- Sie befinden sich:
- Specials
- »
- Bachelor + Master Publishing
- »
- Geisteswissenschaften
- »
- Spielen? Erzählen? Beides! Ein Blick auf das Erzählpotential von Computerspielen am Beispiel von „Starcaft 2: HotS“
Geisteswissenschaften
» weitere Bücher zum Thema
» Buch empfehlen
» Buch bewerten Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Abb.: 7
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Seit 2008 gehören PC-Spiele zum deutschen Kulturgut. Die ersten akademischen Forschungen rund um dieses noch relativ neue Phänomen beschränkten sich gerade in den Anfängen nur auf einige sozialwissenschaftliche Zweige wie z.B. die Pädagogik. Eine kulturelle Auseinandersetzung ließ noch bis ins Jahr 2000 auf sich warten. Daher ist die geisteswissenschaftliche Erforschung des Computerspiels also noch neu und stellt eine willkommene Alternative zu sozial- und marktwirtschaftlichen Zugängen dar. Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist zu zeigen, dass das PC-Spiel in der Lage ist, Geschichten zu erzählen, und dass besagte Fähigkeit aufgrund der Entwicklung des Mediums nicht mehr genregebunden ist. Mit Hilfe des computerbasierten Science-Fiction Strategiespiels Starcraft 2: Heart of the Swarm soll diese These gestützt werden. Im ersten Teil der Arbeit wird der Leser einen einführenden Blick in die Narrative Gaming Studies erhalten. Dieses Forschungsfeld beschäftigt sich mit der Frage, was ein Computerspiel eigentlich zu einem Computerspiel macht. Hier spaltet sich die Forschung in 2 Gruppen: Die der Narratologie, welche behauptet, dass jedes Computerspiel eine Geschichte erzählen kann, und die der Ludologie, die die Meinung vertritt, dass eine Geschichte, selbst wenn sie tatsächlich in einem Computerspiel vorhanden ist, nichts zum Mehrwert des Mediums beiträgt. Diese Arbeit soll eine vermittelnde Position zwischen beiden Parteien einnehmen. Im zweiten Schritt soll anhand der historischen Entwicklung des Computerspiels nachvollzogen werden, wie beide Parteien zu ihrem Standpunkt kommen. Beispielsweise sind beide der Meinung, dass das Adventuregenre sich am besten dazu eignet, eine Geschichte zu erzählen. Durch das Aufzeigen des immensen technologischen Fortschritts im Computerspielbereich und anhand eines Beispiels aus dem Shootergenre , soll diese Meinung jedoch in Frage gestellt werden. Dies bildet auch gleichzeitig die Legitimation für den letzten Schritt der Arbeit: Auf welche Methoden greift das Computerspiel letztendlich zurück, wenn es eine Geschichte erzählen will? Hier wird sich anhand des Untersuchungsgegenstandes zeigen, dass das Computerspiel sowohl Zugriff auf die aristotelische Dramentheorie hat, als auch auf filmische Erzählmuster wie z.B. Vogler's Heldenreise. Abschließend werden die Wechselbeziehungen der verschiedenen Medien aufgezeigt, und wie diese sich gegenseitig beeinflussen.
