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Finanzen

Anke Eger

Die Kriminologie des Kapitalanlagebetruges: Am Beispiel von Ponzi Schemes

ISBN: 978-3-95934-742-6

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 120
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Kriminologische Forschungen über Wirtschaftsdelikte führen in Unternehmen zur Implementierung einer Vielzahl neuer Instrumente und Funktionen, um Vermögenswerte zu schützen und Reputation zu wahren. Doch wie steht es um den privaten Kapitalgeber, der versucht eine Rendite zu erlangen, die mehr Zinsen als ein Tagesgeldkonto verspricht? Worin liegen die Ursachen dafür, dass handelnde Personen bei Verkauf und Erwerb von Kapitalanlagen zu Tätern oder zu Geschädigten werden? Bei keiner anderen Deliktsform der Wirtschaftskriminalität hat die Mitwirkung des Opfers so starke Auswirkungen auf den Taterfolg wie beim Kapitalanlagebetrug. Auf anschauliche Weise werden anhand von Fallbeispielen die kriminologischen Merkmale des Kapitalanlagebetruges, insbesondere bei der Begehungsweise mittels Ponzi Scheme, aufgezeigt. Dieses Buch vermittelt sowohl Einblicke in die strafrechtlichen Problemstellungen des Kapitalanlagebetrugs, in die Ermittlungsarbeit der Strafverfolgungsbehörden sowie in Präventionsmöglichkeiten. Es wendet sich gleichermaßen an Ermittlungspersonen sowie an alle Interessierten, die sich durch das Wissen um die Ursachen des Kapitalanlagebetruges schützen möchten.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.2, Adele Spitzeder: Adele Spitzeder lebte von 1832 bis 1895 in München. Eigentlich wollte Spitzeder Schauspielerin werden. Mit den Auftritten wollte es nicht so recht klappen, dafür lebte sie wie eine berühmte Schauspielerin ständig in Hotels. Da sie häufig in Geldnot geriet, lieh sie sich 100 Gulden von einem Zimmermann und versprach dafür Zinsen zu bezahlen. Tatsächlich zahlte sie dem Zimmermann die zuvor versprochenen Zinsen in Höhe von zehn Prozent monatlich pünktlich aus. Dieses Geschäftsmodell und die Zuverlässigkeit sprachen sich schnell herum. Adele Spitzeder konnte sich vor einzahlungswilligen Kunden kaum retten und hat 1869 sogar eine Bank gegründet. ‘In repräsentativen Räumen in München’ arbeiteten in der Hochphase 40 Angestellte. Allerdings konnte sie Auszahlungen stets nur durch neue Einzahlungen ausschütten. Den Anlegern kommunizierte Adele Spitzeder stets offen, keinerlei Sicherheiten bieten zu können – was eigentlich gegen betrügerisches Vorgehen spricht. Aufgrund schlechter fachlicher Qualifikationen der Mitarbeiter war die Bank schlecht organisiert und in einem mangelhaften unternehmerischen Zustand. Durch die Gründung einer Volksküche mit Speisen und Getränken, auch für Arme, versuchte sie ihr Image aufzupolieren. Ab 1872 gab sie eine eigene Zeitung heraus. Die etablierten Banken verloren ihre Kunden an Spitzeder. Dies wollten die Banken nicht dauerhaft dulden und starten eine Medienoffensive gegen Adele Spitzeders ‘Dachauer Bank’. Den Bankgesellschaften gelang es 60 Gläubiger zu finden, die am selben Tag ihre Einlagen von der ‘Dachauer Bank’ zurückforderten. Dies geschah am 12. November 1872. Die Bank brach zusammen und Adele Spitzeder wurde verhaftet. 31.000 Menschen verloren ihre Ersparnisse. 4.3, Bernhard Madoff: Das bis heute größte bekannte Ponzi Scheme schuf der ehemalige Direktor der NASDAQ, Bernhard Madoff. Am 11. Dezember 2008 dem Tag seiner Festnahme brach für 8.500 Geschädigte die Welt zusammen. Die Schadenssumme, die durch den Zusammenbruch dieses Ponzi Schemes angerichtet wurde, betrug 65 Milliarden US Dollar. Besonders durch sein vielseitiges Engagement in Wirtschaft und Gesellschaft war Madoff eine allgemein anerkannte Persönlichkeit. U. a. war Madoff zeitweise im Beratungsgremium der US-amerikanischen Börsenaufsicht (SEC) - genau der Behörde, die ihn hätte eigentlich kontrollieren sollen. Gegenüber seinen Anlegern täuschte Madoff vor, das bereitgestellte Kapital in Aktien und Optionen zu investieren. Seinen Anlegern versprach er, regelmäßige Zinsausschüttungen in Höhe von zehn Prozent pro Jahr. Für das Funktionsprinzip gab es eine simple Erklärung. Grundsätzlich sollten 20 verschiedene Investitionen pro Jahr getätigt werden. Ein Ausstieg sollte immer bei einem erreichten Wachstum von einem Prozent erfolgen. Diese Strategie nannte Madoff ‘Split-Strike Conversions’. Die erzielten Renditen waren nicht nur bemerkenswert hoch sondern auch über Jahre hinweg stabil. Madoffs Firma arbeitete mit nur wenigen Angestellten, darunter einigen Familienmitgliedern. Das Vertrauen der SEC auf die bestehenden internen Kontrollmechanismen von Kapitalgesellschaften nutzte Madoff zu seinem Vorteil. Ihm half der Umstand, dass lang existierende und große Firmen von den Aufsichtsbehörden weniger