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- Private Equity nach der Finanzkrise: Braucht die deutsche Wirtschaft die „Heuschrecken“ noch?
Finanzen
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
‘Könige des Kapitalismus’ oder ‘gewissenlose Heuschreckenschwärme’. Über kaum eine Investorengruppe wurde in den letzten zwanzig Jahren so kontrovers diskutiert wie über die Private Equity Gesellschaften. Für einen großen Teil der Gesellschaft sind sie das Sinnbild für gieriges und verantwortungsloses Verhalten der Finanzindustrie in den letzten Jahren, das zwar immer wieder zu gesamtwirtschaftlichen Boomphasen führte, aber auch zwei der größten Wirtschafts- und Finanzkrisen aller Zeiten auslöste. Sogar die amerikanische Filmindustrie nutzte diese unterschiedlichen und zumeist medial sehr populistisch aufgebauschten Meinungen über die Beteiligungsinvestoren. So wird u.a. im Spielfilm-Klassiker ‘Pretty Woman’ der männliche Hauptdarsteller als gewissenloser ‘Firmenjäger’ dargestellt, der ausnahmslos zum Wohl der eigenen Gewinnmaximierung und zum Schaden der von ihm übernommenen Unternehmen agiert. Im Verlauf des Films hinterfragt der Investor sein egoistisches Verhalten und handelt danach mit größerem sozialen Verständnis. Besonders Gewerkschaften, linke Parteien und Sozialverbände haben in den letzten Jahren für die Private Equity Investoren den Begriff der ‘Heuschrecken’ etabliert und diesen über die Medien einem großen Teil der Gesellschaft nähergebracht. Aufgrund der überwiegend negativen Berichterstattung hat sich innerhalb der Gesellschaft größtenteils die Vorstellung festgesetzt, dass die Private Equity Investoren ausschließlich gewissenlose, unsoziale und gierige ‘Firmenjäger’ seien. Kann aber eine Branche, die in ihrem bisherigen Boomjahr 2007 ein Gesamtinvestitionsvolumen von ca. EUR 32 Mrd. bei 6.279 deutschen Unternehmen bereitgestellt hat, welche wiederum insgesamt 1,08 Mio. Angestellte beschäftigten, wirklich so gewissenlos und profitgetrieben sein, wie sie dargestellt wird? Ziel dieses Buches ist eine detaillierte und neutrale Darstellung des Geschäftsmodells ‘Private Equity’. Auch auf die volkswirtschaftlichen Entwicklungen seit Mitte der 1990er Jahre wird eingegangen, um zu zeigen, wie sie die Beteiligungsbranche beeinflusst und das überwiegend negative öffentliche Bild dieser Finanzierungsform geprägt haben. Hierbei werden insbesondere die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise aus den Jahren 2008/2009 und ihre Auswirkungen auf die Private Equity Branche thematisiert. Hauptschwerpunkt des Buches aber wird die Diskussion der Fragen sein, auf welche neuen Marktbedingungen sich die Private Equity Fonds nach der Krise einstellen und wie sie sich zukünftig aufstellen müssen, um weiterhin erfolgreich agieren zu können. Was sind die absehbaren zukünftigen Herausforderungen der Branche? Braucht die deutsche Volkswirtschaft künftig überhaupt noch Private Equity Investoren?
