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- LIBOR-Manipulation: Analyse möglicher Auswirkungen und Empfehlungen für den sich daraus ergebenden Handlungsbedarf
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Verlag:
Igel Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 82
Abb.: 14
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Anfang 2014 veröffentlichten Meldungen über Rekordstrafen für Banken im Zusammenhang mit der Manipulation von Referenzzinssätzen werfen erneut Fragen über die Integrität der internationalen Finanzmärkte auf. So wurde offenbar die Höhe der täglich ermittelten London Interbank Offered Rate , kurz LIBOR, über mehrere Jahre hinweg – von etwa 2005 bis 2009 – manipuliert. Trotz des enormen Einfluss des LIBOR, von dem geschätzte 300 bis 600 Billionen Dollar Finanzvolumen abhängen, ist bis heute nicht abschließend geklärt, welche Institutionen und Einzelpersonen in die Manipulation verwickelt waren. Die bisherige Berichterstattung über die Manipulation des Referenzzinssatzes hat sich auf zwei wesentliche Aspekte konzentriert, die Aufdeckung der beteiligten Finanzinstitute und die erhobenen Strafzahlungen. Die Konsequenzen für den Finanzmarkt traten dabei zunächst in den Hintergrund. Die vorliegende Studie beschäftigt sich daher zum einen mit den möglichen Auswirkungen der Manipulation des LIBOR auf das Finanzsystem bzw. einzelne Marktteilnehmer. Aufgrund der hohen Relevanz verlässlicher Referenzzinssätze wird derzeit eine Vielzahl von Reformierungsvorschlägen diskutiert. Dementsprechend beantwortet die Arbeit außerdem die Frage nach dem sich aus der Manipulation ergebenden Handlungsbedarf auf Basis der wesentlichen Schwachstellen des LIBOR-Systems.
Textprobe: Kapitel 3, Anreize zur Manipulation von Referenzzinssätzen – eine Analyse auf Basis der Agency-Theorie: 3.1, Grundgedanke der Agency-Theorie: Neben der Transaktionskosten- und der Verfügungsrechtstheorie wird die Prinzipal-Agent-Theorie, auch Agency-Theorie genannt, in die Gruppe institutionen-ökonomischer Organisationstheorien eingeordnet. Ausgangspunkt für eine Prinzipal-Agent-Beziehung ist ein Vertrag zwischen einem Prinzipal (Auftraggeber) und einem Agenten (Auftragnehmer) zur Erfüllung einer Aufgabe. Der Erfolg des Auftraggebers ist somit maßgeblich vom ‘Wissen und Wollen’ des Agenten abhängig. Im weiteren Sinne kann ein Prinzipal-Agent-Verhältnis wie folgt definiert werden ‘Whenever one individual depends on the action of another, an agency relationship arises.’ Neben den begrenzten Kapazitäten (I) des Prinzipals können die speziellen Fähigkeiten (II) oder ein Wissensvorsprung (III) auf der Seite des Agenten der Ursprung einer solchen Beziehung sein. Nachfolgend werden diese an jeweils einem Beispiel dargestellt. Mit begrenzten Ressourcen werden Führungskräfte in Unternehmen tagtäglich konfrontiert. Die Arbeitsteilung ist Grundlage der Betriebswirtschaft. Jede delegierte Aufgabe bildet die Basis für eine Prinzipal-Agent-Beziehung. Im Rahmen der Geschäftsführung einer Aktiengesellschaft nutzen Aktionäre die speziellen Fähigkeiten eines Managers zur Führung des Unternehmens. Hier entsteht eine Agency Beziehung zwischen Kapitalgebern und dem Management. Der Wissensvorsprung einer strategischen Unternehmensberatung ist ein weiterer Ausgangspunkt für eine Agency-Beziehung zwischen der Beratungsgesellschaft und ihrem Mandanten. Prinzipal-Agent-Verhältnisse beschränken sich jedoch nicht auf das Wirtschaftsleben. Auch im privaten Alltag sind diese allgegenwärtig. So nutzt ein Patient (Prinzipal) beispielsweise den Wissensvorsprung eines Arztes (Agent) zur Heilung einer Krankheit. Die konkrete Zuordnung der Rollen von Prinzipal und Agent ist situationsabhängig. Beispielsweise ist der Vorgesetzte im Fall der Delegierung von Aufgaben der Prinzipal. Auf der übergeordneten Führungsebene agiert dieser jedoch in der Rolle des Agenten. Allen angeführten Beispielen der Agency-Theorie ist gemein, dass durch die Nutzenmaximierung der jeweiligen Parteien, Interessenskonflikte zwischen Prinzipal und Agent auftreten können. In beiden Fällen ergibt sich der Nutzen aus einer Deltabetrachtung. Auf der Seite des Prinzipals ist dies die delegierte Arbeitsleistung abzüglich der Entlohnung des Auftragnehmers. Seine Nutzenmaximierung besteht somit in der bestmöglichen Aufgabenbewältigung