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- Die Ikonologie in der Kunstwissenschaft: Entwicklung, Möglichkeiten und Grenzen
Geisteswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 52
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
In der Kunstgeschichte bereicherte die durch Warburg und später Panofsky entwickelte Methode der Ikonologie die Forschung ungemein. Untersucht die Ikonographie wiederkehrende, über die Jahrhunderte und Epochen weiterverwendete und veränderte Motive, stellt die Ikonologie eine interpretatorische Leistung dar, in der die Ikonographie mit historischen, literarischen und psychologischen Verfahren verknüpft wird, um so zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Doch kann die Ikonologie als theoretisches Gebilde allgemeingültig gelten? Denn jede (kunsthistorische) Methode ist in ihrer Fähigkeit zum Erkenntnisgewinn gewissen Grenzen unterworfen, die es zu bestimmen gilt. Daher ist es das Ziel dieser Arbeit, Möglichkeiten, Probleme und eben Hürden der Ikonologie zu benennen und so die Verwendbarkeit der Methode zu eruieren. Dazu wird ein kurzer Überblick über ihre Entwicklung, nach führenden Forscherpersönlichkeiten geordnet, gegeben und sie anhand eines Streitfelds der Forschung, nämlich der Deutung der holländischen Genremalerei des 17. Jahrhunderts, exemplarisch untersucht. Die Praktikabilität der Ikonologie als Methode schließlich wird durch die ‘Arnolfini-Hochzeit’ von Jan van Eyck dargelegt und hinterfragt.
Textprobe: Kapitel II, Thematische Einführung: 1, Die Termini ‚Ikonographie’ und ‚Ikonologie’: Die Begriffe ‚Ikonologie’ und ‚Ikonographie’ werden – trotz genauer Definition – immer noch unpräzise verwendet. Panofsky schlug z. B. vor, eine differenzierte Verwendung innerhalb seines dreistufigen Interpretationsmodells zu verwenden: ‚Ikonographie’ leitet sich im zweiten Wortteil von dem griechischen Verb ‚graphein’ (schreiben) ab und setzt daher eine deskriptive, vielleicht sogar statistische Verfahrensweise voraus. Daher beschreibt und klassifiziert die Ikonographie Bilder, sie zeigt auf, zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort bestimmte Themen durch bestimmte Motive sichtbar gemacht wurden und liefert dadurch die Grundausrüstung einer jeden Interpretation. Die ‚Ikonologie’ nun – abgeleitet von ‚logos’ (Denken, Vernunft, Wort, Rede) – impliziert eine interpretatorische Leistung, eine Bildwissenschaft, die aus der Synthese der Ikonographie mit historischen, literarischen, psychologischen Methoden entsteht. Sie könnte auch als interpretatorisch angewandte Ikonographie bezeichnet werden, da sie das Wissen der Ikonographie als Basis für weiterführende Untersuchungen verwendet. Panofsky schlug nun vor, die Ikonologie als Bezeichnung für den dritten und finalen Schritt seines Bildinterpretationsmodells zu verwenden, da dieser sich genau mit dieser Leistung beschäftigt und im Grunde das eigentlich Neue seiner Methode darstellt. Hier wird die Bezeichnung ‚Ikonographie’ für die interpretatorische Erarbeitung eines Bildgegenstandes, der Terminus ‚Ikonologie’ generell für die kunstwissenschaftliche Methode und zugrunde liegende Theorie, welche es darzustellen gilt, benutzt. 