Textprobe: Kapitel 2.6.1, Entwicklung von Private Equity in Deutschland bis zur Finanzkrise in den Jahren 2008/2009: Private Equity Finanzierungen gibt es schon so lange, wie es die Produktion von Gütern gibt. Einige der bedeutendsten Erfindungen konnten nur mit Hilfe von Beteiligungskapital realisiert werden. So hat u.a. bereits im 15. Jahrhundert der wohlhabende Mainzer Bürger Johann Fust sein privates Kapital zur Verfügung gestellt, damit Johann zum Gutenberg sein Verfahren zum Buchdruck umsetzen konnte. Privates Kapital ermöglichte auch in der Zeit der industriellen Revolution den Aufbau von Produktionsstätten und diente Forschungs- und Entwicklungsprozessen. In dieser Epoche erlangte der Produktionsfaktor ‘Kapital’ eine immer größere Bedeutung. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges waren Beteiligungskapitalgeber vor allem vermögende Privatleute, die direkt in ein Unternehmen oder Projekt investierten. Daneben gab es schon einige staatliche Förderprogramme, die ebenfalls Gelder zur Verfügung stellten. Die ersten Ansätze von Private Equity entstanden in Deutschland durch die Gründung der Kreditanstalt für Wiederaufbau im Jahre 1948. Die KfW wurde von den Alliierten Siegermächten damit beauftragt, Hilfsgelder aus dem ‘European Recovery Program (ERP)’ in der deutschen Wirtschaft zu verteilen und damit den Wiederaufbau Deutschlands voranzutreiben. Bis heute ist die KfW noch als einer der größten Private Equity Investoren in Deutschland tätig. Erste private Beteiligungsgesellschaften wurden erst in den 1960er Jahren gegründet. Der geringe Bekanntheitsgrad von Private Equity bei deutschen Unternehmen, die große Affinität zu Fremdkapital in der deutschen Unternehmensfinanzierung und einige Managementfehler bei den Private Equity Fonds sorgten dafür, dass sich die privaten Beteiligungsgesellschaften nicht sonderlich erfolgreich etablierten und keine große gesamtwirtschaftliche Relevanz hatten. Die erste statistische Erhebung bzgl. Private Equity in Deutschland stammt aus dem Jahr 1975 und ergab, dass private Beteiligungsfonds in insgesamt 367 Engagements EUR 214,0 Mio. investiert hatten. Bis zu Beginn der 1980er Jahre waren es fast ausschließlich Venture Capital Fonds, die sich in Deutschland etablieren konnten. Im Vergleich zu anderen großen Wirtschaftsmärkten, wie z.B. den USA oder England, entwickelte sich die deutsche Private Equity Branche weiterhin nur sehr schleppend. Um dies zu ändern, wurde 1988 der Bundesverband deutscher Beteiligungsgesellschaften (BVK) mit 65 Mitgliedern gegründet. Trotzdem dauerte es noch bis Mitte der 1990er Jahre, bis die Bedeutung von Private Equity für die deutsche Unternehmensfinanzierung spürbar anstieg. Dies lag daran, dass sich zu diesem Zeitpunkt zwei bedeutende Veränderungen in der deutschen und globalen Wirtschaftswelt einstellten. Zum einen entstand der ‘Internet-Boom’, zum anderen entwickelte sich die Globalisierung sehr viel schneller als in den Jahren zuvor. Dadurch hatten Unternehmen die Möglichkeit, durch Investitionen in ausländische Produktionsstätten in sehr kurzer Zeit eine enorme Senkung der bisherigen Produktionskosten zu erreichen. Durch die neuen Vertriebskanäle, z.B. dem Internet, konnten kostengünstig neue Absatzmärkte erschlossen werden. Diese Möglichkeiten förderten einen rasanten Anstieg der bisher unbedeutenden Buy Out-Transaktionen in Deutschland. Mit Beginn der New Economy Phase wurde ein zusätzlicher Boom durch die zahlreichen Unternehmensgründungen im Technologiesektor in der Private Equity Branche ausgelöst. Besonders Venture