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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2008
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Abb.: 41
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts hat die globale Wirtschaft eine starke Konjunkturphase durchlebt. Die starke Entwicklung der aufstrebenden Schwellenländer und die Wirtschaftsleistung der USA und der EU waren Motor eines der stärksten Bullenmärkte seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Gerade in Deutschland verbesserte sich die gesamtwirtschaftliche Situation deutlich, was sich durch die geringste Arbeitslosenquote seit 1992 ausdrückt. Genau zum Höhepunkt der Hausse wich die gute Stimmung und Panik kam aufgrund der sich ausbreitenden internationalen Finanzkrise auf. Ausgelöst wurde die im Fachjargon als Subprime-Krise bekannt gewordene Schieflage der internationalen Finanzmärkte schlussendlich durch das Platzen der Immobilienblase in den USA. Das starke und anfangs unerwartete Ausmaß der Kreditverfehlungen konnte nur durch als innovativ gepriesene Finanzinstrumente und die in Boomzeiten für nahezu jeden Marktteilnehmer typische Gier nach immer höheren Renditen erreicht werden. Die Krise demonstriert eindrucksvoll die enge Verknüpfung des globalen Finanznetzwerkes und die Sorglosigkeit des Bankensystems, welches häufig als Scharnier zur Realwirtschaft bezeichnet wird. Vor allem in Deutschland wurden einzelne Banken aufgrund spekulativer Investitionen in mit US-Hypotheken besicherten Wertpapieren an den Rand der Insolvenz gebracht. Der Zusammenbruch der Kreditmärkte trifft somit nun vor allem den deutschen Mittelstand, während die Krise in den Vereinigten Staaten sogar die gesamte globale Konjunktur gefährdet. Auf der einen Seite kann lediglich ein ehrliches Offenlegen der eigenen Investitionen in fragwürdige Kredite durch die betroffenen Banken das gegenseitige Misstrauen beheben, welches den Interbankenmarkt phasenweise stark eingeschränkt hat. Auf der anderen Seite scheinen die Zentralbanken in Zeiten von globaler Inflation bei einem gleichzeitigen Credit Crunch vor einer Reihe schwieriger Entscheidungen zu stehen.
Kapitel 5.3, Auswirkungen für deutsche Unternehmen: Viele deutsche Unternehmen sind durch die Finanzkrise bereits direkt in ihrem Geschäftsbetrieb betroffen und befürchten eine weitere Verschärfung der Lage. Eine durch das Bankenmisstrauen ausgelöste Kreditklemme stellt zusammen mit den aufgrund des schwachen US-Dollars auftretenden Wechselkursverlusten und Exportproblemen das größte Risiko dar. Die gegenwärtige weltweite Rohstoffhausse belastet zusätzlich die rohstoffintensiv arbeitenden deutschen Unternehmen durch immer höhere Importkosten. Deshalb stellt sich die zentrale Frage, ob die Unternehmen durch die momentan gute Auftragslage, vorhandenes Innenfinanzierungspotential oder rechtzeitige getroffene Absicherungen ausreichend gerüstet sind, um der Krise zu trotzen. Drei Hauptgefahren werden im vorliegenden Kapitel analysiert. Drohende Kreditklemme: Das vorhandene Misstrauen am Interbankenmarkt hat die Kapitalbeschaffung nicht nur für Finanzinstitute, sondern auch für Unternehmen verteuert. Der Vertrauensverlust beschränkt sich nicht allein auf bankinterne Geschäfte, da die gesamte Kreditwirtschaft sich wieder stärker an Bonitäten orientiert. Die oft zitierte Kreditklemme für Unternehmen und Privatpersonen könnte die direkte Folge sein. Der so genannte credit crunch