2, Kleine Geschichte der Ikonologie: Der im 17. Jahrhundert lebende Archäologe und Kunsttheoretiker Giovanni Pietro Bellori war wahrscheinlich der erste Forscher, der sich mit der Ikonographie im heutigen Sinne beschäftigte. In seinem Werk ‘Le vite de´ pittori, scultori ed architetti moderni’ von 1672 stellt er kurze interpretierende Bildbeschreibungen vor, die sich bei manchen Beispielen zu regelrechten Interpretationsessays entwickeln. Dazu identifizierte er zuerst die Motive der betreffenden Bilder und versuchte dann, sie mit klassischen oder modernen literarischen Quellen in Verbindung zu bringen. Durch die Verbindung von Motiv und Quelle wollte er dann die grundlegende Bedeutung oder auch die allgemeine symbolische Idee des Werkes extrahieren. Winckelmanns 1776 erschienene Abhandlung ‘Versuch einer Allegorie besonders für die Kunst’ hatte zum Ziel, alles, was durch Bilder und Zeichen angedeutet und gemalt wurde, zu erfassen. Er unterschied dazu zwischen ‚abstrakten Bildern’ (Figuren und Zeichen, die auf Begriffe hindeuten, also Allegorien und Embleme) und ‚konkreten Bildern’ (mit mythologischen oder historischen Inhalten, die als Handlungen dargestellt werden: ikonographische Stoffe). Winckelmann blieb insofern der klassischen Ikonographie verhaftet, als er ein Nachschlagewerk ikonographischer Topoi beabsichtigte und seine Beschreibungen normativen Charakter hatten. Grundlegend für die Ikonologie im Panofskyschen Sinne ist laut Forssman jedoch, dass er in seinen Ausführungen auf die klassischen Denkmäler verwies und anhand dieser auch seine theoretischen Ausführungen belegte: ‘Statt phantasievoller Paraphrasen über alte Bildwerke erstrebte er eine korrekte Inhaltsdeutung aus den literarischen und historischen Quellen.’ Für Bialostocki stellt Gottfried Ephraim Lessings Abhandlung ‘Wie die Alten den Tod gebildet’ von 1769 den ersten Versuch in Richtung einer interpretierenden Ikonographie dar, da der Autor hier versuchte, einen ikonographischen Typus – den Amor mit der nach unten weisenden Fackel – zu interpretieren und durch die Verweise auf Religion, Brauch und Philosophie der Antike die eigentliche Bedeutung dieses Motivs herauszufinden. Das einzelne Kunstwerk stellte für Lessing ein Symptom für etwas anderes dar – und damit erklärte er nicht die Antike durch das neuere Kunstwerk, sondern das Kunstwerk durch die Vorbilder der Antike. Im 20. Jahrhundert lenkte die Warburg-Schule die Ikonographie in eine neue, bedeutende Richtung. 1912 stellte Aby Warburg eine damals bahnbrechende Neuinterpretation der Fresken von Francesco Cossa im Palazzo Schifanoja bei Ferrara vor, indem er die Darstellungen als Bilder von Tierkreiszeichen interpretierte. Er betonte die Wichtigkeit der von ihm erstmals als ikonologische Analyse bezeichneten Methode, da diese die ‘großen allgemeinen Entwicklungsgänge in ihrem Zusammenhang beleuchtet’. Im Gegensatz zu den Ikonographen des 19. Jahrhunderts stellte Warburg – und damit auch das Warburg-Institut in London – nicht die religiöse Kunst in den Vordergrund, sondern untersuchte Bilder hinsichtlich ihres Verhältnisses zu Religion, Dichtung, Mythos, Wissenschaft, sowie gesellschaftlichem und politischem Leben. Erwin Panofsky, der zusammen mit Warburg und Fritz Saxl – dem wohl berühmtesten Warburg-Schüler – in den 20er Jahren in Hamburg arbeitete, nutzte den von Warburg vorgegebenen Ansatz, um die interpretierende Ikonographie grundlegend zu theoretisieren. 1930 veröffentlichte er die Abhandlung ‘Herkules am Scheidewege’, zwei Jahre später einen grundlegenden theoretischen Aufsatz. Es war jedoch nicht er, sondern G. J. Hoogewerff, der als erster die Bezeichnung Ikonologie für die Methode der Inhaltsanalyse eines Kunstwerks vorschlug. 