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Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 48
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der Adel nimmt im 19. Jahrhundert eine herausragende Stellung innerhalb der Gesellschaftsstruktur ein, obgleich seine Bedeutung am Ende desselben spürbar abnimmt. Es soll anhand Fontanes ‘Stechlin’ untersucht werden, inwiefern der Adel in der Literatur des ausgehenden 19. Jahrhunderts dargestellt und figuriert wird. Kritisiert Fontane den Adel hinsichtlich der konservativen Einstellungen oder findet eine positive Darstellung des Adels statt? Fontanes Einstellungen gegenüber dem Adel sind nicht pauschal darzulegen, vielmehr bedarf es einer genauen Betrachtung der Einstellung gegenüber dem Adel. Fontane schätzte den Adel in gewisser Hinsicht sehr, kritisierte jedoch dessen politische Lethargie und Dekadenz ebenso. Diese Einstellungen Fontanes bezüglich des Adels werden im Werk ‘Der Stechlin’ wie in keinem anderen seiner Werke sichtbar.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.2, Hochadel: Die Präsentation des Hochadels im Stechlin ist weitaus diffiziler als dieselbe des Niederadels. Als Angehörige des Hochadels agieren die Familie des Grafen Barby, Baronin und Baron Berchtesgaden sowie die Prinzessin Ermyntrud von Ippe-Büchsenstein, die mit Oberförster Katzler verheiratet ist. Die Bedeutung der Baronin und des Barons Berchtesgaden erweist sich im Roman als marginal, obwohl sie mit der Familie des Grafen Barby eng befreundet sind. Ein inniges Freundschaftsverhältnis verbindet die Baronin mit Melusine (128), der Baron hingegen pflegt ein freundschaftliches Verhältnis mit dem Grafen Barby (145). Da beide der Freizeitbeschäftigung des Spielens sehr zugeneigt sind, findet eine solche ‘Spielepartie’ (278) häufiger statt. 3.2.1, Graf Barby: Die Darstellung des Hochadels erfolgt insbesondere durch die Familie der Barbys. Graf Barby kann einen bewundernswerten Lebenslauf vorweisen. Er ist ‘auf einem an der mittleren Elbe gelegenen Barbyschen Güter geboren worden’ (144) und kam mit Vollendung des zwölften Lebensjahres auf die ‘Ritterakademie’ (144), woraufhin er mit achtzehn Jahren ‘in das Regiment Gardeducorps’ (144) gelangte. In seinem dreißigsten Lebensjahr wurde er ‘Rittmeister’ (144) diese Tätigkeit konnte er aufgrund einer Verletzung des ‘Oberschenkel[s]’ (144) jedoch nicht mehr fortführen. Infolgedessen war er gezwungen, im ‘diplomatischen Dienst’ (145) zu wirken. Er fungierte in Österreich, England und Italien als ‘Botschaftsrat’ (145) und konnte viele ‘Freundschaftsverhältnisse’ (145) knüpfen. Die Funktion des Botschaftsrates und der daraus folgenden Tätigkeit in der Diplomatie ist für den Hochadel im ausgehenden 19. Jahrhundert signifikant. Die Diplomatie war während des 19. Jahrhunderts die ‘unangefochtene Domäne des Adels’, was sich auch mit Beginn des 20. Jahrhunderts nicht änderte. In der Zeit als Botschaftsrat in London entwickelte sich die Vorliebe für England, das ‘ihm […] außerordentlich sympathisch’ (145) war. Es muss indes bemerkt werden, dass er nicht nur positive Aspekte Englands hervorhebt zweifelsohne findet zudem eine Darstellung der Defizite desselben statt. Graf Barby kritisiert ‘das englische Leben, […] vor allem die geschraubte Kirchlichkeit’ (145), gibt dennoch zu verstehen, dass eine Gewöhnung an diese bereits stattgefunden habe (145). Des Grafen Vorliebe für England spiegelt sich überdies in der kognitiven Ausprägung Londons seinerseits wider, sodass er ‘London besser [kenne] als Berlin’ (253). Nach des Grafen Rückkehr zog dieser nach Berlin in eine ‘Wohnung am Kronprinzenufer’ (146), in der man ‘mithin ziemlich beschränkt wohnte’ (127). Bei der Wahl des Wohnortes Berlin entschied sich der Graf gegen seine ‘Elbgüter’ (146). Die Präferenz der Reichshauptstadt zeigt die urbane Ausrichtung des Grafen deutlich. Er kann sich nicht erdenken, in einer ländlichen und peripheren Region zu residieren. Es ist möglich, dass sich diese Einstellung in seiner Zeit als Botschaftsrat in Wien, London und Florenz herausbildete. Durch seine Welterfahrenheit und kosmopolitische Prägung veranschaulicht Graf Barby einen ‘gänzlich anderen Adelstypus’ als Dubslav von Stechlin. Er verbindet ‘Weltläufigkeit mit einem aristokratischen Liberalismus’ auf eine faszinierende Art und Weise. Diese Differenzen zwischen beiden Charakteren schließen nicht aus, dass auch Gemeinsamkeiten vorherrschen. Die Physiognomie des Kopfes der beiden Figuren ist identisch sowohl Dubslav als auch der Graf weisen einen ‘Bismarckkopf’ (136) auf. Fernerhin ist ‘die Humanität des Herzens und die Heiterkeit’, die beide wie keine