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- Nordkorea: Eine perfekte Diktatur?
Geisteswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 12.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 28
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In der Vergangenheit bewies das nordkoreanische Regime, dass es über eine sehr hohe Stabilität verfügte, indem es den Zusammenbruch der Sowjetunion, den Tod zweier geliebter Führer sowie den arabischen Frühling schadlos überstand. Dennoch stand nach dem jüngsten Führerwechsel die Frage im Raum, ob das nordkoreanische Regime auch unter dem noch sehr jungen und vergleichsweise unerfahrenen Kim Jong-Un Bestand haben wird. Um diese Frage zu beantworten, werden geschichtliche und aktuelle Geschehnisse sowie neueste Erkenntnisse der Systemtransformationsforschung herangezogen.
Textprobe: Kapitel 2.2, Transformationsforschung: In der Geschichte vollzogen sich Wechsel von autokratischen zu demokratischen Systemen auf verschiedenste Weisen. Hieraus konnte die Systemtransformationsforschung verschiedene Ursachen ableiten, die einen Systemwechsel forcieren. Diese Faktoren lassen sich in systeminterne und systemexterne Ursachen unterteilen. Zunächst ist hierbei die Legitimitätskrise aufgrund ökonomischer Ineffizienz zu nennen. Da autokratische Systeme große Teile der Bevölkerung von der Herrschaft ausschließen bzw. entmündigen, erscheint es vielen Systemen risikoarm, diese Entmündigung mit wirtschaftlicher Modernisierung zu erkaufen. ‘Scheitert jedoch die wirtschaftliche Modernisierung, geraten diese [,]Entwicklungsdiktaturen ohne Entwicklung[‚] in eine gefährliche Legitimitätskrise.’ Hier ist allerdings festzustellen, dass für Nordkorea andere Gesetzmäßigkeiten gelten. Das Regime Nordkoreas besitzt den Vorteil, dass der letzte Kontakt zum Ausland dann stattfand, als das Land zu den reichsten Asiens gehörte. Auch heute noch sind weite Teile der Bevölkerung dankbar, wenn sie vom Hungertod verschont werden. Da es keinen Vergleich zu den wirtschaftlichen Fortschritten anderer Länder gibt und das Regime der einzige Agenda-Setter ist, ist eine Legitimationskrise aufgrund fehlenden wirtschaftlichen Fortschritts unwahrscheinlich. Aber ‘nicht nur das Scheitern, sondern auch der Erfolg sozioökonomischer Modernisierung kann zur Krise und zum Ende autoritärer oder totalitärer Herrschaft führen’. Im Falle einer wirtschaftlichen Modernisierung verschiebt sich die sektorale Struktur der Wirtschaft. Während der Agrarsektor schrumpft, vergrößern sich der Industrie- und letztendlich der Dienstleistungssektor. In der Folge ändert sich auch die Sozialstruktur. Reaktionäre Großgrundbesitzer verlieren an Einfluss. ‘Große Teile der einer parochialen politischen Kultur verhafteten politisch passiven Landbevölkerung, die traditionell zu den gesellschaftlichen Stützen autoritärer Regime zählt, werden schrittweise [,]wegmodernisiert[‚].’ Im Gegenzug wachsen das Industrieproletariat sowie eine neue, selbstbewusste Mittelschicht. Beide sozialen Klassen verlangen eine größere politische Mitsprache sowie eine gerechtere Güterverteilung. ‘Die vormoderne passiv-resignative Loyalität gegenüber dem autoritären Regime, die vor allem Agrargesellschaften kennzeichnet, weicht Forderungen nach politischer und wirtschaftlicher Partizipation.’ Da sich die wirtschaftliche Lage Nordkoreas nicht verbessert hat, ist eine Legitimitätskrise aufgrund ökonomischer Effizienz höchst unwahrscheinlich. Die dritte systeminterne Ursache für eine mögliche Transformation ist in politischen Schlüsselereignissen zu finden. Hierunter fallen der Tod eines Diktators, regimeinterne Elitenkonflikte oder auch mehrfache Skandale und Korruption. Diese Schlüsselereignisse gewinnen besonders dann an Bedeutung, wenn die Legitimität des Systems bereits angekratzt ist. Auch in diesem Bereich hat Nordkorea erst kürzlich seine Stabilität bewiesen, indem das Regime den Führerwechsel unbeschadet überstehen konnte. Zwar sind Schlüsselereignisse nie ganz auszuschließen, allerdings besteht derzeitig nicht der Eindruck, dass die Legitimität des Systems angekratzt wäre. Somit ist die Stabilität tendenziell gesichert.
Thomas Meißner, B.A., wurde 1990 in Berlin geboren und studierte Politikwissenschaft an der TU Chemnitz. Neben dem Studium lehrte er jahrelang als Tutor und Lehrbeauftragter an der Universität. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Wahl-, Parteien- und Regierungssysteme. Bereits während des Studiums entwickelte sich ein besonderes Interesse für Nordkorea, das Meißner nun auch an Andere vermitteln möchte.