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- Die Mittelstandsanleihe: Empirische Analyse einer neuen Anlageklasse
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Abb.: 26
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das ausufernde Finanzsystem gewann bis zur Wirtschaftskrise 2008 an irrsinniger Geschwindigkeit und entwickelte eine bis dahin nicht gekannte Eigendynamik. Deren Folgen und Auswirkungen sind auch einige Jahre danach noch präsent. Knapp zwei Jahre nach Beginn der Wirtschaftskrise 2008 beschloss die Börse Stuttgart ein neues Segment einzuführen. Dieses sollte mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit bieten, durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen frisches Kapital zu beschaffen, um ihre Finanzierungsquellen zu diversifizieren. Die neue Anlageklasse soll sich auf Dauer als Alternative zum konservativen Bankkredit etablieren. Durch empirische Studien werden in dieser Studie die Erfolgssuchten der neuen Anlageklasse bewertet.
Textprobe: Kapitel 3.8, Der Trend zur Unternehmensfinanzierung durch Corporate Bonds am Bespiel von vier Emittenten: Schon seit einigen Jahrzehnten finanzieren sich die Unternehmen in den USA massiv durch die Ausgabe von Corporate Bonds. Nicht zuletzt weil einiges dafür spricht, sich durch eine Ausgabe von Schuldverschreibungen zu finanzieren, wobei für Unternehmen die Diversifikation der Finanzierung im Vordergrund steht. Primär wird dabei großen Wert auf mehrere Finanzierungsquellen gelegt, um nicht nur von einem Gläubiger abhängig zu sein. So steigt mit einer Emission von Unternehmensanleihen die Unabhängigkeit von den Banken, die sich bei hohen Kreditsummen einen Platz im Aufsichtsrat des Schuldners im Kreditvertrag festschreiben lassen und dadurch Einfluss auf operative Unternehmensentscheidungen nehmen können. Wie in Abb. 18 zu sehen ist, sind die Vereinigten Staaten 2011 bei den noch ausstehenden Schuldverschreibungen von Unternehmen mit einem Volumen von knapp 3,3 Billionen US-Dollar Spitzenreiter. Die Unternehmen in den Vereinigten Staaten nutzen diese Finanzierungsform viel intensiver als Unternehmen in anderen Ländern. China ist zwar noch weit entfernt von dem amerikanischen Niveau, schließt aber mit großen Schritten auf. Auch in Japan finanzieren sich die Unternehmen traditionell sehr stark durch Schuldverschreibungen. Deutschland ist in Europa zwar Spitzenreiter, hat aber durch die große Anzahl an kapitalmarktfähigen Unternehmen, noch massives Potential nach oben. So ist auch zu erkennen, dass seit kurzer Zeit eine langsame Veränderung in der Landschaft der deutschen Unternehmensfinanzierung stattfindet. Seit der Wirtschafts- und vor allem der Bankenkrise öffneten sich zunehmend mittel-ständische Unternehmen dem Kapitalmarkt. Denn mit der Bankenkrise kam auch eine spürbare Kreditknappheit für die Unternehmen, was ihnen ihre hohe Abhängigkeit von den Banken offenbarte. Wegen hoher Kreditanforderungen der Banken seit der Finanz- und Wirtschaftskrise (die 2007 ihren Anfang nahm und von welcher bis Ende 2008 die gesamte Weltwirtschaft betroffen war), versuchen sich die Banken zunehmend vor Kreditausfällen durch sehr restriktive Kreditverträge abzusichern. Bankkredite werden für Unternehmen zunehmend teurer und knapper, was eine Emission von Unternehmensanleihen immer lukrativer macht. Die Emittenten am neuen Mittelstandssegment erhoffen sich durch die Vergabe von Unternehmensanleihen mehr Flexibilität, da die Ausgestaltungen mit Verpflichtungen für Emittenten von Corporate Bonds weitaus weniger restriktiv sind, als Kreditverträge. Außerdem müssen die Unternehmen ihre Anleihen nicht besichern, so wird Kapital frei, das zuvor für die Besicherung eines Kredits benötigt wurde.. Nicht nur Emittenten nutzen Mittelstandsanleihen zur Diversifikation, auch Investoren kaufen Mittelstandsanleihen zur Diversifizierung ihres Portfolios, da die Mittelstandsanleihen mit ihren meist hohen Kupons die Renditen der Portfolios verbessern. Besonders Privatanleger befinden sich seit kurzem in einem Dilemma. Die Anlagen in Lebensversicherungen galten in Deutschland seit jeher als eine sinnvolle und zuverlässige Altersvorsorge, weil sie stabile Zinssätze bei immerhin zwei bis drei Prozent über dem Inflationsniveau brachten. Die Situation hat sich aber seit wenigen Jahren für Lebensversicherungen verschärft. Denn die einst so beliebten Lebensversicherer können ihren Kunden die vor Jahren versprochenen Zinsen kaum mehr zahlen. Ganz zu schweigen von den neu abgeschlossenen Verträgen. Hier erhalten Kunden nur noch ein Garantiezinssatz von knapp 1,75 Prozent, wodurch eine Situation entsteht, in der die gesamte Rendite von der Inflation relativiert wird. Das Problem der Lebensversicherer ist die expansive Geldpolitik der EZB, die den Leitzins sehr niedrig hält und somit die Kapitalmärkte mit Geld flutet, in der Hoffnung die schwache Wirtschaft der europäischen Krisenländer anregen zu können. Da aber die Versicherer