andere Figur im Stechlin darstellen, ein Merkmal der beiden Charaktere. Ein weiteres Charakteristikum des Grafen ist die Auseinandersetzung und Nutzung technischer Innovationen. Dies wird beispielsweise bei der Wahl des Verkehrsmittels deutlich. Nach dem Tagesausflug zum Eierhäuschen nutzt der Graf mit seinen Töchtern zur Rückreise an das Kronprinzenufer die ‘Stadtbahn’ (163) als öffentliches Verkehrsmittel. Es legt des Grafen positive Einstellung - trotz seines Alters - gegenüber den neuen Dingen der Zeit erneut erkennbar dar. Er ist diesen positiv gesinnt und scheut die Nutzung keineswegs. Dies zeigt nochmals die kosmopolitische Einstellung des Grafen, da schon 1863 die Eröffnung der London Underground vollzogen wurde und somit ein Kontakt mit modernsten Transportmitteln seinerseits bereits gegeben ist. Trotz dieser ‘Weltläufigkeit’ spricht sich Graf Barby in aller Deutlichkeit gegen ‘das Reisen […] und speziell gegen Hochzeitsreiserei’ (365) aus. Diese Position des Grafen kann einerseits seinem hohen Alter zugeschrieben werden sowie andererseits auf die Assoziation des Reisens mit der Arbeit als Botschaftsrat zurückgeführt werden. Die genannte Tätigkeit erforderte permanente Ortswechsel über große Distanzen, sodass des Grafen Sehnsucht nach Ruhe und Einkehr sehr groß erscheint. 3.2.2, Gräfin Melusine Barby: Die älteste Tochter des Grafen Barby verkörpert das Liberale und Zukunftsdenkende wie kein anderer Charakter im Roman. Sie ist auffällig weltoffen und den technischen Entwicklungen sowie Innovationen positiv gesinnt Melusine ‘schwärmt […] vom flutenden Verkehr’ und nutzt diese Art der Fortbewegung häufig. Außerdem erklärt sie Woldemar vor seiner Abfahrt nach England, was er zu sehen habe: ‘Also möglichst wenig Historisches. Und dann natürlich keine Kirchen, immer mit Ausnahme von Westminster’ (254). Es lässt sich konstatieren, dass Melusine durch den Rat des Besuchsverzichtes sakraler Gebäude zukunftsgerichtet und -denkend ist. Es gebe ihrer Meinung nach wichtigere Orte in der Stadt zu besichtigen (254). Diese zukunftsgerichtete Denkweise erkennt man im Übrigen in ihrem Gespräch mit Pastor Lorenzen: Ich respektiere das Gegebene. Daneben aber freilich auch das Werdende, denn eben dies Werdende wird über kurz oder lang abermals ein Gegebenes sein. Alles Alte, so weit es Anspruch darauf hat, sollen wir lieben, aber für das Neue sollen wir recht eigentlich leben. Und vor allem sollen wir, wie der Stechlin uns lehrt, den großen Zusammenhang der Dinge nie vergessen. Sich abschließen heißt sich einmauern, und sich einmauern ist Tod. (320) Das Respektieren des ‘Gegebene[n]’ (320) zeigt auch die Diplomatie Melusines, die sie wie ihr Vater als Angehörige des Hochadels repräsentiert. Sie duldet die alte Zeit, setzt sich jedoch für das Verständnis und die Akzeptanz der neuen Zeit vehement ein. Mit dieser Weitsichtigkeit und Offenheit ist sie vielen Charakteren des Romans weit hinaus. Es ist möglich, dass diese Denkart sich insbesondere in den Auslandsaufenthalten der Barbys herausbildete und nun zur gänzlichen Entfaltung kommt. Zweifelsohne ist sie von der englischen Politik und deren Durchführung fasziniert. Dass dies im Deutschen Kaiserreich nun gänzlich anders vollzogen wird, widerstrebt ihrer Auffassung von Politik. Darüber hinaus fällt ihr eine Identifikation mit dem preußischen Nationalstolz sichtlich schwer: ‘aller aufgesteifter Patriotismus’ (309) sei ihr ‘ein Greuel’ (309). Lediglich die Einbettung desselben in ‘Humor und […] Ironie’ (309) sei akzeptabel. Die Akzeptanz des Alten, kombiniert mit dem zukunftsweisenden Blick, erfährt man gleichermaßen in den von Melusine gesprochenen Schlussworten des Romans: ‘es ist nicht nötig, daß die Stechline weiterleben, aber es lebe der Stechlin’ (462). Hier wird dargelegt, dass sich Melusine gegen eine Fortführung der damaligen Gesellschaftsform ausspricht und die Funktion des Adels, trotzdem sie diesem angehört, in der Gesellschaft infrage stellt. Vielmehr äußert sie den Begehr, dass der Adel politisch sowie gesellschaftlich verantwortungsbewusst handeln solle und sich aktiv in die Gesellschaft integrieren solle. Zudem kann man die Forderung des Abstandnehmens der konservativen Ansichten wahrnehmen (462).

Über den Autor

Johannes Mücke wurde 1989 in Berlin geboren. Sein Studium der Germanistik und Geographie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz schloss er im Jahre 2012 mit dem Bachelor erfolgreich ab. Während des Studiums war die Literatur des Realismus, insbesondere die Werke Theodor Fontanes, immer wieder Untersuchungs- und Interessenschwerpunkt.

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