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Geisteswissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 48
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Bachelorarbeit behandelt die Frage nach den psychologischen Grundlagen, mit denen der Autor Patrick Süskind seine Figurencharakterisierung untermauert. Dabei soll der bereits vielfach analysierte Roman Das Parfum nicht im Vordergrund stehen, sondern vielmehr ein Angelpunkt sein, um den herum die Novellen Der Kontrabaß und Die Taube entstanden. Speziell diese beiden Texte sollen den Schwerpunkt der Untersuchung bilden – wie werden hier die zentralen Figuren charakterisiert, mit welcher Symbolik und Metaphorik geht der Autor vor, um sie in ihrem Lebensumfeld zu beschreiben und welche psychologischen Erklärungsansätze lassen sich in den Texten für das Verhalten der Figuren entdecken? Anhand der untersuchten Texte soll dabei auch eine Untersuchung bezüglich der Entwicklungen durchgeführt werden, die sich bei Anwendung solcher psychologischer Theorien innerhalb Süskinds Werk nachvollziehen lassen. So wird auch – im Ansatz – ein Blick auf die Entwicklung der Schreibweise des Autors geworfen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2, Texte nach Das Parfum: Als eine besonders zu erwähnende Veränderung, die nach dem Welterfolg seines Romans eintrat, ist zunächst zu bemerken, dass Süskind sich immer weniger mit dem Verfassen oder auch nur der Beteiligung an Fernsehdrehbüchern beschäftigte. Sicherlich lässt sich dieser Umstand mit der Tatsache erklären, dass er auf diese Art des Lebensunterhalts nicht mehr zwingend angewiesen war. Erst 1997 wandte er sich wieder dem Drehbuch zu, als er zusammen mit Helmut Dietl Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief verfasste. Die erste eigenständige Arbeit, die nach Das Parfum erschien, war die Novelle Die Taube, deren Erstausgabe im Jahre 1987 veröffentlicht wurde. Wie die meisten seiner Werke erfuhr auch sie ausführliche Besprechungen in den Feuilletons der führenden Zeitungen – und wie schon Der Kontrabaß und Das Parfum konnte auch sie zum größten Teil positive Kritiken einstreichen. Die Novelle gibt, ähnlich wie das Theaterstück Der Kontrabaß, einen Einblick in das Innenleben des Hauptprotagonisten. Jonathan Noel, so der Name der Hauptfigur, ist ein älterer Herr, der seit vielen Jahren als Wachmann in einer Bank arbeitet. Das Ereignis, das sein Leben auf fürchterliche Weise auf den Kopf stellen soll, ist nichts anderes als die unerwartete Begegnung mit einer Taube auf dem Flur seines Hauses. Die Parallelen zu seinem erfolgreichen Theaterstück, so viel sei bereits an dieser Stelle bemerkt, sind auffallend: Die Handlung ist in ihrer temporalen und lokalen Situierung stark minimalisiert, ebenso beschränkt sich das Figurenarsenal auf eine möglichst kleine Gruppe. Die Geschichte selbst wird nicht oder kaum durch äußere Einflüsse geleitet, sondern entwickelt sich aus der psychischen Haltung der Protagonisten. Der Text orientiert sich ‘am klassischen Novellenschema’, bricht dieses jedoch zuweilen durch ‘Süskinds subtile Ironie’ auf – so sei die ‘‚unerhörte Begebenheit’ das entscheidende Charakteristikum dieser Form von Prosa’ . Dass aber hier eine unerhörte Begebenheit in etwas so Alltäglichem wie dem Auftauchen einer Taube besteht, zeigt nicht nur die erwähnte ironische Brechung Süskinds auf, sondern lässt sich auch gleich als erster von vielen mehr oder minder im Text versteckten psychologischen Hinweisen deuten. So stellt auch Die Taube wieder ein typisches Beispiel für das erzähltechnische Vorgehen Süskinds in seinen Werken dar. Nach der Veröffentlichung dieser Novelle blieb es einige Jahre still um den Autor, bevor er im Jahre 1991 wieder eine Novelle ans Licht der Öffentlichkeit brachte, diesmal eine stilistisch stark an Kinderliteratur angelehnte Geschichte mit dem Titel Die Geschichte von Herrn Sommer. Die Kritiken zu diesem Werk ‘sind in den Feuilletons weniger positiv ausgefallen, als seine vorhergehenden Texte’, was möglicherweise mit der formalen aber auch inhaltlichen Abweichung von diesen früheren Werken zusammenhängt. Die Geschichte von Herrn Sommer erzählt eine Kindheitserinnerung aus einer ländlichen Gegend – eine Kindheit, die durch die Begegnung und vor allem den Verlust eines Herrn Sommers, über den man eigentlich nichts außer seinem Namen weiß, tief geprägt wird. Wieder geht es hier um Einsamkeit und Isolation von der Umwelt, doch ist diesmal der Standpunkt des Erzählers ein ganz anderer – diesmal nämlich wird in der Ich-Form eines Kindes erzählt, das besagtem Herrn Sommer zufällig begegnet. Durch diese Distanz und durch die Tatsache, dass die Erzählerfigur neben der Geschichte des Herrn Sommer noch eine ganze Menge weiterer, davon mehr oder weniger unabhängiger Erlebnisse zu überstehen hat, erfolgt im Vergleich zu den früheren Werken eine deutliche thematische Schwerpunktverschiebung, ohne indes vollständig vom alten Kern Süskindscher Erzählungen abzulassen. Diese Hybridität der Geschichte wurde sowohl in Kritiken und Rezensionen als auch in Sekundärwerken als wichtiger Bestandteil zum Verständnis dieses Textes aufgegriffen: ‘Die Erinnerungsgeschichte über die eigene Kindheit mit dem obligatorischen und letztendlich überhaupt Spannung schaffenden Geheimnis, ist durch eine seltsame Mischung geprägt.’ Diese Mischung besteht einerseits aus der sprachlichen Gegenüberstellung erwachsener Perspektive und kindlicher Interpretationen – denn der Zeitpunkt des Erzählens liegt ja in einer Gegenwart, in der der Erzähler als erwachsener Mensch auf seine Kindheit zurückschaut – und andererseits, als wesentlich interessanterer und wohl auch zentralerer Punkt, in der Gegenüberstellung der ausführlich erläuterten kindlichen Probleme und den höchstenfalls angedeuteten Sorgen und Qualen des Herrn Sommer. Dass Die Geschichte von Herrn Sommer mit dem vom kindlichen Erzähler beobachteten Selbstmord des Herrn Sommer endet, ist dabei als intensivierte Konsequenz der vorhergegangenen Geschichten beinahe unumgänglich. Im krassen Unterschied zu den erfolgreichen Stücken Der Kontrabaß und Die Taube wird dem Leser hier jedoch kein einziger Blick ins Innenleben der implizierten Hauptfigur gestattet. Alles, was der Leser erfährt, erfährt er durch das naive Gebaren und Denken des Kindes. In diesem Sinne findet die Geschichte ihren Höhepunkt in einer Szene im Wald: Der Kind-Erzähler ist auf einen Baum geklettert, um, entnervt von der Welt und ihren Anforderungen an ihn, Selbstmord zu begehen. Oben angekommen zögert er jedoch lange genug, um Zeuge zu werden, wie Herr Sommer sich ausgerechnet unter diesem Baum zu einer kurzen Pause von einer Wanderung niederlegt. Diese Stelle dürfte die intensivste sein, wenn es um das Seelenleben Herrn Sommers geht: ‘[…] er stieß, kaum daß er lag, einen langen, schauerlich klingenden Seufzer aus – nein, es war kein Seufzer, in einem Seufzer klingt schon Erleichterung mit, es war eher ein ächzendes Stöhnen, ein tiefer, klagender Brustlaut, in dem sich Verzweiflung und die Sehnsucht nach Erleichterung mischten. Und ein zweites Mal dieser haarsträubende Laut, dieses flehentliche Stöhnen wie von einem schmerzgequälten Kranken, und abermals keine Erleichterung, keine Ruhe, keine einzige Sekunde des Ausruhens […]’ (DGvHS, 104 f.). Doch selbst hier wird kein tatsächlicher Einblick in die tieferen Gründe für das offenkundige Leiden Herrn Sommers erlaubt, nein, der Erzähler beschränkt sich auf die Beschreibung physischer Geschehnisse, in die er einzelne eigene Interpretationen mischt. Einer eindeutigen Deutung oder auch nur Vermutung entzieht sich der Text an jeder Stelle. Mehr noch: Hier wird durch den ‘Kontrast zwischen dem naiven Selbstmordgedanken des Jungen und den Qualen und dem Suizid Sommers’ eine Relativierung früherer psychologisch fundierter Grundgedanken in Texten wie Die Taube vorgenommen. Und in dem einzigen, möglicherweise erklärenden Satz, den Herr Sommer spricht, steckt zugleich sehr viel von Süskinds eigenem Verhalten der Öffentlichkeit gegenüber, sodass hier beinahe zwingend auf eine selbstreflexive Darstellung gepocht werden kann: ‘‚Ja so laßt mich doch endlich in Frieden!’’ (DGvHS, 129). Dies ist natürlich ein höchst interessantes Phänomen, das durchaus einer genaueren Besprechung wert wäre. Im Hinblick auf die Ziele dieser Arbeit jedoch scheint sich Die Geschichte von Herrn Sommer aber weniger zu eignen. Ausgehend von den Intentionen und Techniken in Das Parfum, lässt sich wohl anhand der Novelle Die Taube deutlicher aufzeigen, welche Mittel Patrick Süskind zur Psychologisierung seiner Figuren verwendete. Die Verwerfung früherer Techniken im Falle des Herrn Sommer ist jedoch wohl unbestreitbar von solch grundlegender Bedeutung für die Entwicklung des Autors, dass sie im Kapitel 4 dieser Arbeit noch einmal aufgegriffen und näher beleuchtet werden wird. Allerdings soll an dieser Stelle trotz der etwas ausführlicheren Besprechung seiner beiden dem Parfum folgenden Novellen nicht versäumt werden, auch Süskinds weitere Werke einer kurzen Betrachtung zuzuführen. Nach der Veröffentlichung und, wie bereits erwähnt, eher negativen Aufnahme der Novelle Die Geschichte von Herrn Sommer dauerte es wieder einige Jahre, bis Süskind neue Veröffentlichungen vornahm. Zunächst erschien 1995 eine Sammlung von Erzählungen unter dem Titel Drei Geschichten. Hier sind drei kurze Erzählungen vereint, die sich vorrangig wieder mit der psychischen Situation und dem Hinterfragen als selbstverständlich angenommener Lebensentwürfe beschäftigen. Hier wird bereits deutlich, dass sich Süskind immer mehr mit seiner eigenen Situation beschäftigt bzw. den Fragen nachspürt, ob und wie Kunst und Künstler den Sinn ihrer Existenz rechtfertigen können. Die früher allgemeine Frage nach der Sinnhaftigkeit des menschlichen Alltags wird hier immer mehr auf philosophische Betrachtungen der Kunst, insbesondere natürlich der Literatur, spezialisiert. Mit diesem Band ist, zumindest bis zum heutigen Tage, mehr oder minder ein Ende des Süskindschen Erzählens eingeläutet. Im Jahre 2006 veröffentlichte er ein Essay mit dem Titel Über Liebe und Tod, in dem er über die Rolle von Liebe und Tod in der Literatur und Kunst spricht – ein Thema also, dem er sich zuvor selbst ausgiebig gewidmet hatte. Neben den bereits erwähnten Filmdrehbüchern, die er zusammen mit Helmut Dietl verfasste, lässt sich nach diesem Zeitpunkt jedoch keine weitere Veröffentlichung mehr datieren. Es dürfte an dieser kurzen Übersicht deutlich geworden sein, dass sich Das Parfum als Angelpunkt zwar durchaus in einer frühen Phase seines Schaffens befindet, jedoch deswegen keinesfalls als solcher verworfen werden muss. Viel mehr scheint es zu diesem Zeitpunkt, dass die Novelle Die Taube als fließender Übergang hin zu den Meta-Betrachtungen des eigenen Werkes anzusehen ist, als welche Texte wie Die Geschichte von Herrn Sommer, besonders aber schließlich die Drei Geschichten interpretiert werden können. Aus diesem Grunde scheint Die Taube wohl der interessanteste Ansatz, die Kontinuitäten und Entwicklungen in Süskinds Schaffen nachzuvollziehen. Dazu soll im Folgenden im Detail auf literarische Erzähltechniken und psychologische Anwendungen zur Charakterisierung der Figuren zunächst im Drama Der Kontrabaß und dann in der Novelle Die Taube eingegangen werden.

Über den Autor

Alexander Kiensch wurde 1989 in Stendal geboren. Von 2008 bis 2011 absolvierte er seinen Bachelor an der Universität Leipzig im Hauptfach Germanistik. Seit 2011 studiert er in Halle (Saale) den Masterstudiengang Deutsche Sprache und Literatur. 2012 veröffentlichte er einen Kurzgeschichtenband unter dem Titel Fragen ohne Antworten . Dies ist seine erste Fachbuchveröffentlichung.

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