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- Spinozas Conatusprinzip als Grundlage seiner Ethik: Struktur und Funktionsweise innerhalb der spinozanischen Deduktion
Geisteswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 68
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das Conatusprinzip ist schlichtweg grundlegend für das Verständnis und die Konstruktion der Ethica: In der Arbeit werden Ursprung, Struktur, Funktionsweise und Konsequenzen des conatus untersucht, somit ihre Voraussetzungen und Folgerungszusammenhänge beleuchtet. An den entsprechenden Stellen werden Konsequenzen und Möglichkeiten für die menschliche Freiheit abgeleitet. Zunächst wird ein grober Überblick der Ethica und des Conatusprinzips skizziert. Um zu klären, welche Einzeldinge im Conatusprinzip gemeint sein können, wird die Verwendung näher betrachtet. Dieses bereichert auch die genaue Interpretation des Conatusprinzips (3p6). Dazu werden Folgerungszusammenhänge und implizite Voraussetzungen expliziert, ‘potentia’ und verschiedene Begriffe des Wesens für den spezifisch menschlichen conatus differenziert. Die Ableitung von 3p6 aus 3p4&5, dessen Geltung in der Sekundärliteratur umstritten ist, wird genauer analysiert und durch eine konjunktivische Lesart neu gedeutet. Damit werden anschließend einerseits Beispiele bewertet, die 3p4 in Widersprüche bringen, und andererseits die Deduktion des Zeitlichen aus dem Endlichen diskutiert.
Textprobe: Kapitel 6, Das Conatusprinzip in 3p6-8: Argumentation, Folgerungszusammenhänge und Implikationen: Kernstück der Conatuspassage ist 3p6: ‘Unaquaeque res, quantum in se est, in suo esse persevare conatur.’ Welche res und individua mit Unaquaeque res gemeint sein können, wurde oben betrachtet. Was es heißt, dass das Streben von einem quantum in se est abhängt, soll Gegenstand der folgenden Untersuchung sein. Die Übersetzungen weichen teilweise stark von einander ab. Bartuschat paraphrasiert interpretatorisch stark ‘gemäß der ihm eigenen Natur’, Stern übersetzt mit ‘soviel an ihm liegt’, im Englischen findet man ‘in so far as it is in itself’ oder ‘as far as it can by its own power. Auch wenn die Akzente in sehr verschiedene Richtungen weisen, heben sie auf etwas ab, das in/ an dem Ding zu finden ist und als zu der res gehörig die Qualität und Quantität des Strebens beeinflusst. So etwas würde man unter einer bestimmten körperlichen oder auch geistigen Konstitution subsumieren oder in bestimmten Attributen suchen. Auch wenn für die Übersetzer Gründe existieren mögen, quantum in se est nicht mit ‘soviel in ihm ist’ zu übersetzen, plädiere ich für eine textnahe Fassung. Vermutlich war es das Anliegen der Übersetzer, eine Verbindung zu dem In-esse der Ontologie (z. B. in der Definition zur Substanz 1d3) zu vermeiden. 1d5 definiert jedoch, dass Modi in etwas anderem sind. Spinoza expliziert das quantum in se est im Beweis dazu durch: ‘adeoque quantum potest’, soviel es kann. (Die Übersetzungen gehen hier nicht auseinander.) Soviel in ihm ist und es kann/ dadurch kann, ist nicht weniger opak. Die Explikation kann vieles meinen. Soviel an Streben in ihm ist und es dadurch kann, wäre hier nicht weiter erhellend, da Streben wiederum erst eigens erklärt werden muss und dadurch lediglich eine Relativierung des Strebens resp. die schon dargestellte Graduierung angesprochen würde auch erhellt das nicht viel mehr, da das quantum in se est schon als Explanans für das Explanandum Streben fungiert. Fraglich bei dieser Lesart ist, ob das in der Perspektive der res verstanden werden muss oder aber ob ein quantum des Strebens auf eine Perspektive der individua hinausläuft. Im Beweis finden sich deutlich mehr Hinweise auf ersteres jedoch ist auch ein Verweis zu 3p4&dem gezogen: die Zerstörbarkeit von Dingen, die kaum aus der ontologischen Perspektive folgen kann. Zumindest wäre das eine zweite Hinsicht für quantum: soviel an körperlich konstituiertem Vermögen in dem Ding ist. Eine dritte, schon angerissene Bedeutung ist ebenfalls denkbar. Das in se est könnte ebenso auf das In-Sich-Sein aus der Ontologie bezogen sein. Diese Lesarten müssen im Folgenden geprüft werden. Die Explikation adeoque quantum potest ist bedeutender, als bis jetzt dargelegt – sie bietet eine weitaus organischere Lesart von 3p6&dem und ihrer Verbindung zur Ontologie als vermutet. Dazu einige Bemerkungen: Das anomale Verb posse als Kompositum von potis (vermögend, mächtig) und esse weist hier eine starke Konnotation seines Ursprungs in können auf das Streben in Abhängigkeit von seinem quantum in se est & potest muss also in Kategorien der Mächtigkeit/ Verursachung/ Kraft etc. verstanden werden. Es gibt des Weiteren einen stark akzentuierten Unterschied zwischen potentia und potestas, den Spinoza in seinem OEuvre in Anspruch nimmt. Potentia kann eher als ein Vermögen oder als grundlegende Fähigkeit innerhalb einer res gelesen werden (‘In general, we see that potentia most often refers to the individual itself’), potestas hingegen betont das Kräfteverhältnis in der Beziehung von Dingen: ‘[W]hen Spinoza speaks of potestas, he is almost always speaking of something's controlling something else or someone's having authority over another.’