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Produktart: Buch
Verlag:
Bachelor + Master Publishing
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 56
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die vorliegende Arbeit gibt einen gerafften Überblick über die politischen, gesellschaftlichen und religiösen Entwicklungen Europas zur Zeit der karolingischen Herrschaft. Ein besonderes Augenmerk gilt der Vorstellung, die sich die Menschen zu unterschiedlichen Zeiten von Karl dem Großen gemacht haben. Dabei wird der fränkische Herrscher vor einem literarischen, mythologischen, politischen und religiösen Hintergrund betrachtet. Die Autorin geht der Frage nach, ob wir ein realistisches und historisch belegbares Bild von Karl dem Großen zeichnen oder ob die ihm verliehene Bezeichnung Vater Europas sowohl im 9. als auch im 21. Jahrhundert lediglich von übertriebenem Herrscherlob und einem Wunschdenken zeugt, mit dem man versucht, in dem fränkischen Kaiser eine Identifikationsfigur für Europa zu schaffen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2, Das geographische Europa: Das aus dem Semitischen abgeleitete Wort ‘Europa” trug ursprünglich die Bedeutung der Sonnenuntergang, das Dunkle und bezeichnete das Land, hinter dem die Sonne unterging. Für die Griechen, die den Begriff von phönikischen Seeleuten übernahmen, war es das Land, in dem die von ihnen so genannten Barbaren lebten. Nach und nach erfuhr die Bezeichnung Europa eine Ausweitung und umfasste schließlich das Gebiet zwischen dem Schwarzen Meer und der Straße von Gibraltar. Bereits in der Vorstellung der antiken Geographen zeigten sich die heute noch immer vorhandenen Schwierigkeiten, die Grenzen Europas eindeutig zu klären, da der Kontinent im Osten nicht durch einen Ozean begrenzt wird. Eine unstrittige natürliche Trennlinie fehlt, und so einigten sich die Gelehrten auf den Don, später auf die Wolga als Grenzfluss. Das Uralgebirge als Grenze zwischen Europa und Asien ist eine Verlegenheitslösung seit dem 18. Jahrhundert. So wurde die Grenze zwischen Europa und Asien im Laufe der Zeit immer weiter nach Osten verschoben. Diese Festlegungen waren keine geographischen, sondern stets politische Entscheidungen, und auch heute ist die Gestalt Europas keine Frage der Geographie. 2.3, Das kulturelle Europa: Kontakte mit fremden Kulturen fördern das Bewusstsein für die eigene Identität. Für die Griechen der Antike kam das Fremde und Feindliche aus Asien, das ihnen zwar näher und vertrauter, gleichzeitig aber auch bedrohlicher erschien als Europa. Während die Europäer als mutig, kriegerisch, angriffslustig und freiheitsliebend charakterisiert wurden, zeigten sich die Asiaten als weise, kultiviert, träge und friedfertig. Europa umschloss eine große Anzahl kleinerer, freiheitlich organisierter und unabhängiger Staaten, die untereinander viele Unterschiede aufwiesen. Dennoch fühlten sich diese Staaten einander stark verbunden, denn sie alle grenzten sich deutlich vom despotisch regierten persischen Reich ab. Dieser grundsätzliche Gegensatz zwischen Europa und Asien wurde in späteren Jahrhunderten immer wieder aufgegriffen, um das verbindende Eigene zu unterstreichen. Die für Europa charakteristische Kultur basierte auf einer gemeinsamen griechisch-römischen Vergangenheit sowie der anschließenden Christianisierung. Diese lateinische Christenheit grenzte sich von der byzantinischen Christenheit einerseits und vom Islam andererseits ab und war in der Lage, sich in bedrohlichen Situationen gegen eine Gefahr zusammenzuballen. Berühmtes Beispiel dafür ist der Zusammenschluss von mehreren gallisch- romanischen und germanischen Stämmen unter Karl Martell gegen die muslimischen Eindringlinge aus dem Süden im Jahre 732. Der Chronist fand für sie den Begriff Europenses, doch diese Europäer gingen nicht in einem Europa auf. Nach der Schlacht löste sich die Gruppe schnell wieder auf, denn es handelte sich lediglich um eine zeitweilige Schicksalsgemeinschaft, die nur angesichts der Gefahr entstanden war, die von den Arabern ausging. Für die Bevölkerung blieb Europa ein weit entfernter Mythos. Trotz des gemeinsamen Glaubens, der das Alltagsleben der Menschen prägte und einen Faktor für die Einheit der Gemeinschaft bildete, konnte aus dem europäischen Ideal keine Realität werden. Die Europäer fühlten sich nicht als Europäer, sondern als Christen. Der gemeinsame Glaube war das entscheidende Kriterium, das sie von anderen Völkern unterschied. 2.4, Das politische Europa: Unter der Herrschaft Karls des Großen wurde die Einheit Europas vor allem von ausländischen Dichtern verstärkt beschrieben. Immer wieder findet sich der Begriff in Gedichten und Epen. Dieses Europa umfasste den karolingischen Herrschaftsraum, ein großes politisches Gebilde mit gemeinsamer Verwaltung und gemeinsamer Religion. Doch dieses Europa war bedeutend kleiner als das, was wir uns heute unter Europa vorstellen. Die britischen Inseln, Skandinavien, Teile Italiens und fast die gesamte iberische Halbinsel lagen außerhalb des karolingischen Reiches. Im Osten bildeten Elbe und Saale praktisch die Grenze. Aus der Sicht des 21. Jahrhunderts handelte es sich nur um ein Rumpf-Europa, aber es entsprach dem Gebiet der katholischen Kirche und damit dem Kern, um den sich das heutige Europa geformt hat: ‘l’Europe carolingienne, c’est le coeur, c’est le levain qui a fait fermenter la pâte européenne. C’est autour de l’Europe carolingienne que s’est constituée notre Europe”. Doch der Europa-Gedanke blieb auf einen kleinen Kreis von Intellektuellen bei Hofe beschränkt. Vor allem irische und angelsächsische Dichter nahmen ihn in ihren Werken auf. Eine einheitliche Idee konnte daraus aber nicht abgeleitet werden. ‘Europa” wurde nie zum Bestandteil des offiziellen Reichs- und Herrschertitels. Auch als politisches Ziel seiner Herrschaft spielte Europa für Karl oder seinen Hof keine Rolle.

Über den Autor

Jana Lippmann wurde 1980 in Sachsen geboren. In Chemnitz studierte sie Romanistik und BWL und schloss mit dem akademischen Grad der Magistra Artium ab. Im Rahmen ihres ersten Hauptfachs interessierte sie sich bereits während des Grundstudiums vor allem für die kulturellen und historischen Hintergründe Frankreichs und Europas. Die Beschäftigung mit Karl dem Großen motivierte sie, der Frage nach der Rechtmäßigkeit des Titels Vater Europas nachzugehen.

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