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- Fiktionale Gewalt und reale Aggression: Zur Wirkung gewalthaltiger Computerspiele
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 32
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Am 24.06.2002 stockt Deutschland der Atem. Der 19-Jährige Robert Steinhäuser hat das Leben von sechzehn Menschen mit gezielten Nahschüssen beendet. In Schwarz gekleidet, mit Handschuhen und Sturmhaube, läuft er mit einer Pump Gun und einer 9mm Pistole durch seine Schule und tötet scheinbar willkürlich Lehrer, Angestellte und Schüler. Im Anschluss an seinen Amoklauf richtet Steinhäuser sich selbst. Die Ereignisse am Erfurter Johann-Gutenberg-Gymnasium sind seither mahnendes Beispiel für die gefährliche Wirkung von Computerspielen. Die angestoßene öffentliche Debatte führt in Deutschland zur Verabschiedung eines neuen Jugendschutzgesetzes, das zur altersgerechten Kennzeichnung von Computerspielen verpflichtet. Zeitgleich tritt der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag in Kraft. Die Basis dieser Gesetze ist ein Denkansatz, der davon ausgeht, dass gewalthaltige Computerspiele eine Wirkung auf das Alltagsverhalten von Spielern haben. Im öffentlichen Diskurs ist diese Annahme weit verbreitet, aber ist sie wissenschaftlich auch wirklich fundiert? Kann man ohne weiteres von einer Übertragung der gewalttätigen Handlungen in einer virtuellen Welt auf die tatsächliche Gewaltbereitschaft von Spielern schließen? Diese Fragen sind Gegenstand dieses Buches. Um sich der Thematik zu nähern werden Computer zunächst als Medium vorgestellt und dabei im Speziellen auf die PC-Nutzung von Kindern und Jugendlichen sowie Spiele mit dargestellter Gewalt eingegangen. Im Anschluss daran werden psychologische Ansätze zu den Wirkungsweisen von gewalthaltigen Computerspielen vorgestellt. Abschließend wird aufgezeigt, welche Maßnahmen der Jugendmedienschutz in Deutschland in Verbindung mit gewalthaltigen Computerspielen ergreift und wie Eltern und Pädagogen selbst zur Prävention beitragen können.
Textprobe: Kapitel 3, Wirkungen von PC-Games: Im folgenden Kapitel wird der Frage nachgegangen, welche Folgen das Spielen von PC-Games für das menschliche Wahrnehmen und Handeln in der »realen« Welt mit sich bringen kann. Dabei werden zunächst allgemeine Effekte beleuchtet, um im Anschluss speziell auf Thesen zur Wirkung gewalthaltiger Computerspielen einzugehen. 3.1, Allgemeine Effekte des Computerspielens: Helmut Lukesch ist es gelungen, umfassende Forschungsergebnisse zu positiven und negativen Wirkungen von Computerspielen zusammenzutragen. Dabei stützt er sich auf eine Reihe von Studien, die zwischen 1980 und 1990 durchgeführt beziehungsweise publiziert wurden. Folgende positive Wirkungen von PC-Games gelten nach Lukesch als wissenschaftlich belegt: - Eine Verbesserung der Hand-Auge-Koordination, - eine Anregung zum Lesen, wenn Texte für den Verlauf des Spieles von Bedeutung sind, - die Förderung der Raumwahrnehmung, - eine Verbesserung des Regelverständnisses, des induktiven Denkens und der Strategie des Hypothesenaufstellens und -testens, - die spielerische Vermittlung physikalischer Gesetzmäßigkeiten und, - die Möglichkeit des Einsatzes zu therapeutischen Zwecken. Weiterhin können PC-Games zur Steigerung der Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, des Reaktionsvermögens und einer Verbesserung der Sensomotorik führen. Wer Computer spielt kann lernen eigene Lösungen zu finden, komplex zu denken, sich selbst zu kontrollieren, zu recherchieren, im Team zu arbeiten und aus Fehlern zu lernen. Als negative Effekte des Computerspielens führt Lukesch folgende Untersuchungsergebnisse auf: - Die Entstehung von Spielsucht als Lösungsversuch von Problemen, - das Entstehen von Beschaffungskriminalität, - die Aggressionssteigerung der Spieler und, - die Verletzung von Urheberrechten durch Raubkopien. Lukesch betont allerdings, dass die genannte Aggressionssteigerung und andere Modelleffekte nicht immer nachgewiesen werden können. Außerdem ist, entgegen der landläufigen Meinung, eine Vereinsamung durch Computerspiele nicht nachzuweisen. Sowohl soziale Isolation, Techniksucht und Unfähigkeit zur face-to-face-Kommunikation erweisen sich als unbegründet. Im Gegenteil, die aktuelle Entwicklung, gerade im Bereich der Ego-Shooter, zeigt, dass Multiplayer - Spiele sogar eine ‘identitätsstiftende […] Funktion ‘ haben. Mittlerweile lässt sich von einer eigenen Jugendkultur sprechen, die in so genannten Clans organisiert ist und sich in riesigen Hallen trifft, um mit mehreren Tausend Gleichgesinnten in Wettkampfform gegeneinander oder über das World Wide Web weltweit mit verbundenen Teams zu spielen. Spielhersteller warnen in Bedienungsanleitungen vor Epilepsie und geben Hinweise auf Vorsichtsmaßnahmen während der Benutzung von Computerspielen. Zu den negativen physiologischen Konsequenzen von PC-Games zählen: - Augenbrennen, - Verspannungen der Nackenmuskulatur, - Kopf- und Rückenschmerzen und, - Haltungsschäden. Diese körperlichen Beschwerden lassen sich allerdings erst bei langen Spielzeiträumen feststellen. Psychische Beschwerden bei durch PC-Games verursachter Stressbelastung und Überforderung sind Schlafstörungen, Konzentrationsschwächen, Leistungsversagen und Nervosität. 3.2, Thesen zur Gewalt-Wirkung von PC-Games: Kausale Ursache-Wirkungsannahmen, die davon ausgehen, dass gewalthaltige Spiele direkt Gewalttaten des Spielers auslösen treffen, wenn überhaupt, nur in Ausnahmefällen zu. Da, wie schon mehrfach erwähnt, die Befundlage über mögliche aggressionssteigernde Wirkungen von gewalthaltigen Computerspielen sehr uneindeutig ist, sollen im Folgenden einige ausgewählte Theorien vorgestellt werden.
Marcel Bohnert, geb. 1979, ist deutscher Offizier und hat von 2004 bis 2008 an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg sowie der Central Connecticut State University in den USA Pädagogik, Psychologie und Ethik studiert. Er ist seither als Führungskraft eingesetzt und hat zahlreiche Auslandsverwendungen durchlaufen. Im Rahmen einer externen Dissertation publiziert er schwerpunktmäßig zu militärischen, psychologischen und ethischen Themen.
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