Situation der deutschen Siedler in dem im Jahre 1932 von Wirtschaftskrise und jahrelanger Dürre geplagten Südwestafrika dargestellt. Die Briefe aus Ostafrika (1934-1938) beschreiben die Situation der deutschen Siedler im Landesinnern und das Leben kleiner Angestellter in der Küstenstadt Tanga. Wirtschaftlich finden sich manche Parallelen zu unserer heutigen Zeit. In kurzen, kompetenten Einführungen und Fußnoten werden die Briefe in das historische Umfeld gestellt und die kolonialen und wirtschaftlichen Probleme erörtert. In den wirtschaftlich schwierigen Zwanziger- und Dreißigerjahren nach dem ersten Weltkrieg suchten viele Deutsche ihr Heil als Siedler in den ehemaligen deutschen Kolonien in Ost- und Südwest-Afrika. Sie versuchten dort, sich eine neue (bessere) Existenz aufzubauen. Systematisch gefördert wurde diese Bewegung in der Weimarer Republik vom Auswärtigen Amt. Ziel war dabei, möglichst viele Deutsche in den betreffenden Gebieten anzusiedeln, damit sie bei einer zukünftigen Volksabstimmung über die Zukunft der ehemaligen Kolonien als Mehrheit für Deutschland stimmen sollten. Das Leben dieser Siedler war bestimmt von Fehlschlägen, Entbehrungen, Sorgen und Hoffnungen, sehr selten von Erfolgen. Manche fristeten ein recht erbärmliches Dasein, viele gaben auf und kehrten reumütig in die Heimat zurück. Die hier erstmals veröffentlichten Briefe gewähren einen Einblick in das Leben dieser Siedler und ihre Probleme. Sie zeigen aber auch den Dilettantismus, mit dem die deutschen Behörden dieses Siedlungswesen, vor allem in Ostafrika, organisierten, so dass es im Grunde von vornherein zum Scheitern verurteilt war.

