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- Vom Gemeinsamen Gegenstand und der präsentativen Symbolisierung im Religionsunterricht: Wie kann Religion inklusiv vermittelt werden?
Geisteswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 68
Abb.: 12
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Mit der Ratifizierung der Behindertenrechtskonvention (BRK) am 26.3.2009 in Deutschland stellt sich die Frage nach der Umsetzung von Inklusion auch im religionspädagogischen Kontext. Der Paragraph 24 der BRK fordert und regelt das Recht auf Bildung für Menschen mit Behinderungen in einem 'inclusive education system'. Bisher blieben im hochdifferenzierten deutschen Schulsystem Regel- und Sonderschulen weitgehend voneinander getrennt, die Umsetzung der Integration war nur soweit fortgeführt worden, dass in ausgewählten Schulen Schüler/innen beider Gruppen im Kooperationsprinzip teilweise gemeinsamen Unterricht in bestimmten Fächern erhielten. Da künftig alle Schüler/innen unabhängig ihres Förderbedarfs gemeinsam beschult werden sollen, werden neue religionspädagogische Konzepte nötig, um der erweiterten Heterogenität gerecht zu werden. Die vorliegende Arbeit soll klären, ob oder inwieweit ausgewählte gegenwärtig vorhandene religionspädagogische Konzepte in Deutschland den Gedanken von Inklusion mit einbeziehen und praktisch werden lassen. Dabei tauchen verschiedene Schwierigkeiten auf, da erstens der Inklusionsbegriff variabel gehandhabt wird, einer nicht abgeschlossenen gesellschaftlichen Diskussion und Interpretation unterliegt. Zweitens begegnen sich in dieser Auseinandersetzung die Welten der sonderpädagogischen, allgemein- und religionsdidaktischen Überlegungen. Drittens wird in Deutschland nach GG Paragraph 7 (3) 3 konfessioneller Religionsunterricht erteilt. Das bedeutet, dass hier die Schüler/innen gemäß Grundgesetz separiert werden. Die Arbeit versucht, diesen teils widersprüchlichen Interessen und Überlegungen unter der Leitidee der entwicklungslogischen Didaktik Georg Feusers eine Richtung zu geben. Im Klärungsprozess des Inklusionsbegriffs wird auch auf einen verkürzten Inklusionsbegriff hingewiesen, denn im gesellschaftlichen Mainstream erscheint er meist nur im bildungstheoretischen und -politischen Kontext. Der soziologisch-systemtheoretische Diskurs wird ausgeblendet. Nach Vorstellung des Instruments 'index for inclusion' werden im zweiten Teil vier ausgewählte inklusive religionspädagogische Konzepte vorgestellt: - ein symboldidaktisches Konzept auf Basis der präsentativ-diskursiven Symbolisierungsfähigkeit. - Ein weiteres unter Verwendung des Index in Verbindung mit der multiplen Intelligenztheorie Gardners betont die Herausarbeitung der Begabungen jeder Einzelnen. - ein Ansatz dialogischen, interreligiösen und interkonfessionellen Unterrichts. - schließlich mit der Vorstellung des 'Tübinger Elementarisierungsansatzes' auf Basis Klafkis kategorialer Bildung einen inklusiven Anwärter. Ein Fazit bewertet diese Konzepte. Dies vor dem Hintergrund einer Interpretation von Inklusion, die nicht nur 'Behinderte' inkludieren will, sondern Inklusion aller Schüler/innen unabhängig von Geschlecht, Religion, Kultur, Schichtenzugehörigkeit oder Altersgruppe anstrebt.
