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- Die Bilanzierung ungewisser Verbindlichkeiten im Lichte des Einzelbewertungsgrundsatzes
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 100
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Seit dem Inkrafttreten des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 sind Verbindlichkeiten und Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mindestens einem Jahr mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Diese Vorschrift und deren Belastungswirkung machen es zwingend notwendig, die Bilanzierung ungewisser Verbindlichkeiten auch hinsichtlich des Grundsatzes der Einzelbewertung zu betrachten. Denn erst die jeweilige Abgrenzung der Bewertungseinheit Rückstellung bestimmt den Abzinsungszeitraum und somit auch die Höhe der Rückstellung. Damit ist die Bestimmung zuverlässiger Abgrenzungskriterien von Schulden zur Identifizierung einzelner, separat zu passivierender Teilverpflichtungen fundamental zur Darstellung einer den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von Unternehmen. Auf der Aktivseite der Bilanz wurden hinreichend Kriterien zur Abgrenzung von Vermögensgegenständen und Wirtschaftsgütern entwickelt, so beispielsweise der einheitliche Nutzungs- und Funktionszusammenhang. Hingegen wurde der Frage nach einer zuverlässigen Abgrenzung von Rückstellungen und Verbindlichkeiten auf der Passivseite der Bilanz bis heute keinerlei Bedeutung zugesprochen. Betrachtet man jedoch die Tatsache, dass Rückstellungen eine der dominierenden Bilanzposten im Jahresabschluss deutscher Unternehmen darstellen, ist dies nicht verständlich. § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. e S. 2 EStG bestimmt nämlich, dass der Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung der Schuld maßgeblich für die Abzinsung ist. Demnach macht es einen erheblichen Unterschied, ob eine Verpflichtung als globale Schuld in einer Rückstellung gebündelt bilanziert wird, oder ob diese globale Schuld in einzelne Teilverpflichtungen atomisiert und getrennt voneinander passiviert wird. Um die Frage nach einer getrennten oder zusammengefassten Passivierung ungewisser Verbindlichkeiten beantworten zu können, werden in der Untersuchung zunächst die Grundlagen der Bilanzierung ungewisser Verbindlichkeiten sowohl nach Handels- und Steuerrecht, als auch nach internationalem Recht dargestellt. Darauffolgend steht der Einzelbewertungsgrundsatz und dessen Bedeutung innerhalb des Systems der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) im Mittelpunkt der Untersuchung, um dadurch sowohl bilanzrechtliche Möglichkeiten und Grenzen der Atomisierung von Verbindlichkeiten, als auch Fälle von zwingend als Bewertungseinheit zu passivierenden Schulden zu ermitteln. Dabei wird das Zusammenspiel von Rückstellungsbilanzierung und Einzelbewertungsprinzip intensiv betrachtet. Als weiterer Anhaltspunkt zur Ermittlung von Abgrenzungskriterien für die Rückstellungsbilanzierung werden bereits vorhandene Kriterien zur Bildung von Bewertungseinheiten auf der Aktivseite der Bilanz dargestellt und dahingehend untersucht, ob sie eine Übertragbarkeit auf die Passivierung zulassen. Dabei bieten neben formal-juristischen Ansatzpunkten unter anderem die Voraussetzungen zur Mehrkomponentenbilanzierung, die Bildung von Leistungsbündeln im Steuerrecht und die Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge eine mögliche Orientierung. Zur Verdeutlichung und Überprüfung der aus den dargestellten Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse werden diese sodann auf die Bilanzierung von Rückstellungen für Rekultivierungs- und Restrukturierungsverpflichtungen übertragen. Dabei werden zunächst die Besonderheiten dieser in der Praxis häufig vorkommenden speziellen Verpflichtungen herausgearbeitet, um daraufhin den Rückstellungsansatz und die Rückstellungsbewertung hinsichtlich Abzinsung und Einzelbewertungsprinzip genauer zu betrachten. Somit können die zuvor theoretisch gewonnen Erkenntnisse auf die Praxis übertragen werden. Die ganze Untersuchung berücksichtigt dabei umfassend das Spannungsverhältnis zwischen einer willkürfreien und gläubigerschutzorientierten Rechnungslegung und der grundlegenden Informationsfunktion des Jahresabschlusses.
