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- Darstellendes Spiel im Unterricht: Das Musiktheater als ein Weg der ästhetischen Bildung
Geisteswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 40
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das Musiktheater, als spezielle Form des Darstellenden Spiels, verfügt über einen großen Stellenwert in der ästhetischen Bildung von Kindern und Jugendlichen, da es alle wichtigen Komponenten der ästhetischen Bildung impliziert. Die Schüler werden durch das Musiktheater im Speziellen auf mehreren Ebenen gefördert sowohl durch Emotionen, die durch die Musik automatisch hervorgerufen werden, als auch durch die unterschiedlichen persönlichkeitsbildenden Bereiche des Darstellenden Spiels. Erfahrungen, die sie in einem Musiktheaterprojekt machen, können sie auch auf ihr alltägliches Leben übertragen. Auf der Basis ästhetischer Aspekte des Schultheaters wird das Musiktheater als ein vielseitiges Aktionsfeld beleuchtet. Neben der Entstehung des Musiktheaters, wird in diesem Buch auch auf seine Bedeutung für den Unterricht sowie auf die unterschiedlichen Formen des Musiktheaters eingegangen.
Textprobe: Kapitel 2.2., Grundzüge ästhetischer Bildung: Im traditionellen Denken sind Bildungsprozesse überwiegend auf den schulischen Rahmen festgelegt. Unter ästhetischer Bildung (Syn. ästhetische Erziehung, ästhetisches Lernen) hingegen versteht man die Schulung aller Sinne. Diese Schulung kann man nicht nur ausschließlich an Kunst, sondern an allen sinnlich wahrnehmbaren Phänomenen erfahren. Man geht davon aus, dass ästhetische Bildungsprozesse schon nach der Geburt beginnen (Schäfer, 1999). Die ästhetische Bildung soll, durch die Ausbildung der Sinne, zu einer Schärfung der Wahrnehmung führen und daraus resultiert, dass es möglich wird, Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Somit wird wiederum das Denken angeregt. Wir beginnen über Dinge nachzudenken, die uns in dieser Form vorher nicht bekannt waren. Der römische Philosoph Plotin (205-270 n.Chr.) vergleicht in folgender Metapher die Bildung mit der Bildhauerei: Kehre ein zu dir selbst und sieh dich an und wenn du siehst, dass du doch nicht schön bist, so tue wie der Bildhauer, der von einer Büste, die schön werden soll, hier etwas fortmeißelt, hier etwas ebnet, dies glättet, das klärt, bis er das schöne Antlitz an der Büste vollbracht hat: so meißle auch du fort, was unnütz und richte was krumm ist, das Dunkle säubere und mach es hell und lass nicht ab, an deinem Bilde zu handwerken, bis dir hervortritt der göttliche Glanz der Tugend. (Plotin, Enneade I 6,9). Ästhetische Bildung zielt also auf die Bildung der aisthesis, d.h. auf die Bildung der sinnliche Wahrnehmung ab. Vor allem im Zeitalter der Medien ist es durch eine gewisse Verkümmerung der Wahrnehmungsfähigkeit notwendig, die Sinne wieder gezielt zu schulen. Die ästhetische Bildung beinhaltet, wie man bei Plotin feststellen kann, nicht nur die Bildung der Sinne, sondern vor allem auch die Selbstbildung des Menschen und somit auch die Bildung seiner Persönlichkeit (Peez, 2001). Ästhetische Erfahrungen stellen den Kern der ästhetischen Bildung dar, sodass ästhetische Bildung ohne ästhetische Erfahrungen nicht möglich ist. Der Begriff der ästhetischen Erfahrung ist nicht leicht zu definieren. Es liegt bisher keine in sich geschlossene Theorie ästhetischer Erfahrungen vor (Duncker, 1999). Durch ästhetische Erfahrungen soll es möglich gemacht werden, eine Sinnlichkeit zu entfalten, die es möglich macht, andere Personen oder Situationen besser wahrzunehmen und zu verstehen. Eine ästhetische Erfahrung ist eine tiefe Empfindung, durch die man kurzfristig Probleme oder auch sogar die Umwelt vergisst. Man kann ästhetische Erfahrungen sowohl rezeptiv als auch produktiv machen, d.h. sowohl in der Wahrnehmung ästhetischer Objekte und Phänomene als auch im eigenen Gestalten, sei es