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- Charlotte Roche - eine Popliteratin? Eine exemplarische Analyse der Werke Feuchtgebiete (2008) und Schoßgebete (2011) bezüglich ihrer Zugehörigkeit zur literarischen Entwicklungslinie der Popliteratur
Geisteswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 72
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Gegenstand des vorliegenden Fachbuches ist die Popliteratur und die zentrale Fragestellung, inwiefern die Autorin Charlotte Roche als Popliteratin bezeichnet werden kann. Es wird erörtert, inwiefern Werke, die charakteristische formalsprachliche und inhaltliche Kriterien der Popliteratur erfüllen, auch nach 2001 dieser literarischen Entwicklungslinie zugeordnet werden können. Dieser Fragestellung wird exemplarisch anhand Charlotte Roches Feuchtgebiete (2008) sowie dem Nachfolgewerk Schoßgebete (2011) auf den Grund gegangen. In diesem Zusammenhang werden einige Problemstellungen aufgezeigt und gelöst. Beispielsweise wird thematisiert, ob Epochenschwellen festgelegt bzw. fließend verlaufen und wie fließend definiert werden kann. Des Weiteren wird diskutiert, ob der Zeitraum der Veröffentlichung als alleiniges Zuordnungskriterium sinnvoll und angemessen verwendet werden kann und wie viele charakteristische Kriterien ein Werk aufweisen muss, um zu einer Gattung oder Literaturströmung hinzugezählt werden zu können. Muss es sämtliche stilistische und inhaltliche Merkmale aufweisen oder reichen einige wenige aus? Zu Beginn der Arbeit werden die notwendigen theoretischen Verständnisgrundlagen gelegt, indem eine treffende Definition der Gattung und die Ursprünge der Popliteratur formuliert werden. Außerdem werden verschiedene Ansichten zum angeblichen Ende der Popliteratur im Jahre 2001 aufgezeigt. Der sich anschließende spezifische Prozess des literarischen Wertens und Vergleichens der beiden Roche-Werke wird anhand festgelegter Kriterien durchgeführt. Aufgrund dessen wird zunächst eine Übersicht erstellt, die die typischen stilistischen und inhaltlichen Merkmale der Popliteratur ausweist. Sie werden im nachfolgenden Abschnitt als Schablone verwendet und dienen der Analyse als Grundlage. Letztlich wird ein Fazit gezogen, inwiefern Charlotte Roche unter Berücksichtigung ihrer beiden Romane als Popliteratin kategorisiert werden kann.
Textprobe: Kapitel 2.2.2, Beat-Generation: Die Beat-Generation entwickelte sich in den USA in der Nachkriegszeit des 2. Weltkrieges. Auch wenn die USA aus diesem siegreich hervorgegangen waren, zahlten sie aufgrund ihrer vielen Toten und dem Eingeständnis ihrer Atombombenabwürfe einen hohen Preis für ihren Sieg. Das geistige Klima der ersten Hälfte der 50er-Jahre konnte aufgrund dessen als stickig und unbeweglich charakterisiert werden. Dieser gesellschaftliche Zustand wurde zudem durch Bigotterie, wirtschaftlichen Wohlstand, dem Kalten Krieg sowie den 1950 einsetzenden Koreakrieg weiter begünstigt und es herrschte eine Stimmung der Langeweile und des Konformismus. In den Städten New York und San Francisco hatte sich zu dieser Zeit eine kleine Bewegung von Lyrikern und Romanciers entwickelt, die die vorherrschende Vorstellung von Literatur auf sozialer sowie literaturästhetischer Ebene verändern und einen neuen Weg in der Erforschung der Rolle des Individuums in der Gesellschaft aufzeigen wollten. Die als antikonformistisch einzustufende Bewegung bestand zunächst aus Jack KEROUAC, Allen GINSBERG und William S. BORROUGHS. Parallel zu der Entwicklung der Beat-Generation erschien der Roman The Catcher in the Rye (Der Fänger im Roggen) von Jerome David SALINGER, in dem sein jugendlicher, heldenhafter Protagonist Holden Caulfield sich gegen eine konformistische Gesellschaft auflehnt, aus seinem Internat ausbricht und auf seinem Fluchtweg eine Irrfahrt durch New York beginnt. In seiner verzweifelten Einsamkeit empfindet der Protagonist das hektische Treiben der Millionenstadt als entmenschlicht und leer. Die detaillierten Beobachtungen der Hauptfigur wurden in einer überspitzten Jugendslang-Sprache formuliert. Dieser individuelle Sprach-Stil und die genauen, sehr empathisch wirkenden Schilderungen des Autors begründeten die große Popularität des Romans unter vielen Jugendlichen dieser Zeit, da dieser es ihnen ermöglichte, sich in der Hauptfigur des Romans wiederzufinden. Die Bestrebungen des Protagonisten stellen eine Analogie zu den Bestrebungen der Beat-Generation dar, die beide das Ziel verfolgen, die vorherrschende konformistische Gesellschaft zu bekämpfen und zu verändern. Wenn man die Beat-Generation beschreiben