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- Die Genese des österreichischen Konkordats von 1933/34: Eine Studie zur Entwicklung der Staat-Kirche-Beziehungen in Österreich
Geisteswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 48
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die vorliegende Arbeit hat eine Fallstudie aus dem Bereich des österreichischen Staatskirchenrechts zum Thema: die Entstehung des Konkordats zwischen Österreich und dem Heiligen Stuhl vom 5. Juni 1933. Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Forschungsfrage, ob das Konkordat als Hervorbringung der semifaschistisch-autoritären Diktatur des ‚Ständestaates‘ bezeichnet werden kann. Da das Konkordat gleichzeitig mit der Verfassung vom 1. Mai 1934 kundgemacht wurde, ist das ein häufig zu hörender Vorwurf. Daher werden die historischen Voraussetzungen – unter Einbeziehung des Konkordats vom 18. August 1855 – entlang ihrer Zeitlinie analysiert und der Versuch unternommen, diesen schwerwiegenden Vorwurf als haltlos zu entlarven. Die Relevanz des Themas für die Allgemeinheit zeigt sich am deutlichsten in dem Umstand, dass das österreichische Konkordat von 1933/34 von seinen Kritikern immer wieder scharf angegriffen und ihm seine Existenzberechtigung abgesprochen wird.
Textprobe: Kapitel 4.1, Die Ausgangslage: Die Ausgangssituation der katholischen Kirche in Österreich zu Beginn des 19. Jahrhunderts war durch die josephinische Gesetzgebung geprägt. Kaiser Joseph II. (1764-1790) ging als aufgeklärter Despot von dem Grundsatz aus, dass ‘die Leitung sämtlicher Kirchen dem Staatoberhaupte zukomme, und verbot deshalb den freien Verkehr der Gläubigen und der Geistlichkeit seines Reiches mit dem Oberhaupte der katholischen Kirche, wie er auch die Verkündigung sämtlicher kirchlicher Verordnungen, selbst wenn es sich um reine Glaubenssachen handelte, von seiner vorherigen Genehmigung (Placet) abhängig machte.’ Die Einmischung des Kaisers in die rein kirchlichen Angelegenheiten überstieg jedes Maß und führte zu für die römisch-katholische Kirche unerträglichen Zuständen, die auch während der kurzen Herrschaft seines Nachfolgers Leopold II. (1790-1792) unverändert blieben. Andere Religionsgemeinschaften haben seine Herrschaft bis heute als eine für sie segensreiche in Erinnerung. Franz II./I. (1792-1806 / 1804-1835) indessen erkannte bereits die Notwendigkeit von Reformen der kirchlichen Verhältnisse in Österreich unter Ferdinand I. (1835-1848) wurde eine Kommission zur Vorbereitung eines Konkordats eingesetzt, jedoch trat die entscheidende Wendung erst mit dem Regierungsantritt Franz Josephs I. (1848-1916) im Jahre 1848 ein. Dieser erklärte alle josephinischen und leopoldinischen Kirchengesetze für aufgehoben und ließ ‘den Verkehr der Gläubigen und des Klerus mit dem Papste wieder zu. Desgleichen stellte er die Disziplinargewalt der Bischöfe wieder her und leitete mit dem Heiligen Stuhl Verhandlungen über den Abschluß eines Konkordats am 2. Dezember 1852 ein.’ Diese Verhandlungen mündeten in das am 18. August 1855 in Wien abgeschlossene Konkordat. Dieses Konkordat wurde am 25. September 1855 vom Kaiser und am 2. November 1855 von Papst Pius IX. (16.6.1846-7.2.1878) ratifiziert und publiziert. Mit Patent vom 5. November 1855 erfolgte die Publikation des Konkordats als Staatsgesetz. Die römische Kurie hatte damit einen Pyrrhussieg errungen, denn dieser Konkordatsabschluss sollte als ein anachronistisches Missgeschick das Verhältnis von Kirche und Staat in Österreich beinahe ein Jahrhundert lang belasten: ‘Hierokratische Prinzipien hatten sich im Neoabsolutismus Österreichs durchgesetzt, und das Konkordat, als Bündnis zwischen Thron und Altar konzipiert, hatte den Thron dem Altar subordiniert’. Erika Weinzierl verweist auf die zweifache Bedeutung dieses Konkordats: ‘Einerseits war es der Verzicht des Staates auf das seit mehr als drei Vierteljahrhunderten ausgeübte josephinische Kirchenregiment und damit ein feierlicher Friedensschluß zwischen Papst und Kaiser. Andererseits aber war es durch den Zeitpunkt seines Abschlusses auf der Höhe des neoabsolutistischen Regimes und seine großen Zugeständnisse an die Kirche den österreichischen Liberalen von Anfang an ein Stein des Anstoßes. Ihren jahrelangen erbitterten Angriffen ist es schließlich auch zum Opfer gefallen’. 4.2, Krise und Lösung des Konkordats von 1855: Dem Liberalismus jener Zeit war – wie Max Hussarek es in seiner akribischen Untersuchung auf den Punkt bringt – ‘die formelle Wahrung der staatlichen Souveränität in kirchenpolitischen Dingen die Hauptsache, und er verwarf ohne nähere Prüfung alles, was dieser zuwiderlaufen schien.’ Dabei stand im Vordergrund das Konkordat, ‘in welchem nicht bloß die Verkörperung des kirchenpolitischen Systems, sondern überhaupt das Symbol der gesamten Richtung des Staatswesens erblickt wurde. Gerade diese und nicht einzelne Sätze der vertragsmäßig mit dem Heiligen Stuhle vereinbarten einschlägigen Rechtsordnung bildeten den Gegenstand des Angriffes’. 