streng kontrolliert werden, da diese sich gerne auf deren eigene Risikokontrollmechanismen verlassen. Die Aufsichtsbehörde hätte bei der Überwachung unter Beachtung sämtlicher Charakteristiken von Ponzi Schemes, ‘red flags’ genannt (siehe Kapitel 2.4), alarmiert sein müssen. Die SEC hatte zwar innerhalb von zwei Prüfungen Unregelmäßigkeiten erkannt, diese aber nicht weiter verfolgt, da Madoff als Person und seine Firma eine gute Reputation besaßen. Seine sozialen und politischen Verbindungen waren exzellent. Wie konnte die Durchführung im Einzelnen gelingen? Die SEC veröffentlichte die Anklageschriften gegen Unterstützer des Madoff-Systems. Beschuldigt der Beihilfe zum Betrug wurden darin u. a. die Wirtschaftsprüfer. Sie hätten 17 Jahre lang falsche Prüfungsergebnisse vorgelegt, da die Prüfungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden seien. Mehrere Investoren beteiligten sich ihrerseits mit eingesammelten Einlagen am Ponzi Scheme von Madoff obwohl sie wussten dass es sich um ein solches handelte. Ein mitbeschuldigter Anlageberater investierte bis zu 90 Prozent seines selbstaufgelegten Fonds bei Madoff. Als weiterer Unterstützer des Systems wurde Madoffs Chief Financial Officer angeklagt. Dieser soll fiktive Handelsdokumente auf Grundlage historischer Daten erstellt haben. Um tatsächliche Geldflüsse vorzutäuschen wurden 10 bis 25 Spezialkonten geführt. Auf diese Weise konnten Anfragen von Kontrollbehörden zu Kapitalbewegungen und Geldströmen plausibel dargelegt werden. Die Vortäuschung von tatsächlichen Handels- und Börsenaktivitäten ging so weit, dass eine auf historischen Daten basierende Handelsplattform entwickelt wurde. Durch einen im Nebenraum verbundenen Computer wurden Handelsaktivitäten mit europäischen Banken simuliert. Zwischen zwei Tochterfirmen von Madoff, davon einer in London wurden auch tatsächliche Finanztransaktionen durchgeführt. Dadurch sollte der Eindruck vermittelt werden, dass Wertpapiere im europäischen Ausland gekauft werden. Zwei weitere Mitarbeiter fälschten Kontoauszüge. Eine Mitarbeiterin davon arbeitete seit 1968 für Madoff. Für die plausible Abwicklung und Gewährleistung eines ordentlichen Geschäftsbetriebs musste ein entsprechender Personalkörper vorgetäuscht werden. Hierfür wurden sogar Phantompersonalakten geführt, da tatsächlich nicht so viele Mitarbeiter notwendig waren. Einer weiteren langjährigen Mitarbeiterin wurde vorgeworfen, gefälschte Finanzberichte an die amerikanische Börsenaufsicht und andere Aufsichtsbehörden geliefert zu haben. Wie konnte es soweit kommen? Als Jungbörsianer war Madoff im Jahr 1971 einer der Gründer der NASDAQ, der ersten vollautomatisierten Börse der Welt. Dieser Erfolg forderte nach und nach neue Ideen, Flexibilität und frisches Kapital – dazu gehörten später die etablierten Vermögen – zu denen Madoff zunächst wenig Zugang hatte. Es wurden hohe Risiken eingegangen, außerbörslicher Handel betrieben und schon damals wurden die ersten Vorwürfe laut, dass die NASDAQ als riesige ‘Geldwaschmaschine’ dienen würde. Etwa 1989 wurde Madoff von einem, mit ihm verwandten Fachanwalt für Steuerrecht, aufgesucht. Dieser war sehr erfolgreich und suchte für seine Klienten diskrete Wege um große Beträge ‘zu waschen’. Die Geschäftsidee brachte er auch gleich mit: Ein Investmentfonds, der große Vermögen bediente, stabile Ergebnisse auswies, aber keine Investitionen tätigte. Der buchhalterische Aufwand war gering, denn Madoff nahm an, dass die Kunden sich eh nicht für die Bücher interessieren würden, da ihnen bekannt war, dass es sich bei Madoffs Fonds um illegale Geschäfte handelte. Nach und nach versiegten die Neueinzahlungen. Dann brach unvorhergesehener Weise im Jahr 2008 die Immobilienkrise aus. Der Abzug der vielen Kundengelder brachte das Aus für das Geschäftsmodell. Im späteren Gerichtsprozess gegen Madoff sollte dieser Verwandte von Madoff als Zeuge aussagen. Kurz vor dem Termin wurde er tot in seinem Swimmingpool gefunden. Bernhard Madoff wurde am 29.06.2009 wie von der Staatsanwaltschaft gefordert zur gesetzlichen Höchststrafe von 150 Jahren verurteilt.

Über den Autor

Anke Eger wurde 1971 in Hennigsdorf geboren. Ihr Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden schloss sie 1998 erfolgreich ab. Sie arbeitete mehrere Jahre in der Industrie sowie in einer der weltweit größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. 2003 wechselt sie in den Öffentlichen Dienst und ist seither als Ermittlerin der Kriminalpolizei im Bereich Wirtschaftsdelikte tätig. Die gewonnenen praktischen Erfahrungen konnte sie zwischenzeitlich durch theoretische Studien im Rahmen des Masterstudiums der Kriminologie und Polizeiwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum vertiefen.

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