bzw. definieren möchte, verhält es sich ähnlich schwierig wie mit dem Begriff der Popliteratur. Die Meinungen und Ansichten darüber, was die Beat-Generation genau ist und was sie ausmacht, sind von Anfang an sehr kontrovers und vielfältig gewesen. Dieser Umstand spiegelt sich bereits in der Terminologie beat wieder, die durch den bereits erwähnten William S. BORROUGHS innerhalb der Bewegung eingeführt wurde. Die Inspiration für den Begriff bekam er von seinem Freund Herbert HUNCKE, einem Kleinkriminellen, der innerhalb seines etwas eigenwilligen Gebrauches der englischen Sprache den Begriff zur Umschreibung sämtlicher Gefühlslagen nutzte und somit auf die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten der Seelenlage junger Menschen aufmerksam machte. Bereits zwischen den Gründern der Beat-Generation bestand Uneinigkeit bzw. zu viel Interpretationsspielraum darüber, was der Terminus nun genau bezeichnet bzw. bezeichnen kann. So erklärt Karl O. PAETEL in seiner Beat-Anthologie, einer Sammlung ausgewählter Texte zu dieser Thematik, dass der Begriff eine Umschreibung für eine ‘rastlose, konventionsmüde, erlebnishungrige Generation’ ist, bestätigt aber auch, dass ‘die Autoren selbst dem Terminus in ihren Aussagen sehr unterschiedliche Nebentöne geben und somit verschiedene Verknüpfungen herstellen.’ Es existiert aufgrund dessen eine Vielzahl von Begriffen, unter denen das Phänomen dieser individualistischen Außenseitergeneration geführt wurde. So wird sie von Norman MAILER in seinem Essay The White Negro z.B. als ‘Hip-Generation’ tituliert, die sich eindeutig von den ‘squares’, also den Spießern abgrenzt. Unter anderem wurde die Beat-Generation außerdem als ‘beats’, ‘beatniks’, ‘hipsters’, ‘subterraneans’ und ‘new Bohemians’ bezeichnet. Das etablierte politische System hatte hingegen eine eindeutige Meinung über die Beat-Generation. Für die Politik waren die Anhänger der Szene non-konformistische Außenseiter, so gennannte ‘drop-outs’. Es ist anzumerken, dass von allen Termini lediglich die Bezeichnung ‘hipster’ in einem sprachlichen Konsens endete und dann in den 60er-Jahren direkt zur Kreation des Begriffes ‘Hippie’ führte.Die zahlreichen Bezeichnungen bewirkten zudem differente Betrachtungsweisen, die wiederum mit unterschiedlichen Werten und Meinungen zu diesen Benennungen einhergehen. Dies führte teilweise dazu, dass der Beat-Generation zu Unrecht negative Attribute zugesprochen wurden. Weiterhin wurde die herrschende Unsicherheit dadurch forciert, dass die Beat-Generation nie eine geschlossene Gruppe mit fest formulierten Leitsätzen darstellte. Einen wirklichen Nachweis über die vertretene Einstellung und über die Wertevorstellungen der Anhänger der Beat-Generation hat es ausschließlich über ihre literarischen Veröffentlichungen gegeben. In ihnen wird die Weltanschauung der Beat-Szene deutlich. Diese Literaten sehen sich als Individuen in einer automatisierten und entmenschlichten Gesellschaft und aufgrund dessen werden des Öfteren Inhalte des Eskapismus wie Realitätsflucht oder Wirklichkeitsflucht thematisiert. Zentrale Antriebsfeder dieser Literatur ist das Aufbrechen moralischer Tabus, was vor allem die freie Entfaltung der eigenen Sexualität, Konsum von illegalen Substanzen, fernöstliche Spiritualität und ein vollkommenes Aufgehen in Jazz und Bebop impliziert. In diesem Zusammenhang nennt BETZ (1977) als erstveröffentlichte Werke Howl an other Poems (1956) von Allen GINSBERG und Kerouacs on the Road (1957) von Jack KEROUAC. An den genannten Inhalten wird bereits deutlich, inwiefern die Beat-Generation für die Popliteratur fundamental ist. Auch sie zeichnen in ihren Werken das Bild einer jugendlichen Opposition und es wird versucht, sich dem organisierten System zu entziehen bzw. feste Grenzen wie beispielsweise Klassengrenzen zu überschreiten, so dass sich viele inhaltliche Schnittmengen abzeichnen. In beiden Formen der Literatur werden Inhalte wie Tabubrüche, sexuelle Befreiung, das Befolgen einer Konsumideologie sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch thematisiert.
Daniel Unger studierte an der Universität Koblenz-Landau und schloss sein Studium der Germanistik sowie der Sportwissenschaften 2013 mit dem akademischen Grad des Masters of Education erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte der Autor umfassende theoretische Erfahrungen über die literarische Entwicklungslinie der Popliteratur, indem er schwerpunktmäßig entsprechende literaturwissenschaftliche Seminare besuchte und diese anhand von Hausarbeiten zu dieser Thematik erfolgreich abschloss.