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Finanzen

Victoria Deitsche

Vermögensverlagerung: Ent- und Verstrickung von Wirtschaftsgütern

ISBN: 978-3-8428-8407-6

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Im Zuge der zunehmenden grenzüberschreitenden Wirtschaftsaktivitäten von Unternehmen ist es gängige Praxis, dass einzelne materielle sowie immaterielle Wirtschaftsgüter ins Ausland übertragen werden. Es stellt sich die Frage, welche steuerlichen Konsequenzen sich aus der Vermögensverlagerung ergeben. Bei Stammhaus und Betriebsstätte handelt es sich um unselbständige Teile eines Unternehmens. Im Falle der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen inländischem Stammhaus und im Inland gelegener Betriebsstätte erfolgt daher keine Gewinnrealisierung. Für den Fall, dass sich die Betriebsstätte im Ausland befindet, besteht die steuerliche Problematik jedoch in der Notwendigkeit, den im Inland angefallenen Gewinn von dem der ausländischen Einheit zuzuordnenden abzugrenzen. Dies gilt insbesondere, wenn die im übertragenen Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven dem Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland entzogen werden und damit der Tatbestand der sog. Entstrickung erfüllt ist. Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung führte die Übertragung von Wirtschaftsgütern vom inländischen Stammhaus auf die ausländische Betriebsstätte schon immer zu einer Realisierung und somit Besteuerung der im Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven. Vor dem Hintergrund der Unsicherheiten bei der Auslegung des Begriffs der Entnahme hat der Gesetzgeber im Rahmen des SEStEG im Jahre 2006 die Entstrickung von Wirtschaftsgütern explizit geregelt. Mit seinem Urteil vom 17.07.2008 hat der BFH seine sog. ‚Finale Entnahmetheorie’ aufgegeben und entschieden, dass die Übertragung eines Wirtschaftsguts vom inländischen Stammhaus auf die ausländische Betriebsstätte keine Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG darstellt. Auf dieses Urteil reagierte die Finanzverwaltung mit einem Nichtanwendungserlass. Mit Beschluss vom 07.01.2011 hat das FG Rheinland-Pfalz ernsthafte Zweifel an der Europarechtskonformität der Enstrickungsnormen geäußert, daher könnte über deren Schicksal in naher Zukunft der EuGH entscheiden. In seinem aktuellen Urteil zu der Rs. ‚National Grid Indus’ hat der EuGH entschieden, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats, die im Falle der Sitzverlegung in einen anderen Mitgliedstaat, die sofortige Einziehung der Steuer auf die nicht realisierten Wertzuwächse zum Zeitpunkt der Verlegung des Sitzes vorschreibt, unverhältnismäßig ist und gegen Gemeinschaftsrecht verstößt. Die Auswirkungen dieses Urteils, das zur Sitzverlegung einer niederländischen Gesellschaft in das Vereinigte Königreich erging, auf die deutschen Entstrickungsregelungen werden im Verlauf der Arbeit diskutiert. Ziel dieser Arbeit ist es, die Ent- und Verstrickungsnormen darzustellen und vor dem Hintergrund der aktuellen nationalen und europäischen Rechtsprechung sowie der Auffassung der Finanzverwaltung zu beleuchten und kritisch zu würdigen. Darauf aufbauend werden Gestaltungsansätze entwickelt und aufgezeigt, um die negativen Folgen einer Entstrickung möglichst abzumildern bzw. zu verhindern.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2.2., Recht der Doppelbesteuerungsabkommen: Auf Ebene der DBA sind mit Aktualisierung des OECD-MA im Jahr 2010 konkrete Gewinnabgrenzungsregeln zementiert worden. Das zentrale Element der Aktualisierung des OECD-MA 2010 war die Neufassung des Art. 7. Die grundlegende Änderung war dabei der Übergang von der bisherigen Auffassung der eingeschränkten Selbständigkeit der Betriebsstätte (sog. ‘Relevant Business Activity Approach’) hin zu der Auffassung der uneingeschränkten Selbständigkeit der Betriebsstätte (sog. ‘Functionally Separate Entity Approach’). Ausgangspunkt des ‘Relevant Business Acitivity Approach’ ist der Gesamtgewinn des Unternehmens im Außenverhältnis. Von diesem Gesamtgewinn wird der Gewinn der für die Betriebsstätte relevanten Geschäftstätigkeit abgegrenzt und dieser zugeordnet. Umstritten