Capital Fonds fanden in hohem Maße Zielobjekte und konnten durch die Börsenhysterie rund um den ‘Neuen Markt’ hohe Gewinne durch IPOs erzielen. Durch den aufkommenden ‘Internet-Boom’ war es den deutschen Beteiligungsgesellschaften 1997 erstmals möglich, mehr als EUR 1,0 Mrd. zu investieren. In der Hochphase der ‘Dotcom-Ära’ in den Jahren 2000 und 2001 lagen die Investitionen deutscher Private Equity Gesellschaften bei jeweils EUR 4,5 Mrd. pro Jahr, was Deutschland zum führenden europäischen Markt für Venture Capital machte. Mit dem ‘Platzen der Internet-Blase’ und den damit kollabierenden Aktienmärkten begann eine wirtschaftlich schwere Zeit für die Private Equity Branche. Von der zweiten Jahreshälfte 2001 bis 2003 an konnten kaum noch weder Beteiligungsfinanzierungen noch Exits bei bestehenden Beteiligungen durchgeführt werden. Aufgrund der allgemeinen Verunsicherungen waren nur wenige Investoren bereit, im Rahmen des Fundraisings einer Beteiligungsgesellschaft zusätzliche Gelder zur Verfügung zu stellen. Mit dem Abschwung an den Börsen sanken auch die Unternehmensbewertungen für IPO-Kandidaten. Daher mussten die Private Equity Fonds ihre bestehenden Engagements behalten und versuchen, durch eine konsequente Managementphase das Unternehmen durch die Krise zu begleiten und bei zukünftiger Verbesserung der Kapitalmärkte den Exit zu vollziehen. Ohne die Exiterlöse und die schwierigen Bedingungen beim Fundraising konnten die Fonds kaum neue Beteiligungen eingehen. Beteiligungsgesellschaften, die in dieser Phase über ausreichende Liquidität verfügten, konnten in dieser Phase sehr attraktive Investitionen tätigen. So halbierte sich die Investitionstätigkeit deutscher Private Equity Fonds in den Jahren 2002 und 2003 im Vergleich zu 2000 bzw. 2001. Im Jahr 2004 kam es nach dem Untergang des ‘Neuen Marktes’ zu einer gesamtwirtschaftlichen Erholung in der deutschen Wirtschaft. So verbesserten sich die Bedingungen für die Beteiligungsgesellschaften, die gleichzeitig auch einen strukturellen Wandel durchführten. Buy out-Transaktionen lösten durch ihr Volumen und ihre Bedeutung die bisher dominanten Venture Capital Finanzierungen ab. Zugleich verlagerten die deutschen Beteiligungsfonds ihre Investitionen aus dem Technologiesektor hin zu Unternehmen der traditionellen Branchen, wie z.B. Konsumgüter, Maschinenbau und Chemie. Dies wurde durch ein neues Steuerreformgesetz gefördert, welches den steuerfreien Verkauf von Konzernteilen ermöglichte. So ging der Aufschwung der Beteiligungsbranche einher mit dem strukturellen Wandel der deutschen Wirtschaft und dem ‘Ende der Deutschland AG’. Die Verbesserung der Situation für deutsche Private Equity Fonds zeigte sich an den wieder steigenden Börsenkursen und damit höheren Unternehmensbewertungen sowie dem zurückkehrenden Vertrauen der Kapitalgeber, was einen einfacheren Fundraising-Prozess bedeutete. Gleichzeitig verbesserte sich sukzessive die Möglichkeit, sich von Unternehmensbeteiligungen zu trennen. Dies lag an der allgemein positiven Einschätzung der zukünftigen Wirtschaftssituation in Deutschland, was zu einer Belebung aller Exitstrategien mit Ausnahme der Liquidation führte. Zusätzlich führten das niedrige Zinsniveau und die steigende Bereitschaft der Banken, Leverage-Finanzierungen bei Private Equity Investitionen zur Verfügung zu stellen, zu einer Belebung des Unternehmensbeteiligungsmarktes. In den Jahren 2002 bis 2007 stiegen die von Kreditinstituten bereitgestellten Leverage-Kredite um 59%. Die hohe Bereitschaft, sich verstärkt als Eigen- und Fremdkapitalgeber an