Textprobe: Kapitel IV.1.2, Rückstellungsansatz: 1.2.1, Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeit: Die Passivierung der bergrechtlichen Schuld zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche begründet sich in der Pflicht zur Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gem. § 249 Abs. 1 Satz 1 erste Alt. HGB und stellt eine Sachleistungsverpflichtung dar. Sie beruht eindeutig auf einer Außenverpflichtung, da die Rekultivierung ‘eine Pflicht ggü. der Bergbehörde bzw. sonstigen Dritten zur Realisierung eines bestimmten Zustandes der Oberfläche’ darstellt. Diese Pflicht stellt einen notwendigen Bestandteil der Betriebspläne bergbaubetreibender Unternehmen dar, so dass durch dort detailliert beschriebene Angaben zur geplanten Oberflächengestaltung und den einzelnen Stilllegungsschritten eine hinreichende Konkretisierung der Schuld am Bilanzstichtag ohne Zweifel bejaht werden kann. Weiterhin sind die für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen geforderten Sanktionen wegen Nichterfüllen der Schuld existent, da das Zuwiderhandeln gegen die Vorschriften des oben benannten Betriebsplans als Ordnungswidrigkeit einzustufen ist. Auch die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme kann durch die Aufsichtspflicht der zuständigen Behörden und der schon von der späteren Rekultivierung abhängigen Genehmigung zum Substanzabbau als sicher angenommen werden. Das rechtliche Entstehen der Schuld ist mit dem erstmaligen bergbaulichen Eingriff gegeben, da das Gesetz an diesen Tatbestand die Leistungspflicht zur Wiedernutzbarmachung knüpft. Das Kriterium der wirtschaftlichen Verursachung interpretiert im Sinne der Alimentationstheorie spiegelt sich bei den Rekultivierungsverpflichtungen besonders deutlich durch eine vom bisherigen Abbau des Bodenschatzes abhängige Rückstellungsbilanzierung wider. So muss die Rückstellung hier im Zeitablauf proportional zum Fortschritt des Abbaus sukzessive angesammelt werden, da eine Rückstellung stets nur in dem Umfang zu bilden ist, in dem das Vermögen am Bilanzstichtag auch tatsächlich wirtschaftlich belastet ist. 1.2.2, Einheitliche Rückstellung für Rekultivierungsverpflichtungen oder Atomisierung in Einzelverpflichtungen: Die Festlegung der für die Wiedernutzbarmachung notwendigen Einzelmaßnahmen ist Grundvoraussetzung zur Bestimmung der Rekultivierungsverpflichtung. Denn nur durch eine derartige sachlich-inhaltliche Strukturierung des Gesamtprozesses kann der Erfüllungsbetrag für die ungewisse Sachleistungsverbindlichkeit der Rekultivierung zuverlässig bestimmt werden. Dabei können Teilverpflichtungen wie u. a. die Verfüllung und Abdeckung der Tagesschächte, Maßnahmen zur Böschungsstabilisierung, die Wiederherstellung der Grundwasserverhältnisse oder bestimmte landschaftsgestaltende Maßnahmen eine ordnungsgemäße Wiedernutzbarmachung voraussetzen. Diese Einzelmaßnahmen können nicht als rechtlich selbständige Verpflichtungen angesehen werden, da sie auf der einheitlichen Pflicht zur ordnungsgemäßen Gestaltung der vom Bergbau in Anspruch genommenen Oberfläche beruhen. Denn erst durch eine bestimmte Kombination dieser Teilleistungen wird sichergestellt, dass auch jede Teilverpflichtung den ihr bestimmten Zweck erzielt. Aus diesem Grund kann es durchaus zweckmäßig und geboten sein, einzelne Objekte unabhängig von ihrer Bilanzierung auf der Aktiv- oder Passivseite der Bilanz nicht isoliert zu betrachten, sondern in einer größeren Bewertungseinheit zusammengefasst zu bilanzieren. Erst diese unterliegt dann als selbständiges Bewertungsobjekt dem Einzelbewertungsgrundsatz, so