Leseprobe

Textprobe: 3. Mai 1937: Liebe gute Mama, lieber Papa. Unser Anfang in Tanga war gesundheitlich sehr kümmerlich. Sonst sehr gut. Karls Chef ist ganz famos nett, ebenso seine Frau. Wir haben uns nett angefreundet und die Leute sind rührend zu uns. Also, erst hatte ich vom ersten Tag an hier Darmkatarrh, dann Karl. Dann hatte ich eine arge Malaria tertiana, jetzt hat Karl Malaria, wir wissen noch nicht, welche Sorte, jedenfalls die tollste Malaria, die er je in Afrika gehabt hat, sagt er. Alles Andenken an Matarawanda . Matarawanda gilt hier für einen der ungesundesten Plätze Ost-Afrikas. Man muß wirklich alles allzu Schöne im Leben irgendwie wieder abbüßen. Zum Glück haben wir hier in Dr. Frigonneau einen hervorragenden deutschen Tropenarzt. Wir waren natürlich sofort bei ihm, und jeder bekommt 2 Atebrin Spritzen in die Rückseite. Karl bekommt heute seine zweite. Die wirken schlagartig, und die Malaria ist seitdem viel leichter zu bekämpfen. Das (mit Verlaub zu sagen) saumäßige Befinden wird schon nach 10 Min. besser. Nein, sowas von Kopfweh, Rücken- und Gliederschmerzen habe ich überhaupt noch nie erlebt […]. Auf den Frauenbund schimpft jeder hier. Man hört nichts als Vorwürfe und was alles falsch gemacht sei. Ein paar Leute haben häßlich gegen Karl intrigiert, versucht, ihm die Stellung zu verderben, weil ich infolge des Frauenbundes bei ihnen unbeliebt war: Eine ist eine abgesetzte Vorsitzende, die so frech gegen Großmama war, die andere eine, die Reisebeihilfe von uns bekam, patzig war, und der das nun peinlich ist. Aber Hausmann ließ sich nicht beirren und erzählte es uns nun als guten Witz. Die ehemalige Frauenbundsvorsitzende führte u.a. an, Karl sei in Mufindi dafür bekannt, daß er unliebsame Leute gleich verhaute. Sowas ginge doch nicht für ein Geschäft, wenn er z.B. ungeliebte Kunden gleich aus dem Laden prügelte! – Wir haben selten so herzlich gelacht, als Hausmanns das berichteten. So ist Afrika also auch. Zum Glück hält der Landesleiter der Partei, Herr Troost, sehr viel von Karl und hält auch mir die Stange, und der hat Hausmann zuerst gesagt, was das für ein Riesenquatsch sei, sie sollten ihrem Schöpfer danken, wenn ein solcher Mann wie Karl bei ihnen zusagte. Und so bekamen wir also doch diese nette Stellung. Diese lästigen Moskitos bekämpft man hier mit Flit. Den ganzen Tag spritzen wir es: Um uns herum unter Tische und Stühle, besonders abends. Die Viecher ersticken daran nach kurzer Zeit. Aber da wir im Hotel-Zimmer 4 Fenster haben, ohne Glas natürlich, aber auch ohne Moskito-Gaze davor, stürzen sich die Mückenschwärme abends ins Zimmer, sobald wir Licht machen. Unten in den allgemeinen Räumen ist es besser damit: Aber da sitzen jeden Abend Bekannte, trinken viel und man muß dann mit sitzen und trinken. Das mögen wir noch weniger, und ziehen die Moskitos vor […]. Der 1. Mai im Palmcourt Hotel war sehr nett soweit. Wir waren mit Hausmanns da. Karl hatte leider schon beginnendes Fieber, wir tanzten darum auch nicht. Die Leute hier sind, bis auf wenige Ausnahmen, aus dem Mittelstand. Unter den Frauen mehrere, die früher Barmädchen waren. Wenn sie sonst nichts Böses tun, schadet das ja nichts. Tamés sind geschäftlich unsere größten Konkurrenten, wollen unsere Firma durchaus kaputtmachen. Karl macht das Spaß, sie nun erst recht mit hochzubringen. Frau Tamé ist im übrigen eine der nettesten Frauen in Tanga. Dann vor allem Frau Gähde, die aber ganz entlegen wohnt, nur mit Auto erreichbar, was uns für öftere Besuche zu teuer ist. Sehr nett ist Frau Stahmer, Witwe eines berühmten Afrikaners, vielleicht ein bißchen älter als ich. Sie hat hier ein Milch und Gemüsegeschäft und erhält damit sich und ihren Sohn, der in Deutschland ist. Diese Frauen sind, was man früher mit Dame bezeichnete (im besten Sinne), wie man heute dazu sagt, weiß ich nicht. Es gibt hier mehrere gute deutsche Firmen, einige englische, ebenso englische Banken, sonst fast alles Inder oder Goanesen. Die Preise sind sehr billig, deutsche Waren nur wenig teurer als bei uns, englische, indische, japanische enorm billig. Die Temperatur wird jetzt merklich kühler. Viel heftiger Regen. Nur, wenn nach dem Regen die Sonne herauskommt, ist es brütend heiß und schwül, wie in Sumatra. Im Zimmer sind jetzt immer nur 25°C. Es ist zu schwer hier eine Stellung zu finden, und vor allem, trotz aller Intrigen sich darin zu halten. Das Land ist trotz seiner unendlichen Größe dazu zu klein, jeder kennt jeden und macht aus Mücken Elefanten. Karl und ich sind aber so restlos glücklich miteinander, daß uns dies alles nicht stört oder weiter bewegt. Man achtet gar nicht auf das Gefasel der Leute. 1000 liebe, innige Grüße Euch Lieben, von Karl und Eurer Nora.

Über den Autor

Karl Wulff, jr., geb. 1939, Sohn der Briefautoren, ist Chemiker. Angeregt durch seine Eltern, befasste er sich Zeit seines Lebens mit deutscher Kolonialgeschichte. Auf dem Umweg über die Geschichte der deutschen Schutzgebiete in China kam er zur Sinologie. Nach seinem Berufsleben in Forschung und Management studierte er Sinologie. Sein Hobby ist Wissenschaftsgeschichte im Kulturvergleich, bisher erfolgten drei Buchveröffentlichungen. Monika Schotten (geb. Wulff), geb. 1970, Enkelin der Briefautoren, studierte Physik (Dipl.) und absolvierte eine Ausbildung zur Krankenschwester. Als solche ist sie derzeit tätig. Eines ihrer Hobbys ist Familiengeschichte.

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