- Sie befinden sich:
- Specials
- »
- Bachelor + Master Publishing
- »
- Geisteswissenschaften
- »
- Gedichte sind „in“: Slam Poetry als moderne Form der Lyrik
Geisteswissenschaften
» weitere Bücher zum Thema
» Buch empfehlen
» Buch bewerten Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 28
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Lyrik zählt in der Schule oftmals zu den Unterrichtsinhalten, die bei Schülern negative Vorstellungen hervorrufen, da sie mit Gedichten häufig nur analytische und interpretatorische Arbeitsvorgänge verbinden. Dabei bietet gerade diese Gattung ein großes Identifikationsangebot und fördert die Kreativität. In der Unterrichtseinheit ‚Poetry Slam – Inszenierte Gegenwartslyrik‘ duften Schüler einer 8. Klasse zeitgemäß mit lyrischen Texten umgehen, indem sie nicht nur durch analytisch-interpretatorische Aufgaben, sondern vor allem durch kreativ-produktive angesprochen wurden. Dabei standen das selbsttätige Verfassen von modernen Gedichten im Mittelpunkt sowie die Veranstaltung eines eigenen Poetry Slams. Das Fachbuch enthält nicht nur Anregungen, wie man Slam Poetry im Fach Deutsch unterrichten kann, sondern dokumentiert zudem, wie sich die Einstellung der Schüler zu Lyrik im Verlauf der Unterrichtseinheit wandelt.
Textprobe: Kapitel 2, Vorstellung des Unterrichtsgegenstandes ‘Slam Poetry’: Lyrik zeigt nach Kaspar H. Spinner, ‘wie mit wenigen Worten viel gesagt werden kann. In ihr verdichte sich zentrale existentielle Erfahrung […], die als Identifikationsangebot und Anstoß zur Reflexion dienen kann. Gedichte seien durch Polyvalenz gekennzeichnet, die zu Imagination und Kreativität herausfordern’. Die Gattung impliziert somit geradezu einen schüleraktivierenden Unterricht, der die Selbsttätigkeit der Lernenden fördert. Dennoch wirkt der Umgang mit Gedichten oftmals schwierig, die Schüler empfinden ihn als aufoktroyiert. Um einen freudvollen Zugang zu Lyrik zu ermöglichen, habe ich mich anstelle von traditionellen Gedichten für die Gegenwartslyrik ‘Slam Poetry’ entschieden. Abraham und Kepser verweisen in ihrer Didaktik bereits auf das Phänomen: ‘Von der breiten Öffentlichkeit fast unbemerkt hat sich außerdem seit 1995 eine junge Szene für mündlich vorgetragene Gedichte etabliert, […]. Die Rede ist von den sogenannten Poetry Slams […]. Die vorgetragenen Texte […] richten sich also an ein überwiegend junges Publikum.’. Die Rezeption von Slam Poetry weckt das Interesse an Lyrik, da die Texte meist leicht zugänglich sind und Alltagsthemen im Vordergrund stehen. Somit bieten sie den Schülern einen Lebensweltbezug, der bei konventionellen Gedichten oftmals schwierig zu finden ist. Die im Lernzirkel behandelten Motive sind mannigfaltig, die Stationen widmen sich der Comedy, der Liebe, dem Sozialkritischen sowie dem Rap und erlauben es den Schülern, ihren Neigungen nachzugehen. Gemäß ihrem Alter befindet sich die Lerngruppe derzeit in der Pubertät, die unabhängig von den generell heterogenen Interessenlagen eine zusätzliche Komplikation bezüglich der Themenauswahl bedeutet. Insofern erleichtert die Methode ‘Lernzirkel’ allen Schülern den Zugang zu Slam Poetry ungemein. Neben vielfältigen thematischen Varianten ist die formale Gestaltung ein weiterer Vorteil von Slam-Dichtung es wird mit Sprache gespielt, indem man mit Reimen und Rhythmik experimentiert. ‘Durch die Aufwertung rhythmischen Sprechens und lyrischen Denkens im Alltag Jugendlicher kann auch die poetische Sprache des kulturellen Erbes eines Lyrik-Kanons neu und als dynamisch sich verändernde Sprache wahrgenommen werden.’ Das Besondere an Slam Poetry ist, dass die lyrischen Texte nicht dem stringenten Aufbau traditioneller Gedichte gleichen, sondern gerade die Kombination von Stilmitteln, das Vermischen von Prosa und Lyrik und das Durchbrechen von Konventionen den Reiz ausmachen. Die Schüler können sich also ohne Angst an der Produktion von Slam Poetry versuchen, da es bei dieser Form der Dichtung kein richtig oder falsch gibt. Solange die Texte dem Prinzip der Oralität folgen, können sie in einem Slam performt werden. Daher vereinen sie oft lyrische, narrative und szenische Elemente, sodass für Poetry Slam in bestimmter Weise gilt, was Goethe in seiner Gattungspoetik über die Ballade behauptet. Sie sei eine Mischung der ‘Naturformen der Dichtung’, Epos, Lyrik und Drama. ‘In dem kleinsten Gedicht findet man sie oft beisammen, und sie bringen eben durch diese Vereinigung im engsten Raume das herrlichste Gebild hervor, […].’. Slam Poetry dient somit nicht nur der Produktion von Texten, sondern primär der Performance, welche die Möglichkeit der Persönlichkeitsentfaltung bietet. Ein 14-jähriges Mädchen beschreibt den Slam folgendermaßen: ‘Mir gefällt gerade auch beim Poetry Slam, dass alles auf der Bühne seinen Platz hat, und jeder kann seine Gefühle auf seine Art und Weise ausdrücken, und das wär toll, wenn das jedem beigebracht werden würde.’. Die UE ‘Poetry Slam’ bietet die Chance für einen spannenden und aktuellen Literaturunterricht. Die Schüler befassen sich einerseits mit Gegenwartslyrik, andererseits erhalten sie die Möglichkeit, selbst kreativ zu werden und eigene Slam Poetrys zu produzieren. Die sonst bei den Schülern oftmals verpönte Gattung Lyrik erhält durch diese Form eine neue Gestalt sie wird als zeitgemäß erkannt und kann mit vielen Sinnen erlebt werden, da analytische, kreativ-produktive und handlungsorientierte Verfahren kombiniert werden. 3, Didaktische Überlegungen und Entscheidungen: Der traditionelle, meist kognitive Literaturunterricht spricht nicht alle Lerntypen an und stößt auf Schülerseite selten auf eine positive Resonanz. Dies gilt in besonderem Maße auch für den Bereich ‘Lyrik’. Eine Öffnung des Unterrichts ist somit notwendig, um lyrische Texte realitätsnäher, fantasievoller, sinnhafter und anregender zu gestalten, sodass man den individuellen Lerntypen gerecht werden kann. Schüler besitzen nicht nur eine kognitive und technische Intelligenz, sondern auch eine emotionale und sinnliche, die in einem zeitgemäßen Unterricht unterstützt werden muss. Aus diesem Grund habe ich mich für den Unterrichtsgegenstand ‘Slam Poetry’ entschieden. Der zentrale didaktische Wert dieser Gegenwartslyrik liegt meines Erachtens darin begründet, dass die behandelten Themen die Lebenswelt der Schüler ansprechen. Die Lerngruppe befindet sich derzeit in einer Selbstfindungsphase. Dieser Prozess vereinnahmt sehr viel Aufmerksamkeit, sodass die schulischen Belange nur noch sekundär sind. Ich erhoffe mir durch die ausgewählten Slam-Texte, die Jugendlichen zu erreichen, da in diesen brisante Themen wie Liebeskummer, Auseinandersetzungen mit dem Umfeld und Persönlichkeitsfindung eine Rolle spielen, sich aber auch humorvolle Inhalte finden lassen.
Antje Carstens wurde 1982 in Brunsbüttel geboren. Das Lehramtsstudium mit den Fächern Deutsch und Erdkunde absolvierte sie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Derzeit ist sie als Studienrätin am Gymnasium Brunsbüttel beschäftigt. Ein Hauptanliegen ihres Unterrichts ist es, den Schülern mit modernen Unterrichtsformen und aktuellen Thematiken die Freude am Lernen aufzuzeigen und sie zum Wissenserwerb zu motivieren.