durch den Agenten, bei geringstmöglichen Kosten. Im Fall des Agenten definiert sich der Nutzen durch die erhaltene Vergütung abzüglich der eingebrachten Arbeitsleistung. Sein Bestreben ist die Maximierung des Lohns unter Berücksichtigung eines minimalen Arbeitsaufwands. Neben den beschriebenen Interessenskonflikten ist der Informationsvorsprung des Agenten vor dem Prinzipal das zweite Merkmal einer Agency Beziehung. Der Auftragnehmer kennt im Gegensatz zum Auftraggeber seine Fähigkeiten und Motivation die bestehende Aufgabe zu lösen. Dieses Merkmal wird als Informationsasymmetrie bezeichnet. Die unterschiedlichen Risikoeinstellungen von Prinzipal und Agent werden in der Literatur als dritte Charaktereigenschaft einer Prinzipal-Agent-Beziehung beschrieben. Der Agent ist im Vergleich zum Prinzipal tendenziell gewillt ein höheres Risiko einzugehen. Ein ‘Scheitern’ oder ‘Fehler’ hat für den Agenten geringere Folgen hat, als für den Prinzipal. 3.2, Verschiedene Erscheinungsformen der Agency-Theorie: Aus Prinzipal-Agent-Beziehungen können verschiedene Probleme resultieren. Grundlegend sind drei Erscheinungsformen denkbar. Sie alle nehmen Bezug auf die Informationsasymmetrie zwischen Prinzipal und Agent. Der Ursprung sowie der Zeitpunkt des Informationsdefizites bilden die Anknüpfungspunkte zur Differenzierung der einzelnen Problemstellungen. Der Moment des Vertragsabschlusses teilt die Betrachtung des zeitlichen Ursprungs in zwei Teile. Die Informationsasymmetrie kann vor bzw. nach dem Vertragsabschluss entstehen. Ein Auftraggeber kann das Verhalten des Delegierten während der Durchführung einer Aufgabe nicht beobachten. Somit ist für den Prinzipal nicht abschätzbar, inwiefern der Agent seine kompletten Fähigkeiten zur Bewältigung der Tätigkeit einsetzt. Diese Form der Informationsasymmetrie zwischen den beiden Parteien wird Hidden Action genannt. Sie tritt erst nach Vertragsabschluss (ex post) und durch die Handlung des Agenten (endogen) auf. Die Hidden Information beschreibt eine Asymmetrie zwischen Prinzipal und Agent hinsichtlich verborgener Informationen. Vor der Durchführung einer Aufgabe liegen beiden Parteien die gleichen Erkenntnisse vor. Durch die intensive Auseinandersetzung mit der Thematik kann der Agent im Lauf der Tätigkeit Informationen erhalten, die zu Beginn nicht bekannt waren. Somit entsteht ein Informationsdefizit auf der Seite des Prinzipals. Die daraus abgeleitete Gefahr des Auftraggebers besteht darin, dass er sich nicht sicher sein kann, ob der Agent die neuen Erkenntnisse in seinem Sinn verwendet. Die Interpretation und Anwendung dieser könnte, auf Ebene des Prinzipals, unterschiedlich erfolgen. Ähnlich der Hidden Action entsteht die Asymmetrie erst nach Vertragsabschluss (ex post), hat jedoch ihren Ursprung in exogenen Faktoren (erlangte Informationen). Folgendes Beispiel verdeutlicht diesen Zusammenhang. Im Lauf seiner Tätigkeit erhält ein Außendienstmitarbeiter einer Versicherung mehr Informationen über seinen Kundenstamm als der vorgesetzte Vertriebsleiter. Die dritte Erscheinungsform wird Hidden Characteristics genannt. Im Gegensatz zu den bereits angeführten Ausprägungen von Informationsasymmetrien hat diese ihren zeitlichen Ursprung bereits vor (ex ante) dem Vertragsabschluss. Da ein Auftraggeber vor Vertragsabschluss nicht alle Eigenschaften und Fähigkeiten eines potentiellen Agenten kennen kann, entsteht ein asymmetrisches Informationsverhältnis zulasten des Prinzipals. In Teilen der Literatur erfolgt die Unterscheidung einer vierten Erscheinungsform. Diese wird Hidden Intention genannt. Sie beschreibt die für den Prinzipal verborgenen Absichten des Agenten vor Vertragsabschluss. Da die Hidden Intention den Hidden Characteristics sehr ähnlich ist, verzichten die meisten Quellen auf eine Differenzierung zwischen diesen zwei Erscheinungsformen. Wie eingangs erwähnt, bilden die Informationsasymmetrien den Ursprung für verschiedene Probleme. Die verborgenen Eigenschaften des Agenten (Hidden Characteristics) können zur ‘adverse selection” führen. Diese beschreibt die Gefahr der unvorteilhaften Auswahl eines Agenten, bedingt durch zunächst verborgene Eigenschaften. ‘Bietet eine Versicherungsgesellschaft aus statischen Durchschnittswerten berechnete Versicherungsleistungen an, muss sie damit rechnen, dass nur diejenigen, die