Textprobe: Kapitel 2.3, Vermittelnder Ansatz: Ungleich den Auffassungen von AARSETH und MURRAY unterscheidet HARTMANN zwischen unterschiedlich ausgeprägten Graden der Narrativik im Computerspiel. Er argumentiert zwar, dass fast jedes Computerspiel eine Hintergrundgeschichte besitzt, diese ist aber in bestimmten Szenarien austauschbar, da diese zum Spielerlebnis nichts beiträgt. Er begründet dies mit dem Umstand, dass das Spielprinzip immer noch das Gleiche bleibt. Diese Art von Computerspielen besitzen laut ihm wenige narrative Merkmale. Seine Auffassung ähnelt der von Narratologen wie KÜKLICH, der ebenfalls zu dem Schluss kommt, dass das Genre bestimmt, wie narrativ ein Computerspiel ist. Für HARTMANN ergeben sich zwei Grundfragen in Bezug auf die Narrativität des Mediums Computerspiel: Auf welche Weise kann ein Computerspiel eine Geschichte vermitteln und ‘was [lässt] sich überhaupt in das neue Medium transferieren bzw. adaptieren’? Um diese Fragen zu beantworten, bedient er sich der Literatur und des Films und versteht diese als Medien, die das Computerspiel maßgeblich beeinflusst haben (und andersherum). Er kann somit Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Medien nachweisen. Insbesondere wird die Tatsache betont, dass Computerspiele auf bekannte dramaturgische Arten des Geschichtenerzählens aus den Medien Film und Literatur zurückgreifen, wenn sie denn eine Geschichte erzählen wollen. Indirekt widerspricht diese Annäherung an die Literatur und den Film dem oben vorgebrachten Argument, dass Spiele wie das Leben seien. Dieses Argument wird jedoch von RYAN entkräftet, welche behauptet, dass Computerspiele zwischen Leben und verschiedenen Modi der Imitation stehen. Zu diesen würden das mimetische Schauspiel des Dramas, die interaktive Simulation von Spielen (allgemein) und die diegetische Natur der Literatur gehören. Begründet wird dieser Standpunkt mit der Aussage, dass auch wenn es in Spielen (wie von AARSETH beschrieben) um den Moment der Entscheidung und das Gewinnen oder Verlieren geht, diese keinen Einfluss auf die reale Welt haben. Zudem sei der eigentlich ‘Erlebende’ der Avatar und nicht der Spieler selbst. Der Spieler gewinnt, wenn der Avatar sein Ziel erreicht. Auch ist der Spieler, entgegengesetzt zum Leben sowohl Zuschauer als auch Akteur seiner ausgeführten fiktiven Handlungen. Dies bringt den Spieler in eine Position, die sich zwischen Film und Leben befindet. HARTMANN untersucht die medienspezifische Narrativik des Computerspiels durch den Medienwechsel und benutzt folgerichtig für seinen Untersuchungsgegenstand nur eben solche Computerspiele, in denen die Geschichte zum Spielinhalt gemacht wird. Mit anderen Worten ist ein Computerspiel genau dann als hochgradig narrativ einzustufen, wenn die beinhaltete Erzählung ähnliche Merkmale wie in der Literatur und im Film aufweist. ‘Neben einem Setting sind dies Charaktere als Handlungsträger sowie Ereignisse und Kardinalpunkte, die der Geschichte eine Gestalt geben.’ HARTMANN orientiert sich damit an der Erzähldefinition CHATMANS, welcher die Gesamtheit einer Geschichte in dynamische und statische Elemente unterteilt: Kardinalpunkte werden als dynamische Elemente einer Geschichte identifiziert, die diese von Zustand zu Zustand bewegt. Die Kardinalpunkte sind also diejenigen Ereignisse, die die Geschichte vorantreiben. Bleiben die Kardinalpunkte in einer Geschichte aus, kommt diese zu einem Stillstand. Sogenannte Satelliten gehören dagegen zu den statischen Elementen. Diese treiben die Geschichte zwar nicht voran, schmücken diese aber aus. Zu den statischen Elementen gehört unter anderen das Setting, also der Ort der Geschichte.
Arthur Zwetzich wurde 1987 in Augsburg geboren. Schon zur Schulzeit zeichnete sich bei ihm eine Begeisterung für Schauspiel, Literatur und Computerspiele ab, was ihn schließlich dazu veranlasste, Kulturwissenschaften an der Fernuniversität Hagen zu belegen, wo er auch 2013 für das vorliegende Werk den Bachelor of Arts verliehen bekam. Insbesondere beschäftigte ihn die Frage, ob die Medien einen Einfluss auf das Selbstbild einer Gesellschaft haben, wobei er hier den Schwerpunkt auf das Medium des Computerspiels legte. Nach seinem jetzigem Abschluss ist der Autor nicht mehr damit zufrieden, nur die theoretischen Grundlagen des Computerspiels zu erforschen, und studiert seit 2014 Informatik und Multimedia an der Universität Augsburg.