Textprobe: Kapitel 3.4, Gesetze und Konventionen, die den Paradigmenwechsel einleiten: Ein neues Paradigma, das der Inklusion, wird mit der Erklärung von Salamanca 1994 (‘...included in the educational arragements...’) und der UN- Behindertenrechtskonvention von 2006 (‘... inclusive education system...’) eingeleitet. Beide reihen sich in andere Beschlüsse ein, die ich auszugsweise wiedergebe. 3.4.1, UN-Kinderrechtskonvention 1989: Schon die UN-Kinderrechtskonvention von 1989, die am 5. April 1992 für Deutschland in Kraft trat, erkennt in Art.23 (3) ‘Förderung behinderter Kinder’, die besonderen Bedürfnisse behinderter Kinder an, und fordert, ‘..Unterstützung soweit irgend möglich [...] so zu gestalten, dass sichergestellt ist, dass Erziehung, Ausbildung, […] Vorbereitung auf das Berufsleben [...] dem behinderten Kind tatsächlich in einer Weise zugänglich sind, die der möglichst vollständigen sozialen Integration und individuellen Entfaltung des Kindes einschließlich seiner kulturellen und geistigen Entwicklung förderlich ist.’ Bemerkenswert ist hier zum einen die explizite Benennung auch behinderter Kinder im eigenes angelegten Art. 23, zum anderen, dass im englischen Original als Begriff noch ‘integration’ benutzt wird, welcher in der deutschsprachigen Übersetzung identisch mit ‘Integration’ übersetzt wird. Bereits wenige Jahre später ändert sich dies. 3.4.2, Salamanca-Erklärung 10.6.1994: 1994 wurde in Spanien auf der UNESCO-Weltkonferenz ‘Pädagogik für besondere Bedürfnisse: Zugang und Qualität’, die Salamanca-Erklärung verfasst und am 10.6.1994 von 93 Regierungen, darunter der der Bundesrepublik Deutschland, sowie von 25 weiteren Organisationen angenommen. Schon im Vorwort zur englischen Ausgabe wird vom ‘principle of inclusion’ mit dem Ziel einer ‘Schule für alle’ hingewiesen. Es wird die Notwendigkeit anerkannt, ‘...Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit besonderen Förderbedürfnissen innerhalb des Regelschulwesens zu unterrichten.’ Außerdem wurde entschieden, ‘...that children and youth with special educational needs should be included in the educational arrangements made for the majority of children. This has led to the concept of the inclusive school. The challenge confronting the inclusive school is that of developing a child-centred pedagogy capable of successfully educating all children, including those who have serious disadvant ages and disabilities.’ Bewusst zitiere ich hier aus der englischen Originalfassung, um deutlich zu machen, dass in diesem Dokument die Termini ‘inclusion’ / ‘inclusive’ / ‘included’ auftauchen. Diese wurden in der offiziellen deutschsprachigen Übersetzung bis heute nicht berücksichtigt, sondern immer noch mit ‘Integration’ / ‘integrativ’ / ‘integriert’ übersetzt. Weiterhin wurden in Salamanca klare Aussagen dazu gemacht, welche Kinder außer Kinder mit Behinderungen gemeint sind. Es gilt ein Leitprinzip, welches besagt, ‘.. dass Schulen alle Kinder, unabhängig von ihren physischen, intellektuellen, sozialen, emotionalen, sprachlichen oder anderen Fähigkeiten aufnehmen sollen. Das soll behinderte und begabte Kinder einschließen, Straßen- ebenso wie arbeitende Kinder, Kinder von entlegenen oder nomadischen Völkern, von sprachlichen, kulturellen oder ethnischen Minoritäten sowie Kinder von anders benachteiligten Randgruppen oder -gebieten. Der Begriff ‘inclusion/ inclusive’ findet durch die Salamanca- Erklärung für den schulischen Bereich erstmals internationale Beachtung. Nach Hinweisen der Übersetzerin Flieger gab es damals keine adäquatere Übersetzung ins Deutsche als ‘Integration’. Allerdings löste der Begriff ‘inclusion’ eine lebhafte Debatte aus, im Verlaufe dessen die Unterscheidung zur bekannten ‘Integration’ und der damit einhergehenden nötigen auch strukturellen Veränderungen immer deutlicher wurde. Daraufhin wurde der deutschsprachige Konventionstext von Flieger neu überarbeitet und 2010 im Internet-Projekt bidok am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Innsbruck als inoffizielle Version veröffentlicht.
Volker Pantlen wurde 1964 in Hamburg geboren. Nach und während einer langjährigen Kampfkunstlaufbahn und Arbeit als Physiotherapeut führte ihn ein berufsbegleitendes Studium an der Universität Bremen mit den Schwerpunkten Pädagogik für Geistigbehinderte und für Verhaltensgestörte mit zweitem Fach ‘Biblische Geschichte’ zum ersten Staatsexamen. Seine Abschlussarbeit aus dem Jahr 2012 liegt nun hier in Buchform vor.