dass das Zusammenfassen mehrer wirtschaftlich verbundener Teilverpflichtungen zu einer Bewertungseinheit ‘Rückstellung’ kein Verstoß gegen § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB darstellt. Denn wenn auf der Aktivseite die Abgrenzung eines Vermögensgegenstandes unter Berücksichtigung des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs gefordert ist, warum sollte sich die Abgrenzung einer Schuld auf der Passivseite dann nicht an einem einheitlichen Gesamtzweck (hier der Rekultivierung) orientieren dürfen. Eine uneinheitliche Vorgehensweise auf der Aktiv- und Passivseite wäre in diesem Fall nicht zu begründen. Insbesondere unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist nach dem bilanziellen Gesamtzweck der Verpflichtung zu fragen und die für deren Erfüllung notwendigen Haupt- und Nebenleistungspflichten zu bestimmen. Insoweit kann auch diese zivilrechtliche Unterscheidung in Verbindung mit der Frage nach dem Gesamtzweck der Außenverpflichtung Aufschluss über die mögliche Abgrenzung einer aus mehreren Einzelverpflichtungen bestehenden ‘Globalverpflichtung’ bringen. Wenn also eine ungewisse Verbindlichkeit in verschiedene Teilverpflichtungen aufspaltbar ist, so sind diese als Bewertungseinheit zu passivieren, die gemeinsam der ‘Wegschaffung’ der Schuld dienen. Da auf der Aktivseite der Bilanz der Gewinn dann als realisiert gilt, ‘wenn dem Leistungsverpflichteten die Forderung auf Gegenleistung dem Grunde nach sicher ist’, muss eine Verpflichtung derart bilanziert werden, dass dem Bilanzierenden mit der Erfüllung des Rückstellungsgrunds keine Sanktionen oder Strafen aufgrund Vertragsbruchs mehr auferlegt werden können. Demnach würde ein Unternehmen, welches nur die Verpflichtung der ‘Wiederauffüllung’ erfüllt, dennoch wegen Nichterfüllung der in § 4 Abs. 4 BBergG definierten Wiedernutzbarmachung mit Sanktionen der jeweiligen Aufsichtsbehörden zu rechnen haben. Unabhängig von der Betrachtung der Bilanzierung von Bewertungseinheiten zum Zwecke des Risikoausgleichs, der Saldierung von Verbindlichkeiten und Forderungen bei Drohverlustrückstellungen oder der Leistungsbündelung im Umsatz-steuerrecht, allen diesen Bewertungseinheiten ist ein besonderer Bezug der Bewertungsobjekte untereinander gemeinsam. Diese innere Zweckverbundenheit der einzelnen Bewertungsobjekte untereinander, hier im Sinne der einzelnen objektiv feststellbaren Teilverpflichtungen der Rekultivierung, gibt die Rechtfertigung zur Bildung einer Bewertungseinheit ‘Rekultivierung’. Um dennoch einen objektiven ausschüttungsfähigen Gewinn zu gewährleisten, sind die Teilmaßnahmen zur Wiedernutzbarmachung des Geländes zunächst einzeln zu bewerten, um dann in der Summe die Rekultivierungskosten zum Bilanzstichtag widerzuspiegeln. Im nun folgenden Teil der Untersuchung soll die Frage nach der getrennten oder zusammengefassten Bilanzierung von aus mehreren Teilverpflichtungen bestehenden ungewissen Verbindlichkeiten hinsichtlich der unterschiedlichen Belastungswirkung aufgrund des steuerlichen Abzinsungsgebots des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Satz 1 lit. e EStG untersucht werden.
Anne-Kathrin Wiegand, Jahrgang 1981, studierte nach ihrem Abitur Kommunikations-wissenschaften an der Hamburger Akademie für Marketing und Kommunikation. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums in Hamburg entschloss sie sich, das dort gewonnene betriebswirtschaftliche Wissen durch ein weitergehendes Studium zu vertiefen und das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln aufzunehmen.
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