bildnerisch, musikalisch, dichterisch oder darstellerisch. Sie treten häufig sogar in alltäglichen Situationen auf, die das aufmerksame Auge und Ohr des Menschen auf sich lenken, sein Interesse wecken und, während er schaut und hört, sein Gefallen hervorrufen (Dewey, 1980, S.11). Ästhetische Erfahrungen können zu jeder Zeit, plötzlich, ohne Vorwarnung und nicht handlungsorientiert eintreten. Dewey erläutert die ästhetische Erfahrung am Beispiel eines Steins, der bergab rollt und dabei seine Erfahrungen macht: Der Stein beginnt irgendwo seinen Lauf und bewegt sich, so beständig, wie es die Umstände erlauben, auf einen Ort und einen Zustand hin, an dem und in dem er Ruhe finden wird – er bewegt sich auf ein Ende zu. Lassen sie uns diesen äußerlichen Tatsachen in der Phantasie den Gedanken hinzufügen, dass der Stein sehnsüchtig das endgültige Ergebnis erwartet dass er sich für das interessiert, was ihm auf seinem Weg begegnet – für Umstände, die seinen Lauf beschleunigen oder hemmen, je nach ihrem Einfluss auf das Ziel das er ihnen gegenüber gemäß, der hemmenden und helfenden Funktion, die er ihnen zuschreibt, empfindet und handelt und dass schließlich das ‚zur Ruhe kommen’ als der Höhepunkt einer fortschreitenden Bewegung mit allem Vorangegangenen verbunden ist. Dann durchliefe der Stein eine Erfahrung und zwar eine Erfahrung von ästhetischem Charakter. (Dewey, 1980. S.52). Einfacher kann man ästhetische Erfahrungen mit dem Flow-Erlebnis nach Csikszentmihalyi (Csikzentmihalyi, 2005) vergleichen. Bei einem Flow-Erlebnis ist der Handelnde vollständig in die Handlung vertieft, dies führt zu einem Verlust des Zeitgefühls und zur Selbstvergessenheit während der Handlung. Am Beispiel lässt sich ein Flow-Erlebnis am geeignetsten am Spiel eines Kindes erklären. Beobachtet man ein Kind, bemerkt man häufig ein Flow- Erlebnis: Das Kind ist vollkommen in sein Spiel vertieft und bemerkt den Beobachter überhaupt nicht. Kinder durchleben ästhetische Erfahrungen in unterschiedlichsten Zusammenhängen. Ästhetische Erfahrungen sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass Kinder ihre Welt erkennen und verstehen lernen. Sie müssen objektive Bewertungskriterien kennen lernen und ihr Urteilsvermögen muss geschult werden. Optische und akustische Reize erschweren diesen Prozess. Daher stellt ästhetische Erziehung in unserem Medienzeitalter eine große Herausforderung dar, da die optischen und akustischen Reize eine Sinnesüberflutung darstellen. Die Schule hat daher den Auftrag, diese Sinnesüberflutung zu kompensieren. 2.3, Ästhetische Aspekte des Schultheaters: Bisher gibt es kaum Untersuchungen, inwieweit die sinnliche Wahrnehmungsbildung durch theatrale Prozesse beeinflusst wird (Liebau, 2005).Lee Strasberg (1901-1982) formuliert das Problem folgendermaßen: Das Geheimnis ist, sich an sinnliche Wahrnehmung zu erinnern, also zu hören, zu sehen, zu fühlen, zu berühren, zu schmecken, zu riechen und kinetisch zu empfinden, das heißt, Erlebnisse im Körper zu empfinden. (Liebau, 2005, S.77).
Simone Wehmeyer, M.A., wurde 1979 in Frankfurt am Main geboren. Nach einer Gesangsausbildung an Dr. Hoch’s Konservatorium folgte ein Studium der Musikpädagogik bei Prof. Dr. Hans Günther Bastian sowie der Erziehungswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt am Main. Ihr Studium schloss die Autorin 2007 mit dem akademischen Grad der Magistra Artium ab. Das künstlerische Examen im Hauptfach Gesang absolvierte sie an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. Seit 2007 leitet Simone Wehmeyer die Musikschule KlangArt sowie das Musikschule KlangArt - Fort- und Weiterbildungsinstitut und unterrichtet in den Fächern Gesang, Musiktheater, Chor, Tonsatz und Gehörbildung. Die Autorin ist neben ihrer musikpädagogischen Lehrtätigkeit auch selbst als Solistin wie auch als Mitglied und künstlerische Leitung diverser Ensembles im klassischen Bereich und im Bereich der Popularmusik tätig.