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- Büchereien als Ort des interkulturellen Lernens: Eine Untersuchung zum Medienangebot für mehrsprachige Leserinnen und Leser
Geisteswissenschaften
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Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Abb.: 11
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Büchereien und Bibliotheken sind für die Sprachvermittlung wichtig, denn sie nehmen als öffentliche Institutionen eine besondere Rolle als Bildungs- und Freizeiteinrichtung ein. Sie bilden einen Raum, in dem Öffentliches und Privates zusammentreffen, eine Schnittstelle zwischen Unterhaltung und Lehre. Untersuchungsanliegen der Arbeit waren demnach Fragen nach dem Angebot für LeserInnen mit anderen Erstsprachen als Deutsch in den Städtischen Büchereien und der Motivation bzw. dem Konzept, das dahinter steht. Darüber hinaus wurde auf Basis der Ergebnisse der Spracherwerbsforschung hinterfragt, ob das Angebot in der L1 (Erstsprache) auch den Erwerb der L2 (Deutsch) fördert und sich eine solche eventuelle Förderung im Leseverhalten widerspiegelt. Die Untersuchung beginnt mit einer Zusammenfassung der Erkenntnisse der Spracherwerbsforschung zur Mehrsprachigkeit, zeigt des Weiteren die Konstruktion der mehrsprachigen Identität in einer monolingualen Gesellschaft und anschließend die konkreten Sprachsituationen der Einzelsprachen Türkisch und Kroatisch/Serbisch/Bosnisch in Österreich. Die Dokumentation der aktuellen Situation soll aufzeigen, welche Umstände und Maßnahmen der Mehrsprachigkeit förderlich sind. Die Arbeit schließt mit einem Ausblick auf den weiteren Aufbau eines mehrsprachigen Angebots und einem Plädoyer für eine humanere Sprachenpolitik.
Textprobe: Kapitel IV, Zur Sprachsituation und Sprachenpolitik in Österreich: IV.I, Muttersprachlicher Unterricht: Der österreichische Lehrplan spiegelt zumindest teilweise eine Einsicht in die Erkenntnisse der Spracherwerbsforschung wieder, insofern als ein einheitlicher Lehrplan für den muttersprachlichen Unterricht in den Volks- und Sonderschulen angefertigt wurde, der in seiner Formulierung und Zielsetzung die Rolle der Muttersprache für jegliche weitere Entwicklung beschreibt: ‘Ziel des muttersprachlichen Unterrichts ist der Erwerb der Muttersprache zur Herstellung von Kontinuität und Stützung der Persönlichkeitsentwicklung, ausgehend von der Zugehörigkeit zum Sprach- und Kulturkreis der Eltern. […]. Zur Wahrung der Bildungschancen ist auf die Herstellung einer altersgemäßen Kommunikationsfähigkeit im schriftlichen wie mündlichen Bereich zu achten, die Kommunikationsbereitschaft und richtiger Sprachgebrauch sind zu fördern und zu festigen. Schließlich sind Grundeinsichten in die Sprachstruktur und in die Literatur der jeweiligen Sprache zu vermitteln.’. Der Erwerb der Erstsprache wird als Notwendigkeit für jeden weiteren Bildungsprozess erkannt, die Primärsprache soll im Unterricht als gleichwertig und der deutschen Sprache ebenbürtig erfahren werden. Die Bedeutung einer sprachlichen Identität für jegliche Ausbildung und das spätere Berufsleben sowie die Rolle des Bikulturalitäts- bzw. Integrationsprozesses werden hervorgehoben. Die angegebenen Bildungsziele - nämlich der Spracherwerb und Ausbau der verschiedenen Fertigkeiten (Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben) sowie das Erlangen bestimmter kulturellen Kompetenzen - entsprechen in ihrer Formulierung dem allgemeinen Lehrplan der ‘einsprachigen’ Kinder. Gleichzeitig wird auf die besondere Situation des muttersprachlichen Unterrichts hingewiesen, in dem die Gruppen sehr heterogen sein können: Etwa verschiedene familiäre oder regionale Dialekte nicht an Nationalität gebundene Sprachen (z.B. kurdisch sprechender Türke) unterschiedliche Migrationssituation (z.B. Zugewanderte oder Kinder