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Geisteswissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 56
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Anlehnend an die Dreiteilung des ‚Idealstaates‘ in Nähr-, Wächter- und Herrscherstand stellt Platon für die verschiedenen Stände einzelne Erziehungskonzepte auf, wobei der Erziehung des Nährstandes, des Bauern- und Handwerkerstandes, kaum Beachtung geschenkt wird. Die Erziehung der Wächter behandelt Platon im II. bis IV. Buch seines Dialoges und die der zum Herrscher berufenen Philosophen im VI. und VII. Buch. Ihren Höhepunkt erreicht die Erziehung der Philosophen im Höhlengleichnis, in welchem ein bildhafter Entwurf der platonischen Bildungstheorie konzipiert wird. Diese Bildungskonzeption im platonischen Höhlengleichnis ist das zentrale Thema der vorliegenden Arbeit. Bevor das Höhlengleichnis, als Gleichnis der Bildung selbst beschrieben und aus teils pädagogischer, teils philosophischer Betrachtungsweise gedeutet werden soll, wird zuvor das Umfeld desselben beschrieben. Hier stehen das Sonnen- und Liniengleichnis im Mittelpunkt der Ausführungen, da sich die Deutung des Höhlengleichnisses, so sagt Platon selbst, dadurch ergibt, dass man es mit dem Sonnen- und Liniengleichnis, in Verbindung bringt (vgl. Pol. 517b). Ziel dieser Arbeit ist, besonders anhand der Beschreibung des Höhlengleichnisses und der in ihm begründeten platonischen Bildungskonzeption, Elemente zu analysieren, welche belegen, auf welche Art und Weise sich die Erkenntnis im Bildungsprozess vollzieht.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.2 Phase II, Die Entfesselung: Wenn nun einer der Gefangenen von seinen Fesseln losgelöst würde und gezwungen würde, sogleich aufzustehen, den Kopf herumzudrehen und gegen das Licht zu sehen, welches zunächst das Licht des Feuers ist, so beschreibt Sokrates weiter, würden die neuen Sichtverhältnisse dem Entfesselten Schmerzen zuführen, seine Wahrnehmung erschweren und er würde irritiert sein, denn er vermag nach dieser ‚Blendung‘ nicht jene Dinge zu erkennen, wovon er vorher nur die Schatten sah (vgl. Pol. 515c-515d). Es wird von ihm an dieser Stelle zweierlei abverlangt: Einerseits muss er sich auf die neuen Lichtverhältnisse einstellen, andererseits muss er auch geistig eine neue Perspektive einnehmen und den vertrauten Blickwinkel zugunsten eines anderen aufgeben, d.h. die Beschaffenheit der fremden, aber neuen Eindrücke für besser und wirklicher zu halten. Dies anzunehmen ist eine Zumutung und es verwirrt ihn, denn wie kann man etwas für besser und wirklicher halten, wenn man es zunächst schlechter sieht? Kauder kommentiert, dass die Verwirrung des Höhlenbewohners darauf hindeutet, dass er angefangen hat zu lernen. Auf Bildung bezogen repräsentiert sich die Verwirrung als Zumutung erst einmal in den Meinungen und dem Wissen der Individuen, worin sie sich angepasst haben (vgl. Kauder (2001:60)). An dieser Stelle beginnt im eigentlichen Sinn der Bildungsgang, denn die ‘Lösung von den Banden’ wird der ‘Heilung von dem Unverstand’ (Pol. 515c) gleichgesetzt. Der losgelöste Gefangene hat nun also die Möglichkeit das ‚Wahre‘ kennenzulernen, aber auf welche Weise? Er wird zwar befreit von den Fesseln, aber unter Zwang soll er sich erheben, den Kopf wenden und gegen das Licht sehen. Er muss also zur Erkenntnis der Wahrheit genötigt werden. Nach Reichenbach lässt dieser Gesichtspunkt vermuten, ‘dass Bildungsprozesse bzw. Entwicklung nicht wirklich nur freiwillig geschehen und dass es für die Gefangenen vielleicht gar nicht so schlimm wäre, in der Höhle der Meinungen und Schattenbilder zu verbleiben.’ Reichenbach (2007:30)). In dieser Phase des Höhlengleichnisses ist es wohl lohnenswert, auf die Fragen ‚Wer wird von den Fesseln befreit?‘ und ‚Wie wird er befreit?‘ einzugehen, da sie in Bezug auf die Bildung bzw. den Bildungsprozess auf einzelne Momente hin interpretiert werden können. Zur ersten Frage: In der ersten Phase wurde immer von mehreren Personen gesprochen, welche in der Höhle leben. Nun geht es aber nur noch um eine Person, nur einer der Gefangenen wird von seinen Fesseln befreit (vgl. Pol. 515c4). Es setzt an dieser Stelle also ein individueller Bildungsprozess ein. Aus pädagogischer Sicht interpretiert Kauder (2001:56) diese Stelle wie folgt: ‘Wenn die Entfesselung einer einzelnen Person geschildert wird, so macht das deutlich, daß Bildung vereinzelt, daß sie ihrem Wesen nach das individuelle Engagement notwendig fordert, andernfalls läuft die Bildungsbemühung leer. Bildung ist in diesem Sinn Selbst-Bildung. Auf Bildung können letztlich immer nur einzelne Menschen angesprochen werden.’ Die Fesseln gehörten für den ehemals Gefangenen zu seiner Normalität, er war es gewöhnt sich nicht zu bewegen, da er ja nichts anderes kannte (vgl. Pol. 515ab). Durch die Entfesselung wird er aus seiner starren Haltung befreit und in die Lage versetzt, eine für ihn ganz neue Blickrichtung auf sein bisheriges Umfeld, in dem er lebte, einzunehmen. Es wird ihm nun ermöglicht, aus einer anderen Perspektive beispielsweise auf die ihm gegenüberliegende Wand zu schauen. Mit dieser Befreiung wird nicht nur ‘ein bildlicher Wechsel des Blickpunktes [vorbereitet], sondern dem Befreiten wird die Möglichkeit gegeben, sich seiner Erinnerung zu bedienen und den damaligen mit dem jetzigen Zustand zu vergleichen. […] [Er] steht damit am Anfang des Weges, sich auch von seinen Einbildungen [und] seinen Vorurteilen zu befreien. […] [Es ist] ihm grundsätzlich möglich, ein anderes Leben mit mehreren Blickwinkeln zu führen, zu vergleichen und zu prüfen’ (Kauder (2001:57)). Bildung stellt sich hier ‘als von Täuschungen befreiendes Moment’ (ebd.) dar. Deutlich wird in diesem Gleichnisabschnitt auch, dass die ‘höhleninterne Bildungsetappe’, wie Kersting (1999:226) sie bezeichnet, den Entfesselten über die Schatten zu den die Schatten werfenden Gegenstände und Kunstwerke bis zum Feuer führt. Ferner stellt sich für ihn heraus, dass die Schatten ihrerseits erst mittels des Feuers produziert wurden. Zur zweiten Frage, auf welche Art und Weise der Gefangene befreit wird, ist klar zu antworten: unfreiwillig, da er gezwungen wird, aufzustehen und den Blick zu wenden (vgl. Pol. 515c5). Mit Zwang beginnt der ursprüngliche, bisher lediglich vorbereitete Bildungsprozess für den Befreiten. Dieser hat seinen Ausgangspunkt also darin, dass ein Individuum ein anderes durch pädagogischen Zwang auf Bildung hin beansprucht (vgl. Kauder (2001:58)). Das heißt, dass der Mensch sich nicht autonom auf den ‚Weg‘ zur Erkenntnis begibt, da selbiger nach Platon gekennzeichnet ist, durch Schmerz und Mühe, wie im nächsten Abschnitt weiter gezeigt wird.

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