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Christian Bock

Unternehmensbindung in Pflegeberufen

Pflegende im Spannungsfeld von beruflicher Identität und Realität

ISBN: 978-3-8366-7926-8

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 08.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 122
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Mangelnder Respekt und unzureichende Wertschätzung der geleisteten Arbeit können Pflegenden die Freude an ihrem Beruf nehmen. Dies hat deutlich negative Auswirkungen auf die Arbeitsmotivation und, falls die Wertschätzung seitens des Arbeitgebers vermisst wird, auch auf die Unternehmensbindung. So lautet das Kernergebnis einer psychologischen Forschungsarbeit, in deren Verlauf mit Pflegenden aus unterschiedlichen Bereichen der Alten- sowie Gesundheits- und Krankenpflege über ihr berufliches Identitätserleben, ihre Arbeitsbelastung und deren Auswirkung auf die Bindung an ihre Unternehmen gesprochen wurde. Während Arbeitspsychologen eine humangerechte Gestaltung der Arbeitsbedingungen in Organisationen fordern, müssen immer mehr pflegebedürftige Menschen von immer weniger Pflegenden versorgt werden. Der Mangel an Fachkräften, zunehmend pflegebedürftige Menschen im Zuge des demografischen Wandels, eine kontinuierliche Kürzung von Pflegestellen in den letzten Jahren und die daraus resultiere Arbeitsverdichtung sorgen für immer höhere Arbeitsbelastungen in den Pflegeberufen. Dabei sind gesunde und motivierte Beschäftige für Unternehmen wirtschaftlich höchst bedeutsam, da sie produktiver sind, weniger Krankheitstage aufweisen und das Unternehmen häufiger weiterempfehlen. Aufbauend auf einer Forschungsarbeit an der Universität Bremen bietet der Autor einen Einblick in die Erlebenswelten einiger Pflegender hinsichtlich ihrer Berufe, ihres Identitätserlebens als Pflegende und ihrer Beziehung zu ihren Unternehmen. Warum haben sie sich für den Pflegeberuf entschieden? Mit welchen Stereotypen sehen sie sich konfrontiert? Welche (pflegerischen) Ideale haben sie? Wie sehen sie ihr Verhältnis zu ihren Arbeitgebern und was können Unternehmen tun, um Pflegefachkräfte langfristig an sich zu binden? Christian Bock hat diese Fragen aufgegriffen und diskutiert sie im Kontext arbeitspsychologischer Erkenntnisse.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2.2, Die Übertragbarkeit menschlicher Attribute auf Unternehmen: Die Übertragbarkeit eines menschlichen Verhaltens wie der Bindung auf ein Kollektiv von Menschen (zum Beispiel ein Unternehmen) kann m.E. nicht vorausgesetzt werden. Die Betriebswirtin Achterholt (1988) bezieht sich auf den Begriff Identität, wenn sie beschreibt, dass eine Übertragbarkeit von Individuen auf Unternehmen zwar nicht methodisch, wohl aber ‘psychologisch gerechtfertigt’ ist, da Menschen ihres Erachtens in ihrem Denken oft Erklärungsmuster aus ihrer unmittelbaren Lebenswirklichkeit auf andere Bereiche übertragen und somit auch Unternehmen Individualeigenschaften zuschreiben. Die Psychologin Aswerus (1993) erwähnt ergänzend, dass in der organisationspsychologischen Literatur Organisationen immer wieder menschliche Merkmale zugesprochen werden, indem von ‘Unternehmenspersönlichkeit’ und vom ‘Selbstbewusstsein einer Unternehmung’ gesprochen wird. Laut der Autorin werden Individuen und Unternehmen gleichermaßen als Einheit wahrgenommen (ebd., S. 23). Dabei beschreibt sie exemplarisch die Personalentwicklung als ‘Handlung’ des Unternehmens, die vergleichbar sei mit körperlicher und geistiger Ertüchtigung zum Zwecke der Gesunderhaltung beim Menschen. Aus diesen Gründen halte ich die Vergleiche zwischen Menschen und Unternehmen für gerechtfertigt und setze im Folgenden voraus: Unternehmen können nach meinem Verständnis dann eine Identität besitzen und auch ein Bindungsverhalten zeigen bzw. Menschen können sich an Unternehmen binden, wenn diese von innen und nach außen als eine Einheit wahrgenommen werden, weil ihre zugeschriebenen, erworbenen und übernommenen Identitätsfaktoren durch abgestimmtes Verhalten und Kommunikation zu einem einheitlichen Erscheinungsbild verschmelzen. Unternehmensbindung: Auf der Basis von Erkenntnissen aus der Betriebswirtschaft und Wirtschaftswissenschaft, der Arbeits- und Organisationspsychologie sowie der Kommunikationswissenschaft erhoffe ich mit den Überlegungen in diesem Kapitel eine Einbettung des Bindungsbegriffes in den Unternehmenskontext zu erreichen. Abweichend von dem (entwicklungs-) psychologischen Bindungsbegriff, wie er in Kapitel 2.2.1 besprochen wird, beabsichtige ich im Folgenden, den Begriff ‘Bindung’ im Unternehmenskontext zu verwenden. Damit meine ich das deutsche Äquivalent zu dem englischen Begriff ‘Commitment’. Übersetzt werden kann Commitment nach dem Online-Wörterbuch www.leo.org mit ‘Bindung, Einsatz, Engagement, Verpflichtung, Hingabe, Bekenntnis zu’, u.a. Auch der Arbeitspsychologe van Dick übersetzt ‘Commitment’ mit ‘Organisationsbindung’. Daher werde ich im Folgenden die Begriffe ‘Unternehmensbindung’ und ‘Commitment’ synonym verwenden. Für die Kommunikationswissenschaftlerin Riesterer (2006), die sich ihn ihrer Forschungsarbeit ‘Mitarbeitercommitment’ mit Fragen der Unternehmenskommunikation und des Commitments beschäftigt, geht es beim Commitment um implizierte psychologische Verträge zwischen Organisationen bzw. Unternehmen und ihren Mitgliedern bzw. Mitarbeitern. Eine weitere Definition für Commitment bietet auch die Ökonomin Gauger (2000) in ihrem Buch ‘Commitment-Management in Unternehmen: am Beispiel des mittleren Managements’ an. Sie sieht Commitment als ‘psychologische Ausrichtung und Festlegung auf ein Bezugsobjekt im Sinne einer Selbstbindung […], das [bezieht sich auf Commitment, Anm. d. Verf.] eine erhöhte Einsatzbereitschaft und Bindung von Individuen mit sich bringt’. Die Autorin ergänzt damit nach meinem Verständnis die Autoren Mistele und Kirpal, welche die Beziehung von Menschen zu ihren Unternehmen in den Mittelpunkt ihrer Definition stellen und damit auch der psychologischen Bindungsdefinition von Fröhlich meiner Ansicht nach nahe kommen. Wie bereits in der Einleitung erwähnt, wird hier m.E. ein mögliches Interesse von Unternehmen deutlich, die von Mitarbeiter/innen mit hoher Unternehmensbindung offenbar mehr Einsatz erwarten können. Auch Riesterer folgert, dass ein ‘commiteter’ Mitarbeiter, der in sein Unternehmen integriert ist, sich eher mit dessen Werten und Zielen identifiziert und sich entsprechend für das Unternehmen engagiert. Commitment, der in der Literatur nach meiner Einschätzung mittlerweile gängige Ausdruck für ‘Unternehmensbindung’, ist demnach mehr als bloße Identifikation und scheint der psychologischen Bindungsdefinition insoweit zu entsprechen, dass mit dem Zweck der Bildung von Nähe (hier: zu einer Organisation bzw. einem Unternehmen) hergestellt und aufrecht erhalten werden soll, nach meinem Verständnis auch zur Aufrechterhaltung eines Sicherheitsgefühls. Dieses Sicherheitsgefühl könnte meiner Auffassung nach auch im Kontext von beruflicher Identität eine Rolle spielen, vor allem wenn Sicherheitsbedürfnisse die Identitätsbedürfnisse übersteigen sollten. Ein Aspekt, der vor allem im Zusammenhang mit pflegerischem Arbeitserleben zu diskutieren ist. Riesterer unterscheidet zwischen drei Komponenten des Commitment: dem affektiven, dem kalkulativen sowie dem normativen Commitment. Affektives Commitment bedeutet ihren Ausführungen nach eine psychologische Bindung von Mitarbeiter/innen an das Unternehmen auf der Basis einer positiven emotionalen Zuwendung wie beispielsweise Identifikation. Wenn sich Mitarbeiter/innen folglich in ihrem Unternehmen wohl fühlen, sich eingebunden fühlen, Eigenschaften des Unternehmens also zum Gegenstand ihres eigenen Selbstverständnisses machen, kann nach meinem Verständnis von affektivem Commitment gesprochen werden. Kalkulatives Commitment basiert laut Riesterer (ebd.) auf subjektiv kalkulierten Kosten-Nutzen-Überlegungen. Das kann m.E. die Aussicht auf eine bevorstehende Beförderung oder ein anderer, nicht unbedingt monetärer Anreiz sein, der eine(n) Mitarbeiter/in auch emotional an ein Unternehmen bindet. Zu einem normativen Commitment kommt es hingegen nach Aussage der Autorin, wenn ein(e) Mitarbeiter/in gegenüber ihrem oder seinem Unternehmen eine moralisch-ethische Verpflichtung empfindet. So eine Form der Unternehmensbindung ist aus meiner Sicht denkbar, wenn Mit-arbeiter/innen Dankbarkeit gegenüber ihrem Unternehmen empfinden oder meinen, dem Arbeitgeber durch Leistung oder Loyalität etwas ‘zurückgeben’ zu müssen. Es wird im Folgenden zu diskutieren sein, inwieweit sich die einzelnen Commitmentformen im Erleben von Pflegekräften bezüglich ihrer Unternehmen wiederfinden.

Über den Autor

Christian Bock, geboren 1974 in Bad Harzburg, ist Diplom-Psychologe und Krankenpfleger. Nach mehrjähriger Pflegetätigkeit auf einer Station für Knochenmark- und Blutstammzelltransplantation an der Medizinischen Hochschule Hannover, studierte er von 2003-2008 an der Universität Bremen Psychologie. Seine Schwerpunkte waren Arbeits- und Organisationspsychologie, Wirtschaftspsychologie, Psychoanalyse und Pädagogische Psychologie. Derzeit ist er als Arbeitspsychologe in den Bereichen Personalmanagement und berufliche Transferberatung vornehmlich für das Sozial- und Gesundheitswesen tätig.

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