würde dabei zwangsläufig sowohl Investitionen und Expansionspläne, als auch Merger & Acquisition-Aktivitäten (M&A), einschränken und folglich Beschäftigungsquote und Gewinne negativ beeinflussen. Ursache dafür ist einerseits die schlechte Erfahrung mit leichtfertig vergebenen Krediten in der jüngsten Vergangenheit, andererseits aber auch die Ungewissheit über die Auswirkungen der Krise für die Finanz- und Realwirtschaft in der nahen Zukunft. So bestätigt der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands DSGV in einer Stellungnahme gegenüber dem Handelsblatt, dass sich die Kreditvergabe künftig noch stärker am jeweiligen Risiko ausrichten werde. Ein Drittel aller Unternehmenskredite verfügen über kurze Laufzeiten und der Zins orientiert sich daher am gestiegenen Geldmarktsatz. Banken prüfen die Kreditvergabe aufgrund der angespannten Situation akribischer und wählen bei Zweifeln einen deutlich höheren Risikoaufschlag. Im Gegensatz zur Kreditvergabepolitik während einer Hausse bedeutet die Neuausrichtung eine stärkere Trennung von Spreu und Weizen. Somit besteht die Gefahr einer Zweiklassengesellschaft bezüglich der Behandlung von Unternehmen durch Kreditgeber. Natürlich wollen Banken zur Fortführung der Geschäftstätigkeit auf der anderen Seite weiterhin Kredite vergeben, jedoch selektieren sie den Markt genauer. Alan Hippe, Continental-Finanzvorstand, bestätigt, dass gute Bonität weiterhin gesucht wird. Viele Banken buhlen sogar regelrecht um solide Debitoren und werben mit attraktiven Finanzierungsangeboten. Entgegen den normalen Geschäftsgebaren werden für finanziell gut aufgestellte Partner derzeit besonders günstige Kreditangebote mit zum Teil weniger als 5% Zinsen und Tagesfristkündigungsrechten angeboten, anstelle der üblichen ein- bis dreimonatigen Kündigungsfrist. Folglich schlagen die Gläubigerbanken auf den Interbankenzins von ca. 4,1% nur eine vergleichsweise geringe Marge von ca. 0,6 bis 0,9% auf. Kaum Probleme gibt es deshalb für Unternehmen mit hohem Eigenkapitalanteil. Die EK-Quote, die den Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital eines Unternehmens ausdrückt und somit eine wichtige Aussage bezüglich der Bonität trifft, liegt laut einer Creditreform-Umfrage im Bundesdurchschnitt bei 23%, in der EU bei 35% und in den USA bei 45% (siehe Abb. 25). Mit einem traditionell hohen EK-Anteil sind beispielsweise die Chemie- und Pharmaunternehmen ausgestattet, wo BASF als Primus auf eine EK-Quote von 43% kommt. Die durch die Hypothekenkrise ausgelösten Probleme für die großen Konzerne liegen jedoch eher in der bereits dargestellten möglichen US-Rezession, bei Wechselkursverlusten oder Exporteinbußen, die an späterer Stelle behandelt werden. Kritisch sieht es bei Unternehmen mit geringem EK-Anteil aus, die traditionell sehr abhängig von der klassischen Finanzierung über Bankkredite oder Leasing sind und nur selten über externe Ratings verfügen. Die Bedingungen von Firmenkrediten für die meist mittelständischen Unternehmen oder Einzelunternehmer, die häufig über einen EK-Anteil von unter 10% verfügen, als chronisch gefährdet gelten und damit anfällig für sich verändernde Zinskonditionen sind, haben sich deutlich verschlechtert. Abbildung 26 zeigt, dass 32% der Unternehmen in Deutschland dieser Kategorie zuzuordnen sind, wobei insgesamt 70% der Deutschen bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) arbeiten. Jene haben kürzlich eine Phase der günstigen