ist bei diesem Ansatz jedoch, nach welchen Kriterien die relevante Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte abzugrenzen ist. Dazu existieren unterschiedliche Auffassungen, die jedoch alle Unzulänglichkeiten aufweisen und daher keine eindeutige Zuordnung des Betriebsstättengewinns gewährleisten. Im Gegensatz dazu erlaubt es der ‘Functional Separate Entitiy Approach’, der Betriebsstätte eine funktionale Selbständigkeit zu unterstellen und fiktive Liefer- und Leistungsbeziehungen zwischen funktionalen Unternehmensteilen anzunehmen. Diese sind nach dem in Art. 7 II OECD-MA festgelegten Fremdvergleichsgrundsatz wie Geschäftsbeziehungen zwischen rechtlich selbständigen Unternehmen zu beurteilen. Daher ist es in vielen Bereichen sinnvoll, Regelungen für rechtlich selbständige, international verbundene Unternehmen, auch zur Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte zu verwenden. Um den internationalen Konsens zu stärken hat sich die OECD zum ‘Functional Separate Entity’ Ansatz bekannt. Nach Art. 7 II OECD-MA ist die direkte Methode die Regelanwendung, die indirekte Methode ist nicht mehr vorgesehen. In Fällen, in denen Wirtschaftsgüter, Aufwendungen und Erträge dem Stammhaus oder der Betriebsstätte direkt zugeordnet werden können, bietet die direkte Methode eine höhere Genauigkeit und ist der indirekten Methode nicht zuletzt aus diesem Grund vorzuziehen. In der Praxis ist die direkte Methode in bestimmten Fällen jedoch weiterhin um Elemente der indirekten Methode zu ergänzen, wenn Wirtschaftsgüter, Aufwendungen und Erträge dem Stammhaus oder der Betriebsstätte nicht eindeutig zugeordnet werden können. Der in Art. 7 II OECD-MA festgehaltene Fremdvergleichsgrundsatz besagt, dass im Ausland belegene Betriebsstätten zum Zwecke der Gewinnabgrenzung fiktiv als unabhängige und selbständige Unternehmen zu behandeln sind. Nach dieser Regelung ist einer Betriebsstätte folglich der Gewinn zuzuweisen, den sie hätte erwirtschaften können, wenn sie unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit ausgeübt hätte und im Geschäftsverkehr mit dem Unternehmen, dessen Betriebsstätte sie ist, völlig unabhängig gewesen wäre (sog. Fremdvergleichsgrundsatz oder ‘Dealing at Arm’s Length’-Prinzip). Diese Art der Aufteilung stützt sich auf die Annahme, dass die Betriebsstätte nach dem Abkommensrecht als selbständiges Unternehmen behandelt wird. Tz 2.2 der Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze stellt sicher, dass der in Art. 7 Abs. 2 OECD-MA verankerte Grundsatz über die Einkünftezurechnung (Fremdvergleichsgrundsatz) nicht nur bei Bestehen eines DBA sondern auch im sog. Nicht-DBA-Fall Anwendung findet. Im Schrifttum herrscht Unstimmigkeit darüber, inwiefern der Fremdvergleichsgrundsatz des Art. 7 II OECD-MA auf innerstaatliches Recht anzuwenden ist. In seinem Urteil stellt der BFH fest, dass Doppelbesteuerungsabkommen keine Steuerpflicht begründen und Steuern auch nicht über die nationalen Grenzen hinaus erhöhen. Die Finanzverwaltung hat sich mit ihrem Schreiben vom 25.08.2009 zu einer eher weiten Auslegung der Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte im Rahmen der Gewinnabgrenzung positioniert. Sie stellt zwar weiterhin fest, dass Stammhaus und Betriebsstätte eine rechtliche und wirtschaftliche Einheit bilden und interne Leistungsbeziehungen nicht möglich sind, doch wurde der Hinweis gestrichen, dass diese internen Leistungsbeziehungen nicht berücksichtigt werden. Damit hat sich die Finanzverwaltung nun einer Betriebsstättengewinnabgrenzung geöffnet, die sich am Fremdvergleichsgrundsatz orientiert und sich somit an die Gewinnabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen annähert.

Über den Autor

Victoria Deitsche, B.A., wurde 1986 in Sindelfingen geboren. Ihr Studium der Internationalen Betriebswirtschaft an der Hochschule Aalen schloss sie im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte sie umfassende praktische Erfahrungen in der Finanzbranche in den USA. Während des Studiums entdeckte die Autorin ihr Interesse am deutschen Steuerrecht und ist derzeit als Steuerassistentin tätig.

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