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Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In der vorliegenden Arbeit werden sowohl die möglichen Ursachen, als auch die schwerwiegenden Folgen der Destruktion für das westliche kulturelle Wertesystem untersucht. Die Parallelen zwischen dem Grotesken und der Kultur werden erläutert und anschließend werden der Anteil und die Mechanismen des Grotesken in der Dekonstruktion der Kultur anhand des letzten Films von Pier Paolo Pasolini Salò oder die 120 Tage von Sodom (1975) untersucht. Da das Phänomen des Grotesken sehr abstrakt ist und eine eindeutige Definition des Grotesken ausgeschlossen ist, wird die Abjekttheorie als eine Brücke zum besseren Verständnis des Grotesken benutzt. Durch die neuere Forschung, welche dem Grotesken einen abstrakten und breiten Sinn gibt, eignet sich Pasolinis Salò als Beispiel für die Dekonstruktion von kulturellen Strukturen durch das Groteske hervorragend. Die abstrakte Bindung zwischen dem Grotesken und der Liquidierung kultureller Ordnung, sowie die filmische Darstellung dessen wird untersucht. Das Groteske in Salò wird aus psychoanalytischer und soziokultureller Sicht gleichermaßen behandelt, obwohl die beiden Bereiche nicht immer scharf getrennt werden können.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel, 2.3 Die Interpretationen des Grotesken: Kayser unterscheidet die ‘radikal satirische’ und die ‘phantastische’ Groteske. (Fuß 2001: 70) Das Groteske rückt in die Nähe des Absurden und des Phantastischen. Der absurdistisch-phantastische Aspekt geht mit einer unheimlichen, schrecken erregenden Wirkung einher. Das Lachen über das Groteske ist kein Effekt der Komik, sondern der Absurdität. Die Unverständlichkeit ist laut Kayser das Hauptmerkmal des Grotesken, wodurch lächerliche und unheimliche Züge überhaupt entstehen. Die Struktur des Grotesken zerstört die Kategorien der Weltorientierung. Die grotesk dargestellte Welt erscheint den Menschen fremd, weil die gewohnten Deutungsschemata unbrauchbar werden. Die ‘Zusammenstellung des Heterogenen’ im Grotesken macht die Ordnungen der Weltorientierung sinnlos. Dieser Effekt wird vom Kayser als das ‘Chimärische’ bezeichnet. (Fuß 2001: 71) Bachtin sieht in der Befreiung von Ordnungskonventionen eine der wichtigsten Funktionen des Grotesken. (Fuß 2001: 74) Er macht einen Unterschied zwischen einer klassischen und einer grotesken Körperkonzeption. Während sich die klassischen Körperdarstellungen durch ein ideales Maßverhältnis auszeichnen, konzentrieren sich die grotesken Körper auf Öffnungen (Mund, Vagina, After, Wunden), Höhlungen (Bauch, Magen, Gebärmutter) und auf alles, was über eine Idealsilhouette hinausgeht (Extremitäten, Brüste, Penis, hervorquellende Augen). Das Groteske ist asymmetrisch und maßlos. (Fuß 2001: 75) Bachtin prägt den Begriff des grotesken Realismus. (Fuß 2001: 76) Der klassische Realismus bildet eine idealisierte Realität ab, während sich der groteske Realismus dem Realen ohne seine Idealisierung widmet. In erster Linie sind die Sexualität, sowie die Ausscheidungsprozesse und -produkte in den westlichen Kulturen die marginalisierten Aspekte des Realen. Merkmal dieser grotesken Motive ist die Verschiebung konventioneller Grenzen, der Übertritt kultureller Normen und die Rezentrierung des Marginalisierten. Russo assoziiert das Groteske nicht nur mit der Höhle, sondern auch mit dem höhlenartigen anatomischen weiblichen Körper. (Russo 1994: 1) Dieser Vergleich impliziert die Verbundenheit der Frau mit der Erde (Natur) und suggeriert einen positiven und mächtigen Blick auf die Weiblichkeit. Der ‘Körperabfall’ (Blut, Träne, Erbrochenes, Kot), verbunden mit Abscheu und Terror, wird auch mit dem Weiblichen vereint - tief in der Höhle der Abjektion. Russo definiert das weibliche Groteske als geschlechtsneutralen Raum von Risiko und Abjektion. (Russo 1994: 12) ‘Weiblich’ bezeichnet dabei den normabweichenden (grotesken) Körper. Der verdoppelte und gespenstische Körper als Produkt einer monströsen Reproduktion wird dem Mütterlichen zugeschrieben. Freud bezeichnet diesen Prozess als Verdoppelung, Teilung und Austausch vom Ich. (Russo 1994: 18) Da sich dieser Prozess ständig wiederholt, könnte er auch als eine groteske Repetition betrachtet werden. Genauso ist diese Körperteilung durch ‘Körperabfälle’ auch ein männliches Phänomen. Weiskel behauptet, dass Freud die Bedeutung der Erhabenheit mit grotesker Ironie minderte. (Russo 1994: 32) Russo stellt daher die Frage, ob das Groteske nur eine Form des Erhabenen ist. Die Wirkung des Grotesken besteht für Schneegans in erster Linie darin, Lachen hervorzurufen. (Fuß 2001: 66) Es entsteht ein ambivalentes - zugleich ein joviales und höhnendes Lachen. Für Bachtin ist die Degradierung des ‘Hohen’ (Erhabenen) das wichtigste Merkmal des Grotesken. (Fuß 2001: 67) Schneegans behauptet, dass burleske und groteske Komik auf der Verspottung beruhen. (Fuß 2001: 66) Durch die Betrachtung des Objekts des Spottes scheint Schneegans der Spott im Fall des Grotesken durch sein Objekt gerechtfertigt, während er ihn im Fall des Burlesken als ‘Erniedrigung des Hohen’ für ungerechtfertigt hält. Das Mittel der gerechtfertigten (grotesken) Verspottung ist die Übertreibung. (Fuß 2001: 68) Das Groteske spielt laut Leopoldseder ein bewusstes Vexierspiel zwischen den Polen - zwischen dem Realistischen und Phantastischen, zwischen dem Komischen und Tragischen. (Leopoldseder 1973: 13) Das Groteske leistet sich ohne Vorwarnung einen plötzlichen Wechsel der Gestaltungsebenen. Während das Lachen über das Komische befreiend ist, ist das Lachen über das Groteske eher das Lachen der Verzweiflung. (Leopoldseder 1973: 17) Das Groteske stellt den Menschen oft als eine willenlose Marionette dar, welche verschiedene Rollen zugewiesen bekommt. Das Marionettensymbol entwickelt sich aber erst dann zu einem grotesken Motiv, wenn weder die Marionettenwirklichkeit noch die menschliche Wirklichkeit durchgehalten wird. Anorganisches und Organisches gehen dann ineinander über. Dies ist wiederum erst dann möglich, wenn die realistische Gestaltungsebene mit der phantastischen wechselt. (Leopoldseder 1973: 173) O'Connor sieht in dem Grotesken eine Suche nach Bedeutung, welche sich in Hollywood in einen grotesken Traum verwandelt. (Barasch 1971: 162) Das Groteske dient der Hollywood-Filmindustrie als eine Fassade, hinter welcher sich kosmische Sinnlosigkeit verbirgt. Die Verbote von Mord, Inzest und Kannibalismus sind Möglichkeitsbedingung jeder kulturellen Formation. Ihre Übertretung ist ein entscheidendes Element der grotesken Deformation. (Fuß 2001: 455) Bezogen auf den kollektiven virtuellen Inzest des Fests entwickelt Deridda ein Konzept des ‘Aufbruchs der Kultur’ (‘brisure’) - die Kultur bricht an, indem sie mit der Natur und gleichzeitig mit sich selbst bricht. (Fuß 2001: 467) Die Entstehung der Gesellschaft ist wie eine unfassbare Grenze und wenn man diese Grenze erreicht, wird sie in dem Moment gleichzeitig überquert. In ihr verschiebt sich die Gesellschaft. Genau wie in diesem Konzept wird die Kultur in Salò verschoben, verzerrt und dekonstruiert.

Über den Autor

Bojan Sarenac wurde 1978 in Jugoslawien geboren. Nachdem er 1999 nach Deutschland eingewandert war, studierte er Medienwissenschaften an der Universität zu Köln. Schon während des Studiums sammelte der Autor zahlreiche praktische Erfahrungen in der Medienbranche und übte ehrenamtliche Tätigkeiten im kulturellen und sozial-politischen Bereich aus. Seine kulturwissenschaftliche Diplomarbeit verbindet das Phänomen des Grotesken mit einer filmischen Dekonstruktion der kulturellen Ordnung. Die Motivation und Inspiration für diese Arbeit schöpfte der Autor aus dem blutigen Zerfall Jugoslawiens.

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