Kredite miterlebt. Belegt wird dies durch die Tatsache, dass seit der Leitzinserhöhung der EZB am 1.12.2005 um 0,25% der Zins bei Krediten mit einer Laufzeit von über 5 Jahren nur um 0,1% stieg und das Fremdkapital somit real betrachtet günstiger wurde. Die Zeit der Billigkredite scheint nun jedoch beendet. Fakt ist, dass einige Unternehmen bereits die steigenden Zinsen deutlich zur Kenntnis nehmen mussten. Michael Kutzker, Inhaber einer nach ihm benannten Reederei mit schlechter Risikobewertung, berichtet sogar von einem utopischen Kreditangebot seiner Hausbank zu einem Zinssatz von 16,7%. Neben den höheren Zinsen stellt auch eine Verhärtung der Covenants (einseitige vertragliche Zusicherungen des Kreditnehmers) durch die Banken ein Problem für den Mittelstand dar. Banken werden diese aufgrund der Finanzkrise härter formulieren und anwenden als bisher . Zur Gewährung eines Übernahmekredites ist häufig die Beantwortung eines Fragenkatalogs mit über 200 Fragen nötig. Weiterhin werden Vorgaben zur Budgetverteilung gemacht und Banken schreiben sogar fallweise den geforderten EK-Anteil vor. Das gab es vorher nicht, und es macht allen Beteiligten das Leben schwer , klagt M&A-Experte Keller von Klein & Coll. in einem Bericht der WirtschaftsWoche. Bei Nichteinhaltung der Vorgaben werden zudem Strafzinsen und Sonderkündigungen weitaus schneller als bisher eingefordert. Die Korrelation der Insolvenzquote mit der Anzahl von Unternehmenskrediten wird anhand von Zahlen aus dem Jahr 2006 erkenntlich. Laut Handelsblatt stiegen die Firmenkredite um hohe 3,7%, während die Zahl der Insolvenzen im gleichen Zeitraum von 36.850 auf 31.300 stark sank (siehe Abb. 37 im Anhang). Im Frühjahr 2007 nahm die Kreditvergabe evident ab und Abbildung 27 zeigt, dass vor allem bei Kleinstunternehmen eine große Zahl an Unternehmenspleiten verzeichnet wurde. Daraus resultierend befinden sich Mittelständler zunehmend auf der verzweifelten Suche nach Finanzierungsalternativen. Anleiheemissionen sind jedoch erst ab einer Summe von 100.000 € möglich, wobei der Zutritt in einen Anleihefond für kleinere Unternehmen als Alternative dient. Allerdings leiden beide Varianten, ähnlich wie die Mezzanine-Finanzierung, unter den generell hohen aktuellen Zinsen und ein Rückgang der Anleiheemissionen war daher bereits 2007 zu verzeichnen. Die Problematik einer drohenden Kreditklemme für den ökonomisch bedeutenden Mittelstandssektor ist vielschichtiger Art. Einige Branchen haben sich in der Vergangenheit mit der von Skepsis begleiteten Behandlung durch die Banken abgefunden und für sich alternative Finanzierungsmethoden entdeckt. Die Software-Branche, die nach dem Platzen der Dotcom-Blase aufgrund des geringen Anlagevermögens von Banken als sehr riskant eingestuft wurde, setzt beispielsweise entweder auf sehr hohe Rücklagen liquider Mittel (siehe SAP) oder komplett auf Innenfinanzierungsstrategien (wie bei Avira). Die boomenden Biotech-Unternehmen hingegen finanzieren sich vermehrt über Venture-Capital-Angebote. Die folgende Übersicht erläutert die mögliche Gefährdung dreier ausgewählter mittelständischer Branchen durch die Kreditklemme: Die Übersicht zeigt, dass Unternehmensgröße, eine solide Eigenkapitalbasis und ausreichend liquide Mittel als Erfolgsfaktoren für den Mittelstand gelten. Opfer des drohenden credit crunchs werden zuallererst die stark vom Fremdkapital abhängigen Kleinstunternehmen sein. Profitieren könnten solche