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- Großstadt im Expressionismus: Eine Untersuchung der Gedichte "Städter", "Der Gott der Stadt", "Die Stadt" und "Punkt"
Geisteswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 11.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 36
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Der Begriff 'Expressionismus stammt vom lateinischen Wort expressio (Ausdruck) und bedeutet 'Ausdruckskunst'. Die Dichter dieser Zeit lehnten sich gegen die Tradition des 19. Jahrhunderts auf, das schon lange kritisiert wurde, aber bisher nicht in einer solchen Schärfe. Sie kritisierten aktuelle zeitliche Entwicklungen wie die Industrialisierung, die Urbanisierung, die Zivilisation und das wilhelminische Bürgertum. Expressionistische Themen waren die Großstadt, der Weltuntergang, der Krieg und der Ich-Zerfall. Viele Dichter wendeten sich in ihren Texten provozierend gegen bürgerliche Geschmacksnormen und einen künstlerischen Schönheitsbegriff, der bestimmte Bereiche ausschloss. So griffen sie häufig hässliche Motive auf wie Verfall, Tod, Wahnsinn, Krankheit und Verwesung, weshalb man auch von der Ästhetik des Hässlichen spricht. Dabei wurden hässliche mit schönen Elementen verschränkt oder traditionelle lyrische Bereiche wie die idyllische Mondpoesie ironisiert. In der vorliegenden Studie wird zunächst das Thema der Großstadt allgemein genauer beleuchtet, wobei unterschiedliche Darstellungsformen des Motivs eine Rolle spielen. Anschließend wird das Thema anhand der Gedichte Städter von Alfred Wolfenstein, Der Gott der Stadt von Georg Heym und Alfred Lichtensteins Texten Die Stadt und Punkt genauer untersucht und herausgearbeitet, wie die drei Autoren mit dem Motivkreis umgingen.
Textprobe: Interpretation: […] In der ersten Versgruppe überwiegt wie bereits erwähnt der Eindruck der Enge in der Stadt, was durch ausdruckstarke Bilder, den umarmenden Reim und die Enjambements unterstützt wird. Die Fenster stehen [d]icht wie die Löcher eines Siebes (1,1), was die gedrängte Situation bildlich beschreibt. Der Vergleich erweckt den Eindruck, als ob die eng stehenden Häuser keinen Raum mehr für Parks oder Grünflächen zulassen würden. Fenster und Häuser verbindet man hier nicht mit einem Heim, sondern sie werden belebt, stehen scheinbar eigenständig und fassen sich an, was einen bedrohlichen Eindruck schafft, weil der Autor den Objekten eine gewisse Eigendynamik zuspricht. Um diese Wirkung zu verstärken, verwendet Wolfenstein eine Alliteration ( Grau geschwollen wie Gewürgte (1,4)), die das Beengende der Häuser auf geradezu beängstigende Weise deutlich hervorhebt, indem es so scheint, als würden die Straßen von den Häusern gewürgt werden. Die Enge der Stadt wird also äußerst ausdrucksstark mit einem gewaltsamen Übergriff verglichen. Die Gebäude stehen derart gedrängt, dass sie sogar eine Bedrohung für die Straßen - und damit auch für die Menschen - darstellen. Alle wichtigen Erscheinungen der Stadt (Fenster, Häuser, Straßen) werden personifiziert, was einen grotesken, unheimlichen und beengenden Eindruck des neuen Lebensraums Stadt schafft, der dadurch kritisiert wird. Nachdem der Sprecher die Erscheinungsformen der Stadt beschrieben hat, kommt er erst in der zweiten Strophe auf deren Einwohner zu sprechen, als ob sie unbedeutender als ihr Lebensraum wären. Durch die Erwähnung der Menschen wird zum erstem Mal ein Bezug zum Titel Städter hergestellt. Er beschreibt kritisch die enge Atmosphäre in den Trams, was ebenfalls durch den umarmenden Reim formal unterstützt wird. Auffallend ist, dass sowohl die erste als auch die vierte Zeile mit dem Wort ineinander beginnen, wodurch der Eindruck des Platzmangels verstärkt wird: Die Städter sitzen nicht nebeneinander, sondern ineinander und auch ihre Blicke baden [i]ineinander (2,3-4). Auch die Wendung dicht hineingehakt (2,1) verstärkt hyperbolisch die Enge in diesem Verkehrsmittel. Die einander gegenüber sitzenden Reihen von Menschen werden mit zwei Fassaden (2,2) verglichen und dadurch depersonifiziert, während die Erscheinungsformen der Stadt personifiziert werden, was einen paradoxen und grotesken Eindruck schafft sowie einen Kontrast zwischen dem ersten und dem zweiten Quartett. Der Vergleich mit den Häuserfassaden zeigt, dass die Menschen sich bereits entfremdet haben und schon wie die Stadt geworden sind. Sie wirken kalt, leblos und vor allem oberflächlich. Die Fahrgäste sind nur äußerlich anwesend und sitzen gedrängt, aber sie zeigen keine Gefühle oder Wärme. Paradoxerweise führt diese Nähe in den Trams nicht zu einem sozialen Austausch, sondern es baden lediglich die nahen Blicke (2,3) ineinander. Wolfenstein verdeutlicht eine Atmosphäre, die man noch heute in Verkehrsmitteln vorfinden kann, in denen sich fremde Menschen gegenseitig mustern. Im Text scheint dadurch die Privatsphäre der Menschen zu leiden, sie haben zu wenig Platz und werden dementsprechend von den Blicken der anderen ohne Scheu befragt (2,4). Dieser Satz verdeutlicht aber auch, dass als Folge der emotionalen Kälte nur noch eine eingeschränkte Kommunikation stattfindet, obwohl sich die Städter nach mehr Nähe zu sehnen scheinen, da ihre nahen Blicke (2,3-4) sonst nicht ineinander baden würden.
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