Beteiligungsgesellschaften zu engagieren, lag an der jahrelangen Wachstumsphase der deutschen Wirtschaft, dem dadurch historisch niedrigen Kreditabschreibungsbedarf im Firmenkundengeschäft der Banken sowie der Möglichkeit, die Leverage-Kredite am Kapitalmarkt zu verbriefen und damit das eigene Risiko zu reduzieren. Durch das steigende Engagement der Banken bei Private Equity Finanzierungen war es den Fonds möglich, große und prestigeträchtige Transaktionen durchzuführen. Das wiederum machte die Beteiligungsgesellschaften öffentlich bekannter und weckte besonders bei Privatanlegern das Interesse, sich in einem Private Equity Fonds zu engagieren. Auch die Struktur der Beteiligungen veränderte sich. Vor allem die internationalen Private Equity Fonds waren so gut mit Kapital ausgestattet, dass sie in Deutschland verstärkt Mega-Deals mit einem Investitionsvolumen von über einer Milliarde Euro durchführen konnten. Diese Entwicklung gipfelte in 2007 im bislang erfolgreichsten Jahr für die deutsche Beteiligungsbranche. Die Anzahl der organisierten Mitglieder im BVK stieg auf 197, welche insgesamt 38.900 Finanzierungsanfragen von deutschen Unternehmen erhielten. Mit einem neuen Investitionsvolumen von ca. EUR 7,5 Mrd. stieg das Gesamtinvestitionsvolumen auf EUR 31,9 Mrd. bei insgesamt 6.279 Portfoliounternehmen. Diese Unternehmen erwirtschaften einen Gesamtjahresumsatz von ca. EUR 194,8 Mrd. und beschäftigen insgesamt 1,08 Mio. Angestellte. An diesen Zahlen kann man die große Bedeutung von Private Equity für die deutsche Gesamtwirtschaft erkennen. Auch beim Fundraising wurde ein neuer Rekord aufgestellt. Im Jahr 2007 konnten ca. EUR 5,5 Mrd. an neuen Geldern eingesammelt werden. Versicherungen (24,1% des gesamten Fundraisingvolumens), Funds of Fund (15,0%) und Banken (12,1%) waren die bedeutendsten Kapitalgeber. Die Zusammensetzung ist insofern von Bedeutung, da Banken und Versicherungen im Vergleich zu den Vorjahren auch ihr Direktengagement bei Private Equity Fonds stark ausbauten. In 2006 betrug die Beteiligungsquote von Banken und Versicherungen mit 25,9% am gesamten Fundraisingsvolumen deutscher Beteiligungsunternehmen EUR 2,8 Mrd.. Die ernorm hohe Kapitalausstattung der Private Equity Fonds ließ die Kaufpreise von attraktiven Übernahmeobjekten stark anstiegen, da die Fonds unter einen erhöhten Anlagedruck gerieten. So stiegen die Kaufpreise von Unternehmensübernahmen in Europa zwischen 2002 und 2007 vom 6,7-fachen des operativen Cash Flows auf das 9,3-fache. Diese Entwicklung führte einerseits dazu, dass Secondary Purchase Transaktionen einen immer größeren Stellenwert bei den Exits einnahmen, da es für die Fonds attraktiver wurde, sich von ihren bestehenden Beteiligungen zu trennen, andererseits sanken die Renditen der Neuinvestitionen.
Torsten Philipp (M.A.) wurde 1978 in Herborn geboren. Seit seiner Berufsausbildung zum Bankkaufmann arbeitet er bei deutschen und internationalen Banken im Bereich Coporate Banking, wobei er regelmäßig Berührungspunkte mit der Private Equity Branche hat. Durch diese engen Kontakte erlebte er alle Veränderungen, Neuausrichtungen und Trends der Branche in den letzten zehn Jahren unmittelbar mit. Um seine fachlichen Qualifikationen weiter auszubauen, absolvierte der Autor berufsbegleitend zunächst ein Studium zum Bachelor of Science (B.Sc.) Finance and Management an der Frankfurt School of Finance and Management und anschließend ein Studium zum Master of Arts (M.A.) Banking and Finance an der WHL Wissenschaftliche Hochschule Lahr.
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