Branchenführer, die ihr Betriebsvermögen durch günstige Aufkäufe insolventer Konkurrenten vergrößern würden. In diesem Kontext profitieren auch Anwaltskanzleien und Insolvenzberater von den Umschichtungen. Allein 45 Anwälte stehen zum Beispiel bei Deutschlands größter Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer bereit, um bei steigenden Zinsen zusätzliche lukrative Beraterdienste bei Unternehmensübernahmen leisten zu können. Durch die Kreditklemme ist neben dem Mittelstand mit der Gruppe der Finanzinvestoren eine in den letzten fünf Jahren boomende Branche im Kerngeschäft getroffen worden. Die gravierenden Auswirkungen der Finanzkrise auf den extrem fremdkapitalabhängigen Heuschrecken-Sektor werden jedoch aufgrund des Umfangs und der in Deutschland noch vergleichsweise geringen Bedeutung nicht detailliert abgehandelt. Festzuhalten ist aber, dass Private-Equity-Unternehmen, Hedge- oder Investmentfonds aufgrund der erschwerten Kreditvergabe und ihres als riskant geltenden Geschäftsmodells ihre Aktivitäten deutlich zurückfahren mussten. Seit Ausbruch der Krise gab es kaum noch Übernahmedeals einzelner Investoren mit Volumina von über 250 Mio. € und auch Übernahmen werden durch die häufige vertraglich festgelegte Orientierung am Leitzins spürbar teurer. Laut M&A-Fachmann Keller hat sich somit die Finanzkrise katastrophal auf die M&A-Finanzierung ausgewirkt. Das Investmentbanking, also das Geschäft mit Finanzierungen, Wertpapierhandel oder Übernahmeberatungen, ist ebenfalls ins Stocken geraten. Die Zahl der Initial Public Offerings (IPO), also der Börsengänge, ist in Deutschland im Zuge der Finanzkrise drastisch zurückgegangen. Obwohl 2007 weltweit mit 1739 Börsengängen eine neue IPO-Rekordmarke erzielt wurde, wagten nur 44 deutsche Unternehmen den Schritt an die Börse, die meisten vor Ausbruch der Krise. In Deutschland und den USA hatten ursprünglich vor allem Immobilienunternehmen für 2007 ihr IPO angekündigt, allerdings aufgrund der Hypothekenkrise später davon abgesehen. Die ungewollte Stagnation des Investmentbankings sorgt innerhalb der großen Geschäftsbanken für deutliche Gewinneinbußen. Bei der Deutschen Bank wurden etwa stolze 70% des Profits mit der besagten Geschäftsaktivität erzielt. Hedgefonds gehörten gleich bei Ausbruch der Finanzkrise zu den ersten schwer getroffenen Institutionen. Der massive Abzug von Anlegergeldern, die längerfristig gebunden waren, sorgte für eine Liquiditätskrise bei den Newcomern der Jahrtausendwende. Der Global Equity Opportunities – Hedgefond von Goldman-Sachs musste zum Beispiel im August 2007 von der Bank mit zwei Milliarden Dollar gestützt werden, da er innerhalb von nur fünf Tagen mehr als 25% des Wertes verloren hatte. Der größte Fond von Goldman Sachs, Global Alpha, verlor im November sogar auf Jahressicht verwaltetes Vermögen in Höhe von enormen 60%. Die Folge war, dass Vermögenswerte abgestoßen werden mussten, nur um die flutartigen Rückkäufe der Anteile zu finanzieren. Prominentester Fall in Deutschland war der Rückzug von Neckermann-Erbe Florian Homm, der aus dem von ihm gegründeten Hedgefond Absolute Capital Management Holding (ABCM) Ende September ausstieg. Der Fond verlor anschließend innerhalb weniger Tage 90% seines Wertes.
Marius Jubin, Bachelor of Business Adminstration. Studium zum Master of International Management in Finance and Accounting an der Berlin School of Economics.
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