der zweiten & dritten Generation, etc.) unterschiedliche Bildungs- und Sozialschichten, usw. Ziel ist, ähnlich wie im Deutschunterricht, eine Standardvariante der jeweiligen Sprache zu unterrichten, was bei bestimmten Sprachen leichter ist als bei anderen z.B. unterscheidet sich das im Irak gesprochene Arabisch stark von dem in den Maghrebstaaten, etc. Der Lehrplan erwähnt als einen weiteren Schwerpunkt die Vermittlung der Kenntnisse über das Herkunftsland, wobei die Formulierung hier wieder nahe legt, dass es sich um ein einziges Herkunftsland (und eine einzige gleiche Sprache) handelt. Eine gewisse Dissonanz verursacht folgende Formulierung im Lehrplan: ‘Deutsch ist als die primäre Unterrichtssprache zu erwerben, während die Muttersprache die primäre Erlebnis-, Erfahrungs- und Sozialisationssprache der Kinder ist.’. Hier wird das Konzept der ‘Gleichwertigkeit’ der Sprachen insofern revidiert als der Muttersprache - gleichsam als Widerspruch zu vorangegangenen Formulierung - der Platz des Privaten zugewiesen wird, der in der Schule nur als ‘Anfangsstütze’ wahrgenommen wird. Deutsch ist dadurch immer noch vorrangiges Bildungsziel als ‘primäre’ Unterrichtssprache und nicht die Mehrsprachigkeit. Eine tatsächliche Gleichwertigkeit der Sprachen würde aber ein anderes Unterrichtskonzept erfordern, in dem die Erstsprache nicht nur ‘nebenher’ und isoliert vom restlichen Schulbetrieb gelernt wird, sondern Teil des regulären Unterrichtsgeschehens ist und auch als ‘Hauptfach’ anerkannt wird. Durch das ‘Monopol’ des Deutschen als Unterrichtssprache entsteht ein Paradox: Den SchülerInnen soll einerseits vermittelt werden, dass Bi- oder Plurikulturalität sowie Mehrsprachigkeit anstrebenswert sind und gefördert werden sollen, andererseits findet der ‘Austausch’ eingleisig und vor allem als Ausrichtung auf den Deutscherwerb statt. Dadurch wird suggeriert, dass die deutschsprachigen SchülerInnen keinesfalls von den Erstsprachen ihrer MitschülerInnen profitieren, da der Sprachunterricht nicht für die Allgemeinheit angeboten wird und die Sprachkenntnisse der MitschülerInnen im regulären Unterricht nur eine periphere Rolle spielen ja sogar als defizitär wahrgenommen werden. Eine wirkliche Valorisierung der Erstsprache wäre z.B. dann gegeben, wenn der Besuch des muttersprachlichen Unterrichts verpflichtend wäre, oder als weitere Unterrichtssprache gehandhabt würde, die alle Kinder lernen dürfen (sollen). So könnte ein ‘echter’ Austausch stattfinden, in dem nicht nur z.B. Kroatisch oder Türkisch sprechende Kinder Deutsch lernen, sondern auch Deutsch sprechende Kinder Türkisch und Kroatisch. Teilweise wurde dieses Konzept schon umgesetzt, da es ab 2011/12 möglich sein soll, etwa in Bosnisch/Serbisch/Kroatisch zu maturieren und diese Sprachen auch als zweite (oder dritte) lebende Fremdsprache anerkannt werden. Die geplanten Veränderungen in diesem Bereich lassen hoffen, dass bald weitere Sprachen und vor allem Türkisch als eine der ‘sprecherstärksten’ Sprachen in den regulären Lehrplan aufgenommen werden.
Sara Claire Kerschbaumer wurde 1985 in Wien in einer multikulturellen Familie geboren und wuchs in einem zweisprachigen Elternhaus auf. Nach einem kurzen Ausflug in die Naturwissenschaften wurde das Biologiestudium 2005 zu Gunsten eines Germanistik- und Romanistikstudiums aufgegeben. Nach einigen Auslandsaufenthalten und einer Unterrichtstätigkeit in Frankreich schloss die Autorin das Germanistikstudium mit einer Arbeit im Bereich DaF/DaZ 2012 ab. Neben dem Bereich DaF/DaZ interessiert sich die Autorin für sprachpolitische Phänomene im Allgemeinen. Sie beschäftigt sich dabei nicht nur mit den Entwicklungen der Gegenwart, sondern untersucht auch historische Phänomene des Sprachaustausches wie z.B. in der mittelalterlichen Literatur.
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