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- Antigone: Rezeption und Transformation des Urtextes seit der Antike
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 01.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Sophokles schrieb den Mythos der Antigone 442 v. Chr. nieder und schaffte ein Werk, welches die Menschen über die Jahrhunderte hinweg bis heute fasziniert. ‚Antigone‘ durchlief seit der Veröffentlichung einer Vielzahl von Veränderungen hinsichtlich des Mythos als auch der Figuren selbst. Gerade im 20. Jahrhundert hat das Werk den Höhepunkt seiner Signifikanz gefunden und wurde in dieser Phase am häufigsten interpretiert und weiter entwickelt. Autoren wie Brecht, Hasenclever und Hölderlin haben den griechischen Mythos als Grundlage verwendet, und die Figuren in einen neueren, zeitlich angepassten Kontext gesetzt. Interessant ist hierbei nicht nur die Frage, was Sophokles‘ ‚Antigone‘ bedeutend macht und wieso es immer wieder in den Mittelpunkt gestellt wird, sondern vor allem auch, warum der literarische Text über die Jahrtausende hinweg transformiert werden muss, um weiterhin zu bestehen. In der folgenden wissenschaftlichen Arbeit wird die Rezeption des Werkes im Mittelpunkt stehen. Um die Veränderungen des Urtextes herausarbeiten zu können, werden zwei Texte aus dem 20. Jahrhundert, die unterschiedlicher nicht sein können, im Fokus stehen. Neben Jean Anouilhs ‚Antigone‘ aus dem Jahr 1942, wird auch das 21 Jahre später erschienene Werk ‚Die Berliner Antigone‘ von Rolf Hochhuth den Grundstein der Arbeit bilden. Beide erschienen zeitnah, unterscheiden sich jedoch in ihrer Rezeption und Transformation des Urtextes. Die Werke werden nacheinander betrachtet, damit zunächst jedes für sich detailliert im Hinblick auf die zentrale Figur der Antigone und die Instanz des Glaubens und der Herrschaft fokussiert werden kann. Signifikant werden hierbei auch die Intertextualität und die Anpassung des Urtextes an die jeweils aktuelle Zeit, d.h. die Annäherung des Inhaltes an das kulturelle Umfeld, sein. Doch zunächst wird Bezug auf den Mythos und die Tragödie selbst genommen. Es wird betrachtet, welche Bedeutung die Figur der Antigone sowie der Götterglaube und die Instanz innehaben und inwiefern die literarische Form der Tragödie dafür notwendig ist, um im Fazit festzustellen, ob die Transformationen nicht den Kern, d.h. vor allem die Form der Tragödie, zerstören.
Textprobe: Kapitel 3, Hybris und Kult – Die höheren Instanzen bei Sophokles: Innerhalb der Tragödie treffen zwei höher gesetzte Instanzen aufeinander, die aufgrund ihrer gegensätzlichen Situation einen unüberbrückbaren Konflikt entstehen lassen. Die beiden Fronten bestehen zum einen aus dem Götterkult, dem sich Antigone unterordnet, und zum anderen aus der Herrschaft Kreons. Diese beiden Instanzen bilden den Urkonflikt der Antigone-Tragödie, da beide auf einer hierarchischen Stufe nicht zeitgleich bestehen können. Für die Konfliktsituation in Sophokles‘ Werk sind sowohl der Götterkult als auch der Staat als Institution grundlegend. Sobald eines dieser beiden wesentlichen Grundsteine fehlt, kann die Form der Tragödie nicht mehr bestehen und sowohl Kreon als auch Antigone verlieren ihre Argumentations- und Handlungsgrundlagen. Um diese beiden wesentlichen Front innerhalb der ausgewählten Rezeptionen nachvollziehen zu können, und festzustellen, ob sie in dieser Form weitergetragen oder weiterentwickelt wurden, müssen sowohl Antigone und ihr Götterkult, als auch Kreon und seine Herrschaft anhand Sophokles‘ Werk betrachtet werden. 3.1, Antigone und der Götterkult: Antigone beruht sich durchweg stets auf die Gesetze der Götter und rechtfertigt dadurch ihr gesetzliches Vergehen sowie ihren Selbstmord. Mysterien und der Götterglaube ‘spielen im religiösen und mentalen Haushalt der antiken Welt eine überragende Rolle.’ Gerade für Antigone selbst hat die Beziehung und der Glaube zu den Göttern eine wesentliche Bedeutung, da sie eine Nachfahrin des Zeus ist und damit in direkter Verbindung zum Vater aller Götter steht. Im Leben der Antigone sowie in denen der griechischen Bürger zu ihren Lebzeiten, nahm der Götterglaube einen großen Teil ihres Lebens ein. Antigone selbst besitzt eine tiefe Verbundenheit zum Glauben und setzt ihr gesamtes Leben aufs Spiel, um den göttlichen Gesetzen zu entsprechen. Das religiöse Leben der Griechen differenzierte sich deutlich von anderen Kulturen, denn es gab ‘keine Priesterkaste, keine heilige Schrift, kein Dogma, keine Predigt und keinen Religionsunterricht.’ Die Götter waren allgegenwärtig und nahmen demnach auch alle Taten wahr. Aus dieser Motivation heraus, dass die Götter ihre Handlungen erkennen und die Götter es sind, die über ihre Seele verfügen werden, entscheidet sich die gläubige Antigone für das Jenseits. All ihre Handlungen innerhalb der Tragödie verdeutlichen zudem ihren tiefen Glauben, der nicht nur ein wichtiger Lebensbestandteil für sie ist, sondern ihr Leben und ihren Tod bestimmt. Die Figur der Antigone zeichnet sich demnach durch ihre Religiosität aus, ohne die sie innerhalb der Tragödie nicht funktionieren würde. 3.2, Kreons Herrschaft: Der vor Beginn der Tragödie gekrönte neue Herrscher Thebens hat bereits am Anfang seiner Regierungsgewalt Legitimitätsprobleme, da Kreon den Thron nur deshalb besteigen kann, weil seine beiden Neffen im Krieg gefallen sind und er als einziger möglicher Thronfolger am Leben ist. Kreon muss sich aufgrund der plötzlichen Herrschaftswechsel nicht nur als König selbst beweisen, sondern auch das Volk von seiner Legitimität überzeugen. Gerade zu Beginn seines Regiments befindet sich Theben im Krieg und muss die zerstörte Stadt wieder aufbauen, wodurch der Machteintritt Kreons erschwer wird. Um mit seiner Regierung ein neues Kapitel in Theben zu öffnen, beschließt er zugleich das Gesetz, dass der Angreifer der Stadt nicht beerdigt werden darf, auch wenn er einer der phasenweisen Könige war. Mit diesem Gesetz verdeutlicht Kreon nicht nur seine Macht, sondern stellt er klare Linien zwischen moralisch guten und moralisch schlechten Menschen auf, in dem er den schlechten Menschen die Götterrituale untersagt. Weiterhin stellt er sein Volk unter die Probe, inwiefern sie ihm in diesem Gesetz folgen und es anerkennen, oder nicht. Dass er mit seinem Bestattungsverbot gegen göttliche Gesetze verstößt, ist Kreon bewusst und verdeutlich zugleich die Hybris in seinem Leben. Der Konflikt den er entstehen lässt, dass sich fromme Menschen entweder gegen das Gesetz oder gegen den Glauben stellen müssen, spielt für Kreon keinerlei Rolle, auch wenn dieses Aufeinandertreffen der Kern der Tragödie Antigones ist. Antigone muss sich an die Göttergesetze halten und Kreon darf sein eigenes Gesetz nicht entmachten, indem er Antigone beispielsweise die Tat unbestraft lässt, weil er seine eigene Herrschaft sonst in Gefahr bringen würde, da das Volk an ihm zweifeln könnte. In seiner Selbstüberschätzung und Intoleranz erhebt Kreon seine Macht zu einer Instanz, die auf gleicher Ebene mit den Göttern steht. Kapitel 4, Jean Anouilhs ‚Antigone‘ – 1942: Um Jean Anouilhs Interpretation der sophokleschen Antigone nachvollziehen zu können, sind sowohl die historischen und sozialen Hintergründe der Entstehungszeit des Werkes Anouilhs signifikant, als auch die Art und Weise der Bearbeitung und Transformation der sophokleschen Tragödie in einem neuen Kontext. In wie fern Anouilh die Antigone-Tragödie beibehalten oder verändert hat, wird an den Aspekten der Antigone selbst als feministisches Vorbild und an den höheren Instanzen des Götterglaubens und der Herrschaft betrachtet. Um die Analyse des Textes übersichtlich zu gestalten, wird Anouilhs Werk, welches ohne jegliche Trennung durch Kapitel oder Überschriften gekennzeichnet ist, in sinngemäße Abschnitte eingeteilt, die sich an Sophokles‘ Vorlage sowie an dem typischen Grundgerüst der Tragödie orientieren. Der erste Abschnitt besteht aus der einleitenden Rede des Sprechers. Im zweiten Abschnitt, der ebenfalls der Vorlage durch Sophokles folgt, steht der Konflikt zwischen Antigone und Ismene sowie das Gespräch zwischen Hämon und Antigone im Zentrum. Der dritte Abschnitt befasst sich mit dem zentralen Konflikt zwischen Kreon und Antigone und der letzte Abschnitt beinhaltet die Aktionen und deren Konsequenzen, die im Tod von Antigone, Haimon und Eurydike ihren Höhepunkt finden. 4.1, Historischer Hintergrund: Anouilh veröffentlichte und verfasste seine Antigone-Rezeption in der Zeit des besetzten Frankreichs während des Zweiten Krieges im Jahr 1942. Dort ‘herrschte eine merkwürdige Mischung aus Krieg und Alltag, aus Normalität und Ausnahmezustand’. Frankreich wurde durch Deutschland besetzt und es herrschte trotz eines Paktes zwischen den beiden Ländern ein ‘verdeckter Krieg, und zugleich eine Art verdeckter französischer Bürgerkrieg’, in dem die Grenzen des Legalen und Illegalen nicht deutlich gezogen wurden und durch Propaganda weiterhin vernebelt wurden. Trotz der Besetzung wird 1940 von Philippe Pétain eine neue Regierung in Frankreich gegründet, in der Pétain sofort den Waffenstillstand erbittet, der vier Jahre anhalten soll. Aufgrund der politischen Situation steht das Volk unter Schock und es bilden sich Widerstandsgruppen, die sich gegen die neue Regierung und gegen Deutschland stellen. Diese politischen Fronten, d.h. die Pétains und die der Résistance, die sich aufgrund der politischen Situation während des Krieges gebildet haben, dienen Anouilh, der die Besatzung Frankreichs selbst miterlebt hat, innerhalb seiner Antigone-Rezeption als Vorbild.
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