glauben, einem überdurchschnittlichen Risiko ausgesetzt zu sein, Versicherungsverträge abschließen’. Aus der Hidden Action sowie der Hidden Information folgt das Problem des ‘moralischen Risikos’. Dieses, auch ‘moral hazard” genannt, bezeichnet die Gefahr für den Prinzipal, dass der Agent dessen Informationsdefizit zu eigenen Gunsten ausnutzt. In der Praxis werden verschiedene Formen des ‘moralischen Risikos’ unterschieden. Eine mögliche Erscheinungsform sind ‘fringe benefits’. Hat der Agent die Wahl, entscheidet er sich für die Alternative, die ihm einen persönlichen Nutzen einbringt. Die Benutzung von betrieblichen Eigentum für private Zwecke des Agenten (‘consumption on the job’) stellt eine weitere Form des ‘moralischen Risikos’ dar. In gleichem Kontext bezeichnet der Begriff des ‘shirking’, die Neigung des Agenten zur Drückebergerei. Kann der Prinzipal die Handlung des Agenten nicht beobachten (Hidden Action), erfolgt beispielsweise keine Sanktionierung häufiger Arbeitspausen. Die Situation des ‘hold-up’ ist ein weiteres Problem, das aus einer Prinzipal-Agent-Beziehung entstehen kann. Der Ursprung liegt jedoch nicht in der Informationsasymmetrie, sondern vielmehr in der vertraglichen Bindung beider Parteien. ‘Hold-up’ bezeichnet das Ausnutzen einer temporären Machtposition durch den Agenten zu Lasten des Prinzipals. In der Wirtschaft kann dieses Verhalten bei Lieferantenbeziehungen beobachtet werden. Große Konzerne nutzen ihre Marktstellung, um Preise kleiner Zuliefergesellschaften zu drücken. Zur Lösung eines Agenturproblems werden in der Theorie drei verschiedene Wege unterschieden: Förderung des Wettbewerb im Markt Vorgabe von Normen und Regeln Integration von Anreizsystemen. Die durch die Umsetzung dieser Maßnahmen entstehenden Kosten werden als Agenturkosten (‘agency costs’) bezeichnet. Es ist im Interesse des Prinzipals stets die Lösung zu wählen, die neben der besten Wirksamkeit, die geringsten ‘agency costs’ verursacht. 3.3, Anwendung der Agency-Theorie auf den Referenzzinssatz LIBOR: 3.3.3, Monetäre Anreize: Einen weiteren Anreiz zur Manipulation des Referenzzinssatzes LIBOR bilden monetäre Absichten der Finanzinstitute. Da die Wertentwicklung vieler Derivate direkt an einen Referenzzinssatz gekoppelt ist, liegt der Anreiz zur Beeinflussung dieser nahe. Bereits eine geringe Veränderung des Zinssatzes, kann – je nach bestehender Long- oder Short - Position in diesem Derivat – eine erhebliche Auswirkung auf den Gewinn bzw. Verlust eines Finanzinstitutes haben. Dies verdeutlicht ein Artikel im Wall Street Journal aus dem Jahr 2013: ‘Deutsche Bank calculated that as of Sept. 30, 2008, it could gain or lose as much as about €68 million for each one-hundredth of a percentage point change in the gap between different rates related to Libor and the euro interbank offered rate [...]’. Im Verlauf der Untersuchungen der Manipulationsvorwürfe gegen internationale Großbanken wurden von den Britischen Regulierungsbehörden zahlreiche E-Mail Ausschnitte der Dialoge zwischen Derivatehändlern veröffentlicht. Diese zeigen die institutsübergreifende Absprache zwischen den Tradern. Das Ziel war die Maximierung der Handelsgewinne der einzelnen Institute. Neben diesem primären Ziel ist nach wie vor offen, inwiefern etwaige erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile der Derivatehändler einen Anreiz zur Manipulation gegeben haben. Wie im Fall des Credit-Signaling stellen die monetären Anreize zur Manipulation des Referenzzinssatzes LIBOR ein moralisches Risiko für den Prinzipal dar.
Nach dem Abschluss seiner Ausbildung zum Bankkaufmann mit Zusatzqualifikation Finanzassistent arbeitete Carsten Krupp als Kundenberater im Privatkundengeschäft einer mittelständischen Bank. Im Anschluss an diese Tätigkeit nahm er ein Studium im Bereich Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Finanzen an der Hochschule Ludwigshafen auf. Während seiner Studienzeit absolvierte der Autor mehrere Praktika, die ihm einen tiefen Einblick in die Felder Rechnungslegung/Finanzierung und Controlling boten. Im Jahr 2014 schloss er sein Studium erfolgreich mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts ab. Aktuell studiert Carsten Krupp International Accounting and Taxation (M.A.) an der Hochschule Reutlingen (ESB).
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