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- Sigmund Freuds Traumdeutung im Lichte der Neurowissenschaften: Eine Kontroverse
Geisteswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 56
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Sigmund Freud sorgt bis heute mit seinem 1900 erschienen Werk Die Traumdeutung für viele Diskussionen, auch innerhalb der Neurowissenschaften. Für Freud drücken sich im Traum unbewusste Wünsche aus, die durch einen psychologischen Mechanismus zensiert werden, damit der Träumer nicht aufwachen muss. Damit ist der Traum der Hüter des Schlafs . Der neurowissenschaftliche Traumforscher Allan Hobson postuliert 1977 seine Aktivierungs-Synthese Theorie , die sich explizit gegen die Freud’schen Thesen richtet. Nach Hobson entstehen Träume durch einen physiologischen Prozess des Gehirns (hauptsächlich im Hirnstamm) und haben keine spezifische psychologische Bedeutung. Für ihn sind Freuds Thesen mit seinen Erkenntnissen nicht in Einklang zu bringen und dessen Theorie nicht mehr als eine psychoanalytische Spekulation. Der Neurowissenschaftler und Psychoanalytiker Mark Solms übt hingegen scharfe Kritik an Hobsons Theorie. Er postuliert 1997 die Ergebnisse einer Studie, die er an Patienten mit Hirnläsionen durchführte: Solms beobachtet, dass regelmäßig ganz andere Regionen des Gehirns am Traumprozess beteiligt sind, als Hobson behauptet. Er sieht seine Ergebnisse - neben weiteren aktuellen Erkenntnissen aus den Neurowissenschaften - zudem sehr gut mit den Freud’schen Aussagen über den Traum im Einklang. Es beginnt ein wissenschaftlicher Streit rund um die Freud’schen Theorien zum Traumgeschehen, welche in den Neurowissenschaften bis Dato für veraltet galten. Im Jahr 2009 ersetzt Allan Hobson seine ehemals paradigmatische Aktivierungs-Synthese Theorie durch eine neue Konzeption, der Theorie des Protobewusstseins . Dieses Modell weist – im Gegensatz zu seiner ursprünglichen Theorie - einige Ähnlichkeiten mit Freuds Annahmen auf.
Textprobe: Kapitel 3.2, Solms (1997): Traum und REM-Schlaf: ‘Dreaming and REM sleep are controlled by different brain mechanisms” ist die Überschrift eines einschlägigen Artikels von Mark Solms und zugleich eine seiner zentralen Thesen, die sich explizit gegen Hobsons ‘Aktivierungs-Synthese Theorie’ richtet. Hobson geht davon aus, dass der neurobiologische Mechanismus des REM-Schlafs auch das physiologische Korrelat des Traums ist. Solms widerspricht dieser Annahme: Für ihn ist der Traumprozess unabhängig vom Mechanismus des REM-Schlafs. Die Traumtätigkeit spielt sich in seiner Vorstellung in einem ganz anderen Teil des Gehirns ab, dem Frontallappen. Für Solms folgt aus den Ergebnissen seiner Recherche und Untersuchungen auch, dass der Traum nicht wie von Hobson behauptet ‘ein Epiphänomen des REM-Schlafs’ (Hobson, 1998 zitiert nach Solms, 1999, S. 76) ist und seiner Natur nach motivational neutral sei: ‘The paradigmatic assumption that REM sleep ist the physiological equivalent of dreaming is in need of fundamental revision. A mounting body of evidence suggests that dreaming and REM sleep are dissociable states, and that dreaming is controlled by forebrain mechanisms’ (Solms, 2003, S. 51). Solms entwickelt eine neurobiologische Traumtheorie, die er erstmals in seinem 1997 erschien Solms Buch ‘The neuropsychology of dreams: A clinico-anatomical study’ skizziert. Die Basis seiner Annahmen sind die darin veröffentlichten Erkenntnisse einer sechsjährigen Studie, in deren Verlauf er 361 Patienten mit Hirnläsionen untersucht. Inspiriert wird er durch eine eher zufällige Beobachtung während seiner Arbeit mit neuropathologischen Patienten: Einige dieser Patienten berichten von Veränderungen ihrer Träume seitdem Beginn ihrer neuropathologischen Erkrankung. Die neurowissenschaftliche Forschung des letzten Jahrhunderts hat nach Solms (1997) wichtige Erkenntnisse durch Einzelfalluntersuchungen an Patienten mit Hirnläsionen gewinnen können. Diese Methode sei aber bisher noch nicht an Patienten mit Hirnläsionen angewandt worden, die über Traumveränderungen klagten. Solms sieht sich daher als ersten Wissenschaftler überhaupt, der sich in einer groß angelegten Studie dieser Methodik bedient, um Veränderungen des Traumerlebens zu untersuchen. Das Ziel seiner Forschung skizziert Solms (1997, S. xvii) wie folgt: ‘The purpose of this study was to place disorders of dreaming on an equivalent footing with those of other higher mental functions, such as the aphasias, apraxias and agnosias. Modern knowledge of the neurological organization of human mental functions was grounded on systematic clinic-anatomical investigations of these functions under neuropathological conditions”. Traumveränderungen sind ein pathologisches Symptom vergleichbar mit Aphasien, Apraxien und Agnosien. Um die Veränderungen der Träume zu erfassen stützt sich Solms auf subjektive Berichte seiner Patienten, die er systematisch mit deren Hirnläsionen in Beziehung setzt. Dadurch versucht er eine Nosologie von Traumveränderungen bzw. ‘dream disorders’ mit neuropathologischer Bedeutung aufzubauen. Seine Studie sieht er allerdings nur als einen ersten Schritt, der die Grundlage für die Generierung von Hypothesen für experimentelle Designs legen soll: ‘Clinico-anatomical correlations represent but the first step in the neuroscientific investigation of a complex mental function. This step lays the essential descriptive groundwork for the more focused experimental research that must follow if we are to adequately understand the described phenomena” (S. xviii). Solms Traumtheorie: Zusammenfassend lässt sich Solms Traumtheorie wie folgt darstellen: Der eigentliche Traumprozess wird durch einen Reiz aktiviert, welcher wiederum eine Aktivierungsreaktion (arousal) auslöst. Ist dieser hinreichend stark wird das Motivationssystem des Gehirns aktiviert und der eigentliche Traumprozess setzt ein. Während des Schlafes ist das motorische System des Gehirns blockiert, deshalb kann eine normalerweise auf ein äußeres Objekt gerichtete motivationale Handlung nicht ausgeführt werden. Aus diesem Grund schlägt der Aktivierungsprozess einen rückwärtsgerichteten (regressiven) Weg ein und zwar in zwei Stufen: ‘Zunächst werden die höheren Ebenen der Wahrnehmungssysteme (die für Gedächtnis und abstraktes Denken zuständig sind) aktiviert, als nächstes die für den konkreten Bildaufbau zuständigen untergeordneten Systeme. Das Ergebnis dieses regressiven Prozesses ist, daß der Träumer im Schlaf nur in seiner Vorstellung und nicht in Wirklichkeit sich seinen Motiven handelnd betätigt. Aber da während des Schlafs die reflexiven Systeme am frontalen Ende des limbischen Systems inaktiviert sind, merkt der Träumer den Unterschied nicht, nimmt die imaginierte Traumszene unkritisch als Wirklichkeit an und verkennt sie als reale Wahrnehmung’ (Solms, 1999, S. 85).
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