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Geisteswissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 24
Abb.: 54
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In E.T.A. Hoffmanns Gesamtwerk kommen künstliche Menschen in vielfacher Ausführung vor, wobei sich die Novelle ‘Der Sandmann’ sehr gut zur Darstellung der seelischen Auswirkungen des Automaten auf den Menschen eignet. Weiterhin ist darin das Verhältnis von Mensch und Gesellschaft unter Berücksichtigung des Schicksalsaspekts von zentraler Bedeutung. Ein Abriss der Geschichte des Automatenmotivs in der Literatur sowie der dazu parallel laufende technische Fortschritt ordnen die Erzählung in einen größeren Kontext ein. Dabei wird sowohl die Bedeutung der Marionette in der Literatur berücksichtigt, als auch das große Interesse der Romantik am Automatenmotiv, welches Kritik am rationalen Menschenbild der Aufklärung beinhaltet. Eine eingehende Textanalyse beleuchtet Nathanaels Darstellung als Marionette einer fremden Macht, seine Beziehung zu Clara und Olympia, Olimpias Funktion als Spiegel für Nathanael narzisstische Persönlichkeit sowie Hoffmanns Kritik an einer automatisierten Gesellschaft.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Das Automatenmotiv im ‘Sandmann’: 3.1, Nathanael als Automat: Das Automatenmotiv begegnet uns im ‘Sandmann’ bereits im ersten Brief Nathanaels, in dem er ein traumatisches Erlebnis aus seiner Kindheit beschreibt. Von unwiderstehlicher Neugier getrieben, versteckt sich der zehnjährige Nathanael im Zimmer seines Vaters, um die Identität des geheimnisvollen Sandmanns zu ergründen. Als er die Gestalt des Advokaten Coppelius, den die Kinder als unheimlichen Gast kennen, erblickt und diesen für sich mit dem furchterregenden Sandmann identifiziert, ist er in seinem Versteck wie ‘festgezaubert’, d.h. er kann sich vor Grauen und Faszination nicht vom Fleck bewegen. So beobachtet er seinen Vater und Coppelius, wie sie versuchen, einen Automaten zu bauen. Als ihm Menschengesichter ohne Augen erscheinen, treibt ihn das Entsetzen aus seinem Versteck in die Arme des Coppelius, der dem Jungen die Augen stehlen will. Davor kann der Vater seinen Sohn noch bewahren, allerdings ist Nathanaels Grauen so groß, dass er sich dem Sandmann hilflos ausgeliefert fühlt. Dies zeigt sich an seiner Vorstellung, dass Coppelius ihm die Hände und Füße abschraubt und woanders wieder einzusetzen versucht. Nathanael wird hier als Automat, sein Organismus als Mechanismus behandelt. Dazu kommt das teuflische Erscheinungsbild des Advokaten, das ihn in die Nähe des Schicksals rückt und für Nathanael zu einer Verderben bringenden Kraft macht. Nathanael fühlt sich demnach hier und im weiteren Verlauf der Geschichte als Marionette einer fremden Macht. Diese sieht seine Verlobte Clara zwar als nur in seinem Inneren existent, bezeichnet sie aber trotzdem treffend als ‘dunkle Macht, die so recht feindlich und verräterisch einen Faden in unser Innerstes legt, woran sie uns dann festpackt und fortzieht auf einem gefahrvollen, verderblichen Weg, den wir sonst nicht betreten haben würden’ (H 14, 1316). Mehrmals fühlt sich Nathanael von dieser Macht in die Gefahr gezogen: Als der Wetterglashändler Coppola in seiner Wohnung auftaucht, stürzt ihn das in eine ‘zerrissene Stimmung des Geistes’ (H 3, 12) er sieht sein Liebesglück mit Clara von Coppelius gefährdet eine ‘unwiderstehlich[e] Gewalt’ (H 28, 19) treibt ihn mehrmals dazu, Olimpias Anblick zu verfallen. Ebenso könnte man den Brand in seiner Wohnung, der ihn zwingt, gegenüber von Spalanzani ein Zimmer zu beziehen, schicksalhaft nennen, da dies die nähere Bekanntschaft mit Olimpia ermöglicht. Schließlich reagiert Nathanael im Wahnsinn ‘in gräßlicher Raserei tobend’ (H 36, 36), ‘wie ein gehetztes Tier’ (H 39, 25) und ‘mechanisch’ (H 39, 20). Diese Ausdrücke verdeutlichen, dass er nur noch automatisch, also ohne Überlegung und ohne eigenen Willen handelt. Es muss beachtet werden, dass Claras und Nathanaels Positionen zwei verschiedene Wirklichkeitsauffassungen zugrunde liegen, die auch beide für sich gesehen logisch sind. Daher kann keine absolute Aussage über das Schicksal gemacht werden.

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