1931 unterschied er in dem Aufsatz ‘L´iconologie et son importance pour l´étude systématique de l´art chrétien’ zwischen der Ikonographie als beschreibender Wissenschaft mit dem Ziel, Themen zu identifizieren, und der Ikonologie, welche die in den bildlichen Formen ausgedrückten – oder eben verborgenenen – symbolischen, dogmatischen, oder mystischen Bedeutungen herauszufinden versucht. Während jedoch Hoogewerff nur methodologische Vorschläge unterbreitete, belegte Panofsky diese auch mit praktischen Beispielen und historischen Interpretationen. Die bedeutendste Untersuchung dazu stellt ‘Studies in Iconology’ von 1939 dar. Die Zusammenarbeit der Kunst- und Literaturhistoriker äußerte sich dann vor allem in der Untersuchung von Emblemen, wobei hier vor allem die Arbeit von Mario Praz genannt werden muss. Die Veröffentlichungen von Heckscher, Wirth, Clements, von Monroy, von Erffa, de Jongh und Miedema – um nur einige zu nennen – beschäftigten sich allesamt mit der Struktur und Bedeutung von Emblemen und ihrem enormen Einfluss auf die bildende Kunst. Arthur Henkel und Albrecht Schöne fassten dann die Untersuchungen insoweit zusammen, indem sie durch ihr Handbuch ‘Emblemata’ fast alle Embleme des 16. und 17. Jahrhunderts versammelten und der Öffentlichkeit uneingeschränkt zugänglich machten. Die Emblematik erreichte es, dass in den nächsten Jahrzehnten zahlreiche Untersuchungen zu Werken berühmter Künstler neue Bedeutungsebenen erhielten und damit bisher unbekannte Aspekte zu Tage kamen. Doch auch die religiöse Ikonographie wurde nicht vernachlässigt – vor allem für die Kunst des (Spät-)Mittelalters und Spätbarocks. Und auch die Architekturgeschichte blieb von der Ikonographie nicht unberührt: allegorische und symbolische Darstellungen führten dazu, die Architektur als Bedeutungsträger zu definieren und ihren Charakter damit wesentlich zu verändern. Mit der steigenden Anzahl von Publikationen und den damit verbundenen Einzelaspekten wurde das Bedürfnis nach einem systematischen ikonographischen Index geweckt. Das Niederländische Institut für Kunstgeschichte in Den Haag schuf 1950 eine erste photographische Sammlung, welches dann von van de Waal an der Universität Leiden durch ein Klassifikationssystem erweitert wurde, dass damit als ein Meilenstein in der Verwissenschaftlichung der Ikonographie bezeichnet werden kann. Van de Waal erarbeitete ein System, in welchem fünf Gruppen darstellbare Dinge einteilten (Das Übernatürliche, Natur, Mensch, Gesellschaft, Abstrakta), vier Gruppen besondere Gegenstände auflisteten (Geschichte, die Bibel, Mythen, Legenden und Erzählungen, Mythen und Legenden der klassischen Antike). Die als ‚Ikonographische Wende’ bezeichnete Entwicklung in der Kunstgeschichte und der damit verbundenen Interdisziplinarität führte zum einen zu einem verstärkten Interesse der Kunsthistoriker an der Ideengeschichte, zum anderen zu vermehrter Kritik, die sich vor allem um die Reinheit und Autonomie der Methode konzentrierte.
Dr. Franziska A. Irsigler wurde 1981 in Halle (Saale) geboren. Ihr Doppelstudium der Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte schloss sie im Jahre 2006 mit dem akademischen Grad einer Magistra Artium im Jahre 2007 mit dem Staatsexamen, beide mit Auszeichnung, ab. Am 14.11.2011 wurde sie vom Fachbereich II der Universität Trier zum Dr. phil. Promoviert. Ihr besonderes Forschungsinteresse liegt in den Schnittstellen zwischen Germanistik und Kunstgeschichte. Seit 2011 arbeitet Franziska Irsigler als Gymnasiallehrerin.