1867 wurde – in Ausführung eines kaiserlichen Entschlusses – der bisherige Gesandte in Spanien, Albert Graf von Crivelli, auf den Posten des österreichischen Botschafters beim Heiligen Stuhl berufen. Die dem Grafen Crivelli vorgezeichnete Aufgabe bestand darin, ‘den Heiligen Stuhl in erster Linie zur Auflösung des Konkordats in wechselseitiger und freundschaftlich im Sinne dieses Vertrages (Art. 35) gepflogener Verhandlung zu vermögen’. Falls Crivelli in diesem Ansinnen kein Entgegenkommen fände, wurde dem Heiligen Stuhl die Aufhebung des Konkordats durch die österreichische Regierung gemäß der völkerrechtlichen Klausel ‘Rebus sic stantibus’ in Aussicht gestellt. Die Zwangslage, aus der heraus die österreichische Regierung handelte, resultierte aus der notwendigen Zustimmung zu einer Reihe von aus der Initiative des Reichsrates hervorgegangenen Gesetzen, die im Widerspruch zu den Vereinbarungen vom Jahre 1855 standen. Dabei ging es um die Wiedereinführung des Eherechts des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches und der staatlichen Ehegerichtsbarkeit, die Form der Schließung von Mischehen und deren rechtliche Wirkung, die Gestaltung der religiösen Erziehung der Kinder aus solchen Verbindungen, und die Durchführung von Begräbnissen von Angehörigen anderer christlicher Bekenntnisse auf katholischen Friedhöfen. Wenngleich das Ansinnen einer Auflösung des Konkordats im gegenseitigen Einvernehmen von Rom sofort zurückgewiesen wurde und Crivellis Mission insofern gescheitert ist, erzielte er doch die Bereitwilligkeit des Heiligen Stuhles zu einer teilweisen Abänderung des Konkordats. In dieser Situation wäre es also darauf angekommen, von Österreich aus eine Unterlage für eine entsprechende Verständigung anzubieten. Bei der österreichischen Regierung bestand aber, wie Hussarek konstatiert, ‘überhaupt keine zu Verhandlungen geneigte Stimmung’. Während die Dezemberverfassung 1867 bereits mehrfach dem Konkordat widersprach, erfolgte mit der Sanktion dreier kirchenpolitischer Gesetze am 25. Mai 1868 de facto der Bruch des Konkordats. Bei diesen, als Maigesetze von 1868 bekannten Gesetzen, handelte es sich um das Ehegesetz (setzte für Katholiken die Vorschriften des ABGB-Eheschließungsrechts in Kraft), das Schule-Kirche-Gesetz (übertrug die oberste Leitung und Aufsicht über das Unterrichts- und Erziehungswesen allein dem Staat und seinen Organen) und das Gesetz über interkonfessionelle Verhältnisse (beseitigte alle gesetzlichen Bestimmungen, die dem Grundsatz der Gleichheit der anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften widersprachen, und regelte erstmals in Österreich generell den Austritt aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft für den staatlichen Bereich). Bereits während der parlamentarischen Verhandlungen wiesen die Liberalen ‘immer wieder auf die Unvereinbarkeit von Verfassung und Konkordat hin, man sah in den Maigesetzen geradezu einen Testfall für die konstitutionelle Monarchie.’ Mit ihrer Sanktion durch den Kaiser wurde eine entscheidende Phase der Auseinandersetzung zwischen der katholischen Kirche und dem Verfassungsstaat abgeschlossen. Aber die Auseinandersetzung war noch nicht zu Ende: ‘Nach der einseitigen Abänderung wesentlicher Vertragspunkte durch die Monarchie war der endgültige Fall des Konkordats nur mehr eine Frage kurzer Zeit, da es mit der Dezemberverfassung und den kultuspolitischen Ausführungsgesetzen nicht mehr vereinbar war’. Ungeachtet dessen wurden intensive diplomatische Beziehungen zwischen Wien und Rom fortgesetzt, deren Zweck – auf ausdrücklichen Wunsch des Kaisers – darin bestand, ‘zu verhindern, daß es wegen der eklatanten Verletzung des Konkordats durch die österreichische Gesetzgebung etwa zu einem völligen Bruche mit dem Heiligen Stuhl komme.’ Wenngleich das Konkordat nach den Maigesetzen von 1868 im Kern ausgehöhlt war, blieb der Vertrag als solcher ‘als synallagmatischer Pakt in Kraft.’ Und es schien auch ‘die Hoffnung nicht unberechtigt, daß keine wesentlichen Gravamina mehr geltend gemacht und der Konkordatssturm sich legen würde.’ In der Tat kam es auf Seiten Österreichs zu einem Abflauen der Spannungen und auf der Gegenseite stand ‘die Bereitwilligkeit des Heiligen Stuhles fest, das Konkordat auch als Torso aufrecht zu erhalten’.
Siegfried Höfinger, geboren im Jahr 1961, hat an der Universität Wien Abschlüsse der Studienrichtungen Japanologie, Rechtswissenschaften und Politikwissenschaft sowie des postgradualen Lehrgangs 'Kanonisches Recht für Juristen' erzielt. Bis 2012 unterrichtete er an der Vienna Business School, heute ist er freier Übersetzer und Fachbuchautor in Wien.
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