in risikoarme Anlagen investieren müssen, können Sie nur noch sehr niedrige Renditen erzielen. Aus diesem Grund erscheinen die neuen Mittelstandsanleihen vielen Privatanlegern als gute Alternative, um die Rendite des Portfolios zu verbessern. Jedoch unterschätzen viele der Privatanleger das Risiko von Schuldverschrei-bungen, denn die Kupons sind nur so sicher wie das emittierende Unternehmen selbst. Je höher der Zins, desto höher das Risiko eines Ausfalls. Ein altes Hand-lungs- und Beurteilungsprinzip, welches besondere Gültigkeit für das Mittel-standssegment hat. In diesem Zusammenhang zeigt die Studie der FH Münster in Zusammenarbeit mit der Börse Stuttgart, dass Privatanleger das eigene Fachwissen überschätzen und institutionelle Anleger das Ausfallrisiko höher bewerten als Privatanleger. Auch das neue Mittelstandssegment hängt wie alle anderen Kapitalmärkte von psychologischen Faktoren ab. Zu beobachten ist, dass sogenannte Brandnames, wegen ihrer hohen Markenbekanntheit, oft weniger Probleme hatten, das geplante Volumen zu platzieren und dass sie zum Teil auch mehrfach überzeichnet waren. Doch auch bekannte Namen werden diesen Markt nicht retten können, wenn es vermehrt zu Ausfällen kommt. Denn private Anleger könnten die Mittelstandsanleihen zunehmend meiden, wohingegen institutionelle Anleger den Ausfall der privaten Anleger nicht kompensieren könnten. Bekanntermaßen bietet ihnen das Mittelstandssegment noch zu wenig Liquidität und sie müssen oftmals eine kritische Masse erreichen, die ein Großteil der Schuldverschreibungen ebenfalls noch nicht aufweist. Im Folgenden werden die Scholz AG und die Karlsberg Brauerei GmbH als Bespiel einer gelungenen Emission mit nachhaltigen Unternehmenskonzepten vorgestellt, sowie die BKN biostrom AG und die SIAG Schaaf Industrie AG, als Gegenbeispiele gelungener Emissionen diskutiert. 3.8.1, Scholz AG: Die Scholz AG, mit ihrem Sitz in Essingen, Baden Württemberg, ist zwar kein sehr bekannter Markenname wie beispielsweise Valensina , Air Berlin oder der Bundesligist Schalke 04 , dennoch ist das Unternehmen gerade in der europäischen Industrielandschaft eine kaum wegzudenkende Instanz. Das schwäbische Unternehmen ist europaweit führend in der Eisen- und Metallre-cyclingbranche. Die Ursprünge des Unternehmens reichen bis in das Jahr 1872 zurück. Zu ihrem Kundenkreis zählen große Konzerne wie ArcelorMittal und ThyssenKrupp. Das Unternehmen erwirtschaftete 2012 einen Umsatz in Höhe von 5,3 Mrd. €. Das Recycling-Unternehmen ist wie der Großteil der deutschen Industrieunter-nehmen stark abhängig von der Konjunktur, jedoch nimmt das Unternehmen mit seinen knapp 500 Sammel und Aufbereitungsplätzen weltweit eine sehr starke Marktposition ein, was es gegen inländische Konjunkturschwächen wi-derstandsfähiger macht. Zusätzlich begünstigen die hohen Markteintrittsbarrieren für neue Wettbewerber, durch sehr restriktive Auflagen in Europa, die Marktposition der Scholz AG. Ein weiterer Vorteil der Scholz AG ist die weltweit zunehmende Knappheit von Ressourcen einzelner Metalle, weshalb die gesamte Nachfrage nicht von den Hüttenwerken gedeckt werden kann. Außerdem ist der Energieaufwand bei der Einschmelzung von recycelten Metallen nicht so hoch wie bei der Gewinnung von Metallen aus Erzen, was die Energiekosten niedriger als bei den Hüttenwerken hält. So ist das Geschäftsmodell der Scholz AG ein nachhaltiges und umweltschonendes Konzept für die Zukunft. Da das Unternehmen momentan seine Finanzierung konsolidiert, plant es sich bei den Finanzierungsquellen breiter aufzustellen. So wird der Erlös aus der Anleiheemission auch zur Ablöse eines Kredits verwendet. Die Unternehmensanleihe wurde im März 2012 imitiert. Sie läuft fünf Jahre mit einem Kupon von 8,5 Prozent. Das Unternehmen schaffte es die 150 Mio.€ voll zu platzieren. Weil es eine sehr hohe Nachfrage nach der Anleihe gab, wurde die Zeichnungsfrist sogar gleich am ersten Zeichnungstag früher beendet, als ursprünglich geplant. Bei den Covenants wagt das Unternehmen mehr als der Großteil aller Marktteilnehmer am neuen Mittelstandssegment. Die Scholz AG hat in ihren Anleihebedingungen ein Change of Control, eine Drittverzugsklausel und eine Negativerklärung festgeschrieben. Auch der operative Cash Flow hebt sich zum Zeitpunkt der Emission stark von den übrigen Emittenten ab. Mit einem operativen Cash Flow in Höhe von 104,7 Mio. € weist das Unternehmen den mit Abstand höchsten operativen Cash Flow auf dem gesamten Mittelstandssegment aus. Nur die Eigenkapitalquote der Scholz AG könnte den Blick auf deren Anleihe trüben. Die Eigenkapitalquote lag zum Zeitpunkt der Emission bei 16 Prozent. Da der operative Cash Flow seit einigen Jahren hoch ist und das Unternehmens die Absicht verfolgt zukünftig mehr Gewinne zu thesaurieren, kann wesentlich gelassener auf die Eigen-kapitalquote der Scholz AG geblickt werden, als auf die der übrigen Emittenten.
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