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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 132
Abb.: 16
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die vorliegende Arbeit ist Teil des Projekts Humanitäre Logistik im Bereich Logistik der TU Berlin. Ziel des Projekts ist es, für eine langfristig verbesserte Versorgungssituation in Entwicklungsländern ein Instrumentarienportfolio für angepasste Logistikkonzepte zu entwickeln. Dabei wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, der Technologie- und Wissenstransfer miteinander verbindet. Diese Arbeit beschäftigte sich mit dem Bereich des Wissenstransfers, also dem langfristigen Aufbau logistischen Know-hows in Entwicklungsländern. Sie untersucht, welche Rahmenbedingungen, Akteure und Instrumente für die Entwicklung und Implementierung eines Wissensmanagementsystems zur Handhabung logistischer Prozesse in der Entwicklungshilfe eine Rolle spielen. Dazu werden zunächst die theoretischen Grundlagen zum Wissensmanagement und zur Humanitären Logistik vermittelt und anschließend untersucht, welche Bedeutung das Wissensmanagement in der humanitären Logistik hat. Im Rahmen der so genannten Entwicklungslogistik werden Aspekte des Wissensmanagements auf Seiten der Hilfsbedürftigen und auf Seiten der Hilfsorganisationen aufgegriffen und der Wissenstransfer zwischen beiden analysiert. Weiterhin wird ein Modell zur Klassifizierung und Auswahl von Instrumenten zur Wissensarbeit in der Entwicklungslogistik vorgestellt. Die Arbeit stellt auf Seiten der Hilfsbedürftigen die Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse in Entwicklungsländern und deren wirtschaftliche Stärkung in den Fokus. Mit Hilfe der theoretischen Grundlagen wird für einen Teil der Kaffee-Supply-Chain in Tansania ein Wissensmanagementsystem zur Handhabung logistischer Prozesse konzipiert. Hierbei wird ein primär kommmunikationsorientierter Ansatz verfolgt, der großen Wert auf die Gemeinschaft und die Gruppe legt. Für eine erfolgreiche Implementierung des Systems sind eine gemeinsame Vision aller Akteure und gegenseitiges Vertrauen die wichtigsten Voraussetzungen. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick zu weiterem Handlungs- und Forschungsbedarf.
Textprobe: Kapitel 3.3.1, Katastrophenlogistik : Der Begriff Katastrophenlogistik umfasst die Logistikaufgaben in der kurz- und mittelfristigen humanitären Hilfe, welche (wie bereits erläutert) die Bereitstellung von Soforthilfe bis hin zur Wiederherstellung einer zuvor ermittelten und definierten Minimalfunktionalität der Community zum Ziel hat. Aufgrund unterschiedlicher Anforderungen und Rahmenbedingungen unterscheiden sich humanitäre Supply Chains in der Katastrophenlogistik von traditionellen kommerziellen privatwirtschaftlichen Supply Chains. Supply Chains in der Katastrophenlogistik sind u.a. durch folgende Besonderheiten gekennzeichnet: Die Konsumenten (die Hilfsbedürftigen) sind nicht die zahlenden Kunden die Zahlung geschieht zu einem Großteil durch Spenden Unsicherheiten, z.B. über Zeit und Ort der nächsten Katastrophe und der dafür benötigten Hilfsmittel, spielen eine enorm wichtige Rolle. Es hängen Menschenleben an der Effizienz der Supply Chain Operationen. Dadurch müssen extrem kurze Durchlaufzeiten realisiert werden. Meist hat man es mit beschädigter und kaum ausgebauter lokaler Infrastruktur zu tun. Man befindet sich in Krisensituationen, in welchen der Sicherheitsfaktor ein großes Risiko darstellt. Weiterhin sind viele verschiedene Stakeholder an den Prozessen beteiligt und es besteht eine hohe Mitarbeiterfluktuation. All diese Faktoren sorgen für ein unsicheres und dadurch schwer vorhersehbares Umfeld der humanitären Supply Chains. Dies erfordert hohe Flexibilität und schnelle Reaktionsfähigkeit. Jahre, M. und Heigh, I. unterscheiden grob drei Arten von humanitären Supply Chains: die ‘Permanent Supply Chain’, die ‘Emergency Supply Chain’ und die ‘Project Supply Chain’. Die ‘Permanent Supply Chain’ zeichnet sich durch eine hohe Standardisierung und eine proaktive Gestaltung aus. Sie beinhaltet alle permanenten und langfristigen Anlagen und Equipment (z.B. Lagersysteme), angestellte oder abrufbare Angestellte, sowie Systeme und standardisierte Prozesse, welche die Reaktionsfähigkeit auf Katastrophen oder laufende Projekte sichern und vorbereiten. Die ‘Emergency Supply Chain’ wird während der ersten Wochen nach einer Katastrophe gebildet. Sie ist durch eine schwer vorhersehbare und unstabile Nachfrage charakterisier. Die ‘Project Supply Chain’ wird hingegen in den Phasen nach der Soforthilfe errichtet. Sie zeichnet sich durch bessere Vorhersehbarkeit und mehr Stabilität aus. Eine typische Supply Chain in der Katastrophenlogistik beginnt beim Ursprung der Ware (z.B. dem Produzenten oder Spender, meist in Industrieländern). Die Ware wird dann über Land, See oder Luft durch einen oder mehrere Ports zu zentralen primären Lagern in der Nähe des Ports geschafft. Vor dort aus wird die Ware in weitere dezentrale Lager zwischengelagert und dann zu den finalen Endlagern gebracht, um von dort aus an die Hilfsbedürftigen weitertransportiert oder direkt übergeben zu werden. Schulz, S.F. unterscheidet bei Supply Chains der Hilfsorganisationen in der Katastrophenlogistik hinsichtlich des Eingangspunktes der Hilfeleistung zwischen vier sich teilweise überlappenden Designs: Erstens solche, die keine bereitliegenden Bestände haben zweitens solche, die ein oder zwei zentrale Lager in der Nähe der Hauptquartiere oder anderer strategisch wichtiger Punkte haben und drittens solche, die über ein Netzwerk regionaler Lager mit bereitliegenden Beständen zur Versorgung mehrerer Kontinente verfügen. Die vierte Kategorie umfasst die Supply Chains der Hilfsorganisationen, die nur lokale Kapazitäten in einer bestimmten Region bereithalten, um auf Katastrophen zu reagieren, die saisonal auftreten (wie z.B. die jährliche Hurrikan-Saison in der Dominikanischen Republik). Hilfsorganisationen arbeiten meist bei der operationalen Planung und Durchführung von Projekten mit lokalen Logistikern, Managern und Facharbeitern zusammen und nutzen lokale Kapazitäten. Oft müssen sie die benötigte Infrastruktur wie Büros, Lager und anderes Equipment für die Supply Chain auf regionaler und lokaler Ebene selbst errichten. Die Einbindung lokaler Ressourcen in die Prozesse der humanitären Logistik spielt für Hilfsorganisationen bei der Planung und Durchführung von Supply Chains eine wichtige Rolle und ist beispielsweise beim World Food Program (WFP) weit verbreitete Praxis. Das WFP ist die größte humanitäre Hilfsorganisation der Welt. Ihre Logistikabteilung hat weltweit über 2000 Mitarbeiter. Die Supply Chains beginnt bei der Beschaffung von Hilfsmitteln und endet bei deren Übergabe bei den Hilfsbedürftigen. Wenn notwendig, beteiligt sich das WFP an speziellen Infrastrukturprojekten, wie z.B. den Bau von Straßen, Brücken, Schienen oder den Ausbau von Häfen. Die meisten Hilfeleistungen werden über die Straße abgewickelt. Zum Beispiel hat im Jahre 2005 ein Konvoi von 69 Trucks die Sahara von Libyen nach Tschad durchquert, um über 15000 Tonnen Nahrung zu überbringen. Die Hauptlager des WFP sind meist in der Nähe großer Häfen angesiedelt, um ein weltweites Netz der Versorgung mit regionalen Netzen zu verbinden. Die Katastrophenlogistik übernimmt in der humanitären Logistik somit kurz- bis mittelfristige planerische, koordinierende und operative Aufgaben, um nach Katastrophen schnellstmögliche und effiziente Hilfeleistung zu garantieren. Im Fokus dieser Arbeit liegen aber langfristige und permanente Probleme bei der Versorgung der Bevölkerung in Krisenregionen. Diesen Herausforderungen stellt sich die Entwicklungslogistik.
Erik Lewerenz, Jahrgang 1982, studierte Wirtschaftsingenieurwesen in Berlin, Sydney und Peking mit der Vertiefung Logistik. Durch sein Studium, ein Praktikum bei DB Schenker Australia und verschiedene Auslandsaufenthalte in Ländern der dritten Welt entwickelte der Autor ein besonderes Interesse für die humanistischen Aspekte in der Logistik. Im Rahmen des durch Prof. Dr.-Ing. Helmut Baumgarten initiierten Projekts Humanitäre Logistik im Bereich Logistik an der TU Berlin verfasste er die vorliegende Arbeit.
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